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Clearaudio Jubilee Reference
Im Reference Jubilee für knapp 24.400 Euro bringt Clearaudio alle seine aktuellen Top-Technologien zusammen. Ein klanglicher Hochhgenuss (Foto: Clearaudio)

Test Clearaudio Reference Jubilee: Superlaufwerk mit Boomerang-Chassis

Mal einen Traum verwirklichen? Clearaudio aus Erlangen wagt mit schöner Beharrlichkeit das so eben noch bezahlbare Absolute. Schon seit Anbeginn der Firmenzeitrechnung ging es um den Mix aus resoluter Feinmechanik und edlen Materialien. Mittlerweile hat sich der Erlanger Spezialist zu einer Art analoger Weltmacht gemausert. Man hat die eigene Produktpalette ständig und klug erweitert und durch die Erweiterung des OEM-Geschäfts (mindestens drei, sehr namhafte und weltweit agierende Highender, lassen ihre Plattenspieler bei Clearaudio bauen) hat man zusätzliche Expertise erworben und kann die Vorteile von Produktionen mit größeren Stückzahlen nutzen. Nun wird der 40. Geburtstag gefeiert. Wieder mit einem Wunderwerk – dem „Clearaudio Reference Jubilee“. Der Name verrät: Wir wollen feiern und neue Grenzregionen erobern. Der Fetisch hat Charme, Faszination – aber auch seinen Preis.

Hilfe, ich brauche Hilfe. Denn allein kann ich diesen Plattenspieler nicht heben. Was auch die erste Botschaft an den potenziellen Käufer wäre: Man sollte zumindest einen guten Freund haben, der mit anpacken kann. Oder am besten vertraut man den kompletten Aufbau dem wissenden Händler und seinem Auszubildenden an. Zudem sollte man überprüfen, ob der Wandhalter für den Vinyldreher diese Macht aushält. Denn wir reden über runde 25 Kilogramm. Ok, das ist nicht hyperschwer, aber doch im Höchstmaß sensibel. Da darf nichts verkantet oder verhoben werden.

Andreas Günther
LowBeats-Autor Andreas Günther beim Aufbau des Reference Jubilee im LowBeats Wohnhörraum (Foto: H. Biermann)

Wie heißt das gute Stück? „Reference Jubilee“. Das schließt gleich zwei Botschaften ein. Zum einen will Clearaudio hier seinen vierzigsten Firmengeburtstag feiern, zum anderen wollen die Analogspezialisten aus Erlangen mal wieder das Maximum wagen. Auf der Webseite gibt es einen seltsamen Spruch: Der Reference Jubilee soll die „bislang tiefsinnigste Verneigung vor dem Direktantrieb“ sein. Das bringt nicht nur uns auf die völlig falsche Fährte. Denn der RJ ist natürlich ein lupenreiner Riementriebler. Es geht nicht um die Verneigung, sondern um ein Wettrennen – wer bringt den Plattenteller stabiler, schneller und klangstärker auf Touren?

Clearaudio Jubilee Reference mit Tangentialtonarm
Auf dem Foto werden zwei Dinge deutlich. Erstens: Das Chassis hat eine Boomerang-Form, die die Kombination mit verschiedenen Tonarmen – auch mit den Tangential-Modellen von Clearaudio – ermöglicht (Foto: Clearaudio)

Clearaudio Reference Jubilee – Feinkost und Technik

Schauen wir ihn zuerst einmal nackt an. Also nur die Basis. Schon das ist ein Mix aus Wonneproppen und feinstem Design. Von oben erblickt, sieht das aus wie ein großes „V“, oder besser noch wie ein verkappter Boomerang. Aufgebaut ist das „Boomerang“-Chassis aus superstabilem Panzer-Schichtholz, das mit Aluminium-Platten eingefasst wird. Durch den Sandwich-Aufbau, die Form und durch das hohe spezifische Gewicht ist diese Konstruktion außergewöhnlich resonanzarm.

Clearaudio Jubilee Reference Panzerholz
Der Reference Jubilee ist die Fleisch-gewordene Qualität – gleich von welcher Seite. Hier lässt Clearaudio erkennen, auf welchem Level man mittlerweile fertigen kann, ohne dass es wirklich absurd teuer wird (Foto: Clearaudio)

In der Mitte liegt die Öffnung für die Achse des Plattentellers. Rechts in der Höhe dann der Anker für den Tonarm und links davon der Motor für den Riemenantrieb. Und genau der hat es in sich. Clearaudio spannt den Motor über 18 kleine O-Gummiringe ein. Das soll die maximale Entkopplung von der Zarge gewährleisten. Wir sehen es, und wir glauben es. Das müssten wir eigentlich permanent bewundern dürfen. Doch Clearaudio versteckt den schönen Einblick unter einem massiven Deckel aus Aluminium.

Clearaudio Jubilee Reference Antrieb
Der Motor ist über kleine Gummis perfekt entkoppelt (Foto: H. Biermann)

Zuvor müssen wir noch einen Flachriemen einführen und um den Plattenteller stricken. An dieser Stelle verraten sich auch die meisten Konkurrenten – sie legen ein simples Netzteil aus Fernost an. Clearaudio gönnt sich hier jedoch ein Machtwort. Der Gleichstrommotor mit seinen 24 Volt ist komplett neu entwickelt und eisenkernlos. Dazu ein mächtiges Netzteil in Tonnenform.

Clearaudio Jubilee Reference Netzteil
Ein richtig gutes Netzteil bringt den Klang eines analogen Laufwerks sehr viel weiter voran als man denken würde. Das Professional-Power -Kraftwerk des Reference Jubilee scheint von exzellenter Qualität zu sein (Foto: H. Biermann)

Der Strom wird über einen 12-Bit-Wandler getaktet, der in 212 Stufen seine Referenzspannung zufließen lässt. Er funktioniert nur im Zusammenspiel – direkt neben der Keramikachse liegt ein optischer Sensor, der seine Informationen mit dem Stromaufbereiter abstimmt und immer für die perfekte Drehzahl sorgt. Was wie immer spannend ist: Clearaudio bietet natürlich Drehzahlen von 33 und 45 Runden an, aber auch 78 für die Freunde der alten Schellack-Platte, seltsam, aber eben ein Markenzeichen.

Clearaudio Jubilee Reference Lager
Der Sensor ist im Chassis neben der Lagerspindel unter dem massigen Plattenteller (hier auf dem Foto abgenommen) eingelassen (Foto: H. Biermann)

Auf die rechte, obere Seite des „V“ muss man den Tonarm montieren. Hier spricht sich Clearaudio für den „Universal“ aus, alles im eigenen Haus entstanden und neun Zoll lang. Vorsicht und gleich der Tipp: bei unserem Modell mussten wir von unten den fünf-poligen DIN-Anschluss zustecken, der in zwei XLR-Stecker mündet.  Was aber nur wenige Phonostufen akzeptieren, allesamt in der kostenintensiven Edelklasse. Wer also „nur“ mit Cinch leben will und kann, sollte dies bei der Bestellung bedenken.

Clearaudio Jubilee Reference Verkabelung
Ausgeliefert wurde das Testmodell mit symmetrischer Verkabelung. Wenn die Phonostufe symmetrische Zuspielung zulässt, ist das sicherlich die überlegene Lösung (Foto: H. Biermann)

Der Tonarm wirkt in seinem Karbonaufbau klassisch, birgt aber eine hohe Faszination. So legt Clearaudio dem Lieferumfang gleich fünf unterschiedliche Gegengewichte bei. Den Tonabnehmer, der mit diesem Arm nicht zu harmonieren versteht, gibt es faktisch nicht. Klasse auch die feinfühlige Justage des Gewichts über eine Drehschraube an der Rückseite des Arms. Natürlich kann sich König Kunde auch einen optionalen Lifter für den perfekten Höhenwinkel hinzu konfigurieren.

Clearaudio Jubilee Reference Tonarm
Der 9-Zoll Tonarm besteht aus Karbon. Er ist ultrasteif, aber leicht und bietet so ein Maximum an Stabilität und Abtastruhe (Foto: H. Biermann)

Jetzt nur noch den Plattenteller auflegen. Der ist stolze fünf Zentimeter dick und besteht aus „technischen Kunststoffen“ – die genaue Zusammensetzung verrät Clearaudio mit Wink auf das Firmengeheimnis nicht, aber wir gehen fest von einer Basis aus POM aus – also „Polyoxymethylen“.

Jetzt stellt sich noch die Frage nach dem passenden Tonabnehmer. Clearaudio legt dem Kunden das MC-„Jubilee“ ans Herz. Das passt nicht nur vom Namen – es wurde auch nach den gleichen Spielregeln wie die Zarge aufgebaut. Schon der Name klingt wuchtig: Panzerholz – das sind mehrere Lagen aus Ebenholz und Rotbuche. Hier haben die Erlanger bewusst einen Brückenschlag zum Wissen der Geigenbauer im nahen Bubenreuth gesucht. Kurzum: sieht fantastisch aus und steht für eine hohe Resonanzarmut. Da klingelt und scheppert nichts. Der Nadelträger besteht aus Bor, den Diamanten schleift Clearaudio nach den hauseigenen „Prime Line“-Idealen. Und als ob das nicht genug wäre – die Spulen bestehen aus 24 Karat Gold.

Clearaudio Jubilee Reference MC
Eingebaut im Testmodell war das Clearaudio MC Jubilee für knapp 4.300 Euro. Auffällig bei den Clearaudio-MCs ist der extrem lange Nadelträger (Foto: Clearaudio)

Klang

Klingt teuer. Und tatsächlich: in der Gesamtsumme sind wir bei 24.358 Euro. Das kann schmerzlich sein, das ist für die meisten Normalverdiener ein halbes Jahresgehalt. Aber es könnte sich auch als lohnenswerte Investition entpuppen. Lauschen wir. Zehn Minuten genügen für den ersten Impuls: Das ist eine Hochauflösungsmaschine. Toll, welche Details wir bis dato noch nie der Rille entreißen konnten. Aber auch: Das smoothe Vinyl-Wonne-Gefühl gibt es hier nicht. Das Klangbild ist klar bis kantig. Wer lieber den weich-eingefärbten Wohlklang sucht, wird nicht umschmeichelt. Das ist kein Plattenspieler, der schon als berauschender Vorbote auf die Freigabe von Cannabis daher kommen will, sondern eine Bank, ein Tresor der ultimativen Wahrheiten.

Was kommt zuerst auf den Plattenteller? Das neue Remastering des Beatle Klassikers „Abbey Road“ in der ultimativen Pressung. Zuerst fällt auf, welchen neuen Stellenwert das Bass-Spiel von Paul McCartney hat. Die alten LPs wahren hier vage bis verwaschen. Der Reference Jubilee zeigt eine andere Wahrheit – toll, wie konturstark die Basslinien das Klangbild unterfüttern. Dazu ein neuer, mächtiger Drive des Schlagzeugs von Ringo Star. Da entstehen ganz neue Dynamikbögen, die wir auf der CD nicht hören. Vielleicht im High-Res-File bei 24 Bit. Aber klar liegt die LP auf diesem Wunderplayer vorn. Abermals: diese Fülle an Informationen werden vielleicht nur die Tontechniker an besagter Abbey Road gehört haben.

Beatles Abbey Road Remastered, LP
Remastered über jeden Zweifel erhaben: Die „Abbey Road“ der Beatles in der 180 Gramm-Pressung (Cover: Amazon)

Genau die gleichen Duftstoffe erleben wir auch bei einer Klassik-Scheibe. Bruckners 6. Symphonie unter Otto Klemperer aus den 1960ern, abermals eine EMI-Pressung, aber die erste Auflage, wunderbar schwer mit dem edlen Gold-Label. So eine Pressung „Near Mint“ kostet richtig viel Geld, ist aber jeden Euro wert. Wir wollen den dicken Streicherteppich haben, der uns umhüllt und am Bauch krault. Nein, das sind nicht die Meriten des Clearaudio-Laufwerks. Man scheut die Fülle, weil sie die Konturen der einzelnen Instrumentengruppen abschleift. Stattdessen eine feine Analyse.

Wir machen mit analogen Laufwerken verschiedene Hördurchgänge: einmal im Hörraum an großen Lautsprechern (den FinkTeam Borg), einmal mit großem Kopfhörer-Gedeck. Der Vorzug des Kopfhörer-Durchgangs: Die Laufwerke werden durch die Schallwellen der Lautsprecher in keinster Weise beeinträchtigt – man hört einfach mehr. Außerdem machen wir Aufnahmen von den größeren Laufwerken; das macht den Vergleich auch über einen längeren Zeitraum möglich.

Clearaudio Jubilee Reference Testaufbau
Neben dem Auftritt im Hörraum erfolgt bei LowBeats für Analog-Laufwerke ein Durchgang an der Kopfhörer-Station – hier mit dem T+A HA 200 und dem Kopfhörer Solitaire P (Foto: H. Biermann)

Wo stehen wir mit dem Reference Jubilee? Im Vergleich zu dem – auf seine Art überragend spielfreudigen – Rega Planar 10 setzt sich das Erlanger Reference-Laufwerk fast schon spielend leicht ab. Mit deutlich mehr Kraft aus der Tiefe und ebenfalls erfrischend präziser Spielart. Meinen schon etwas älteren, aber hochgerüsteten Linn LP12 weist er vor allem dynamisch in die Schranken. Die Bässe kommen mit dem Erlanger Reference-Laufwerk sehr viel präziser, druckvoller, beängstigender. Doch auch im Vergleich zum Thorens TD 124 DD machte der Clearaudio Reference Jubilee mit seiner ganzen Souveränität eindeutig klar, dass man sich mit ihm schon ziemlich weit oben auf der Skala des im Analogen Möglichen befindet…

Fazit Clearaudio Reference Jubilee

Das ist der Wundertäter für alle High-End-Fans, die das Maximum an Auflösung suchen. Wer im Samt baden will, wird nicht nur bedingt bedient. Auch verzeiht der Reference Jubilee keine schlechten Pressungen – wenn es knistert, gibt es keinen Kompromiss. Hier werden die Franken sofort zu ihren – zugegeben superben – Plattenwaschmaschinen raten. Aber klasse ist die Bühne – die Weite des Aufnahmeraumes in der höchsten Definition. Noch ein Machtwort obenauf: Die Feinmechanik ist aus meiner Sicht ohne Konkurrenz auf dem Weltmarkt. So, wie er gemacht ist, kann der Reference Jubilee ein guter Freund für ein halbes Menschenleben sein. Minimum.

Clearaudio Reference Jubilee
2022/04
Test-Ergebnis: 4,4
SEHR GUT
Klang
Praxis
Verarbeitung

Gesamt

Die Bewertung bezieht sich immer auf die jeweilige Preisklasse.
Grandios in der Fülle der Feininformationen, hochstabiler Bass
Tolle Verarbeitung, superfestes Chassis
Kann quasi beliebig bestückt werden
Automatische Selbstkalibrierung der Geschwindigkeit

Vertrieb:
Clearaudio
Spardorferstraße 150
91054 Erlangen
www.clearaudio.de

Preis (Hersteller-Empfehlung)
Clearaudio Reference Jubilee: 16.500 Euro
Clearaudio Universal 9 Zoll: 4.850 Euro
Clearaudio MC-Jubilee: 4.290 Euro
Clearaudio Komplett-Angebot: 24.358 Euro

Mit- und Gegenspieler:

Test Plattenspieler Thorens TD 124 DD mit SPU 124: die Legende ist zurück
Test Rega Planar 10 mit Apheta 3

Mehr von Clearaudio:

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Technische Daten

Clearaudio Reference Jubilee
Konzept:Top-Laufwerk mit Riemenantrieb
Tonarmfast alle Größen möglich
Plattenteller:50 mm Plattenteller aus technischen Kunststoffen
Besonderheiten:Chassis in Boomerang-Form, vollautomatische Selbstkalibrierung der Geschwindigkeit
Abmessungen (B x H x T):49,5 × 16,0 × 34,3 cm (mit Tonarmbasis, ohne Tonarm)
Gewicht:
22,0 Kilogramm (ohne Tonarm)
Alle technischen Daten

Autor: Andreas Günther

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Der begeisterte Operngänger und Vinyl-Hörer ist so etwas wie die Allzweckwaffe von LowBeats. Er widmet sich allen Gerätearten, recherchiert aber fast noch lieber im Bereich hochwertiger Musikaufnahmen.