Zu Thorens kann eigentlich jeder HiFi-Fan ab einem bestimmten Alter seine ganz eigene Geschichte erzählen. Je nach Generation stehen in diesen Geschichten unterschiedliche Modelle im Mittelpunkt. Weil ich persönlich in den Achtzigerjahren richtig mit HiFi anfing, drehen sich meine Geschichten zum Beispiel vor allem um die Modelle 166 VI und 2001. Um den TD 124, Namensvater des hier getesteten Thorens TD 124 DD, neu erlebt zu haben, müsste ich noch viel älter sein, als ich ohnehin schon bin. Den 2001 dagegen besaß ich zwar nie selbst, verkaufte ihn als Studi-Jobber im HiFi-Studio aber sehr gerne. Und stellte damit auch eine der befriedigendsten Anlagen zusammen, die mir in meiner ganzen Karriere gelungen sind. Sie bestand aus – soviel Zeit muss sein – besagtem Thorens TD 2001 mit Audio-Technica AT-ML140, dem Röhren-Vollverstärker Audio Innovations Series 300 MkII und einem Paar Monitor Audio MA700 Gold. In der Summe nicht wirklich teuer, aber musikalisch ergreifend schön und intensiv.
Beim Testen werden immer mal wieder Erinnerungen an diese Schlüssel-Kette wach, die sich in rein quantitativen Rambazamba-Disziplinen leicht schlagen lässt (der Audio Innovations erzeugte mit Mühe 10 Watt pro Kanal), deren Stimmigkeit und Sensibilität aber bis heute Ausnahmecharakter bewahren. Zuletzt musste ich daran denken, als ich den neuen Thorens TD 124 DD hörte, um den es in dieser Geschichte geht. Mit dem Thorens SPU 124 lag ihm gleich ein perfekt passendes System bei. Der nagelneue Spieler – mein Exemplar trug die ehrwürdige Seriennummer 00001 – hätte ruhig noch ein bisschen in meiner Anlage bleiben können, denn er machte musikalisch einfach alles richtig. Und zwar auf Anhieb, out of the box, ohne langes Tweaken und Tunen und System-Tindern. Ein Spieler, über den man eigentlich nicht viel mehr schreiben muss, als dass er saugut ist und all jenen sehr entgegenkommt, die maximalen Musikgenuss suchen, ohne daraus gleich eine Wissenschaft machen zu wollen.
Direkt zum FazitThorens TD 124 DD: das Konzept
TD 124 DD – die Modellbezeichnung ist ein Verweis auf den vielleicht berühmtesten Thorens aller Zeiten, den TD 124 aus den 50er, 60er Jahren des letzten Jahrhunderts. Leute, die ihn einst neu kauften, sind längst im Pensionsalter, die Spieler oft schon an Liebhaber aus der nächsten oder übernächsten Generation weitergereicht. Dort wird dieser Vinyl-Veteran heute fast noch höher geschätzt als in seiner Jugend, als er zusammen mit den englischen Garrard-Modellen 301 und 401 den Gipfel dessen darstellte, was sich wohlhabende Musikfreunde vernünftigerweise in den Salon stellten.
Die ikonischen Schweizer Laufwerke – Mk I oder der ab 1964 produzierte Mk II – haben nichts von ihrer einstigen Faszination verloren, und das liegt nicht nur an der herrlichen 50er-Jahre-Formgebung und dem reizvollen Antriebskonzept, einem Hybrid aus Riemen- und Reibrad-Kraftübertragung. Auch die illustre Studio- und Clubhistorie des 124ers, der schon legendäre Soul- und Beat-Nächte anheizte, als die Marke Technics noch nicht mal geboren war, trägt dazu nur einen Teil bei. Schlüssel zum anhaltenden 124er-Erfolg ist sein zupackender, erzstabiler Klang, der alten wie neuen Platten zeitlose Autorität und Frische verleiht – zumindest solange die elektrisch simple, mechanisch dagegen recht komplexe Maschine bestens gewartet und mit kongenial passenden Armen und Tonabnehmern ausgestattet ist.
Die kleine Rückblende auf den Ur-124er musste hier sein. Denn der brandneue Thorens TD 124 DD, der taufrisch aus der allerersten Fertigungs-Charge bei mir eintraf, hat von dem Reibrad-Klassiker mehr als nur den Namen geerbt und stellt den historischen Bezug unübersehbar selbst her. Er schwingt gewissermaßen die ganz große Vintage-Keule, indem er sein Vorbild rein optisch nahezu perfekt imitiert. Die Zarge mit den großzügig verrundeten Ecken – bis auf den Millimeter gleich. Das Chassis – hier wie da einteilig aus Aluminium gegossen, grau lackiert und mit der vertrauten balkonartigen Aufnahme für das wechselbare Tonarmbrett versehen – ist authentisch nachgegossen. Man ahnt, dass die Werkzeugkosten allein für dieses Teil enorm gewesen sein müssen. Die eingebaute Dosenlibelle, die Rändelräder zum Nivellieren des Chassis, der Schieber für die Tellerbremse am linken Rand, das beleuchtete Stroboskop-Fenster, das die Markierungen an der Tellerunterseite raffiniert einspiegelt – alles ist da, und zwar da, wo es hingehört. Selbst für den tropfenförmige Bedien-Knebel, mit dem man die Teller-Drehzahl auswählt und zugleich den Motor startet, hat Thorens offenbar eine eigene Spritzgussform anfertigen lassen.
Und der Tonarm? Auch wenn TP 124 draufsteht, würde man ihn auf den ersten, selbst auf den zweiten Blick ganz klar für einen EMT 929 halten, den klassischen Traumpartner des TD124. Ab Werk gab es die Kombination nie, schon weil der 929 erst nach Produktionsende des 124 vorgestellt und auf den mächtigen EMT-Studiomaschinen montiert wurde. Ab den frühen Siebzigerjahren war der teure deutsche Profiarm aber ein begehrtes Upgrade. Er sah den in der Schweiz gebauten Serien-Armen BTD-12S und (später) TP 14 optisch zwar ähnlich, war ihnen mechanisch wie klanglich aber weit überlegen.
Der TP 124 ist ein eher schwerer, verwindungssteifer, kugelgelagerter Arm mit dynamischer Balance. Die Auflagekraft wird also per Feder appliziert statt statisch durch eine entsprechende Verschiebung des Schwerpunkts. Das macht den Arm unempfindlicher gegenüber externen Störungen und Unebenheiten der Platte. Im Deckel des Lagergehäuses befindet sich ein bogenförmiger, skalierter Ausschnitt, in dem ein Zeiger den aktuellen Wert anzeigt. Diesen kann man mit einem seitlich hervorstehenden Schieber einstellen. Die Anzeige wird im Werk bei jedem einzelnen Arm kalibriert und stimmt tatsächlich haargenau.
Beim Ausbalancieren des Arms fällt zudem auf, dass die Lagerqualität hier wirklich überragend ist und sich mühelos mit Original-EMTs messen kann. Interessant ist der neukonstuierte Lift, bei dem statt der üblichen silikonbedämpften Mechanik ein elektrischer Servo die Tonarmstütze auf- und abfahren lässt. Der Vorgang wird von vernehmlichem Motorsurren begleitet, funktioniert dafür aber absolut gleichmäßig und präzise. Verbessert wurde das Antiskating: wie gehabt verleiht ein Gewicht am Nylonfaden dem Arm den benötigten leichten Zug nach außen. Zwecks Umlenkung läuft der Faden hier aber nicht mehr durch die gewohnte Draht-Öse, sondern über eine fein polierte Führung aus synthetischem Rubin.
Selbstverständlich ist der Tonarm in Höhe (alias VTA) und Azimut frei einstellbar. Und hier macht das Einstellen auch nach dem zehnten Mal noch richtig Spaß, weil die zugehörigen Klemm- und Sicherungsmechanismen dem für Radiobetrieb konzipierten Vorbild alle Ehre machen würden: leichtgängig, wenn geöffnet, und bombenfest, wenn angezogen. Einzig den Zugang zur Azimut-Klemmschraube hat Thorens unnötig erschwert: Man muss dafür den Aludeckel des Lagerzylinders abnehmen, der von einer wirklich extrem kleinen Schlitzschraube gehalten wird. Wehe, wenn die runterfällt! Beruhigend, dass der Arm auf den Deckel nicht angewiesen ist, man diesen also während der ersten Betriebsstunden mit einem neuen System auch einfach weglassen kann, um ihn erst abschließend zu montieren, wenn alles auf den Punkt spielt.
Am vorderen Ende des mattierten Armrohrs trägt der TP 124 einen standardmäßigen SME-Anschluss, der neben dem mitgelieferten Headshell auch beliebige andere Universal-Schlitten und Tondosen aufnimmt. Im Idealfall hat sich der frischgebackene 124er-Eigner für 2.000 Euro extra das maßgeschneiderte MC-System SPU TD 124 geleistet, das dann in gerade mal zwei Handgriffen montiert ist. Gebaut wird das System wie alle SPUs bei Ortofon in Dänemark.
Es basiert auf dem Ortofon SPU Synergy, wurde mit ein paar kleinen Tweaks für den Thorens-Arm optimiert und steckt in der klassischen langen „G“-Tondose aus schwarzem Kunststoff mit zusätzlichem Thorens-Branding.
Innerhalb der SPU-Hierarchie nimmt das 124 wie sein Parallelmodell Synergy den Platz des audiophilen, dabei behutsam modernisierten Spitzenmodells ein: Es läuft mit einer für SPU-Verhältnisse moderaten Auflagekraft von 30mN und trägt einen leichten und langlebigen quadratisch-kristallorientierten Diamanten mit elliptischem Schliff. Mit 0,5mV liefert es trotz seiner sehr leichten, niederohmigen Spulen eine schon recht gesunde Ausgangsspannung. Anders als die klassischen, extrem leisen SPUs, die praktisch verpflichtend an MC-Übertragern laufen müssen, kann das SPU TD 124 bereits an konventionellen, aktiven MC-Eingängen guter Qualität sein Potential entfalten.
Tradition und Moderne treffen sich auch beim Laufwerk des Thorens TD 124 DD auf reizvolle Weise: Das „DD“ steht für Direct Drive, der Teller des neuen 124er ist also direkt angetrieben. Genau genommen ist der Teller ähnlich wie im klassischen Technics-Direktantrieb selbst Teil des Motors. Der Rotor-Magnetring ist fest mit dem Teller verschraubt, und erst wenn man den Teller beim Zusammenbau auf die Achse aufsetzt, werden die Teile eine funktionale Einheit.
Für Direktantriebs-Verhältnisse ist der Thorens-Teller mit 3,5 Kilo sehr schwer, wirkt beim Hochlaufen und Abbremsen aber dennoch nahezu trägheitslos. Keine Frage: Der Motor hat Drehmoment. Und tatsächlich produziert das Taiwaner Werk, das den 124er baut, seit Jahrzehnten auch Direktantriebe für den DJ-Markt. Für den Thorens wurde der Motor aber in einem langen Verfeinerungsprozess, an dem sowohl Ingenieure in Taiwan als auch deutsche Entwicklerpromis wie Walter Fuchs und Helmut Thiele mitwirkten, auf perfekte Vibrationsarmut und überragenden Gleichlauf getrimmt.
Das kann natürlich jeder behaupten. Thorens-Chef Gunter Kürten glaube ich es, weil ich über Jahre via Social Media, Telefon und Email verfolgen konnte, wie das 124er-Projekt Gestalt annahm. Mal war es ein neuer Prototyp, dann wieder ein Meeting in Taiwan, dann eine Gleichlauf- und Rumpelmessung in Deutschland nach den neuesten Tweaks an Motorlager und -Stromversorgung, dann telefonische Updates über Fortschritte beim Tonarm… eine schier unendliche, aber spannende Geschichte mit überaus erfreulichem Ausgang. Das fertige Produkt, der TD 124 DD mit eigenem Arm TP 124 und passendem SPU-System ist nicht nur auf Bildern schön, sondern offenbart beim Auspacken, Aufbauen und in der täglichen Nutzung immer neue Ebenen der Perfektion. Rumpel- und Gleichlaufwerte, die von den Limits der Messplatten geprägt sind und nicht vom Gerät, Oberflächen – ob lackiert, poliert oder mattiert – fürs Mechanik-Poesiealbum, reichhaltige und durchdachte Ausstattung und Funktion.
Zu kritisieren gab es am großen Thorens nur ganz wenig – und das wurde blitzschnell behoben: Manchmal erwies sich eine zusätzliche Erdung des Chassis-Oberdecks als hilfreich, um mit bestimmten Phono-Preamps den Brumm wirklich verschwinden zu lassen. An meinem Gerät – Seriennummer 00001, remember? – brachte ich das nötige Käbelchen extern an, in Zukunft passiert das aber schon im Werk. Und auch mein Wunsch nach einer etwas härteren Aufhängung des Chassis verhallte nicht ungehört: Das sehr weich entkoppelte Topdeck am Testgerät wich dem immensen Drehmoment beim Start- und Stopvorgang mit einem Gegenschwung aus, der schon mal die Nadel aus der Rille schubste. Auch den Lift- und Geschwindigkeitsschaltern musste man sich behutsam nähern. Thorens hat mittlerweile härtere Gummilager geordert, mit denen der Spieler auch bei hemdsärmeliger Handhabung spurtreu bleibt.
Der Thorens TD 124 DD im Hörtest
Letztlich entscheidend ist natürlich der Klang. Denn gute Praxiseigenschaften und Messwerte bekommt man auch bei einem Technics für einen Bruchteil des Thorens-Preises. Den Klang nicht. das konnte ich nachprüfen, indem ich den Thorens und einen Technics SL-1200 GR an zwei der vier umschaltbaren Eingänge des hervorragenden Phono-Preamps KECES SPhono anschloss – und dann mit dem Lyra Delos das gleiche System samt Headshell hin- und hertauschte. Das Delos ist genauso teuer wie der Technics und daher auf diesem Dreher eigentlich Overkill. Weshalb ich nach dem gleichen Prinzip auch noch ein Nagaoka MP-150 einwechselte, das mit dem Technics hervorragend harmoniert, dem der Thorens-Arm aber fast schon zu schwer ist. Aber egal, welches System im Headshell hing, man erkannte es nach dem Wechsel von einem Laufwerk zum anderen kaum wieder: Wucht, Autorität und Slam bei zugleich makelloser Abtastgenauigkeit waren das Markenzeichen des TD 124 DD, und zwar mit jedem der getesteten Tonabnehmer.
Kunststück, wird man jetzt denken. Der Thorens ist ja auch mehr als viermal so teuer wie der Technics. Aber auch wenn man den Preisabstand auf ungefähr Faktor zwei reduziert und statt des GR den vornehmen G-Technics nimmt, erntet man mit diesem zwar zwar einen neutraleren und genaueren Klang, aber immer noch nicht ganz die packende Dynamik, zu der der TD 124 DD fähig ist. Was nicht heißt, dass die Technicse irgendwie zu kritisieren wären: Für ihr jeweiliges Budget sind es unglaublich gute Spieler, von denen jeder ambitionierte Analoghaushalt einen oder zwei besitzen sollte.
In der Preisklasse des Thorens standen meine beiden Stammspieler von SME und Linn bereit. Der SME Model 10 bekam das Lyra, während der Thorens TD 124 DD nun mit dem SPU spielen durfte, das wegen seines Tondosen-Gehäuses auf den zwei anderen Spielern nicht passt. Auch ohne Vergleich der reinen Laufwerke fiel sofort die phantastisch selbstverständliche und stimmige Art auf, mit welcher der Thorens etwa „Serpentine Prison wiedergab. Die Soloplatte des The-National-Sängers Matt Berninger lebt von eher dunklen, farblich wie dynamisch bedeckten Arrangements, die Berningers sanften Bariton elegant umhüllen und kann, wenn bei der Wiedergabe nicht alles stimmt, schnell etwas belanglos klingen.
Nicht so beim 124 DD, der mit dem SPU extrem ausdrucksstark und differenziert musizierte. Das klang über den SME unterm Strich auch nicht schlechter, aber anders: sachlicher, mit etwas weniger Magie vielleicht, dafür räumlich noch sortierter. Dass das Thorens-SPU trotz seines Vintage-Aussehens kein Retrosound-Effektsystem ist, zeigte sich kurz darauf bei etwas spektakuläreren Produktionen, etwa Lest We Forget What We Came Here To Do von Sons Of Kemet. Ein Jazzalbum, aber kein Retro-Jazz, wie man ihn fast reflexartig auflegen möchte, sobald man ein SPU sieht. Sondern eine moderne, hochdynamisch produzierte Angelegenheit, vollgepackt mit afrikanischen Anklängen, Dub-Elementen und vielschichtiger Percussion. Trotz des wunderbar substanziell-selbstverständlichen Tons differenzierte der Thorens-Spieler hier auch die ganz feinen Abstufungen metallischer Klänge – von der stählernen Snare-Saite bis zum bronzenen Becken – ohne einen Anflug von Verdunklung. Was vielleicht wie eine Nebensache wirkt, aber laut gehört den entscheidenden Unterschied zwischen gut klingender Platte und Wie-live-vor-der-Bühne-Feeling ausmacht.
Wie „modern“ – in diesem Fall uneingeschränkt positiv gemeint – das Thorens-SPU abtastet, zeigte sich auch bei hochausgesteuerten, komplexen Produktionen wie Sufjan Stevens‘ The Ascension, das über alle vier Plattenseiten stets transparent, übersichtlich und frei von klirrbedingten Eintrübungen blieb: Auch so kann eine elliptische Nadel mit ganz normalen Verrundungsradien klingen – wenn sie aus allerbestem Rohmaterial geschliffen und perfekt poliert wurde, und wenn MC-Aufhängung und Tonarm ihren jeweiligen Aufgaben fehlerfrei nachkommen. Eine Beobachtung, die übrigens auch mit dem Nagaoka möglich war, das ebenfalls über eine elliptische Nadel erstklassiger Qualität verfügt.
Rein geometrisch kann man das SPU auch in einen Technics-Arm schrauben und mit Zusatz-Gegengewicht korrekt ausbalancieren. Klanglich ist das aber wenig lohnend, da der Arm für solche System-Kaliber rein mechanisch nicht gemacht ist. Dagegen ist der Thorens-Arm genau wie sein EMT-Vorbild sogar ganz primär für solche dicken Tondosen konstruiert. Er lässt sie so unkompliziert, lebendig, dynamisch und kraftvoll klingen, wie man sich das von Analogwiedergabe immer erträumt – aber nur selten bekommt.
Zufällig tauchte während des Tests noch ein weiteres System aus der Familie der historischen Profi-MCs auf: das Denon DL-A 110. Nicht zu verwechseln mit dem DL-110 (einem preiswerteren High-Output-MC), ist das A 110 eine Sonderausgabe des Klassikers DL-103 zum 110. Geburtstag der Marke. Es wird zum Jubiläum – siehe auch den 110-Jahre-Denon-Hintergrundbericht – in limitierter Stückzahl mit einem nach historischen Plänen gefertigten Druckguss-Headshell geliefert, mit dem es zu einer optischen und mechanischen Einheit verschmilzt – zu einer Denon-Tondose, wie sie vielleicht auch die Techniker des japanischen Staatsradios NHK verwendet haben, für die das DL-103 in den Sechzigerjahren entwickelt wurde.
Zehn Minuten, nachdem das Denon-Päckchen angekommen war, steckte das DL-A 110 bereits im Thorens-Arm – und empfahl sich mit dem charakteristisch vitalen, unkomplizierten Klang, den wir auch vom normalen DL-103 kennen, als erschwingliches Einstiegssystem für alle, die sich das teure SPU nicht gleich leisten wollen. Und natürlich für Leute, die ein etwas rustikaleres Zweitsystem suchen, das man mal schnell montieren kann, wenn der Abend lang und die Tonarmhand fahrig zu werden droht. Also ein – hoffentlich bald wieder benötigtes – Zweit- und Partysystem, das die finanzielle Worst-Case-Fallhöhe limitiert, zugleich aber auch vom audiophilsten Gast nicht als Affront empfunden wird. Und das die außergewöhnlichen Qualitäten des TD 124 DD immer noch kristallklar zum Vorschein und zum Strahlen bringt.
Wobei die im Stil der allerersten 103er in einer schönen Lederbox verpackte Jubi-Version dennoch zuallererst Sammler und Fans anspricht. Denn das System selbst ist ja identisch mit dem Großserien-103, und das Headshell bringt abgesehen vom schönen Vintage-Look keine Vorteile.
Der wahre Economy-Einstiegstipp für den TD 124 DD wäre daher das ganz normale Denon DL-103. Und wenn man dann noch 95 Euro übrig hat, das Headshell LH 4000 von Ortofon, das mit 14 Gramm deutlich schwerer ist als sowohl das Thorens- als auch das Denon-Shell. Das DL-103 honoriert die Extra-Massenträgheit des Ortofon-Schlittens mit noch saftigerem Klang. Zudem ist das LH-4000 mechanisch deutlich stabiler und sitzt bombenfest im SME-Bajonett des Thorens-Arms.
So kann man lange und gut hören, mit minimierten laufenden Kosten und einem Klang, der unterm Strich schon nahe an den des SPU rankommt und auch stilistisch in die gleiche Kerbe schlägt.
Dass ich den Thorens TD 124 DD nur sehr ungern wieder einpackte und dem UPS-Mann übergab, hatte nicht nur mit dem Klang, sondern auch mit den vorbildlichen Praxiseigenschaften des Spielers zu tun. Der Thorens erwies sich als völlig unkritisch hinsichtlich seiner Stellfläche – zumindest solange sie wackelfrei war – und klang auf Spike-bewehrtem HiFi-Mobiliar genauso gut wie auf den Papp-Bienenwaben-Leichtbau-Hohlplanken eines Ikea Expedit.
Er war in wenigen Minuten zusammengebaut und dank seiner drei Feingewinde-Stellräder und der integrierten Wasserwaage nach dem Auspacken blitzschnell nivelliert. Die einzige etwas fummelige Arbeit bestand darin, das Antiskating-Gewicht einzuhängen.
Überprüfen und gegebenenfalls optimieren sollte man den Azimut des Arms. Weil der Arm sich nach Lösen der Azimutschraube sehr leicht verdrehen lässt, empfiehlt sich eine kleine Libelle auf dem Headshell, um die vorgenommene Veränderung reproduzierbar ablesen und präzise wieder rückgängig machen zu können.
Sehr praktisch ist auch das Anschlussfeld des TD 124 DD, das sowohl die üblichen RCA- (alias Cinch-) Buchsen als auch ein paar symmetrischer XLR-Ausgänge bereithält. Letztere erlauben den vor allem bei MC-Systemen potentiell klangförderlichen symmetrischen Anschluss entsprechender Preamps – etwa des deutschen BlueAmp Blue, der sich für einen in Kürze folgenden Test warmlief. Mit dem Thorens-SPU-Gespann entwickelte er bereits über ganz banale Mogami-Studiokabel eine verblüffende, virtual-reality-artige Räumlichkeit.
Anschlusskabel jeglicher Art, ob Cinch oder XLR, fehlen im Lieferumfang des 124DD, aber da befindet sich Thorens in bester Gesellschaft etwa von Technics, die ihrem SL-1000 – immerhin zum doppelten Preis des 124 DD – weder NF-Kabel noch Headshell beilegen.
Eine Frage gibt es noch zu beantworten: Wieviel historischer TD 124 steckt klanglich im Thorens TD 124 DD? Ich hatte zwar keinen originalen 124er greifbar, wohl aber dessen wichtigsten Rivalen und Zeitgenossen, den Garrard 301. Bei dem fällt im direkten Vergleich sofort auf, dass er trotz penibelster Feinabstimmung durch die Garrard-Expertin Martina Schöner nicht ganz so nebengeräuschfrei läuft wie der neue Direkttriebler.
Das war nicht anders zu erwarten, wo doch der 124 DD selbst für Direktantriebs-Verhältnisse ungewöhnlich sanft und geschmeidig seine Runden dreht. Der Uralt-Brite – das Laufwerk stammt aus den Fünfzigerjahren – schießt aber zurück mit einem Füllhorn Reibrad-typischer Reize: Einer unglaublich feinen Klangstruktur und einem musikalischen Spielfluss, der ganz ohne extrovertiertes Theater eine starke Sogwirkung erzeugt. Wenn ein Stück mal läuft, will man es auch fertighören, unbedingt und auf jeden Fall.
Der 124 DD ist kein Reibradspieler – weder technisch noch klanglich. Mit dem Direktantrieb hat man aber unter den heute praktikablen Konzepten dasjenige gewählt, das dem Reibrad klanglich am Nächsten kommt: Der rhythmisch-strukturelle Ein- und Durchblick des Spielers ist auffallend gut, Klavierklänge stehen felsenfest, dichte Mixe bleiben transparent. Und der Bass ist zwar genau und fest, tendiert aber nicht wie bei manchen Schwergewichtslaufwerken ins zu Sehnige und Dünne. Das Ganze kombiniert mit völlig problemlosem Handling, dauerhafter Wartungsfreiheit und einem wirklich klassischen optischen Auftritt ohne sinnlosen Bombast: Ganz klar ein Spieler, der in dieser Preisklasse in die allerengste Auswahl gehört.
Fazit
Die Idee, den TD 124 in einer modernisierten Version wieder aufleben zu lassen, klang erstmal heikel: Der Rückgriff auf Fifties-Formen kann schnell kitschig und unecht wirken. Thorens hat aber weit mehr getan, als Standardtechnik in ein Retrokleid zu packen: Mit viel Arbeit und Liebe ist ein Spieler entstanden, der die magic number 124 vollkommen zu Recht trägt. Und der vor allem in Kombination mit dem zugehörigen Tonabnehmer das Thema LP-Wiedergabe für sehr lange Zeit bestmöglich abhakt.
Bewertung
KlangPraxisVerarbeitungGesamt |
Die Bewertung bezieht sich immer auf die jeweilige Preisklasse. |
| Blitzsaubere Verarbeitung, solide Funktion |
| Überragender serienmäßiger Tonarm |
| Cinch- und symmetrische Ausgänge serienmäßig |
| Keine Haube |
Vertrieb:
Thorens GmbH
Lustheide 85
51427 Bergisch Gladbach
www.thorens.com
Preis (Hersteller-Empfehlung):
Thorens TD 124 DD: 8.000 Euro
Thorens SPU TD 124: 2.000 Euro
Die technischen Daten
Thorens TD 124 DD | |
---|---|
Konzept: | direktgetriebener Plattenspieler mit 33/45 U/min |
Tonarm: | TP 124, effektive Masse: 15 Gramm |
Plattenteller: | Aluminium, 3,5 Kilo |
empf. Tonabnehmer: | Thorens TD SPU 124 (2.000 Euro) |
Lieferumfang: | externes Netzteil, 2 Tonarm Gegengewichte, Einstellwerkzeug zur Tonarmjustage |
Analog-Ausgänge: | Cinch, XLR |
Besonderheiten: | Retro-Laufwerk im Design des TD 124 |
Abmessungen (B x H x T): | 42,5 x 18,5 x 35,0 cm |
Gewicht: | 17,0 Kilo ohne Netzteil |
Alle technischen Daten |
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