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Clearaudio Basic V2 Front
Clearaudio hat mit seiner Basic V2 ein starkes As in der 1.000 Euro-Klasse: die kompakte Phonostufe klingt ausgesprochen fein (Foto: Clearaudio)

Test Phonostufe Clearaudio Basic V2

Der Erlanger Analog-Spezialist Clearaudio neigt bisweilen zum massivem HiFi: Man könnte das Top-Laufwerk namens Statement als 350 Kilo schweren Beweis nehmen. Doch selbst im Kleinen neigen die Erlanger zu höchster Solidität. So bauen sie die wahrscheinlich spezifisch schwerste Phonostufe am Markt – die Clearaudio Basic V2 ist zwar handlich, zugleich aber enorm massiv. In dieses Bild würde ein gravitätisch-dicker Klang passen. Aber zum Glück enttäuscht uns die deutsche Phonostufe in dieser Hinsicht gründlich.

Clearaudio Absolute Phono Front
War für die Basic V2 eine Art Vorbild: die Absolute Phono (Foto: Clearaudio)

Der Aufbau

Haptisch erinnert die Clearaudio Basic V2 sogleich an ihre zehnfach teurere, in zahlreichen Tests hochdekorierte Schwester Absolute Phono, die dem Thema Phono-Vorverstärkung einen ganz neuen Dreh gab, indem sie die erste Verstärkerstufe in die Headshell verlegte. Die Clearaudio Basic V2 ist, wie schon der Name suggeriert, viel einfacher, preiswerter, aber auch universeller. Also eine ganz normale externe Phonostufe, mit jedem Plattenspieler und Tonarm kombinierbar, dank Umschalter für MM- und MC-Systeme aller Art geeignet.

Clearaudio Basic V2 Front
Dezenter Auftritt, aber haptisch ein Wucht: die Clearaudio Basic V2 hat die schnuckeligen Abmessungen von 11,8 x 4,2 x 15,8 cm (B x H x T), aber ein stattliches Gewicht von 1,2 Kilo (Foto: Clearaudio)

Und damit ist der Erlanger Phonoziegel eigentlich auch schon beschrieben, denn viele Optionen und Bedienelemente hat er nicht. Direkt sichtbar ist nur der Ein/Aus-Drücker auf der Oberseite, der im Betrieb dezent blau schimmert. Auch hier ein Lob an die Erlanger: Wie viele HiFi-Geräte haben ein gleißend helles LED-Fernlicht, das sich beim abendlichen Hörgenuss in die Netzhaut brennt…

Clearaudio Basic V2 von oben
Hübsch und dezent: die beleuchtete On/Off-Funktionstaste auf der Oberseite der Basic V2 (Foto: B. Rietschel)

Am Geräteboden lugen noch vier weitere Druckschalter heraus, die jedem Stereokanal zwei Optionen bieten: MM/MC ändert die Eingangsverstärkung, das zweite Knöpfchenpaar aktiviert einen Subsonicfilter, der in der Region unterhalb 20 Hertz, wo kaum noch Musikanteile, dafür aber umso mehr Störungen zuhause sind, den Pegel sehr wirksam absenkt. Vor allem Besitzer hochgezüchteter Kleinlautsprecher sind dafür dankbar, denn diese haben Frequenzen unterhalb ihrer Bassreflex-Abstimmfrequenz praktisch keine Dämpfung entgegenzusetzen, flattern bei höheren Pegeln dann zentimeterweit mit den Tieftonmembranen und verschwenden so ihre Reserven für musikalisch irrelevante Zugluft.

clearaudio-basicV2-unten
Die Bedienung der Clearaudio Basic V2 ist selbsterklärend. Dass die Schalter auf der Unterseite sitzen, ist nicht unbedingt praktisch, unterstreicht aber die edle Optik (Foto: Clearaudio)

Der MM/MC-Umschalter ist eigentlich selbsterklärend, zumal neben dieser Grundsatzentscheidung keine weiteren Konfigurationsschritte nötig beziehungsweise möglich sind. Es gibt also weder verschiedene Verstärkungsfaktoren innerhalb der gegebenen Systemart, noch kann man die MM-Kapazität oder den MC-Abschlusswiderstand variieren.

Das ist aber nicht weiter schlimm, denn erstens macht gute Anpassbarkeit noch keinen guten Phonoklang, und zweitens gibt es jede Menge überragende Phonoteile mit vorgegebenen Werten. Clearaudio gibt für den MC-Eingang 66dB Verstärkung bei 500Ω Eingangswiderstand und 270pF Abschlusskapazität an. Das sind praxisfreundliche Werte, die zu nahezu jedem MC-System passen, auch wenn manches System (etwa das viel eingesetzte Ortofon Quintet Black) an 100 oder 200Ω noch ausgewogener klingt.

Notfalls kann man niedrigere Werte problemlos durch Einlöten passender Widerstände in die Phonostecker erzielen. Durch externe Maßnahmen erhöhen lässt sich der Widerstand indes nicht. Durch die feste, aber relativ hohe Impedanz von 500Ω ist man also immer noch flexibler als mit einem vorgegebenen Wert etwa von 100Ω, wie er auch an vielen MC-Eingängen zu finden ist.

MM-Systeme treffen auf die standardisierten 47kΩ, eine Verstärkung von 46dB sowie eine sehr niedrige und damit klangunschädliche Kapazität von 50pF. Trotz nominell sehr guter Rauschabstände erzeugt die Schaltung mit realen MM-Tonabnehmern (wir verwendeten das Ortofon 2M Black) ein feines, helles Rauschen – nicht penetrant, aber beim Plattenumdrehen durchaus merklich und angesichts sonst häufig grabesstiller MM-Eingänge auf jeden Fall erwähnenswert.

Das ist bei Eingangsstufen, die primär auf gute MC-Performance optimiert wurden, nicht unüblich: Die verwendeten Chips lassen sich zwar problemlos auf die entsprechend geringere MM-Verstärkung drosseln, sind aber mit dem viel höheren Quellwiderstand eines Magnetsystems trotzdem nicht ganz glücklich. Ganz kompromisslos wäre es natürlich, MM- und MC-Eingangsstufe separat aufzubauen und auf den jeweiligen Systemtyp hin zu entwickeln. Aber dann würde die Schaltung auch ihre (potentiell klangförderliche) Kompaktheit und Geradlinigkeit einbüßen, das fertige Gerät zudem teurer werden.

Die eigentliche Verstärkerplatine nimmt im Gerät gerade einmal die Fläche zweier Streichholzschachteln ein. Pro Kanal arbeiten darauf vier OP-Amps nebst einer Peripherie aus weiteren (Einzel-) Halbleitern, eng tolerierten Widerständen und Kondensatoren. Ein schon rein numerisch beträchtlicher Bauteileinsatz, dessen genaue Rollenverteilung aber schwer zu ergründen ist. Denn einerseits erlaubt die mehrlagige Platine ein sehr dichtes, nicht ohne Weiteres nachverfolgbares Leiterbahn-Layout, und andererseits haben die Erlanger von sämtlichen Halbleitern die Bezeichnungen abgeschliffen. Potentielle Abkupferer müssen sich also schon etwas anstrengen, wenn sie die Basic V2 nachbauen wollen.

clearaudio-basicV2-innen
Und plötzlich wird klar, warum die Basic V2 diese Fase im Gehäuse hat: es besteht aus zwei Hälften, auf aufklappbar sind. Die Platine der Clearaudio Basic V2 benötigt nicht viel Platz – und der ist einfach aus dem Vollen gefräst. Deshalb das hohe Gewicht (Foto: Clearaudio)

Ebenfalls nicht trivial zu kopieren: Das Gehäuse der Clearaudio-Phonostufe. Es besteht aus zwei massiven Aluklötzen, deren Innenseite so präzise ausgefräst ist, dass sie wirkt wie ein Abdruck der Platinenbestückung: Würde man nur einen Elko gegen einen etwas größeren tauschen, müsste die obere Gehäusehälfte nochmal unter die CNC-Fräse zur Erweiterung der entsprechenden Bauteil-Grabkammer. Die Basic V2 enthält somit praktisch keine Hohlräume; geschätzt 90% ihres Volumens bestehen aus massivem Aluminium. Die Silizium-Klangarbeiter müssen sich darin fühlen wie im Inneren der Cheopspyramide.

Trotzdem ist es nicht egal, wo die Basic V2 aufgestellt wird. Denn der zentimeterdicke Alubunker schützt die Elektronik zwar vor Vibrationen und auch elektrischen Störfeldern, elektromagnetische Felder dagegen durchdringen das Metall mühelos. Ungeschickte Positionierung bestraft folglich auch die Clearaudio Basic V2 mit Brumm. Das ist nichts Besonderes, betrifft alle Phonoteile und darf nicht als Kritikpunkt verstanden werden. Im Gegenteil: Durch ihre kompakte Form und das lange, flexible Netzteil-Zuleitungskabel erleichtert die Basic V2 in schwierigen Anlangen-Umfeldern die Suche dem idealen Arbeitsplatz: Lautstärke aufdrehen, dann die Phonostufe vorsichtig bewegen, verschieben, drehen und darauf achten, ob eventuelle Nebengeräusche zu- oder abnehmen.

Clearaudio Basic V2 hinten/unten
Ein- und Ausgang, Erde, Netzteilanschluss – das wars. Die kompakte Bauweise der Basic V2 erlaubt keinen Schnickschnack (Foto: B. Rietschel)

Nach unten heraus ragen besagte Umschalttasten – jeweils doppelt, weil kanalgetrennt. Rückseitig präsentiert die Clearaudio Anschlüsse für Stromversorgung, Ein- und Ausgänge. Ein durchaus erfreulicher Anblick, denn die Cinchbuchsen stammen aus Clearaudios eigener, ultramassiver MPC-Baureihe, die in Deutschland aus teurem, ohne Nickel-Sperrschicht vergoldetem Berylliumkupfer gefertigt wird. So sind dauerhaft kleinste Übergangswiderstände und mechanische Unzerstörbarkeit garantiert.

Interessant auch der Netzteileingang, der eine ungewöhnlich hohe und zudem symmetrische Versorgungsspannung von bis zu ±24 Volt wünscht. Das lässt auf hohe Übersteuerungsreserven hoffen, und die hohe Maximal-Ausgangsspannung von über 9 Volt unterstützt diese Vermutung. Viel Headroom ist gerade bei Phono wichtig, da es hier anders als in der digitalen Welt keine definierten Aussteuerungen und Pegel gibt. „MM“ kann alles zwischen 2 und 6-7mV Ausgangsspannung bedeuten, wobei reale Vinylpressungen gegenüber der zur Messung meist verwendeten IEC-Normplatte noch weitere Abweichungen erzeugen.

Ähnlich sind die Variationen bei MC, wo zwischen 0,05mV und 0,8mV (nach IEC) auch alles vorkommen kann. Kräftige, niederohmige Ausgangsverstärker stellen beim Clearaudio zudem sicher, dass das Signal auch nach längeren Kabelstrecken und an ungünstigen Eingängen (etwa passiven Preamps) absolut störungs- und verzerrungsfrei ankommt.

So klingt die Basic V2

Verzerrungsarmut ist dann auch eine der klanglich auffälligsten Eigenschaften des Basic V2. Auffällig unauffällig eigentlich, denn der Preamp macht sich dadurch in der Kette praktisch unsichtbar. Er öffnet der Musik ein sehr weites Tor, einen Rahmen, der in aller Regel größer ist als Frequenz- und Dynamikumfang des ankommenden Signals, und der dadurch klanglich nicht in Erscheinung tritt. Dass dieser weite und damit weit von der Musik entfernte Rahmen nicht selbstverständlich ist, zeigt der Vergleich mit einfacheren Phonostufen, die den Klang insgesamt ganz leicht nachhörbar etwas verkleinern: Sie mischen sich und ihren Charakter mehr ein, die Platten wirken wieder mehr wie Reproduktionen. In den Mitten tünchen sie gerne etwas nach, ganz unten wirken sie leichter, obenherum etwas desinteressiert – wirklich neutrale, dynamisch großzügige Phonos sind leider schwer zu beschreiben, ohne die Schwächen anderer Konstruktionen anzuführen.

Clearaudio Basic V2 mit Technics Plattenspieler
Der Basic V2 beim Autor im Einsatz (Foto: B. Rietschel)

In seiner vorbildlichen Neutralität, die nur dann als Nüchternheit stört, wenn der angeschlossene Spieler auf der Dynamikbremse steht, erinnert der Basic V2 an den Black Cube SE von Lehmannaudio, der ja in der gleichen Preisklasse unterwegs ist und gefühlt bei jeder HiFi-Redaktion als Klassenreferenz dient. Doch der Basic V2 setzt sich von seinem rheinischen Kollegen durch noch größere Neugier und Transparenz im Obertonbereich ab. Diese hochfeine Auflösung ist gewissermaßen die Paradedisziplin des Clearaudio – die Qualität, in der er sich vom Gros der Preisklassenkollegen unterscheidet. Dass der Lehmann und die meisten anderen im Vergleich ganz oben etwas dunkler intonieren, hat natürlich nicht nur Nachteile. So wirkt der/die Basic V2 insgesamt etwas heller als Vergleichs-Preamps und verlangt wirklich sauber abtastende, sorgfältig justierte Tonabnehmer, um diese Charakteristik auch konstruktiv einsetzen zu können. In solchen Fällen wirkt der Basic V2 dann eben nicht dünn (zumal er im Tiefton außerordentlich kräftig zupacken kann), sondern einfach nur klar, weich und verblüffend klangfarbenreich.

Die offene, fast ätherische Hochtonauflösung ist im MM-Betrieb sogar noch deutlicher – die stimmigste, edelste Wiedergabe gelingt dem Clearaudio aber mit leisen bis mittellauten MCs. Wir hatten das TAD Excalibur Gold als preislich gut passenden Vertreter der letzteren Kategorie montiert und das Transrotor Figaro als überaus würdigen Repräsentanten der ersteren – in jedem Fall lieferten die hochwertigen Line-Contact-Nadeln eine Fülle an Feinheiten, beließen es aber nie bei zischelnd-schemenhaften Andeutungen, sondern malten auch kleinste Schnörkel mit ruhigem Strich und akkuraten Texturen sauber aus.

Das steht in reizvollem Widerspruch zu der häufig anzutreffenden Klischeemeinung, dass Detailfreude und „Musikalität“ sich irgendwie gegenseitig ausschließen. Solange das Signal in sich ausgewogen ist und die Genauigkeit konsistent über das volle Frequenzband erhalten bleibt – hier ist natürlich primär der Plattenspieler selbst gefordert –, holt der Clearaudio Basic V2 die Musik einfach nur sehr nah heran, lässt sie ungewöhnlich frei atmen und tonal reich schimmern. So kann man sich etwa mit ECM-Jazzplatten an den penibelst eingefangenen Metalltönen der unterschiedlichen Schlagzeugbecken delektieren, den Holzduft eines gezupften Kontrabasses schnuppern und mit jeder Plattenseite neue Perspektiven auf altbekannte Aufnahmen gewinnen.

Fazit Clearaudio Basic V2

„Make it simpel“ hatte man den Clearaudio Ingenieuren bei der Entwicklung der Basic V2 auf den Weg gegeben – und sie machte es einfach. Einfach gut. Die fixen Abschlusswerte sind praxisgerecht, der Klang eher heller, aber sehr fein und detailreich, die Verarbeitung in Form der beiden Aluminium-Schalen herausragend. Sie ist die Top-Empfehlung für alle, die analogen Spitzenklang, aber nicht großartig mit den Abschlusswerten herumexperimentieren möchten.

Nicht ganz so schön sind die höheren Rauschwerte bei MM. Doch in dieser Preisklasse würde ich sowieso zu einem gehobenen MC-Abtaster raten. Idealerweise nutzt man an der Clearaudio ein MC-System mittlerer Ausgangsspannung, wie es natürlich Clearaudio selbst, aber auch Lyra, Ortofon und viele andere in reicher Auswahl anbieten.

Clearaudio Basic V2
2019/10
Test-Ergebnis: 4,2
SEHR GUT
Klang
Praxis
Verarbeitung

Gesamt

Die Bewertung bezieht sich immer auf die jeweilige Preisklasse.
Sehr feine, dezente Auflösung, hohe Dynamik
Tolle Verarbeitung
Leicht erhöhtes Rauschen mit MM-Systemen
Feste, nicht anpassbare Anschlusswerte

Vertrieb:
Clearaudio
Spardorferstraße 150
91054 Erlangen
www.clearaudio.de

Preis (Hersteller-Empfehlung):
Clearaudio Basic V2: 1.000 Euro

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Autor: Bernhard Rietschel

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Bernhard Rietschel ist gelebte HiFi-Kompetenz. Sein Urteil zu allen Geräten ist geprägt von enormer Kenntnis, doch beim Analogen macht ihm erst recht niemand etwas vor: mehr Analog-Laufwerke, Tonarme und Tonabnehmer hat keiner gehört.