Da darf man jubeln! Das ist eine der besten Phono-Stufen, die ich in den letzten Monaten vor Ohren hatte. Sie stammt nicht aus Deutschland, nicht aus Great Britain – sondern aus Griechenland. Überraschend. Eine Perle. Die Rede ist von der LAB12 Melto1.
Griechenland ist mit Sicherheit nicht der Nabel der High-End-Bewegung, aber es birgt einen Schatz: Eben die kleine Manufaktur LAB12, die in der hellenischen Hauptstadt Athen residiert. Nicht viele Produkte verlassen die Fertigung, aber jeder Karton birgt einen Edelstein. Hinter der Faszination steht Stratos Vichos. Seit über 20 Jahren ist der Audio-Experte im Geschäft. 2012 machte er sich selbstständig und gründete eben Lab12. Hier geht es um Eleganz und die Wurzeln. Das Portfolio versteht sich rein für gehobene, verstärkende Elektronik. Mit einer klaren Ausrichtung: Röhren sind besser als Transistoren. Selbst der große DAC1 Reference folgt diesen Spielregeln. Ich hatte ihn schon vor knapp zwei Jahren getestet und schon damals den Jubel-Modus angeworfen: ein musikalisches Wunderwerk.
Der Aufbau des Lab12 Melto1: die feinen Röhren
Jetzt eine Bauklasse tiefer und rein analog. Der Melto1 hat uns erreicht. Eine klassische Phonostufe für MM- wie MC-Signale. Stolz stellt Lab12 die Röhren bei seinen Vollverstärkern aus. Doch hier nur eine leichte, klassische Box ohne Einblick in das Innenleben. Wollen wir zuerst hören oder den Schraubenzieher zücken? Die Neugier führt uns zu Plan B – wir wollen hineinsehen. Und das sieht wirklich so wunderschön wie geradlinig aus. Links im Gehäuse liegt ein ehrenwert-großer Trafo, rechts davon zwei Wege in strengem, doppelten Mono-Aufbau. Aber eben mit Röhren.
Stratos nennt es ein gegenkopplungsfreies Schaltungsdesign. Zum Glühen kommen hier zwei Röhren des Typs 6N1P-EV Dual Triode sowie ebenfalls zwei 6n2p-EV Dual Triode. Aus welchem Land, von welchem Hersteller? Hier hält sich Stratos alle Optionen offen. Da die wirtschaftliche und insbesondere politische Weltlage stets andere Beschaffungswege aufzwingt. Subtext: Russische Röhren werden ausgeschlichen, die tschechische Konkurrenz hingegen bevorzugt. Auf der Rückseite liegt ein doppeltes Mäuseklavier, hier müssen wir alle Feineinstellungen vorgeben. Stattlich die Möglichkeiten, wir können eine Impedanz von 32 bis 100 000 Ohm vorgeben. Die Entzerrung folgt den klassischen RIAA-Vorgaben.
Wir kommen mit den Signalen per Cinch hinein und ebenso heraus. XLR bedient der Melto1 nicht. Auch eine umfassende Anzeige gibt es nicht. Liegt Strom an, so leuchten uns drei LEDs auf der Front entgegen. Das ist eine blitzsaubere Phonostufe ohne Aufhebens, keine Show, kein Design-Effekt. Aber vielleicht, hoffentlich, wurde alle Kraft auf den Klang fixiert.
Melto1: das Klangfest
Ich lasse meine Finger über mein übervolles Plattenregal huschen und suche nach Pop in perfekter Pressung. John Lennon fällt mir in die Hände. Sein letztes Album – „Double Fantasy“. Man spürt die neue Heimat in New York, ebenso den Wechsel zum nun neuen Label Geffen Records. Die Pressung ist famos, besser, als die EMI je seinem Genie gehuldigt hatte. Der Melto1 zeigte sich schon nach wenigen Takten als echter Vinyl-Vorkämpfer. Das hatte Samt und das schönste Analog-Gefühl. Wir legen uns in den Sessel zurück und lassen uns an der Brust streicheln. Dafür leben viele von uns das Vinyl-Gefühl. Doch bei allen subjektiven Wahrheiten – kann der LAB12 auch echte audiophile Information? Ja, genau hier zeigte sich der perfekte Mitspieler. Hier gibt es die Eleganz der analogen Kette und zugleich ein Maximum an Analyse. Nie wird es hart, aber stets reich. Die deutsche Romantik hat ein schönes Wort dafür: ein Füllhorn. Ich bin im Paradies, leicht berauscht und die Fülle des Klangs fließt mir zu.
Super in der Eleganz, unbeugsam in der Auflösung. Das ist klar eine Phonostufe der Referenzklasse. Ich lege sie auf die Euro-Waage und sage: 5000 Euro, eher mehr. Doch der deutsche Vertrieb holt mich auf den Boden zurück. 2280 Euro beträgt das Preisschild für den Endkunden. Das ist günstig.
Wie tönt er mit Klassik? Zwischen dem feinsten Pianissimo und dem mächtigen Forte baut Schostakowitsch seine fünfte Symphonie auf. Unbedingt hören! Das ist ein mächtiger Griff ans Herz und an die Trommelfelle. Eine Top-Aufnahme hat die EMI aufgelegt: André Previn dirigiert das London Symphony Orchestra. Perfekt gelingt der Melto1 die Analyse des Aufnahmeraumes. Wir schwelgen in Luftigkeit, ebenso in Präzision. Das ist keine Lupe in die Aufstellung des Orchesters, sondern ein Mikroskop. Ohne kleinlich zu werden, da ist die Fülle, der Rausch und zugleich eine feine Akribie. Oder für die Philosophen unter uns: das apollinische Prinzip trifft auf den Kult des Dionysos.
Mit was vergleichen? Da bietet sich die Pro-Ject Phono Box RS2 an. Mit 1500 Euro preislich etwas unter der LAB12, aber ein möglicher Fressfeind in den Kaufgelüsten der potenziellen Kunden. Zuerst fällt auf: Die Pro-Ject gibt sich umfassender in den Feineinstellungen. Mehr Ausstattung gibt es in dieser Preisklasse nicht. Zudem kann ich den Kontakt per XLR suchen. Und klanglich? Das ist erstaunlich verwandt. Beide Phonostufen gehen höchst sensibel mit den kleinen Signalen um. Aber wenn es um den feinen Samt, eben das ultimative Analog-Feeling geht, liegt die Melto1 ein paar Grade höher in meiner Gunst.
Wie könnte die ideale Kette aussehen? Ich würde nicht zum finanzintensiven Großaufbau raten. Eher ein Laufwerk der gehobenen Mittelklasse, dazu ein toller MM-Abnehmer – und das high-endige Glück kann vollkommen sein. Abermals: Diese aufs Wesentliche reduzierte Röhrenschaltung ergibt einen der besten Phono-Amps, der mir seit langer Zeit vor die Ohren kam.
Fazit LAB12 Melto1:
Ich bin kein Sparfuchs, schaue aber sehr wohl auf das Preisschild. Und da bin ich beim Melto1 freudig erstaunt. Etwas über 2000 Euro. Das ist human. Zumal Lab12 hier eine schlaue Schaltung und eine umfassende Anpassung auffährt. Klanglich ist man damit im siebten Himmel. Der Besitzer kann sich dem Rausch hingegeben und in einem Meer der Feininformationen schwimmen. Ich bin so angefixt, dass ich mich schon seit Tagen frage, ob dieser schlichte Quader nicht auch in meinen Analog-Regal gehört. Ich denke: ja. Denn das Hören des Melto1 ist das reine Vergnügen.
KlangPraxisVerarbeitungGesamt |
Die Bewertung bezieht sich immer auf die jeweilige Preisklasse. |
| Substanzvoll-präziser, “schneller” und detailreicher Klang |
| Ambitionierte Architektur im doppelten Mono-Aufbau |
| Präzise Einstellung auf den Abtaster, Ausprobieren vor dem Kauf möglich |
| Nur ein Eingang, kein XLR |
Vertrieb:
CM-Audio – Flöter Technology Service
Adlerstraße 46
41066 Mönchengladbach
Telefon: 02161 6782 45 1
www.cm-audio.net
Preis (Hersteller-Empfehlung):
LAB12 Melto1: 2.280 Euro
Die technische Daten
LAB12 Melto1 | |
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Konzept: | Röhren-basierte Phonostufe für MM und MC |
Röhrenbestückung: | 2x 6N1P-EV Doppeltriode, 2x 6n2p-EV Doppeltriode |
Anpassung MM: | 0-300 Picofarad |
Anpassung MC: | 32 Ohm – 100 Kiloohm |
Eingang /Ausgang | 1 x RCA (Cinch) / 1 x RCA (Cinch) |
Abmesssungen (B x H x T): | 43,0 x 11,0 x 29,0 cm |
Gewicht: | 6,5 Kilo |
Alle technischen Daten |
Mit- und Gegenspieler:
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