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Moon 250i V2 Front
Einfach nur ein richtig guter Vollverstärker mit überragender MM-Phonostufe: der Moon 250i V2 für 2.700 Euro (Foto: Moon)

Test Moon 250i V2: der Gentleman-Vollverstärker

Schon länger hat sich der kanadische High End Hersteller Moon zu einem bekannten Anbieter für feines HiFi gemausert – spätestens, seit er in Deutschland von Dynaudio vertrieben wird. Bei Simaudio, der Dachmarke von Moon, ist alles nobel gemacht, alle Produkte „Made in Canada“ und daher alles preislich eher ambitioniert. Aber das Programm bietet auch noch einige (wenige) bezahlbare Preziosen. So zum Beispiel den Vollverstärker Moon 250i V2, der mit seinen 2.600 Euro weit am unteren Rand des Moon-Katalogs liegt und dennoch viel von dem besonderen, sehr feinen Moon-Sound der großen Geschwister mitbringt. Wir hatten den sympathischen, voll-analogen Amp für einige Wochen im Test.

Moon 250u V2 Herkunft
Ist wichtig für das Moon- Selbstverständnis: alles Handarbeit in Kanada (Foto: H. Biermann)

Die Besonderheit des Moon 250i V2

Das V2 verrät es: der Moon 250i hatte bereits einen Vorgänger – ebenfalls mit feiner A/B-Verstärkung. Und auch der Vorgänger lief im Bereich der ersten 5 Watt im „reinen“, verzerrungsarmen, aber schweißtreibenden Class-A-Betrieb. Insgesamt leistet der Kanadier gut 100 Watt an 4 Ohm, beziehungsweise 50 Watt 8 Ohm. Das ist für alle, die keine absurd leisen oder elektrisch schwierige Lautsprecher zu betreiben haben, in der Regel ausreichend. Und dass er an 4 Ohm exakt das Doppelte der Leistung wie an 8 Ohm bereitstellt, gilt als eindeutiger Hinweis auf ein unerbittlich stabiles Netzteil.

Moon 250u V2 innen
Penibel sauberer Aufbau mit vier Transistoren und einem (im eigenen Separee sitzenden) Netzteil aus 320VA-Trafo und einer Sieb-Kapazität von 20.000 μF. Oben rechts sitzt die komplett diskret aufgebaute MM-Phonostufe (Foto: Moon)

Ein Blick in den Verstärker offenbart keine Geheimnisse, sondern nur gut gemachte Verstärkertechnik – genau wie bei seinem Vorgänger. Ich meine, bezüglich der Schaltung hat sich hier nichts zwischen der ersten und der V2-Version geändert.

Moon 250u V2 Anschlüsse
Das Gehäuse ist erfreulich fest, gleich vorn sitzt die Phonostufe. Sonst eine eher durchschnittliche Konnektivität (Foto: H. Biermann)

Aber in der Ausstattung. Als neu und in gewisser Weise ungewöhnlich könnte man die komplett diskret aufgebaute MM-Phonostufe einstufen, die man andernorts sicherlich für 500 oder mehr Euro erstehen müsste. An dieser Phonostufe lässt sich zwar nichts einstellen, aber die Kanadier haben mit einer Abschluss-Impedanz von 47kΩ den wohl besten Mittelwert für aktuell übliche MM-Tonabnehmer gewählt. Klanglich liegt die Phonostufe – wie der gesamte Verstärker – eher auf der satt-samtig-feinen Seite.

Moon 250u V2 FB
Beigelegt ist eine Moon-Systemfernbedienung, die zuverlässig auch den 250er steuert (Foto: H. Biermann)

Tendenziell ist die Verarbeitung sehr gut, der Druckpunkt der Bedienknöpfe solide und auch die Front mit geschwungenen Aufsätzen links und rechts macht ordentlich was her. Die Kanadier sind jedenfalls von der Qualität ihrer Amps so überzeugt, dass sie gleich 10 Jahre Garantie geben – auch nicht selbstverständlich.

Moon 250u V2 Pegelregler
Der 250i V2 hat zwar keinen Bluetooth-Zugang, aber eine Mini-Klinke, mit der man unter anderem Musik vom Handy einspeisen kann – dann halt über Kabel. Der eingebaute Kopfhörer-Verstärker ist gut, erreicht aber nicht ganz die Qualität des Phonozugs (Foto: H. Biermann)

Hörtest

Wer schon andere Moon-Komponenten gehört hat, fühlt sich sofort erinnert: Es ist diese sachte, sehr ruhige und feine Art, die die Kanadier stets auszeichnet. Das klingt immer sofort einnehmend. Vor allem Stimmen und akustische Instrumente sind dem 250er – wenn die Aufnahmen vielleicht sogar aus dem Stockfisch-Aufnahmeraum kommen – ein Fest.

Moon 250u V2 im LowBeats Hörraum
Die Kombination drängte sich fast auf: der Moon 250i V2 mit der Dynaudio Heritage Special. Aber auch die Spendor 2/3 (rechts) kam hier zum Einsatz (Foto: H. Biermann)

Wie so oft in den vergangenen Monaten hörte ich auch über den Moon die neue Anne Clark – eine wunderbare Aufnahme, bei der die Stockfisch-Toningenieure Clarkes Stimme, aber auch die Harfe und die Violine meisterhaft in Szene setzten.

Zum Vergleich zog ich den Atoll IN300 aus dem Referenzregal, wo dieser sich schon seit Jahren wohlfühlt. Der Atoll ist einen Tick teurer, hat aber auch einen DAC eingebaut. Und er ist im Vergleich deutlich weniger zart besaitet. Wo der Atoll voll durchzog, blieb der Moon eine Spur gebremster. Wo der Atoll hell aufblitzte, funkelte der Moon eher dezent-fein.

Brass Against
Bläser plus Sängerin = Musik, die einen wegbläst. Brass Against gibt es derzeit nur bei Spotify oder SoundCloud (Foto: Brass Against)

Vor allem bei grobdynamischer Musik war der Unterschied erklecklich: Das im wahrsten Sinne des Wortes „umwerfende“ Cover-Stück „Killing In The Name Of“ von Brass Against blies mich mit dem Atoll fast vom Sofa, der Moon sortierte alles fein, zog auch die Bühne sehr glaubwürdig nach hinten (weiter) auf, aber beim beherzten Schmettern der Bläser oder beim kernigen Schlag auf die Snaredrum fehlte ihm einfach der letzte Biss.

Zunächst hat mich dieser Vergleich in Bezug auf den Moon etwas ernüchtert, weil der Moon trotz aller klanglichen Eleganz so wenig aus sich herauskam. Aber je länger man ihm zuhört, umso mehr lernt man seine Schokoladenseiten schätzen. Da ist vor allem diese hohe Harmonie, die ungemein gefällige Seidigkeit in den Mitten. Am Ende habe ich den Kanadier doch in mein Herz geschlossen, weil er mich die Zeit vergessen ließ: LowBeats Tonmeister Jürgen Schröder hatte vor wenigen Wochen in der Klosterkirche von Lorch die Kunstkopf-Aufnahme zu dem Album „Saitenwind“ der Harfistin Andrea Kleinmann gemacht. „Ein akustischer Glücksfall“, wie er nach der Aufnahme (die sich bis tief in die Nacht zog) feststellte.

Andrea Kleinmann Saitenwind Cover
Eine erstklassige Kunstkopf-Aufnahme aus der Klosterkirche zu Lorch: Andreas Kleinmann „Saitenwinde“

Anfangs spielte ich die CD über den lebendigen Atoll: Das war mitreißend, aber auch etwas nervös und ich schaltete ständig irgendetwas hin und her. Mit dem Moon war alles viel relaxter. Das Kirchenschiff wurde akustisch tiefer (so wie es in Wirklichkeit auch ist), die einzelnen Töne kamen etwas voller, getragener und einen Tick feiner und ich vergaß tatsächlich, dass es schon nach Mittenacht war: Ich hörte einfach die ganze CD durch. Das passiert mir nicht mehr so oft…

Fazit Moon 250i V2

Der Moon 250i V2 ist das Gegenteil eines Posers: Kein Bluetooh, kein DAC, kein Streaming. Der kanadische Einstiegs-Vollverstärker ist ein klassischer Vollverstärker der 2.500 Euro-Klasse, geradezu sprichwörtlich nach alter Väter Sitte aufgebaut. Gute Verarbeitung, ein stabiles Netzteil, keine Kinkerlitzchen.

Beim ersten, schnellen Reinhören wirkt er klanglich sehr schön, aber etwas undynamisch. Doch nicht jeder Hörer steht auf hochauflösendes Highspeed-HiFi: Wer ein eher samtiges, ruhiges Klangbild sucht, ist hier goldrichtig – zumal die eingebaute Phonostufe auch bessere (externe) Modelle schnell vergessen macht. Ein sympathischer Vollverstärker für lange Hörabende.

Moon 250i V2
2023/08
Test-Ergebnis: 4,4
SEHR GUT
Bewertung
Klang
Praxis
Verarbeitung

Gesamt

Die Bewertung bezieht sich immer auf die jeweilige Preisklasse.
Feiner, sanft-samtiger und räumlicher Klang
Exzellente MM-Phonostufe
Solide Verarbeitung
10 Jahre Garantie

Vertrieb:
Dynaudio Germany GmbH
Ohepark 2
21224 Rosengarten
www.dynaudio.de

Preis (Hersteller-Empfehlung):
Moon 250i V2: 2.700 Euro

Technische Daten

moon 250i V2
Konzept:Rein analoger Vollverstärker
Leistung:2 x 100 / 2 x 50 Watt (4/8 Ohm)
Eingänge:4 x Hochpegel (RCA), 1 x Phono
Ausgänge:
1 x Pre-Out (RCA), 1 x Kopfhörer (6,3 mm Klinke)
Besonderheiten:hochwertige MM-Phonostufe
Garantie:10 Jahre
Farb-Varianten:schwarz, bi-color
Abmessungen (B x H x T):42,9 x 8,9 x 36,6 cm
Gewicht:10,2 Kilo (Stück)
Alle technischen Daten
Mit- und Gegenspieler:

Test Dynaudio Heritage Special: in der Tradition der großen Sondermodelle
Test Atoll IN 300: DAC-Amp mit Kraft und Feindynamik

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Autor: Holger Biermann

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Chefredakteur mit Faible für feinste Lautsprecher- und Verstärkertechnik, guten Wein und Reisen: aus seiner Feder stammen auch die meisten Messe- und Händler-Reports.