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Lab12 Melto2 Front
Der Lab12 Melto2 ist die genialste Phonostufe, die bislang bei LowBeats spielte. Mag sein, dass 3.750 Euro echt viel Geld sind. Hier aber ist jeder Cent gut angelegt (Foto: Lab12)

Test Lab12 Melto2: Referenz-Phonostufe mit Röhre

Hey – eine Phonovorstufe brauchen wir doch nicht. Die sind doch zumeist in guten Vollverstärkern eingebaut, oder? Man darf widersprechen. Gerade in dieser Zeit. Wer das Maximum aus einer Vinyl-Scheibe herausholen will, der braucht einen externen Wandler. Wir sind auf einen Glücksfall gestoßen: den Lab12 Melto2. Die außergewöhnliche Röhrenstufe kommt (wie auch der bereits getestete und herausragend gute Netzfilter Lab12 Gordian) aus Griechenland und wird hierzulande von CM-Audio (Flöter) vertrieben. Online. Was durchaus seine Vorzüge hat.

Lab12 Melto2 Probierpaket
Alle Probierpakete von CM-Audio kommen in einer rustikalen Kunststoff-Box. Sie gewährleistet den sicheren Transport und ist mehrfach verwendbar (Foto: H. Biermann)

Der Lab12 Melto2 kam in einer stabilen Kunststoff-Kiste zu LowBeats. Es ist das klassische Testpaket, das sich jeder Interessent in dieser Form nach Hause schicken lassen kann. Das Auspacken und Anschließen ist dementsprechend simpel: Im Testpaket sind neben einer Fernbedienung und einer schlüssigen Bedienungsanleitung auch alle erdenklichen Kabel, in diesem Falle von ViaBlue, mit dabei.

Lab12 Melto2 Netzkabel
Der Lab12 Melto2 hat eine simple Fernbedienung und ein Netzkabel, das beiliegt. Das Kabel klingt wunderbar dynamisch und kraftvoll, ist aber leider recht starr (Foto: H. Biermann)

Aber wenden wir uns wieder dem Lab12 Melto2 zu – beziehungsweise dem Mastermind dahinter. Das ist Stratos Vichos, ein cooler Typ und der ideale Freund, wenn man einmal durch die Kneipen von Athen ziehen will. Aber er hat einen Fehler. Er ist mit dem High-End-Virus infiziert. Erst kürzlich hat der End-Dreißiger die Lab12 Manufaktur etabliert. Mit großen Schritten geht er voran. Auf der HIGH END 2019 zeigte Stratos seine Schätze. Alles Elektronik – tolle Verstärker, superbe Netzfilter und eben diese Phono-Stufe, die wir uns als erstes Magazin des Landes zum Test sicherten.

Stratos Vichos versteht sein Handwerk – als Entwickler und Ausrufer seiner Meriten. Er liebt die klassischen Schaltungen und gute Röhren. Das Design ist unaufgeregt, etabliert. Die Preise ebenso – hier wird keine Show betrieben. Subtext: Wer gute Amps sucht – Stratos liefert. Den Stromaufbereiter Lab12 Gordian haben wir bereits hochleben lassen – und auf unserer LowBeats Skala ein klares „Überagend“ verpasst. Der Gordian schraubte die Erwartungen bei uns hoch – und wir wurden nicht enttäuscht.

2 x 2 Röhren glimmen: der Aufbau des Lab12 Melto2

Gleich nach dem Auspacken aus dem Karton lockte uns die Neugier. Wir zückten den Schraubenzieher. Vier Schrauben – und der Blick war frei auf das Innenleben. Die Verarbeitung ist superb. Die Grundarchitektur wirkt wie ein klassischer Transistor-Amp – doch auf der rechten Seite glimmen vier Röhren. In einer ersten Stufe verstärkt Stratos das Signal über zwei Röhren von Electro Harmonix – das ist der Klassiker mit der Nummer 6922. Danach wird es kryptisch – wir sehen die nahezu baugleichen Röhren, können aber keinen Aufdruck erkennen.

Lab12 Melto2 Röhren
Röhren von Electro Harmonix und Vokshod (Foto: H. Biermann)

Also müssen wir Meister Vichos befragen. Es sind zwei Voskhod Röhren vom Typ 6n2p. Zusammen haben wir also den Verstärkungsfaktor einer doppelten Röhrenstufe. Was aber nur die halbe Erotik einer guten Phono-Vorstufe ausmacht. Wie steht es um die Wandler des feinen Signals? Hier bedient sich Lab12 bei einem der besten Hersteller der Welt – Lundahl liefert die passgenauen Transformer. Der Chip bietet alle erdenklichen Feineinstellungen für den Tonabnehmer. Natürlich können wir zwischen einem MM- und einen MC-System umschalten. Dazu gibt es eine Feinanpassung bei MC in Verstärkungsgrad und Empfindlichkeit. Zudem stehen drei klassische Kennlinien bereit. Neben RIAA wird auch der seltene Decca-Schnitt ausgelesen und der noch seltenere Columbia-Schnitt.

Alle Details werden an ein hochauflösendes, monochromes Display geleitet. Über das linke Wahlrad lässt sich alles sinnig und einfach bedienen. In solchen Momenten spürt man die hohe Fertigungsqualität. Und tatsächlich: Alles entsteht in Handarbeit am Firmenstandort in Athen.

Lab12 Melto2 Display
Das OLED-Display des Melto2 ist groß und gut lesbar (Foto: H. Biermann)

Natürlich gibt es einen Ausgang nach XLR-Norm, dazu einen Cinch-Port und parallel dazu drei Eingänge. Wie die Platine auch verrät, dass hier alle Signale in stringentem, doppeltem Mono geführt werden. Fast müsste man diese Vorstufe im offenen Betrieb arbeiten lassen, so schön ist der Signalweg markiert. Doch die Form passt sich klassisch dem 43-Zentimeter-Front-Format an. Also einfach in das Rack integrieren und sich freuen.

Lab12 Melto2 Ausgang
Die Ausgänge sind in Form von Cinch- und XLR-Buchsen vorhanden (Foto: H. Biermann)

Die Überlegenheit der analogen Scheibe: der Hörtest

Wie gesagt: Die Erwartungshaltungen war hoch, doch der Melto2 toppte unsere Vorfreude. Ich kann mich nicht erinnern, wann ich das letzte Mal in einer solchen Auflösung ungehemmte Spielfreude erlebt habe. Als die erste Platte rotierte, war uns allen wieder klar, warum Vinyl so ungebremst Fans rekrutiert. Das ist eben ein superbes Klangmaterial, keine CD kommt an diese harmonische Stimmigkeit heran. Wohlgemerkt: das hat nichts mit Anachronismus zu tun – die Vinyl-Scheibe ist halt in vielen Punkten der CD überlegen. Wir haben uns täuschen lassen, damals, Anfang der 80er Jahre. Der Melto2 zeigt es überdeutlich.

Als Laufwerk diente uns wie immer der großartige Transrotor Max – viel Metall, viel Masse, höchste Souveränität und mit zwei SME M2-9 Tonarmen bestens bestückt. Zuerst pirschte ich mich mit einem ganz kleineren System heran. Audio-Technica hat seine alten Meisterwerke in die Neuzeit überführt und eine VM95-Serie veröffentlicht. Allesamt MM-Systeme, der einzige Unterschied besteht im Nadelträger und dem Diamantschliff. Wir lieben die Shibata-Version, die teuerste im Katalog. Der offizielle Name: ATVM95SH. 200 Euro für einen Tonabnehmer sind noch dezent. Doch was dieser Abnehmer vermag – super, da dauert es lange, bis eine Sehnsucht nach einem großen MC-System aufkommt. Bei LowBeats gab es einen Jubeltest. Nun die Verbindung an den Melto2 – und der Himmel ging auf. Zuvor hatte ich die gute, aber nicht überragende Phonostufe des Yamaha c-5000 Vorverstärkers genutzt. Die klingt mitreißend energisch und druckvoll. Doch kein Vergleich zum Lab12. Der Melto2 legte noch mehr Analyse darunter, staffelte die Bässe noch konkreter und verlieh dem Klangbild mehr Druck und Erhabenheit. Der Groove Anniversary von Tom Evans (allerdings in der Mk1-Version) war bislang der Maßstab bei LowBeats. Auch er hatte das Nachsehen, weil der Lab12 noch mehr Klangfarbenpracht bot und souveräner spielte. Ein Fest.

Lab12 Melto2 LowBeats Hörraum
Hier wird sich der Lab12 Melto2 noch einige Monate länger wohlfühlen: im großen Hörraum von LowBeats. Rechts von ihm der hochglanzpolierte Transrotor Max (Foto: H. Biermann)

Und doch geht noch mehr. Wir hatten gerade das neue Goldring Ethos (jetzt bei IDC Klaassen im Vertrieb und 1.100 Euro schwer) im Test. Auch das Goldring ist eine Sensation und bringt feinste Informationen an den Melto2 – die dieser punktgenau richtig auslegt. Da war das Maximum von Analyse, alles an seinem Platz, mit enormer Feindynamik. Ein gewaltiges Klangbild strahlte uns aus der Boxenachse an.

Zum Beispiel mit dem letzten Studioalbum von Tom Waits. Bad as me hat schon einige Jahre auf dem Buckel, klingt aber fantastisch schmutzig. Das ist raue Musik. Der Tonabnehmer, das Laufwerk, die Phonostufe müssen Druck in der Tiefe verbreiten, dazu das feine Flirren in der Stimme inszenieren. Super ist die Ballade „Last Leaf“, kein Geringerer als Keith Richards spielt hier die Gitarre und singt mit Tom Waits im Duett. Ich kenne die CD in- und auswendig, ebenso den High-Res-Download. Aber mal ganz ehrlich: Nur die Vinyl-Scheibe hat diesen entspannten Charme – wenn so eine Maschine wie der Lab12 Melto2 für die Vorverstärkung sorgt.

Tom Waits Bad As Me
Tom Waits Bad As Me  (Cover: Amazon)

Klassik muss er natürlich auch können. Ich hatte morgens beim Durchstöbern meiner mittlerweile doch sehr umfangreichen Plattensammlung eine alte Pressung der Deutschen Grammophon wiedergefunden. Ein großes Werk aus den Frühtagen der Stereophonie: Svatoslav Richter spielt das d-moll-Konzert von Mozart. Whow – wie hier die Streicher flirrten, wie rund sich der Ton des Klaviers gestaltete und den Raum einnahm.

Nach zwei Tagen des Hörens war ich tatsächlich in einem Rausch. So verführerisch und überzeugend kann High-End sein. Ich greife zum Superlativ: Das ist die beste Phonovorstufe, die bislang im LowBeats Hörraum gastierte. Oder anders gesagt: neue Referenz!

Lab12 Melto2: das Fazit

3.750 Euro setzt Lab12 für seinen Melto2 an. Hört sich nach viel Geld an, ist es normalerweise auch, aber in diesem Falle nicht. Diese Phonostufe tönt weit teurere Konkurrenten in Grund und Boden. Dieser Mix aus Analyse und Spielfreude ist regelrecht süffig – man kann Teile seines Verstands verlieren. Die Bedienung ist klasse, die Ausstattung beachtlich und die Verarbeitung überragend. Lange Jahre der audiophilen Partnerschaft stehen bevor. Ein Glücksfall.

Vertriebschef Markus Flöter wird nicht müde, sein einwöchiges Probierpaket anzupreisen. So kann jeder geneigte Vinyl-Fan mal einen Lab12 Melto2 ausprobieren. Wovor ich aber nur warnen kann: Die meisten ernsthaften Musikhörer werden wie wir dem Melto2 erliegen, zum Hörer greifen und selber sich sagen hören: „Nee Freunde, der geht nicht mehr zurück, der bleibt schön hier…“

LAB12 Melto2
2019/06
Test-Ergebnis: 4,8
Referenz
Bewertung
Klang
Praxis
Verarbeitung

Gesamt

Die Bewertung bezieht sich immer auf die jeweilige Preisklasse.
Höchste Analyse, dabei hoch-musikalisch
Umfassende Feinanpassung der Tonabnehmer
Perfekte Verarbeitung
Einfacher Tausch der Röhren möglich

Vertrieb:
CM-Audio – Flöter Technology Service
Adlerstraße 46
41066 Mönchengladbach
www.cm-audio.net

Preis (Hersteller-Empfehlung):
LAB12 Melto2: 3.750 Euro

Mit- und Gegenspieler:

Audio-Technica VM95: MM-Abtaster Familientest mit Online-Klangvergleich
Test Transrotor Max: unbestechliches Masselaufwerk
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Autor: Andreas Günther

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Der begeisterte Operngänger und Vinyl-Hörer ist so etwas wie die Allzweckwaffe von LowBeats. Er widmet sich allen Gerätearten, recherchiert aber fast noch lieber im Bereich hochwertiger Musikaufnahmen.