Wie groß muss ein D/A-Wandler sein? Der Merason Frérot verschwindet im High-End-Regal. Ein Schalter für die Quellen-Wahl – das war es. Es ist der kleine Bruder der LowBeats Wandler-Referenz Merason DAC-1. Aber maximal verführerisch in Preis und Bauweise. Wir sind angefixt.
Im Gymnasium hätte ich mir gern einen großen Bruder gewünscht, der einfach mal seine Muskeln angespannt hätte und meinem Widersacher mit der Faust auf den Mund geschlagen hätte. Aber diesen Bruder hatte ich nie. Doch kein Anlass für Trauerarbeit – was eine gute Überleitung zum Merason Frérot zaubert. Frérot steht für das Brüderchen. Der Kleine. Dazu muss man wissen, dass der Merason DAC-1 die Musik bei uns als Held spielt. Es geht unterhalb 5.000 Euro schlicht nicht besser, er ist der beste Wandler von digitalen Impulsen in die analoge Welt. Erdacht in der Schweiz, gemacht in der Schweiz. Eben der große Bruder, der alle Winzlinge wegfegt. Gerade höre ich das neue Album von Annett Louisan über diesen Wandler. Großartig.
Das Konzept des Merason Frérot
Beim großen DAC-1 hat Merason Mastermind Daniel Frauchiger alles verbaut, was ihm gut und teuer ist. Der Frérot dagegen ist um einiger kleiner (22,5 x 5,0 x 18,0 cm (B x H x T), leichter (0,9 Kilo) und deutlich günstiger (aktuell nicht einmal 980 Euro) – und trotzdem ein echter Merason. Das zierliche Gehäuse besteht aus Hammerschlag-lackiertem Stahl, der Deckel ist an einer besonders Resonanz-anfälligen Stelle mit einem Bitumen-Pad bedämpft.
Das Schaltungskonzept scheint auf den ersten Blick unterschiedlich: Beim DAC-1 gibt es großformatige Trafos, satte Netzteile, viel Platz. Beim Frérot wird das Gehäuse auf nicht einmal ein Fünftel reduziert.
Und doch ist das Wesen des Frérot dem des großen Bruders nicht unähnlich. So verwendet Frauchinger auch im Frérot den DAC-Klassiker BurrBrown 1794A. Das ist gute Kost, aber nicht die Edel-Liga unter den Wandler-Chips. Aber Frauchinger sieht in ihm “das Beste aus zwei Welten“ – nämlich klassische Multibit- mit aktueller Delta-Sigma-Technik. Der PCM1794A ist von Haus aus zweikanalig ausgelegt. Deshalb reicht hier ein Chip; im DAC-1 verwendet er einen pro Kanal.
Werfen wir die Phantasie an. Das ist kein Monstrum. Sondern eher ein freundlicher Quader. Wie eine Phono-Vorstufe, exakt so groß wie beispielsweise der Cambridge Audio Duo in MM und MC. Der Job ist überschaubar. Und trotzdem hat die Rückseite des Frérot einiges aufzubieten. Wir kommen doppelt optisch hinein, dazu doppelt per Cinch, in der Kür ein USB-Eingang. Also der perfekte Mitspieler für den Schreibtisch, verbunden per USB mit der Hauptplatine. Hinaus können wir per Cinch oder XLR ein analoges Signal abziehen. Mehr braucht eigentlich kein Mensch.
Der Hörtest
Kehren wir noch einen Moment zurück zu Annett Louisan. Das geht bisweilen weit über die Schmerz- und Kitsch-Grenze heraus. Im Maximum singt sie „Somewhere over the Rainbow“. Mehr Süßigkeiten können die Mikrophone nicht erreichen. Und dennoch ist der Song Feinkost für jeden Wandler. Wenn denn die Chips mitspielen. Merason hat es sich gemütlich gemacht. Hier wird kein Kriegsszenario aufgeboten, sondern der feine Griff in die Saiten. Super – diese Dichte des musikalischen Erlebens könnten wir selbst für deutliche tausend Euro nicht erkaufen. Alles wirkt harmonisch, auf seinem Platz. Eine kleine Kiste, die die ultimative Wahrheit an die Membranen bringt.
Wie wir hören? Die nagelneuen Dynaudio Contour 20i bringen alles an den Tag. Ich war geflasht – wie von einem Stromstoß.
Noch näher geht es nur über einen herausragend guten Kopfhörer. Also im praktischen Szenario: Den Frérot auf den Schreibtisch, dazu eine Verbindung per USB zum Rechner. Und alle Wahrheiten flutet der Kopfhörer weiter. Doch genau hier wird es dunkel. Denn der Frérot verfügt – auch diesbezüglich ähnelt er seinem großen Bruder – über keinen Kopfhörerausgang. Das ist ein Manko, aber kein Grund, den kleinen Merason von der Kante zu stoßen.
Denn er klingt so schön. Zum Beispiel mit gut aufgenommener Klassik. Gegen Ende der Fünfzigerjahre war Stereo für viele Labels maximal so etwas wie ein Experimentierfeld. Wir dürfen uns glücklich schätzen, dass die EMI sich um 1957 entschloss, alle großen Produktionen doppelt mitzuschneiden. So gibt es einen kompletten Beethoven-Symphonien-Zyklus unter Otto Klemperer in Stereo aus den Abbey-Road-Studios . Die Vinyl-Pressung ist großartig. Die CD hingegen hat mich nie begeistert. Nun jedoch ist ein Remastering auf Basis von 24 Bit und 96 Kilohertz erschienen. Es verändert unsere Vorstellung – von Beethoven wie von Otto Klemperer. Wo Karajan sich einige Jahre später mit den Berliner Philharmonikern in Eleganz weidete (Deutsche Grammophon), da setzt Klemperer die Säge und die Axt an. Wunderbar, wie herrisch und schroff die Neunte klingt. Das ist eine Aufnahme für die einsame Insel. Unfassbar, wieviel Klangenergie die Tontechniker den alten Masterbändern entlocken konnten.
Der Merason Frérot brachte genau die richtige Größe und eine wunderbare Leichtigkeit in die Spielweise. Ok, der große Bruder hat nicht nur die Transparenz und Feinheit in den oberen Lagen, sondern bringt auch noch die Autorität in den unteren Oktaven. Hier zeigt sich die Überlegenheit des aufwändigen Netzteils. Der Frérot klingt wie er aussieht: eine Spur heller und schneller. Der DAC-1 ist fraglos ein ganz schwer zu übertreffender Hammer. Doch der kleine Bruder ist ihm deutlich näher, als der Preis vermuten ließe.
Der Vergleich mit dem eingebauten DAC der SPL Vorstufe Director MK2 war etwas fairer. Der SPL-Wandler spielt erdiger, habhafter und etwas sonorer. Doch mit seiner quirligen Art konnte sich der kleine Merason auch hier gut in Szene setzen. Ich würde sagen: Die beiden sind zwar charakterlich-tonal recht unterschiedlich, aber in etwa auf einem Niveau. Ein Ritterschlag für den Frérot.
Fazit
In seiner Preisklasse gehört der Merason Frérot sicherlich zu den Besten. Der kleine Spielzeug-DAC zaubert ein wunderbar elegantes, harmonisches Klangerlebnis. Das ist schon fast berauschend gut. Ein Kopfhörer-Amp im Gehäuse wäre ideal gewesen. Trotzdem. Das kratzt nicht an diesem “Made-in-Switzerland-Wandler”. Unter 1.000 Euro ist er der Held der Zeit, die meisten integrierten D/A-Wandler in den populären Playern sehen gegen ihn alt aus. Deshalb: Laute Empfehlung, auch und gerade, wenn das Portemonnaie nicht zu dick gefüllt ist. Spannend: Der deutsche Vertrieb (CM Audio Flöter) bietet ein schnelles Probier-Testpaket für Zuhause an. Da ist das Risiko des Fehlkaufs nicht allzu groß… Und fast ebenso spannend: Man kann ihn über ein separates “großes” Netzteil noch einmal deutlich aufrüsten.
KlangPraxisVerarbeitungGesamt |
Die Bewertung bezieht sich immer auf die jeweilige Preisklasse. |
| Wunderbar leichter, “schneller” und detailreicher Klang |
| Einfachste Bedienung, XLR-Ausgang |
| Ausprobieren vor dem Kauf möglich |
| Kein Kopfhörer-Ausgang |
Vertrieb:
CM-Audio – Flöter Technology Service
Adlerstraße 46
41066 Mönchengladbach
Telefon: 02161 6782 45 1
www.cm-audio.net
Preis (Hersteller-Empfehlung):
Merason Frérot: 980 Euro
Mit- und Gegenspieler:
Test D/A-Wandler Merason DAC-1 – der Klangpurist
Test Hochvolt DAC/Vorverstärker SPL Director Mk2
Test SPL Performer m1000: High End Mono-Amps aus dem Studio
Erster Test Kompaktbox Dynaudio Contour 20i: die Messlatte noch höher gelegt