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HiFiman HE400se with supplied connection cable
Absoluter Spitzenreiter in Sachen Klang/Preis-Relation: Der brandneue HiFiman HE400se erfüllt selbst hohe Ansprüche an die Musikwiedergabe – für nicht mal 170 Euro. (Foto: J. Schröder)

Test Over-Ear-Hörer HiFiman HE400se – Planartechnik zum Taschengeldpreis

Die wahren Fortschritte in der HiFi-Technik zeigen sich vor allem in einer zunehmend günstigeren Klang-Preis-Relation. Technik-Know-How, das zunächst exklusiven Komponenten vorbehalten bleibt, findet sich alsbald auch in preiswerteren Produktgruppen wieder. Paradebeispiel hierfür ist der hier vorgestellte Over-Ear-Kopfhörer HiFiman HE400se. Erwies sich bereits sein unmittelbarer Vorgänger im LowBeats-Test als klangstarker Preis-Leistungs-Knüller, will der HE400se die Messlatte nochmals höher legen – sowohl in klanglicher als auch in preislicher Hinsicht. Im Klartext heißt das: Er bietet hochentwickelte Planarwandler-Technik ähnlich seinem großen, deutlich kostspieligeren Bruder HiFiman HE1000 – und das zum Taschengeldpreis von sage und schreibe 169 Euro.

Freilich erfand der chinesische Hörerspezialist HiFiman mit dem HE400se das Rad nicht komplett neu. Es erstaunt also nicht, dass der Neue in puncto Mechanik weitestgehend dem HE400i 2020 entspricht. Auffälligster Unterschied: Die stabilen Kunststoff-Einfassungen der Hörschalen zeigen sich beim Neuen nunmehr in glänzendem Alu-Finish anstelle von seidenmattem Schwarz beim Vorgänger. Am Kopfband mitsamt dazugehörigem Rastmechanismus änderte sich dagegen nichts. Das war ohnehin nicht nötig, zeichnete sich doch bereits der Vorgänger durch sehr guten Tragekomfort aus.

HiFiman HE400se side view
Die Mechanik des neuen HiFiman HE400se zeigt sich gegenüber dem HE400i 2020 weitestgehend unverändert. Einziges Erkennungsmerkmal sind die alufarbenen Einfassungen seiner Hörschalen (Foto: HiFiman)

Weiterhin liegt dem HiFiman HE400se ein neues, abnehmbares Anschlusskabel bei. Kam beim Vorgänger hierfür noch ein optisch unauffälliges, textilummanteltes Exemplar zum Einsatz, so ist das neue mit seinem Geflecht aus vier versilberten, groblitzigen Leitern fast schon ein Hingucker. Die aufgedruckte Kanalkennung der hörerseitigen Miniklinken-Stecker fiel beim Vorgänger jedoch deutlich besser lesbar aus.

HiFiman HE400se: Technik

Der HE400se wäre nicht von HiFiman, würde er nicht wie all seine Brüder mit magnetostatischen Schallwandlern in planarer Bauweise arbeiten. Den wesentlichen Unterschied zum Vorgänger bringt die Typenbezeichnung eher unspektakulär zum Ausdruck. So steht das anhängende Kürzel „se“ für „Stealth Edition“. Gemeint ist damit eine besondere Formgebung der Neodymium-Permanentmagneten, die eine strömungsgünstigere und damit verbesserte Schallabstrahlung der Folienmembran bewirken soll (siehe nachfolgende Grafik).

HiFiman HE400se Stealth magnets functional diagram
Grafische Darstellung der neugestalteten Permanentmagnet-Konstruktion beim HE400se: Die abgerundete, „Stealth“ genannte Formgebung soll für eine bessere, weil interferenzfreie Schallabstrahlung bewirken (Grafik: HiFiman)

Naturgemäß beeinflusst die Formgebung der Magneten den Feldlinienverlauf und damit sämtliche Eigenschaften von dynamischen Wandlern. Dies bedingt offensichtlich größere Konstruktionsänderungen an den Wandlersystemen für den HE400se. Das zeigt allein schon seine Impedanz, die mit knapp 26 Ohm deutlich niedriger liegt als beim HE400i 2020 (41 Ohm). Auch fällt seine Kennempfindlichkeit mit 91dB/1 Milliwatt etwas geringer aus als beim Vorgänger.

Mit niederohmigen Wandlern eignet sich der HiFiman HE400se dennoch auch für mobile Zuspieler mit entsprechend leistungsfähigem Kopfhörerausgang. Aufgrund seiner offenen, schalldurchlässigen Bauweise empfiehlt er sich allerdings wie schon sein Vorgänger eher für gepflegtes Musikhören per Tablet zuhause als für den echten „on the road“-Einsatz.

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frequency response HiFiman HE400se @94dBc; on Artificial Head (Neumann KU100)
Grafik 1: Amplitudenfrequenzgang HiFiman HE400se @94dBspl; gemessen mit Neumann KU100. Insgesamt linearer Verlauf bei guter Kanalgleichheit (Messung: J. Schröder)
Frequency Response HiFiman HE400se vs. HE400i 2020
Grafik 2: Vergleich der Amplitudenfrequenzgänge von HiFiman HE400se (grün) und HE400i 2020 (rot), gemessen bei 94dBspl. Gut erkennbar beim HE400se sein etwas betonterer, dabei sehr gut Ohrkurven-angepasster Mitten- und Präsenzbereich (Messung: J. Schröder)
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HiFiman HE400se – der Hörtest

Als für Kopfhörertests besonders geeigneten DAC-Headphone-Amp vertraue ich stets auf meinen RME ADI 2-Pro FS Black Edition. Seine beiden Kopfhörerausgänge lassen sich nicht nur in Halb-Dezibel-Schritten separat einpegeln, sondern zusätzlich auch verkoppeln. Somit ist eine gemeinsame Lautstärkeeinstellung bei perfektem „Tracking“ beider Ausgänge gewährleistet. Das ermöglicht einen sorgfältigen Lautstärkeabgleich beider Hörer, den ich für aussagekräftige Hörvergleiche für unbedingt erforderlich halte. Freilich nicht nur für solche Hörer mit ähnlicher Technik wie die beiden 400er HiFi-Männer im Test.

Erstes Hörergebnis: Am RME ADI-2 Pro spielte der HiFiman HE400se im Schnitt etwa 1,5 Dezibel leiser als der 400i 2020. Je nach Kopfhörerausgang kann sich diese Pegeldifferenz jedoch noch etwas vergrößern, da niederohmige Hörer naturgemäß stärker auf den Ausgangswiderstand des treibenden Verstärkers reagieren. Der RME ADI-2 Pro hingegen ist mit seinem niedrigen Ausgangswiderstand (1 Ohm) absolut auf der verlustarmen Seite. Eventuell auftretende Pegelunterschiede zwischen zwei Hörern sind daher rein wandlerbedingt. Für diesen Test bedeutet das: Der HiFiman HE400se harmoniert in Sachen Impedanz zwar sehr gut mit den niederohmigen Ausgängen mobiler Gerätschaften. Livekonzert-vergleichbare Maximalpegel sollte man an Smartphone & Co jedoch nicht erwarten – dafür braucht’s externe DAC-Kopfhöreramps, die es ja auch für mobilen Einsatz gibt.

Zweites Hörergebnis: Während der HiFiman 400i 2020 bis zur klanglichen Höchstform etwa zehn Stunden Einspielzeit erforderte, war der neue 400se nach dem Auspacken quasi umgehend „spielfertig“. Das ist ein weiter Hinweis dafür, dass seine Wandlersysteme trotz aller Ähnlichkeiten zum Vorgänger einige grundsätzliche Änderungen erfuhren.

Klanglich machten sich die zwar subtil, dennoch sehr positiv bemerkbar. Selbstverständlich bietet auch der HiFiman HE400se wie all seine Brüder echten „Planarwandlerklang“: Sein akustisches Abbild ist eher direkt – ganz so, als befände man sich mit dem Kopf zwischen zwei unmittelbar auf die Ohrmuscheln ausgerichteten Lautsprechern. Künstlich erschaffene Räumlichkeit durch versetzt angeordnete Kapseln (mit den damit verbundenen, tonalen Nebenwirkungen) hat der HE400se ebenso wie sein Vorgänger HE400i 2020 nicht nötig.

Zudem zeigten die beiden 400er eine weitere Qualität: Verglichen mit den meisten ihrer Mitbewerber tragen sie im Tieftonbereich nicht betont füllig auf, können dafür jedoch sehr tief in den Basskeller hinabsteigen. Tiefbass wird damit authentisch wahrnehmbar, da er nicht von dicklichen Oberbassanteilen maskiert wird.

HiFiman HE400se Ear Pads
Dank seiner komfortablen Ear Pads trägt sich der HiFiman HE400se auch bei ausgedehnten Hörsitzungen sehr angenehm. (Foto: HiFiman)

Hier konnte sich der neue HE400se tatsächlich noch etwas stärker profilieren: So wirkte der untere Mitteltonbereich in der 400-Hertz-Region bei ihm noch etwas entschlackter, aufgeräumter.

Der meinem Hörempfinden nach wichtigste Klang-Pluspunkt beim HE400se war jedoch sein freier durchatmender Mittelton- und Präsenzbereich. Das zeigt sich denn auch im vergleichenden Amplitudenfrequenzgang-Diagramm (Grafik 2 in obiger Slideshow): Zwar fällt der reine Pegelunterschied zum HE400i 2020 nicht gewaltig aus, erstreckt sich dafür jedoch über ein recht breites Spektrum – noch dazu im besonders ohrempfindlichen Bereich.

Entsprechend viele Klangquellen profitieren denn auch von der neuen Wandlertechnik; ganz besonders natürlich Gesang, Saiten- und Streichinstrumente. Geradezu eine Steilvorlage zum Herauszuhören bot das lässig dahingroovende A Walk And A Run von der dänischen Formation Langkilde. Die glockig-klare Sologitarre, die verspielt trällernde Klarinette, untermalt von dezenten Keyboard-String-Akkorden blieben trotz ihrer gleichen Tonlage stets präsent und eindeutig heraushörbar.

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Natürlich war und bleibt auch der HiFiman HE400i 2020 ein exzellenter Hörer – ich persönlich ziehe den neuen HE400se jedoch vor: Er verleiht dem klaren, präzisen HiFiman-Klangcharakter noch etwas mehr Geschmeidigkeit und Reife.

Fazit

Schon seit Jahren gehört die HE400er-Modellreihe zu den Preis-Leistungs-Highlights im Line-Up des chinesischen Herstellers HiFiman. Diese Tradition setzt der aktuelle HE400se konsequent fort. In Sachen Mechanik, Solidität und Tragekomfort ebenso überzeugend wie sein direkter Vorgänger HE400i 2020, legt der Neue klanglich nochmals zu. Umfangreich überarbeitete Wandlersysteme verhelfen dem HE400se zu einem noch natürlicheren Mitteltonspektrum, wodurch beispielsweise Gesang oder Streichinstrumente spürbar tonlicher und geschmeidiger klingen. Verbessert zeigt sich zudem auch die ohnehin schon präzise Tieftonwiedergabe, was sich vor allem im nochmals aufgeräumteren Grundtonbereich zeigt.

Dass derartig toller Klang zu einem solch niedrigen Preis möglich ist, lässt vermuten, dass die HiFi-Mannen mit dem Absatz hoher Stückzahlen kalkulieren. Diese Rechnung könnte tatsächlich aufgehen: Von LowBeats gibt’s für den HE400se auf jeden Fall eine unbedingte Empfehlung!

HiFiman HE400se
2021/05
Test-Ergebnis: 4,9
Preisklassen-Referenz
Bewertungen
Klang
Praxis
Verarbeitung

Gesamt

Die Bewertung bezieht sich immer auf die jeweilige Preisklasse.
Packend farbenprächtiger, klarer und transparenter Klang
Auch für lange Hörsitzungen geeignet
Hochwertig verarbeitet
unschlagbares Preis/Leistungsverhältnis

Vertrieb:
NT Global Distribution
Waller Heerstr. 104
28219 Bremen
Telefon: +49 421 70 50 86 19
www.nt-global.de/

Preis (Hersteller-Empfehlung):
HiFiman HE400se: 169 Euro

HiFiman HE400i 2020
Bauform:Stationärer Over-Ear-Kopfhörer in akustisch offener Bauweise
Wandlerprinzip:Magnetostatisch; doppelseitig angeordnete Neodym-Magnete
Anschlüsse Earcups:Links/rechts mit jeweils eigenen Stereo-Miniklinkenbuchsen, 3,5 Millimeter
Anschlusskabel:Leitergeflecht aus 4 Litzenbündeln, Länge = 1,5 Meter, Adapter 3,5/6,3-mm im Lieferumfang
Nennimpedanz:24,5 Ohm frequenzunabhängig (gemessen inklusive beiliegendem Anschlusskabel)
Kennempfindlichkeit:91 dB/1mW (gemessen mit bandbegrenztem Rauschen (300-1500Hz); Wert entspricht der Herstellerangabe)
Besonderheiten:Symmetrische Kapselverdrahtung (symmetrisches Anschlusskabel optional erhältlich); austauschbare, Kunstleder-eingefasste Velours-Ohrpolster
Abmessungen
(B x H x T):

16 x 21 x 11 cm

Gewicht:386 Gramm (ohne Anschlusskabel)
Alle technischen Daten
Im Beitrag erwähnt:

Test Edel-Kopfhörer HiFiman HE1000
Test Kopfhörer HiFiman HE400i 2020
Test Kopfhörer-DAC RME ADI-2 Pro FS R Black Edition

Autor: Jürgen Schröder

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Toningenieur, R&D-Spezialist und das (mess-)technische Gewissen von LowBeats. Kümmert sich am liebsten um Wissens-Themen, Musik und den spannenden Bereich zwischen Studio und HiFi.