Auf der HIGH END 2019 scharten sich die härtesten Kritiker der Welt um den Stand von Thorens. Denn hier präsentierte Thorens Chef Gunter Kürten den Neuen: Das Subchassis-Laufwerk Thorens TD 1601 (beziehungsweise TD 1600), welches nichts Geringeres anstrebt, als die Fußstapfen des legendären TD 160 neu auszufüllen. Eine große Aufgabe. Denn der TD 160 war 1972 mit seinem Auftritt auf der HiFi-Bühne so etwas wie der zeitgleich gebaute W114 (Strich-8er) von Mercedes: der Maßstab in der Oberklasse und wurde zu abertausenden verkauft. Für viele HiFi-Freunde war der TD 160 DAS erschwingliche Top-Laufwerk und manche meinen sogar, ein gewisser Ivor Tiefenbrunn hätte sich durch den TD 160 zum Bau des Linn LP 12 inspirieren lassen… Aber das ist eine andere Geschichte.
Zurück zum Thema. Die Frage lautet: Lässt sich der Erfolg des TD 160 wiederholen? Die Antwort liegt in Zeiten des überall verfügbaren HiRes-Streaming auf der Hand: Nein. Und doch ist dieser neue TD 1601 absolut faszinierend. Und er setzt in der heutigen analogen Oberklasse erneut Maßstäbe.
Thorens. Das ist keine alte Dame. Nein, hier kommt der Superlativ: Das ist die älteste Dame der Unterhaltungselektronik. Thorens wurde 1883 gegründet. Im Todesjahr von Richard Wagner. Damals noch ein kleines Familienunternehmen, das Spieldosen herstellte. Aber früh den Trend zum Grammophon erkannte. Das darf man nie vergessen: Die ersten Grammophone wurden als Spielzeug angesehen und über die einschlägigen Vertriebswege verkauft. Thorens stieg zum Global Player auf.
In den 1960er Jahren teilte man sich gemeinsam mit ELAC den deutschen Markt auf. Das Geld floss reichlich. Bis die CD kam. Faktisch über Nacht brach der Kernmarkt weg. Thorens taumelte, versank in schwankender Bedeutung, das Geld wurde knapp. Hier und da ein Lebenszeichen und ein neues Konzept. Doch in den Neunzigerjahren wurde es wirr und ungemütlich, nur mit frischem Geld überlebte die Company. Einige Chefs hatten ein glücklicheres Händchen als andere.
Ganz frisch ist Gunter Kürten am Ruder. Der Mann holte Thorens in seine Heimat nach Bergisch Gladbach. Kürten fühlt die Gene der Company – und folgt ihnen. Das bestverkaufte Modell hörte auf den Namen TD 160 und wurde in vielen Versionen aufgelegt. Es war erschwinglich und dennoch höchst anspruchsvoll gebaut – eine Subchassis-Konstruktion mit drei Federn.
Auf der High-End-Messe in München hat Gunter Kürten seine Neuinterpretation des TD 160 vorgestellt. Nun kommt sie in den Handel – der Thorens TD 1600 beziehungsweise die halbautomatische Variante mit automatischer Endabschaltung, der Thorens TD 1601. Das ist wahrlich eine Fortführung alter Werte mit den heutigen Mitteln. Wir hatten das Glück, dass Gunter Kürten uns eines der ersten Serien-Exemplare persönlich vorbeibrachte.
Der Aufbau des Thorens TD 1601
Viel Zeit zum Plaudern, viel Zeit zum Staunen. Vor allem über den Preis. Der größere TD 1601 liegt bei 3.000 Euro, der kleinere TD 1600 bei 2.500 Euro. Der Unterschied ist marginal und hat nichts mit der klanglichen Potenz zu tun. Der TD1601 verfügt als Plus über eine Endabschaltung. Unterhalb des Tonarms wurde ein optischer Sensor verbaut. Steuert die Nadel auf die Innenrille zu, so wird der Kontakt unterbrochen. Der Arm windet sich über eine Schraube in die Höhe und die Rotation des Tellers wird automatisch abgestellt. Kein Hexenwerk, aber gut gelöst für eine definierte Zielgruppe. Alle anderen müssen beim TD1600 den Arm rein mechanisch aufsetzen und anheben. Ganz ehrlich: es ist gar nicht so schlecht, am Ende der Platte nicht sofort wieder den Plattenspieler ansteuern zu müssen, um den Tonarmlift zu betätigen. Ich kannte das von früher von etlichen Halbautomaten, hatte das Gefühl aber irgendwie vergessen…
Nun hätte es sich Kürten leicht machen und die alten Konstruktionspläne wieder aus dem Schrank holen können. Wollte er aber nicht. Denn auch im Analogen ist die Zeit nicht stehengeblieben. Er holte sich hochkompetente Unterstützung, um die neue Inkarnationsstufe des TD 160 von Grund auf neu zu entwickeln. Unter anderen den Elektronik-Guru Walter Fuchs.
Fuchs hat die Elektronik des 1601 erschaffen, die Motorsteuerung und alles, was auf die Platine passte. Alle Mechanik und das edle Erscheinungsbild stammt kongenial dazu von Helmut Thiele. Auch er ein Großmeister seines Fachs.
Thiele hat ein Gespür für das Archaische. Der Thorens TD 1601 wirkt wie das Muttertier aller guten Plattenspieler. Eine großformatige Zarge, in Schwarz, in Weiß, in rotem Holz – dazu eine edle Aluminiumoberfläche und der schon seit Jahren etablierte Tonarm TP92.
Auch den hat Helmut Thiele vor einigen Jahren entworfen – und gefühlt tausendfach wurde er auf Thorens-Plattenspielern verbaut. Das ist stabile Edelkost. Das Lager stammt aus Japan, über ein 9-Zoll-Rohr geht es zur Spitze. Schon einige Tuner und konkurrierende Hersteller haben genau diesen Tonarm als Referenz für ihre eigenen Plattenspieler bestellt.
Beim TD 1601 ist der TP 92 natürlich auch in der Höhe verstellbar, ein paar Handgriffe an der Basis genügen. Gunter Kürten hat uns ein Modell mit einem Audio-Technica System an der Spitze zur Verfügung gestellt. Keine Kanonen auf Spatzen, aber immerhin eine ehrenwerte, finanzierbare MC-Konstruktion mit dem Kürzel AT33EV. Von Natur aus wird der TD 1601 nackt geliefert.
Bedeutet: Kein Tonabnehmer am Arm, König Kunde muss selbst entscheiden. Aber er sollte wissen: Thorens arbeitet bereits seit Monaten an einem eigenen MC-System. Den Prototypen durften wir in die Hände nehmen. Auch hier wandelt ein Motor aus dem Hause Audio-Technica, aber höchst individuell von Thorens in ein eigenes Subgehäuse verpackt. Preis und Veröffentlichungsdatum stehen noch nicht fest, aber wir haben bereits eines der ersten Serienmuster zum Test bestellt.
Schwelgen wir lieber im Hier & Jetzt und beim Thorens TD 1601. Die oberste Ebene schimmert im schönem, mattierten Aluminium-Glanz. Links gibt es die Tippschalter für die Umdrehungszahlen, rechts den automatischen Lift. Das wäre es an Bedienelementen. Doch unter der schönen Ebene gibt es klanglich entscheidende Details zu entdecken. So baut Thorens hier ein Sandwich auf: Aluminium – dämpfender Kunststoff – Aluminium. Das ist ebenso fein wie akustisch optimal. Hier schwingen sich keine bösen Wellen auf, hier wird schon die Basis für den grundehrlichen Klang bereitet. Der Subteller rotiert in massivem Aluminium, ebenso der Hauptteller.
Die Passgenauigkeit ist perfekt. Wo Thorens wohl diese Präzision einkauft? Sicherlich nicht in einem Hochlohnland. Sonst würde das Geschäftsmodell zusammenbrechen. Nein, Thorens hat eine Manufaktur in Taiwan gefunden. Wer etwas Gefühl für die Macht der Märkte hat, der weiß, dass Taiwan gerade als das absolute Zentrum der Feinmechanik agiert. Wer hier fertigen lässt, weiß die Qualität zu schätzen. Im Vergleich zu anderen Ländern Asiens ist Taiwan die Speerspitze der analogen Perfektion. Kürten: “Wir hatten großes Glück mit der taiwanesischen Manufaktur. Schon beim ersten Gespräch stellte sich heraus, dass der Firmenchef schon seit vielen Jahrzehnten Thorens Fan ist. Für ihn ist eine Ehre, diese Laufwerke produzieren zu dürfen. Das merkt man.”
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