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Denon feiert Geburtstag. Was die Japaner im Laufe dieser 110 Jahre geleistet haben, ist atemberaubend. LowBeats warf einen weiten Blick zurück... (Foto: Denon)

110 Jahre Denon: über 100 Jahre technologisch immer vorn

110 Jahre Denon. Grund genug, am Ende des Jahres noch einmal in die Archive zu steigen und eine Firma zu würdigen, die viele Pionier-Leistungen erbracht hat, immer enorm innovativ war und weit mehr für die Highfidelity und hochwertiges Surround getan hat, als die meisten HiFi-Fans gedacht hätten…

110 Jahre Denon: die Anfänge

Denon, das Unternehmen, das im frühen 20. Jahrhundert als erstes Audiogeräte in Japan herstellte, geht ausgerechnet auf Initiative eines Amerikaners zurück – Frederick Whitney Horn (möglicherweise auch „Horne“; *um 1856 in NC, USA, †10. Mai 1921 in Pasadena, CA, USA). Horn – zwar kein Ingenieur, aber auch kein Fachfremder – erwarb sich sein Knowhow in Sachen Grammophon als Handelsvertreter bei der Victor Talking Machine Company und hatte ein ausgeprägtes Näschen für gute Geschäfte.

Frederick Whitney Horn
110 Jahre Denon: Er gründete die erste Fabrik in Japan zur Produktion von Audiogeräten und Tonträgern: Der US-Amerikaner Frederick Whitney Horn (*1856 – †1921) (Foto: Denon)

Die Firma Victor, 1901 in New Jersey von Eldridge R. Johnson und Emil Berliner gegründet, war zu Beginn des 20. Jahrhunderts keine Unbekannte, sondern der wegweisende Hersteller von Grammophonen weltweit. Statt auf Edisons Wachswalzen, setzte man dort auf die von Berliner entwickelte „Schallplatte“.

Horn erkannte offensichtlich das ungeheure Potenzial, das darin steckte. Vielmehr noch, es inspirierte ihn dazu, den kommerziell kaum erschlossenen japanischen Markt mit Schallplatten und Grammophonen zu erobern. Das kam nicht von ungefähr, denn der findige Kaufmann war dort bereits seit 1896 mit Wachswalzen und Werkzeugen im Importhandel aktiv (Jahrzehnte, bevor der Name Denon überhaupt geprägt wurde). Und nun hatte der US-Amerikaner aus North-Carolina Größeres im Sinn …

Zu dieser Zeit umwehte Japan noch die Aura des Verbotenen. Für Ausländer war es lange unmöglich, sich im Land der aufgehenden Sonne niederzulassen, geschweige denn ein Unternehmen zu gründen. Diese Epoche endete Mitte des 19. Jahrhunderts und Japan wurde Investoren gegenüber aufgeschlossen. Doch es blieb der Einfuhrzoll von 50 Prozent auf ausländische Waren und eben dieser dürfte Horn angespornt haben, ein eigenes Label inklusive Schallplattenwerk und Phonographen-Produktion aufzubauen.

1907 hob er schließlich die „Japan-American Phonograph Manufacturing Co.“ aus der Taufe, ließ in Kawasaki eine Fabrik bauen und in Hongō, Tokio ein Aufnahmestudio einrichten. Am 1. Oktober 1910 gründete der geschäftstüchtige Amerikaner in Yokohama eine Vertriebsgesellschaft zur Vermarktung von Grammophonen und Schallplatten, die ebenfalls börsennotierte „Nippon Chikuonki Shokai“ („Japans Phonographen Gesellschaft“), die nach außen unter dem Namen „Nipponophone“ auftrat.

Bald darauf ließ er beide Unternehmen fusionieren, ein Ereignis, von dem im Januar 1912 sogar die Redakteure des deutschen Fachblatts „Phonographische Zeitschrift“ erfuhren und beeindruckt waren: „Die Nipponophone-Gesellschaft beherrscht den japanischen Markt noch ganz ohne Konkurrenz.“

Allein die nackten Zahlen sprachen für sich, denn Horn produzierte in seiner Manufaktur bereits 150.000 Schallplatten und 5.000 Grammophone – im Monat. Zur Orientierung: Das Modell „Nipponora“ aus dem Jahr 1911 kostete damals 60 Yen. Zum Vergleich: Der Direktor einer Mittelschule verdiente 1910 in Japan die Summe von 1400 Yen – jährlich (Wert 1 Yen im Jahr 1910 = 0,498 $).

Nipponora 1910
Der Ursprung: Das Grammophon Nipponola von Nipponophone. Modell aus dem Gründungsjahr von 1910, Exponat aus dem Kanazawa Phonograph Museum (Foto: Wikipedia, Lizenz: CC0 1.0 Universal (CC0 1.0))

Frederick Whitney Horn indes kam durch seine Investition zu beachtlichem Wohlstand. Bilder seines Hauses in der Nähe von Nikkō, am Rande der japanischen Alpen gelegen, demonstrieren noch heute, dass er wirtschaftlich recht erfolgreich gewesen sein muss und auch seine späteren Erben konnten sich nicht beklagen, wie ein Zeitungsausschnitt von 1921 nahelegt.

Horns damaliges Eigenheim steht seit 1977 unter Denkmalschutz und beherbergt ein Restaurant mit westlicher Ausrichtung. Fotos, die den Geschäftsmann zeigen und Produkte, die sein Unternehmen damals herstellte, sind dort ausgestellt und zeugen von dem Respekt, den die Japaner ihm bis heute entgegenbringen.

Erste Denon-Fabrik in Kawasaki
In Kawasaki ließ Horn die erste Manufaktur zur Herstellung von Grammophonen errichten (Foto: Denon)

110 Jahre Denon: Viel ist passiert in der langen Zeit: Namen kamen und gingen. Die Firma fusionierte mit anderen Unternehmen, kaufte und wurde aufgekauft. So vereinigte sich „Nippon Chikuonki Shokai“ 1927 mit dem US Plattenlabel Columbia. Ein Jahr später wurde „Japan Columbia Recorders“ gegründet und 1946, nach dem Zweiten Weltkrieg, hieß die Muttergesellschaft dann „Nippon Columbia“.

In den 1920er Jahren verdrängte der elektrische Antrieb den mechanischen Aufzug der Grammophone, so war es nur konsequent, dass Ende der 1930-Jahre die „Nippon Denki Onkyō Kabushiki-gaisha“ („Japans Aktiengesellschaft für elektrischen Ton“ oder auf Englisch „Japan Electric Sound Company“) geprägt wurde, der die Wortschöpfung Denon entstammt. Wir bleiben nun bei „Denon“. Der Begriff Onkyō hat im Übrigen nichts mit der gleichnamigen HiFi-Firma zu tun, das Wort steht im Japanischen für „Klang“ oder „Ton“.

Denon Logo 1930
Ende der 1930er-Jahre entstand das erste Denon-Logo (Foto: Denon)

Denon hat sich über Jahre und Jahrzehnte viel von den Genen seines Gründers bewahrt und immer wieder bewiesen, dass man versteht, zur richtigen Zeit auf das richtige Pferd zu setzen – wie wir noch erfahren werden. So etwa beim DP-17K, einem Schallplattenrecorder, der 1945 unerwartete Bedeutung erlangte. Wenn auch nicht zu jedermanns Freude.

Der Denon-Ingenieur für Plattenspieler und Tonabnehmersysteme, Ryo Okazeri (seit 1981 dabei) erzählte in einem Interview zum 110-jährigen Firmenjubiläum von der Funktionsweise des DP-17K und dessen Einsatz bei einem historischen Ereignis: „Am Ende des Zweiten Weltkriegs 1945 gab es noch keine Tonbandgeräte oder Ähnliches. Deshalb wurden Acetat-Schallplatten verwendet, die nach der Aufnahme direkt abgespielt werden konnten. Bei der Aufnahme wurden die Rillen einer Acetatplatte mit einem Stichel graviert.

Seit seiner Gründung im Jahr 1939 belieferte die Japan Electric Sound Company die japanische Rundfunkanstalt NHK mit unterschiedlichen Geräten. Vor der Entstehung der Japan Electric Sound Company gab es in Japan keinen nationalen Hersteller von Aufnahmegeräten.

Damals verkaufte Telefunken, ein deutscher Hersteller von Radio- und Fernsehgeräten, Schallplatten-Rekorder in Japan. Die Produkte waren zwar äußerst leistungsstark, aber sehr teuer. So entstand der Wunsch, solche Produkte im Inland zu produzieren, und die Japan Electric Sound Company wurde aufgefordert, einen japanischen Schallplatten-Rekorder zu entwickeln und herzustellen.

Diese Technik wurde auch zur Aufzeichnung und Wiedergabe der Radioansprache des Kaisers verwendet, in der er die Bedingungen der Potsdamer Erklärung anerkannte. Dies war ein historischer Moment, der das Schicksal Japans bestimmte.“

Denon DP17K
110 Jahre Denon brachten auch Dinge hervor, die Weltgeschichte schrieben. Herauszuheben ist der Schallplattenrecorder DP-17K, über den der Kaiser Hirohito das Volk über die Kapitulation in Kenntnis setzte. Für die Aufzeichnung war eine Aceton-Schallplatte zuständig (Foto: Denon)

Die Aufzeichnung musste wiederholt werden, beim ersten Mal hatte sich der Kaiser versprochen – er bat selbst darum, nochmals beginnen zu dürfen – doch auch bei der zweiten Aufnahme lief etwas schief, die Tonhöhe war nicht korrekt eingestellt. Hirohito um einen dritten Versuch zu bitten, traute sich jedoch niemand der Anwesenden. Zudem war man unter Druck. Die Ansprache des Kaisers musste heimlich aus dem Palast geschmuggelt werden, aufständische Soldaten hatten von den Aufnahmen erfahren und planten, die Ausstrahlung zu verhindern.

Um sicherzugehen, dass wenigstens eine der Aufzeichnungen beim Radiosender ankommen würde, sandte man deshalb zwei Boten mit je einer Platte aus. Eine war in einer Art Hutschachtel versteckt, die andere in einer Brotzeittasche. Beide erreichten den NHK, gesendet wurde Aufnahme Nummer zwei. Die Stimme des Tenno, die zuvor noch nie über den Rundfunk zu hören gewesen war, wurde schließlich am 15. August 1945 über den Äther geschickt. Der Krieg war aus.

110 Jahre Denon: Die Profizeit

Obwohl mit Produkten für das Volk gestartet, fokussierte sich Denon weiter auf den Profibereich für die Audioaufzeichnung. Nach der Einführung der Mikrorillen-Schallplatte (LP; „Vinyl“) und Tonbandmaschinen konstruierte Denon ein erstes Tonbandgerät für den einigermaßen mobilen Einsatz, das R-28F. Ein Beispiel, was Mobilität zu dieser Zeit bedeutete, zeigt dieses Bild der Tonbandmaschine DN-82P (vermutlich aus Ende der 1950er-Jahre)

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Denon 110 Jahre: DP82P
In den 1950er Jahren begann in Japan die Produktion von Tonbandmaschinen Fahrt aufzunehmen. Denon bediente das Profi-Segment. Hier exemplarisch das DN-82P, das für den mobilen Einsatz gedacht war … (Foto: Denon)
Denon DP-82P
… aber die DN-82P dürfte eher mit einem Transporter an ihren Einsatzort gelangt sein. Auch eine Form der Mobilität.
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Die Produktion von Schallplattenrecordern wurde 1963 beendet, von nun an waren Tonbandgeräte angesagt. Was allerdings nicht heißt, dass man sich nicht mehr mit der Wiedergabetechnik von Schallplatten beschäftigte, ganz im Gegenteil. Seit 1958 verließen die ersten Stereo-LPs die eigenen Plattenwerke, 1962 begannen etwa die BBC und 1964 der WDR mit der Ausstrahlung in Stereofonie. Dementsprechend wurden weltweit leistungsfähige Stereo-Tonabnehmersysteme gebraucht. Die Idee eines weiteren Meilenstein von Denon entstand, die des legendären DL-103, dem Moving-Coil-System, das die Japaner ununterbrochen seit 1963 im Programm führen.

Es wird – damals, wie heute – in Shirakawa, Präfektur Fukushima, in Handarbeit zusammengefügt und getestet. Jedem Exemplar liegt seitdem ein eigenes Prüfprotokoll bei. Dass das DL-103 ein so bahnbrechender Erfolg wurde, liegt womöglich auch an den überambitionierten Anforderungen des NHK. So forderte der Rundfunksender eine Übersprechdämpfung von 30 dB, doch solche Ansprüche übertrafen die der damaligen Schallplatte selbst und auch die der Schneidstichel. Man einigte sich auf eine Kanaltrennung von 20 dB im Frequenzbereich von 1 Hz-5 kHz, oberhalb von 10 kHz sollten 15 dB ausreichen. Vorgaben, die das DL-103 locker übertraf, es erreichte 25 dB ohne Probleme.

DL-103
Das DL-103 ist nichts Geringeres als eine Sensation. Seit fast 60 Jahren wird der Tonabnehmer fast unverändert gebaut und ist auch heute noch eine exzellente MC-Empfehlung (Foto: Denon)

Jahrzehntelang überzeugte das System sowohl Profis als auch HiFi-Fans mit seiner Leichtigkeit und Spielfreude. Bis heute.

Apropos HiFi-Fans: Es sollte nur noch wenige Jahre dauern, bis Denon den einst so lukrativen Markt für Endkonsumenten für sich wiederentdeckte. Denn die Qualität des DL-103 sprach sich schnell herum und so gelangte es zunehmend auch in die Hände von Anhängern des reinen Klangs. Zunächst blieb Denon dem Profibereich jedoch treu, versorgte die Rundfunkstudios mit dem ersten Kopfhörer aus eigener Produktion, dem SH-31, dann, 1970, folgte der erste direktangetriebene Plattenspieler DN-302F.

Fabrik Shirakawa
Das DL-103 wird heute noch im Denon-Werk in Shirikawa – natürlich per Hand –  zusammengebaut (Foto: Denon)

110 Jahre Denon: Wiedereinstieg in den Konsumermarkt

Im darauffolgenden Jahr wagte Denon einen Neustart auf dem schon damals heftig umkämpften Massenmarkt mit einem Plattenspieler – der DP-5000 mit Direktantrieb erschien. Die Herkunft aus dem Profisegment ließ sich nicht verheimlichen, man versuchte es auch gar nicht erst, denn der DP-5000 war eigentlich nur ein Plattenteller. Doch wie bereits beim DL-103 brachte der konstruktive Einsatzzweck für das Rundfunkstudio Vorteile mit sich. So verfügte der DP-5000, im Gegensatz zu ebenfalls direktgetriebenen Mitbewerbern, über einen Wechselstrommotor, der den Plattenteller rotieren ließ.

Denon DP-5000
Das Laufwerk DP-5000 bildete 1971 den Wiedereinstieg in das Endkundensegment. Die Herkunft aus dem Profibereich ist unübersehbar (Foto: Denon)

Denon Entwickler Ryo Okazeri: „Da der Rotor sich unabhängig von den Polen des Magnets bewegt, entstehen im Gegensatz zu Gleichstrommotoren weder Rastmomente noch eine Drehmomentwelligkeit, sodass sich der Rotor gleichmäßig dreht.“ Rund 2.000 Euro (umgerechnet, inkl. Inflationsausgleich) waren bei Markteinführung in Deutschland für einen DP-5000 fällig und man musste schon recht lange sparen, um sich so ein edles Gerät leisten zu können: 1971 lag der Durchschnittsverdienst in der damaligen Bundesrepublik bei 643 Euro.

Doch Denon dachte mit, bereits im nächsten Jahr erblickte der günstigere DP-3000 das Licht der HiFi-Welt, 1976 folgte der komplette – mit Zarge und Tonarm ausgestattete – DP-7700. Momentaufnahmen, denn weltweit brachte Denon noch weitere Plattenspieler auf den Markt, von denen viele bis heute keinen Vergleich scheuen müssen und auch gebraucht bei Kennern ausgesprochen beliebt sind. Denon hielt in Deutschland bis 1992 am Plattenspieler fest, unvergessene Boliden, wie der DP-57L, der DP-47F oder der äußerst beliebte DP-37F allein schon wegen ihrer Optik demonstrieren. Auch sie sind längst gesuchte Sammlerstücke. Das HiFi-Segment wuchs seit dem Wiedereinstieg in das Endkundengeschäft jährlich. Ende der 1970er-Jahre führte Denon schließlich neben den Plattenspielern auch Verstärker, Receiver, Tuner, Kassettendecks und anderes mehr im Programm.

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DEnon 110 Jahre: TU 501
Simpel und doch bildschön: der Denon TU-501 aus dem Jahre 1977 (Foto: Denon)
DEnon 110 Jahre: PMA 850
Denon PMA-850 Baujahr 1978 – 1980, Preis: 2.500 Mark. Der vollausgestattete Super-Amp hatte drei Phono-Eingänge und man konnte ihn zwischen  Class-A und Class-AB umschalten (Foto: Denon)
Denon 110 Jahre: GR345
Denon GR-345, Baujahr: 1977-1979, Neupreis damals: 1.100 DM
(Foto: Denon)
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110 Jahre Denon: Die beste Aufnahme

Hinter den Kulissen war Denon längst auf neuen Wegen unterwegs: der digitalen Musikaufzeichnung. Als Unternehmen, das von Beginn an selbst Tonaufnahmen durchführte und Tonträger verkaufte, entwickelte man auch die Forschungen auf diesem Gebiet ständig weiter. Tatsächlich stellte Denon bereits 1972, zehn Jahre vor Markteinführung der erste CD-Player, einen 8-Kanal-Digitalrecorder für Audioaufnahmen vor. Der unter der Leitung von Takeaki Anazawa entwickelte DN-023R verfügte damals über eine Auflösung von 13 Bit und eine Abtastrate von 47,25 kHz.

Noch im selben Jahr wurde der DN-023R eingesetzt; vom 24. bis 26. April 1972 fand eine der ersten kommerziellen digitalen Aufnahme statt. Das hervorragende tschechische Smetana Quartett wurde dazu extra in den noblen Aoyama Tower in Tokio bemüht und spielte im dort eingerichteten Studio Mozarts Streichquartette KV 458 und KV 421 ein. Es ist die weltweit erste Digitalaufzeichnung, die auf Vinyl-LP veröffentlicht wurde (Nippon Columbia NCC-8501). Heute eine gesuchte Rarität, die 1982 dann auch als CD auf den Markt kam.

Denon DN-023R
Mit dem DN-023R läutete Denon bereits 1972 die digitale Tonaufnahme ein – zehn Jahre bevor überhaupt der erste CD-Spieler auf dem Markt kam (Foto: Denon)

Denon setzte das DN-023R-System und optimierte Versionen während der gesamten 1970er Jahre für die Herstellung kommerzieller Aufnahmen ein und veröffentlichte bereits im Oktober 1972 noch mindestens sechs weitere LPs mit digitalen Aufnahmen, darunter Klassik, Jazz und traditionelle japanische Musik.

Jahre später, 1988, besuchte Takeaki Anazawa gemeinsam mit dem langjährigen Geschäftsführer von Denon Deutschland, Tatsuo Nishimura, die Alte Oper in Frankfurt, um dort ein neues, revolutionäres Aufnahmeverfahren umzusetzen: Das „One-Point-Recording“.

One Point Recording 20 th Edition Cover
Von Audiophilen hoch geschätzt: die One-Point-Recordings von Denon. Hier die Jubiläumsausgabe (Cover: Amazon)

Kommentar Tatsuo Nishimura dazu: „Wir haben gemerkt, dass es möglich ist, mit nur zwei Mikrofonen die Atmosphäre des Raumes wiederzugeben. Werden 45 Mikrofone aufstellt und gemischt, kann man natürlich jeden Ton genau hören, aber die natürlich Akustik ist vollkommen tot. Es ist nur eine breitere Linie an Einzelinstrumenten.“

Die Mühe hatte sich gelohnt, es klang atemberaubend authentisch – ein Durchbruch. Die Aufnahme erhielt viele Preise, unter anderem auch für den israelischen Dirigenten Eliahu Inbal, der für die erste digitale Mahler-Gesamtausgabe den Deutschen Schallplattenpreis 1988 erhielt.

One-Point-Recording gilt heute unbestritten als wegweisend für die Konzertaufzeichnung und Tatsuo Nishimura hat dieses Verfahren noch viele Jahre darüber hinaus weiter perfektioniert.

Tatsuo Nishimura im Tonstudio
Starb im Alter von 76 Jahren: Tatsuo Nishimura, früherer Geschäftsführer von Denon in Ratingen, war auch ein begeisterter Aufnahme-Ingenieur (Foto: S. Schickedanz)

Denon nutzte seinen Vorsprung in Sachen Digitalrecording und nahm auch bei digitalen Datenträgern eine Vorreiterrolle ein – mit der heute schon fast in Vergessenheit geratenen CD-ROM. Damals ein unfassbar großer Datenspeicher. So schwärmte im November 1984, im Jahr der Erstvorstellung von Denon, das amerikanische Branchenblatt „Billboard“ (Vol. 96, Nr. 45, Seite 76) von der „beeindruckenden Speicherkapazität, für die sonst 500 bis 1.000 5¼-Zoll Disketten nötig wären“. Die Digitalisierung war in vollem Gange, wenige Jahre später sollten die ersten CD-Brenner auf dem Markt erscheinen und die Musikindustrie in Aufruhr bringen.

110 Jahre Denon: Digitaler Umzug

Ab 1987 zogen bei Denon die DA-Wandler ins Verstärkergehäuse, wie etwa bei dem sehr populären Oberklasse-Vollverstärker PMA-890, oder den digitalen Vorstufen DAP-5500 und DAP-2500. Die Wandlung von Digital auf Analog fand nun nicht mehr im CD-Spieler, digitalen Radioempfänger oder DAT-Recorder statt, sondern in einer eigenen DA-Einheit des Verstärkers.

Ein Umstand, der heute im Rahmen des Einsatzes von USB-Sticks oder des Streamings als völlig selbstverständlich angesehen wird. Zur Erinnerung: Wir sprechen gerade von 1987, dem Jahr als man in BTX noch die Zukunft sah, S-VHS Videocassetten als das Nonplusultra galten und Mutti für ein Tastentelefon 1,90 DM monatlich bei der Bundespost zahlte.

PMA-890D
PMA 890 D: Verstärker mit eingebautem D/A-Wandler, Baujahr 1989 (Foto: Denon)

Denon setzte nun stärker auf High-End-Komponenten, mit denen man 1970 gestartet war. Wobei High-End nicht gleichbedeutend mit teuer sein muss. So waren die begehrten Endstufen-Monoblöcke POA-6600 für verhältnismäßig moderate 3.000 DM das Paar zu haben, die kleineren Brüder POA-4400 gab es sogar für bezahlbare 1.800 DM. In jedem POA-6600 steckte ein gekapselter 800 VA Ringkerntrafo, acht Endstufentransistoren von Sanken sorgten an 4 Ohm mit 450 Watt (DIN) pro Kanal für reichlich Dampf. Durch ihre Monobauweise konnten sie außerdem direkt neben den Lautsprechern platziert werden, sodass – fast wie bei einer Aktivbox – lange Signalwege entfielen.

Die Heimkino-Pioniere

1985 schlug bei Denon die Kinosound-Ära durch. Die war schwer angesagt, denn in den Lichtspielhäusern hatte das analoge „Dolby Stereo“ spätestens seit Star Wars (1977) begeisterte Anhänger gefunden. Das Kino wollte sich seinen technischen Vorsprung nicht nehmen lassen, aber mit den erstmals 1984 vorstellten HiFi-Videorekorden war der Einzug von Dolby Stereo, beziehungsweise Dolby Surround, via VHS auch im heimischen Wohnzimmer nicht mehr aufzuhalten.

Diesem Wunsch nach „Raumklang“ zollte zum Start der Denon AVC-500 Tribut mit einem kleinen, aber feinen technischem Trick. Er verfügte über ein „Surround-Sound-Feature“ und konnte erstmals als Schaltzentrale und Verstärker für Video- und Audiosignale eingesetzt werden. Sein günstiger Preis von 375 US-Dollar trug zu seinem damaligen Erfolg und der weiteren Verbreitung der Marke Denon bei.

AVC-500
Mit dem AVC-500 begann bei Denon 1985 das „Surround“-Zeitalter. Der Kleine war ausgesprochen günstig: Er kostete in den USA zum Marktstart nur 375 US-Dollar (Foto: Denon)

Drei Jahre später erschien der erste „echte“ Dolby Pro-Logic Surround-Verstärker (mit Lizenz), der AVC-2000, der den Startpunkt von Denons bis heute führender Stellung im Bereich Surround setzte. Das nun beginnende DSP-Zeitalter (DSP = Digitaler Soundprozessor) versetzte die Zuhörer in Euphorie. Akustische Signale verwandelten sich plötzlich in virtuelle Klangfelder. Ein und dieselben Ausgangssignale vermittelten dem Surroundfan etwa das Gefühl, in einem Theater, einem Jazzkeller oder gar einem Konzertsaal zu sitzen. Dazu waren in der Regel fünf Lautsprecher plus einem Subwoofer (daher sprach man von 5.1) notwendig. Zwei Hauptlautsprecher links und rechts, ein „Center“ unter oder über dem Fernseher und zwei Effektboxen hinter dem Sitzplatz des Zuhörers – schon war man mittendrin und nicht nur dabei.

Mit dem 1992 erschienenen Film Batmans Rückkehr wird im Kino das „Dolby digital“-Format etabliert (auch unter AC-3 bekannt). Nun gibt es fünf vollwertige Tonkanäle und die wollen bedient werden. 1996 war Denon dazu bereit und mit der Vorstufe AVP-A1 und den zwei (sic!) dazugehörigen Endstufen einer der ersten auf dem Markt.

AVP-A1HD Rear
Mehr ging damals nicht: die Rückseite des AV-Receivers AVP-A1HDSP. Es fehlte an nichts, aber man brauchte Geduld, um ein gut ausgestattetes Heimkino zu verkabeln (Foto: Denon)

Allein an Gewicht brachten alle drei Komponenten mehr als 40 kg auf die Waage, an Leistung lieferten sie 150 Watt pro Kanal. In dieser Qualität waren sie die einzigen und zementierten damals Denons Führungsanspruch im AV-Verstärker-Segment.

Wer nun meint, dass diese Materialschlacht nicht mehr zu toppen sei, irrt. Die Surround Vor-Endstufenkombination AVP-A1HD und POA-A1HD legte 2008 die Messlatte nochmals weit nach oben. Ein Auszug aus den technischen Daten: Eine 10-Kanal-Monoblock-Architektur mit 8 Trafos und 15 Stromversorgungen liefert auf Wunsch je 300 Watt Leistung an die Lautsprecher.

Rund 14.000 Euro waren dafür auf den Tisch zu blättern. Eine Lieferung war empfehlenswert: Die Vorstufe brachte damals 27,5 kg auf die Waage, die Endstufe runde 60 kg. Denon erarbeitete sich damals einen Vorsprung, den das japanische Unternehmen unter amerikanischem Dach (Sound United) bis heute nicht mehr abgegeben hat.

Aber auch im Bereich Stereo hat Denon bis in die heutigen Tage immer exzellente Komponenten hervorgebracht. Stellvertretend dafür sind beispielsweise die Sondermodelle zu 100 oder aktuell zu 110 Jahre Denon.

Die Sondermodelle

Zum Einhundertjährigen gönnte sich Denon eine Jubiläumskollektion, die unter anderem auch einen Plattenspieler beinhaltete, der hier herausgehoben werden soll. Nur konsequent, schließlich hatte auch Fredrick W. Horn damit begonnen. Der DP-100 demonstrierte nochmals deutlich, dass Denon beim Plattenspielerbau nichts verlernt hatte. Der Antrieb setzt auf Wechselstrom, zwölf Antriebsspulen sind um die Mittelachse angeordnet. Ein Magnetring unterhalb des Plattentellers dient als Gegenstück zu den Spulen im Gehäuse und macht den Direktantrieb komplett. Ausgestattet war der DP-100 mit einer Weiterentwicklung des Tonabnehmersystems DL-103, dem DL-A100.

Zum hundertjährigen Jubiläum durfte 2010 ein Plattenspieler nicht fehlen, der DP-A100 war zudem mit dem DL-A100 Tonabnehmersystem ausgestattet (Foto: Denon)

Auch zum Jubiläum 110 Jahre Denon hat man sich etwas Neues einfallen lassen. Man demonstriert zum Beispiel zu Recht, auf welche Erfahrungen man mittlerweile im AV-Receiverbau bauen kann und steckte alles, was gut und teuer ist in den AVC-A110. Ob 8K, Dolby Vision oder 4K/120 Hz-Gaming – es gibt nichts, was der neue Bolide nicht kann.

Neben einem Jubel-Stereo-Verstärker und SACD-Spieler gibt es auch wieder ein neues Tonabnehmersystem, das DL-A110. Wie gewohnt in Shirakawa von Hand gefertigt und mit dem Original-Headshell-Design des Ur-Modells DL-103. Frederick Whitney Horn wäre stolz auf das, was die Japaner aus seinem Erbe gemacht haben.

110 Jahre Denon Sondermodelle
110 Jahre Denon, ein schöner Anlass für chicke Sondermodelle: der AV-Verstärker AVC-A110, der Vollverstärker PMA-A110, der SACD-Player DCD-A110 (bald im LowBeats Test) und der MC-Tonabnehmer DL-A110 (Foto: Denon)
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(siehe auch John Toland; The Rising Sun: The Decline and Fall of the Japanese Empire 1939-1945)

Autor: Andrew Weber