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Audio Physic Avanti 35 Test Aufmacherbild
Die Audio Physic Avanti überzeugt mit vielen klanglichgen Eigenschaften. Aber auch mit schickem Äußeren und einer großen Anzahl von Finish-Varianten – hier nur eine kleine Auswahl. Preislich beginnt sie bei kanpp 6.500 Euro pro Paar (Foto: Audio Physic)

Test Standbox Audio Physic Avanti 35

35 Jahre. So lange ist es her, da begann eine kleine Lautsprecher-Manufaktur aus dem beschaulichen Brilon, die Lautsprecherwelt zu erobern. Zwei Modelle aus den 1990er Jahren waren mir besonders ans Herz gewachsen: die bezaubernde Kompaktbox „Step“ sowie die sehr viel größere, doch immer noch sehr elegante Standbox „Avanti“. Viele Generationen später wurde die Nachfolgerin dieser Avanti zum 35. Jubiläum noch einmal nach allen Firmenregeln der Kunst auf Vordermann gebracht. Als Audio Physic Avanti 35 war sie für einige Wochen Gast in der LowBeats Redaktion – und hielt uns mehr auf Trapp als gedacht.

Letztes Jahr, ebenfalls im Sommer, gastierte bei uns die kleinere Classic 25. „Kleiner“ ist hier etwas irreführend. Freunde von technischen Daten werden feststellen, dass die „größere“ Avanti 35, ebenfalls eine 3-Wege-Box, nur unwesentlich stattlicher ausfällt. Die Avanti 35 erhebt sich lediglich um 3 cm höher, Breite und Tiefe sind identisch und sogar das Gewicht (27,5 Kilo in der Glasversion) ist fast gleich. Der größte Unterschied findet sich auf den Preisschildern: Die Avanti 35 gibt es ab 6.490 Euro und ist damit mindestens 2.600 Euro teurer als die Classic 25. Also begeben wir uns auf Spurensuche: Wo sind trotz der vielen Ähnlichkeiten die Mehrkosten versteckt? Und kann sich die Avanti 35 klanglich eindeutig über die Classic 25 erheben?

Der Aufbau der Audio Physic Avanti 35

Ein gewisser Teil des Mehrpreises steckt wohl im Gehäuse. Denn anders als das komplett senkrechte Modell 25 der Classic-Serie gehört die Avanti 35 zur Reference-Linie, die traditionell in elegant schräg stehenden Gehäusen daherkommt. Das verbessert die Kohärenz der Wiedergabe (Mittel- und Hochtonsignale erreichen zeitgleich das Ohr des Hörers), ist aber natürlich aufwändiger und somit teurer.

Darüber hinaus aber nutzen die Audio Physicer den gleichen, akustisch effektiven wie attraktiven Aufbau wie bei der Classic 25: Die Wände bestehen aus 12 mm starkem MDF, auf das mittels Acrylkleber 4 mm starke Glasplatten aufgeklebt werden. Zwei Materialien mit so unterschiedlichem Resonanzverhalten ergeben – verbunden über die dauerelastischen und immerhin 2 mm starken Klebestreifen – ein deutlich weniger schalldurchlässiges Gebilde als herkömmliche Boxen-Wände aus „purem“ MDF.

Audio Physic Classic 25 Sandwichaufbau
Das dauerelastische Acrylat wird in Brilon per Hand aufgetragen (Foto: Audio Physic)

Und dass die Sache mit dem Glas sehr viel aufregender aussehen kann, zeigt sich nicht nur an unserer Test-Version in einem schicken Rot. Denn das Glas ist von innen lackiert und kann damit quasi jede Farbe annehmen – wie unsere Slideshow zeigt:

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Audio Physic Avanti 35 Rot
In Rot, wie das Testmuster… (Foto: Audio Physic)
Audio Physic Avanti 35 Ebony
… in Ebenholz… (Foto: Audio Physic)
Audio Physic Avanti 35 Perlweiß
…in Perlmuttweiß… (Foto: Audio Physic)
Audio Physic Avanti 35 Ebony Hochglanz
… in Ebenholz Hochglanz…. (Foto: Audio Physic)
Audio Physic Avanti 35 Nussbaum
… in Nussbaum… (Foto: Audio Physic)
Audio Physic Avanti 35 Anthrazit
… in Anthrazit… (Foto: Audio Physic)
Audio Physic Avanti 35 Rosenholz
… in Rosenholz… (Foto: Audio Physic)
Audio Physic Avanti 35 Silbergrau
…in Silbergrau (Foto: Audio Physic)
Audio Physic Avanti 35 Schwarz
und in Schwarz (Foto: Audio Physic)
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Durch das Aufsetzen der Glasplatten ergibt sich nicht nur ein akustisch besseres Verhalten der Gehäusewände, sondern man bekommt – fast bauhausmäßig – an verschiedenen Stellen erkennbare (und gewollte) Absätze. Chic!

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Audio Physic Avanti 35 Schallwand-Schichtung
An der Schallwand ist der Materialmix gut zu sehen: Glas – Acrylkleber – MDF (Foto: H. Biermann)
Audio Physic Avanti 35 Spaltmaße
Deckel und Seitenwände schließen nicht hundertprozentig miteinander ab (Foto: H. Biermann)
Audio Physic Avanti 35 Logo
Das adrette Logo auf der Schallwand weist den Lautsprecher als Avanti 35 aus (Foto: H. Biermann)
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Doch das Gehäuse hatten wir so oder sehr ähnlich schon bei der Classic 25 gesehen. Tatsächlich muss man genauer hinschauen, um die Unterschiede zu finden. Denn bei Audio Physic wird nicht geprotzt. Neue Technologien findet man bei ihnen nicht in dicken Lettern in Katalogen, sondern vor allem im Bereich der kleinen Schwingungen. Der Mehraufwand findet sich hier nur allzu oft im Bereich Körperschall, Entkopplung – ein seit vielen Jahrzehnten gepflegtes Steckenpferd von Audio Physic Entwickler Manfred Diestertich.

Die Zurückhaltung der Sauerländer ist so ausgeprägt, dass sogar der technisch vielleicht spannendste Teil, ein 21 cm großer Tieftöner in einer Bandpass-Konstruktion, verborgen im Gehäuse-Inneren arbeitet. Werfen wir also zwei Blicke in das blitzsauber verarbeitete Gehäuse:

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Audio Physic Avanti 35 Aufriss
Der Aufriss macht die Idee deutlich. Im unteren Teil des Gehäuses ist eine Kammer mit dem 21 cm Tieftöner eingebaut. Das Gehäuse ist vielfach versteift und in allen Öffnungen der Versteifungsbretter agieren Platten aus Keramikschaum als Fließwiderstände. Die Frequenzweiche ist dreigeteilt und sitzt jeweils direkt bei dem entsprechenden Treiber (Foto: Audio Physic)
Audio Physic Classic 25 Konstruktion
Die Skizze (hier der Classic 25) zeigt den Subwoofer-Einschub im unteren Gehäuseteil. Hier werkelt ein 21 cm Bass auf eine Bandpass-Konstruktion. Rückseitig arbeitet er auf ein sehr kleines Volumen, vorderseitig hat er fast das gesamte Volumen der Classic 25 (abzüglich der Kammer für den Tiefmitteltöner) zur Verfügung. Sein Beitrag zum Gesamt-Signal kommt ausschließlich aus dem Bassreflex-Port (Zeichnung: Audio Physic)
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Ein Bandpass gibt seine gesamte Energie (der Tieftöner der Avanti 35 läuft von etwa 30 – 100 Hertz) über eine Art Bassreflexkanal ab. Bei der Audio Physic Avanti geschieht dies über eine Öffnung am Boden. Wer nun die hübsche Säule auf den Kopf stellt, um einen Blick auf diese Öffnung zu werfen, ist erstaunt: Man sieht nichts – respektive „nur“ ein Stück des von Diestertich so geschätzten Keramik-Schaums, der die Öffnung komplett abdeckt.

Audio Physic Avanti 35 Boden mit Keramikschaum
Im Falle der Avanti 35 handelt es sich um einen doppelt ventilierten Bandpass. Die eine Öffnung verläuft hiner der Glasfront und hat ebenfalls einen (hier nicht sichtbaren) Fließwiderstand aus Keramikschaum. Die zweite Öffnung ist größer und direkt am Boden und wird komplett von dem bedingt luftdurchlässigen Keramikschaum abgedeckt (Foto: H. Biermann)

Im Falle des Bandpass-Tieftöners übernimmt dieser Keramikschaum-Block die Funktion eines Fließwiderstands ein. Mechanisch wirkt das so: Wer die Hand davor hält, spürt bei größerem Basspegel einen leichten Luftzug. Technisch verhindert der Fließwiderstand eine zu hohe Resonanzspitze im Bass.

Der Keramikschaum ist so eine Art Wunderwaffe von Entkopplungs-Spezialist Diestertich. Andere Leute, andere Industrien nutzen diesen Werkstoff als Filter (beispielsweise in Auto-Katalysatoren), Diesterich hat dessen Vorzüge dagegen für die Stabilitätssteigerung des Gehäuses entdeckt. Der eigenwillige Metallschaum besteht zu 85% aus Luft und „verbraucht“ somit nur wenig Gehäusevolumen. Mit seiner großen, porösen Oberfläche wirkt er gleichzeitig als Diffusor und bei höheren Pegeln als Fließwiderstand. Wo immer es ihm sinnvoll erscheint. Und das sind ziemlich viele Stellen…

Audio Physic Avanti 35 Anschluss
Das Terminal ist mit den exzellenten Polklemmen von WBT bestückt und ist innseitig resonanzdämpfend beklebt. Um es von Vibrationen des Gehäuses zu entkoppeln, sitzt es auf Neoprendübeln. Deshalb warnt ein angehängter Schild, die Avanti 35 doch bitte nicht an den Anschlüssen hochzuheben… Sie ist übrigens auf Wunsch auch mit Bi-Wiring-Anschluss zu bekommen (Foto: H. Biermann)

Lehnen wir uns kurz zurück und sinnieren über die bislang erkannten Unterschiede zur Classic 25: Das Gehäuse ist schräg und hat einiges mehr an Keramikschaum aufzuweisen. Hm. Das ist noch nicht so viel, zumal auch der Tieftöner sehr ähnlich zu sein scheint. Die Messungen von Audio Physic Avanti 35 und Classic 25 ähneln sich im Bassbereich jedenfalls stark…

Aber die Bestückung der Avanti 35 ist um einiges edler. Im Hochton vertraut Diestertich auf den Hochtöner der „großen“ Audio Physic Modelle: den HHCT III. Das ist einer der ganz raren Konushochtöner am Markt. Auch der Mitteltöner ist den großen Modellen entliehen: der HHCM, ebenfalls in der 3. Generation.

An dieser Stelle werden die Sauerländer etwas untypisch und verzieren ihre Treibertechnik mit allerlei Schlagworten. HHCT steht für „Hyper Holographic Cone Tweeter“, er soll seine besonders holografische Wiedergabe aus verschiedenen konstruktiven Besonderheiten ziehen. Die Membran von Hoch- und Tiefmitteltöner bestehen aus einer keramikbeschichteten Alu-Membran. Dieser Werkstoff hat sich in vielen highendigen Konustreibern bewährt. Besonders aber ist die Diestertich’sche Dämfung der Membran durch einen außen laufenden Silikonring. Noch aufwändiger ist der doppelte Korb beider Treiber, der die schwingenden Teile effizient von der Schallwand entkoppelt.

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Audio Physic Avanti 35 Hochtöner
Sieht nicht so aus, ist aber ein großer Konus-Hochtöner. Der HHCT III  hat einen Durchmesser von 40 mm und eine glänzenden Kalotte in der Mitte. Die Größe gibt ihm eine hohe Belastbarkeit; die Abstrahlung ist etwas mehr gerichtet als bei klassischen Hochtonkalotten. Ein fester Filz verhindert frühe Reflektionen (Foto: H. Biermann)
Audio Physic Avanti 35 Mitteltöner
Der 15 cm große Tiefmitteltöner mit Alu-Membran und Phaseplug ist hochbelastbar. Muss er auch sein, denn sein Arbeitsbereich beginnt schon bei 100 Hertz. Das belastet Mitteltöner gewaltig…  (Foto: H. Biermann)
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Diestertich bezieht alle Hoch-, Mittel und Tieftöner vom dänisch-chinesischen Hersteller Wavecor. Aber keiner ist von der Stange, alle wurden bei Audio Physic erdacht. Teil des Konzepts sind erlesene Zutaten. Die Sicken beispielsweise kommen vom deutschen Spezialisten Dr. Kurt Müller, der sie auch aufträgt; da ist der deutsche Spezialist einfach einzigartig. Also fliegen die Membranen von China nach Deutschland und werden hier veredelt. Dann gehen sie nach China zurück, wo die Treiber komplett zusammengesetzt und wieder zu Audio Physic versandt werden. „Aufwändig“, sagt Diestertich dazu. „Aber es geht leider nicht anders.“

Die Frequenzweiche ist ebenfalls sehr aufwändig. Wie der Gehäuse-Aufriss oben zeigt, ist die Weiche dreigeteilt. Hier kommen nur beste Bauteile zum Einsatz, die – wie bei den meisten Audio Physic Lautsprechern – dem Floating Prinzip folgen.

Mitteltöner-Frequenzweiche
Die Frequenzweiche des Mitteltöners sitzt direkt hinter dessen Magneten und ist – natürlich – wie auch die anderen Weichen-Zweige vom Gehäuse entkoppelt. Sie sitzt auf einer Wabenplatte aus Polypropylen (Foto: H. Biermann)

Bei diesem Konzept sitzen auch Bauteile im Minus-Pfad der Schaltung. Das ist ungewöhnlich, klingt aber, richtig dimensioniert, in der Regel besser. Auch das ist wieder so eine Besonderheit Distertich’schen Wirkens: Es sind die kleinen Winkelzüge, die hier den Unterschied machen. Aber alle sind in langen Hörtests erprobt.

Die Fußkonstruktion der Avanti 35 ist gut, kann aber durch die außergewöhnlichen Audio Physic VCF II M8 Magnetic Entkoppler aufgerüstet werden. Nutzte Diesterich früher Gummis oder elastische Netze (SSC) zur Entkopplung vom Untergrund, so verwendet er seit Neuerem zusätzlich sich abstoßende Magnete. Diese Magnete sind stark genug, das Gewicht der Boxen zu stemmen und so schweben die Lautsprecher ohne physischen Kontakt auf einem Magnetfeld über dem Boden. Eine gute Idee. Und sofort hörbar: Mehr Ruhe im Klangbild und eine nochmals verbesserte Plastizität sind die Folge.

VCF-III Standfuß
Im unteren Teil des VCF-II-Fuß steckt ein Kombination aus Gewebescheiben (mit stark
vorgespanntem Gewebe) und zwei, sich abstoßenden Magneten. So wird die Box tatsächlich komplett vom Untergrund entkoppelt (Foto: H. Biermann)

Diese Füße sind ein exzellenter Tuning-Tipp für alle HiFi-Komponenten, kosten aber im 8er-Set knapp 700 Euro Aufpreis; der Preis des Testmodells erhöhte sich also auf knapp 7.600 Euro. Aber nach dem Durchgang mit den VCF II wollten wir einfach nicht mehr „ohne“ hören. Doch die Entkoppler-Füße sind nur so eine Art i-Tüpfelchen: Gleich, wo man hinschaut, hat man das Gefühl, alles sei auf die Spitze getrieben. Ein gutes Gefühl.

Die Audio Physic Avanti 35 in der Praxis

Wie auch bei der Classic 25 waren wir erstaunt darüber, welche Pegel und wie viel habhafter Bass aus einem so vergleichsweise kleinen und eleganten Gehäuse herauskommen kann. Die LowBeats Messungen zeigen, dass Spitzenpegel in 1 Meter von über 110 Dezibel möglich sind, der Tiefton hat viel Stabilität und Wucht. Das ist Extraklasse.

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Multitone-Pegelmessung Audio Physic Avanti 35 @ 94 dB
Audio Physic Avanti 35 IM-Spektrum @94dBspl/1m: Bei klassischer Wohnzimmer-Lautstärke lediglich im oberen Bassbereich geringe Verzerrungen (Messung: J. Schröder)
Multitone-Pegelmessung Audio Physic Avanti 35 @ 99 dB
Audio Physic Avanti 35 IM-Spektrum @99dBspl/1m. Auch hier liegen die Verzerrungswerte im guten Rahmen. Im realen Leben und mit normaler Musik kann man etwa 12 Dezibel als Headroom addieren (Messung: J. Schröder)
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Die Impedanz rutscht nur einmal ganz knapp (bei 65 Hz) unter die 4-Ohm-Marke, die Avanti 35 sollte also von den meisten Verstärkern problemlos angetrieben werden können. Doch wir haben wie immer viele Verstärker ausprobiert. Und da wurde schnell deutlich, dass die Avanti 35 gern an kräftigen Verstärkern hängt. Wir machten jedenfalls die besten Erfahrungen mit der Vor-/Endstufen-Kombination SPL Direktor Mk2/m1000. Die Endstufen kommen bei 4 Ohm auf über 700 Watt. Und das goutierten die eleganten Säulen mit großer Souveränität. Eine andere, wirklich betörend gute Kombination war die mit dem neuen Vollverstärker Yamaha A-S 3200.

Audio Physic Avanti 35 Impedance and Phase
Audio Physic Avanti 35 Impedance and Phase. Die Phasendrehungen (Wechsel von kapazitivem (rot) zu induktivem (blau) Phasenversatz im Mittenbereich dokumentieren die Übergangsfrequenzen des Mitteltöners: 100 Hertz nach unten, 2.200 Hz zum Hochton hin (Messung: J. Schröder)

Der kniffligste Punkt bei der Audio Physic Avanti 35 ist die Aufstellung. Und da spreche ich nicht von den genauen Abständen zur Rück- oder Seitenwand, sondern von den Raumakustiken prinzipiell. Zuerst hatten wir die Avanti 35 im großen LowBeats Hörraum (70 qm). Da schlug sie sich recht wacker, aber ich hoffte, es ginge noch besser – und verfrachtete sie in unseren kleinen Hörraum im Büro-Gebäude. Doch dessen starke Bedämpfung bekam der Avanti 35 gar nicht; sie klang nach oben raus recht bedeckt, nicht locker.

Der Durchbruch kam mit einem weiteren Umzug in den großen Wohn-Hörraum (60 qm). Dieser hat viele Fensterflächen, Parkett ohne Teppich und insgesamt nur wenig Bedämpfung. In dem sehr lebendigen Raum lebte die smarte Standbox förmlich auf und spielte wie erwartet quicklebendig.

Die Quintessenz aus dieser Hörraum-Odyssee: Die modern anmutende Säule ist – man hätte es fast erwarten können – für modern anmutende Räume geschaffen. Dieses Charakterzugs der Avanti 35 sollte man sich bewusst sein. Denn sonst ist man womöglich bei sich zu Hause oder auch im Handel schnell enttäuscht. Übrigens: Die von uns empfohlene Raumgröße liegt zwischen 20 und 50 Quadratmeter.

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Advance Paris X-i 1100 im LowBeats Hörraum1
Die Audio Physic Avanti 35 im kleinen LowBeats Hörraum (16 qm), der stark bedämpft ist…
der große LowBeats Wohn-Hörraum
… und im großen, nur spärlich bedämpften, knapp 60 qm großen Wohn-Hörraum, der links und rechts weite Fensterfronten ohne Vorhänge hat (Foto: H. Biermann)
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Aufstellung

Der Hörtest

Hoppla. Einen derart strukturierten, souveränen Bass hätte man dieser kleinen Säule nicht zugetraut: Dafür, dass man keinen Bass sieht, kommt doch eine Menge heraus… Die üblichen Elektro-Pop Stück von Yello („The Expert“), Felix Laband („Miss Teardrop“) und Infected Mushroom („Deeply Disturbed“) meisterten die Avanti 35 mit Zwerchfell-massierendem Druck und einer Präzision, die alle Tiefton-Feinheiten dieser Aufnahme verblüffend pegelfest und authentisch in den (gar nicht so kleinen) Raum drückten.

Weniger erstaunt waren wir – ob des hohen Aufwands im Kleinen – über die ungemein präzise und wieselflinke Darstellung selbst komplexester Details. Klavieranschläge oder Bläser-Einsätze kamen mit einer Herzhaftigkeit und Authentizität, wie man sie gern öfter hören wollte. Vor allem kleine Ensembles profitieren von dieser ungemein aufgeräumten, mitreißend „echten“ Wiedergabe.

Zwischen 200 und 800 Hertz hat die Avanti ein kleines Loch – hörbar im kleinen Hörstudio in Form einer leicht bedeckten Stimmwiedergabe. Ich verbuche das ebenfalls unter „Anpassung an moderne Wohnräume“. Denn sehr lebendige Räume machen in diesem Bereich von sich aus schon sehr viel. Da ist es womöglich klug – wenn man Lautsprecher für solche Umgebungen konzipiert – hier etwas Energie rauszunehmen. Es ist ja eh das ständige Abwägen des Lautsprecher-Entwicklers, wie er es am besten macht. Denn er weiß ja nicht, in welcher Art Raum sein Baby später stehen und spielen wird. In Wohn-Hörraum von LowBeats jedenfalls passte die Audio Physic Avanti wie die Faust aufs Auge – da war von diesem kleinem Makel nichts mehr zu hören.

der kleine LowBeats Hörraum
Red Alert: die roten Audio Physic Avanti 35 laufen an den der LowBeats Referenzkette aus SPL Vorstufe Director Mk2 und den Monoblöcken SPL Performer m1000 (ebenfalls mit roter Front) zu Hochform auf. Dioe Musik kam per NAS über den Cambridge CXN, als DAC nutzen wir den des Vorverstärkers SPL Director Mk2 (Foto: H. Biermann)

Der Vergleich zu der ähnlich teuren, vor kurzem getesteten Kudos Super 20A macht die Besonderheit deutlich. Die bezaubernde Britenbox ist eindeutig für kleine, kuschlige Hörraume mit dicken Ledersofas gemacht. Die stellt man hin und fühlt sich sofort zu Hause. Ihr etwas angehoberer Hochtonbereich sorgt selbst in stärker bedämpften Räumen für eine luftig-leichte Wiedergabe. Im kleinen LowBeats Hörraum klang sie angenehmer und vollständiger als die Avanti 35.

Beim Wechsel auf den großen Wohnhörraum änderte sich der Eindruck um 180 Grad. Nun klang die Avanti 35 ausgewogener, richtiger und brachte sich mit ihren Schokoladenseiten deutlich nach vorn: den enorm pegelfesten und sehr habhaften Bass und die ungemein aufgeräumte Mittenwiedergabe. Die Audio Physic machte den Raum zwar etwas kleiner, modellierte aber beispielsweise die Gitarren der drei Gitarrenhelden Al Di Meola, John McLaughlin und Paco de Lucía bei der Friday Night In San Francisco noch plastischer in den Raum, ließ die Gitarrensaiten noch energischer nachschwingen – so soll es sein.

Friday Night IN San FRansisco
Die Friday Night in San Fransisco ist ja eh ein absoluter Hammer – in der Ultra 32 Bit Variante aber nochmals geiler und fester Bestandteil der LowBeats Musiksammlung (Cover: JPC)

Fazit

Die Avanti 35 ist – wie auch ihr Äußeres vermuten lässt – ein Lautsprecher für das moderne Wohnumfeld: mit viel Glas, glatten Böden und wenig Mobilar. Sie unterstreicht diesen stylischen Ansatz mit einer absolut makellosen Verarbeitung, einer großen Anzahl von Finish-Varianten sowie einer erfreulich technischen Unbedenklichkeit auch gegenüber kleineren Verstärkern. Ein Lautsprecher, der es schafft, mit seiner enormen Präzision und Bass-Souveränität den Zuhörer auf Anhieb zu verblüffen: So ein vollständiges Klangbild aus so elegant-smartem Gehäuse? Ja!

Verglichen mit der kleinen Schwester Classic 25 ist die Avanti 35 in fast allen qualitativen Bereichen überlegen; vor allem die Präzision in der Darstellung ist deutlich höher. Die Classic 25 ist in ihrer Preisklasse ein fast universeller, fantastischer Lautsprecher. Doch die größere Avanti 35, die nur in überdämpften Räumen mit viel Plüsch und viel Mobilar nicht ganz so brillieren kann, ist unterm Strich der deutlich bessere Lautsprecher.

Aufgrund ihres höheren Preises hat die Avanti 35 naturgemäß sehr viel mehr und stärkere Konkurrenz. Wobei sie – und jetzt kommen wir zu der hervorzuhebenden Sonnenseite ihres Charakters – in besagt modernen Wohnräumen gegenüber den meisten passiven Mitberwerbern ihrer Preisklasse etliche Vorteile hat. Die klingen mit viel Glas und Mamorboden nämlich häufig recht spitz…

Audio Physic
Avanti 35
2020/07
Test-Ergebnis: 4,2
SEHR GUT
Klang
Praxis
Verarbeitung

Gesamt

Die Bewertung bezieht sich immer auf die jeweilige Preisklasse.
Ausgewogener, quicklebendiger und präziser Klang
Erstaunlich tiefe und substanzielle Basswiedergabe
Dezente Abmessungen, große Farbpalette, gute Verarbeitung
Für bedämpfte Räume weniger geeignet, im Vergleich zur Classic 25 etwas teuer

Vertrieb:
Audio Physic GmbH
Almerfeldweg 38
59929 Brilon
www.audiophysic.com

Paarpreis (Hersteller-Empfehlung):
Audio Physic Avanti 35: ab 6.490 Euro

Mit- und Gegenspieler:

Test Standbox Audio Physic Classic 25;
Test Standbox Kudos Cardea Super 20A: die feine englische Art
Erster Test Vollverstärker Yamaha A-S3200: das spezielle Japan High End
Test Hochvolt DAC/Vorverstärker SPL Director Mk2
Test SPL Performer m1000: High End Mono-Amps aus dem Studio

Autor: Holger Biermann

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Chefredakteur mit Faible für feinste Lautsprecher- und Verstärkertechnik, guten Wein und Reisen: aus seiner Feder stammen auch die meisten Messe- und Händler-Reports.