Yamaha hat nach acht Jahren seinen Top-Vollverstärker der 3000er Klasse auf neuesten Stand gebracht. Technisch und äußerlich wurde der Yamaha A-S3200 nur in Nuancen verändert – klanglich jedoch ist er um einiges gereift…
Sie sind selten geworden: diese wunderbaren Oberklasse-Verstärker japanischer Herkunft. Boliden, die penibelst sauber aufgebaut sind, bis zum Rand voller Edel-Bauteile und mit diesem speziellen Charme klickender Relais gesegnet. Man könnte melancholisch werden: Sansui gibt es schon lange nicht mehr, Denon, Kenwood, Onkyo und Pioneer haben sich aus dem gehobenen HiFi abgemeldet. Die Fahne hoch halten Accuphase plus Luxman und mit Abstrichen Marantz sowie Technics – und eben Yamaha.
Bei Yamaha bleibt diese Tradition aus den 1970 und 1980er Jahren besonders lebendig, weil es die Haus-Designer geschafft haben, viele Stil-Elemente zu übernehmen, die auch vor 40 oder 50 Jahren bereits prägend waren. Dazu zählen die hochglanz-lackierten Seitenwangen aus Holz. Oder die schummrigen VU-Meter. Oder die eigenwilligen, meist länglichen Bedien-Elemente, denen Kollege Roland Kraft (stereoplay) einst den “Mut zur Scharfkantigkeit” bescheinigte. Das alles hat etwas Ikonenhaftes und wirkt auf mich – ich gehe ja auch schon auf die 60 zu – irgendwie berührend.
Der Aufbau des Yamaha A-S3200…
…ähnelt in weitesten Teilen dem seines Vorgängers A-S3000. Auch die groben Rahmendaten sind mit 24,7 Kilo Lebendgewicht und 2 x 100 Watt beziehungsweise 2 x 170 Watt (an 8Ω / an 4Ω) pro Kanal aufs Haar gleich.
Und auch von der Elektronik her hat sich wenig verändert. Wir reden immer noch von einer voll symmetrischen Schaltung mit eigenen, galvanisch getrennten Stromversorgungs-Kreisen, die am Ausgang in eine so genannte „floatende“ Gegentaktschaltung einmündet. Diese Schaltung arbeitet – ungewöhnlich – mit MOS-Feldeffekttransistoren gleicher Polarität. Der Kollege Jürgen Schröder hat das Prinzip anhand des Yamaha A-S1100-Tests sehr anschaulich beschrieben.
Wie bei der Endstufe M5000 legt Yamaha auch hier den Fokus auf sauberste und natürlichste Wiedergabe – nicht auf maximale Leistungsausbeute. Deshalb stehen hier laut Katalog “nur” 2 x 100 Watt (an 8Ω) pro Seite zur Verfügung. Als wir damals bei der stereoplay den A-S3000 testeten, haben wir im Messlabor genau hingesehen: Die Yamaha Angaben stimmten bei der Sinus-Leistung fast bis aufs Watt genau. Man darf unterstellen, dass die japanischen Ingenieure diese Genauigkeit beim neuen A-S3200 nicht abgelegt haben. Und es ist ja auch keineswegs nur die schiere Leistung die zählt, sondern vor allem die Stabilität des Netzteils. Und das kann ich sagen: das Netzteil dieses A-S3200 knickt nicht ein…
Noch eine Analogie zur großen Vor-/Endstufen-Kombination zeigt sich: Die Vorstufe ist von den Endstufen möglichst weit entfernt und jede der Sektionen hat ihre eigene Stromversorgung.
Der Yamaha A-S3200 ist ein prachtvoller und prachtvoll ausgestatteter Vollverstärker. Symmetrische wie asymmetrische Eingänge sind in ausreichender Zahl (nämlich sechs) vorhanden. Hinzu kommt der Phono-Eingang, bei dem sich die Japaner natürlich auch keine Blöße geben: Es ist ein komplett diskret aufgebautes Phono-Board, das unter einer stabilen (und Stör-Einflüssen trotzenden) Stahlhülle steckt. Die Wahl zwischen MM- und MC fällt per Kippschalter auf der Front; technisch umgesetzt wird dies per leise klickendem Relais.
Wie übrigens fast alles an diesem Edel-Amp. Sogar der Bass- und Höhenregler sowie die Balance-Einstellung laufen über Relais. Einzig bei der Lautstärke-Regelung rücken die Yamaha Ingenieure ab vom diskreten Weg: Hier steuert der Lautstärke-Regler an der Front einen Edel-IC von JRC – der höheren Genauigkeit und des besseren Gleichlaufs wegen…
Bis hierhin habe ich einen in allen Belangen überzeugenden Verstärker beschrieben – aber es war die Beschreibung des A-S3000. Stellt sich die Frage: Was bitte ist am Yamaha A-S3200 neu? Gibt es denn gar keine Unterschiede? Doch. Aber man muss schon sehr genau hinschauen:
Neue Kondensatoren-Typen, rauschärmere Dioden, dickere (interne) Lautsprecherkabel und verbesserte Füße: Das klingt doch ziemlich stark nach altem Wein in neuen Schläuchen.
Technisch vielleicht, klanglich nein. Wir haben ja das große Vergnügen, ein- bis zweimal pro Jahr die Yamaha HiFi-Entwickler zu Besuch in der Redaktion zu haben. Die Japaner schätzen die Größe unseres Hörraums und seine klangliche Neutralität. So buchen sie ihn einfach 1-2 Tage und hören hier quasi unter “deutschen Bedingungen”.
Dazu muss man wissen, dass Yamaha auch bei Verstärkern für Deutschland eine andere Abstimmung als beispielsweise für Japan macht. Und nicht selten finalisieren die Entwickler bei LowBeats ihre “German-Abstimmung”. So geschehen mit der NS-5000. Die NS-3000 (Test Mitte Juni) haben sie bei uns sehr lange gehört und auch die drei neuen Vollverstärker durchliefen in unserem Hörraum lange Hörtests und etliche Veränderungen. Und wir durften ein paar mal Mäuschen spielen.
Das war im Sommer letzten Jahres und natürlich sprach ich das Entwickler-Team um Susumu Kumazawa auf die offensichtlich geringen technischen Unterschiede an. “Die Basis des A-S3000 ist so gut,” hieß es, “dass wir technisch nur punktuell nachsteuern müssen. Klanglich haben wir einiges verändert.” Oder wie sagte Projektleiter Kumazawa: “Unser Ziel ist, dem A-S3200 mehr Transparenz und mehr Groove anzuerziehen. Wir wollen den Klang noch emotionaler machen.”
Es waren jedenfalls schier endlose Hörtests, immer wieder unterbrochen von kleinen technischen Korrekturen, immer angetrieben von dem Willen, den Klang des A-S3000 noch einmal spürbar besser zu machen. Und der klang ja wirklich schon verdammt gut…
Hörtest
Wie immer in den Hörtests ließen wir auch den Yamaha A-S3200 an verschiedenen Lautsprecher-Typen laufen. Die mächtige Canton A55 war darunter, die Gauder Arcona MK II und die kleine (aber hochohmige) Harwood LS 3/5a. Es wurde schnell deutlich, dass der A-S3200 wie auch sein Vorgänger einfach jede Box treiben kann: Leistung und Stabilität für jede Hör-Situation sind ausreichend vorhanden…
Noch immer ist unter vielen HiFi-Fans das Klischee verbreitet, Yamaha Komponenten würden hell und glitzernd klingen. Doch diese Zeiten sind längst vorbei. Was nicht heißt, der A-S3200 würde das Yamaha Klangideal verleugnen und bedeckt klingen. Nein. Sein Klang ist sehr ausgewogen, sehr offen, sehr fein – genau so, wie Teamleiter Kumazawa angedeutet hatte. Ich habe den A-S3200 in vielen Hörtest-Situationen genutzt und viele, viele Stunden gehört. Er schafft diesen Spagat aus angenehmer Lässigkeit und spannender Offenheit plus Präzision: eine wieselflinke, kraftvolle Vorstellung, welche die Basis für viele erfüllte (und lange) Hör-Sessions ist.
Wir haben ja zur Zeit sehr viele Verstärker dieser Klasse in der Redaktion und so war uns der Vergleich des japanischen Boliden gegen eine prominente Verstärker-Phalanx möglich.
Innerhalb dieses stark besetzten Konkurrenzfeldes gelang es nur dem (nochmals 1.100 Euro teureren) Neukomm, den Yamaha noch ein bisschen auf Abstand zu halten. Im Bereich der Oberbässe zeigte der Schweizer noch ein Stück mehr Energie und klang in den Mitten einen Hauch geschmeidiger – auch, wenn er nach oben raus nicht ganz die feinnervige Eleganz des Yamaha hatte. Alle anderen Amps jedoch mussten sich hinter dem A-S3200 einordnen.
Selbst der bärenstarke Atoll, ein echter Redaktion-Liebling, musst den Japaner passieren lassen. Der Franzose schob zwar von unten mit mehr Kraft und hatte an der Canton A55 bei sehr hohem Pegel auch den längeren Atem, aber die Transparenz und Leichtigkeit des A-S3200 ließen in der Gesamtbewertung das Pendel zugunsten des Yamaha ausschlagen.
Dass er wie sein Vorgänger einen enormen Durchzug in den Bässen hat, demonstrierte er im Vergleich zu den beiden (ja ebenfalls sehr fein spielenden) Kontrahenten von Moon und Cambridge: Die hängte er mit seiner Lebendigkeit und der schieren Energie ab.
Und gegen den Vorgänger A-S3000? Den direkten Vergleich muss ich leider schuldig bleiben. Aber zur Zeit des NS-5000 Tests hatte ich den 3000er für mehrere Wochen in der Redaktion und verglich ihn mit dem McIntosh MA 7900 AC – in seiner Zeit ja auch eine Ikone. Doch der Yamaha war ihm fast in allen Belangen, vor allem in der Präzision deutlich überlegen.
Diesen Vorsprung bei der präzisen Darstellung (im Vergleich zum McIntosh) erlebte ich mit dem neuen A-S3200 noch deutlicher. Er klingt noch ein wenig lebendiger und in den oberen Bässen neutraler und “schneller”. Unterm Strich ist der Neue einfach ein durch und durch gelungenes Werk.
Einen Punkt gilt es nachzutragen: Die Phonostufe habe ich mir lange angehört und bin geneigt zu sagen, es sei die gleiche wie in der Vorstufe C-5000. Auch hier bietet sich ein herrlich energischer Klang mit viel Feinauflösung. Ein Vergleich mit der Röhrenstufe Pro-Ject DS2 ging zwar knapp für die DS2 aus – aber halt nur knapp. Und sie ist fraglos die beste ihrer Art in der 700 Euro Klasse.
Fazit Yamaha A-S3200
Ein in allen Belangen überzeugender Vollverstärker, der ohne das heute fast schon obligatorische Digitalboard auskommen muss, ansonsten aber mit allem ausgestattet ist, was HiFi attraktiv macht – bis hin zur auftrennbaren Vor-/Endstufe. Hier ist alles perfekt verarbeitet, alles klickt und rastet wie ein Schweizer Tresor.
Auf den ersten Blick etwas irritierend ist vielleicht der technisch nur graduelle Unterschied zum Vorgänger A-S3000. Man könnte sagen: Wohl dem, der noch einen A-S3000 bekommt, denn der bietet ja fast das Gleiche für wahrscheinlich etliche Euro weniger. Aber der Vorgänger ist halt nicht mehr neuester Stand. Und auch dem Neuen muss man attestieren: Der A-S3200 ist jeden Cent wert. Schöner kann japanisches Oberklasse-HiFi in dieser Preislage nicht sein. Klanglich/technisch universeller auch nicht.
Bewertungen
KlangPraxisVerarbeitungGesamt |
Die Bewertung bezieht sich immer auf die jeweilige Preisklasse. |
| Lebendig-ausgewogener, sehr transparenter Klang |
| Symmetrischer Aufbau mit symmetrischen Anschlüssen |
| Super stabil, treibt alle Lautsprecher |
| Fantastische Verarbeitung |
Vertrieb:
Yamaha Music Europe GmbH
Siemensstraße 22-34
25462 Rellingen
Tel.: +49-4101-303-0
Yamaha-Homepage
Preis (Hersteller-Empfehlung):
Yamaha A-S3200: 5.500 Euro
Im Beitrag erwähnt:
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