Es war einer der ersten Tests der LowBeats Geschichte: Der Bericht zur Bauer Audio LS3.0 ging im August 2015 online – eine Woche nach Gründung unserer mittlerweile stattlich gewachsenen HiFi-Plattform. Die Bauer-Box hatte sozusagen die Ungnade des frühen Tests, denn damals fehlte uns noch das präzise Gefühl für unser Koordinaten- und Bewertungssystem. Auf gut deutsch: Wir haben die LS 3.0 etwas zu schlecht bewertet. Insofern kam uns die Modell-Evolution zur Bauer Audio LS 3g gerade recht. Denn die elegante Standbox ist zwar im Wesen noch wie ihre Vorgängerin aus dem Jahre 2014 – unterscheidet sich aber zumindest in einem Punkt erheblich…
Das Konzept der Bauer Audio LS 3g
Die Bauer Audio LS 3.0 entstand als Gemeinschaftsprojekt zweier Querdenker – nämlich dem Plattenspielerhersteller Willibald Bauer und dem Lautsprecherexperten Joachim Gerhard. HiFi-Fans kennen Joachim Gerhard als kultigen Mastermind von Suesskind Audio und der Joachim Gerhard Collection – und als Gründer von Audio Physic. Der für Bauer Audio entwickelte Lautsprecher ähnelt deshalb nicht ganz zufällig den früheren Audio Physic Top-Sellern Virgo, Avanti & Co.
Wer diese legendären Audio Physic Modelle noch vor Augen hat, erkennt das Konzept sofort wieder: Auch die Bauer Audio LS 3G ist eine schlanke 3-Wege Konstruktion mit Mittel- und Hochtöner auf der Front sowie zwei Tieftönern auf den (deutlich größeren) Seitenwänden.
Direkt zum FazitÜber die Vor- und Nachteile der Bass-Seitentreiber gegenüber der Anbringung auf der Schallwand wurde schon viel diskutiert. Aber die Argumente für die Anordnung links und rechts wiegen in meinen Augen schwer. Vor allem aus diesem Grund: Weil die beiden Tieftöner entgegengesetzt arbeiten, die Membranen also bei einem Impuls gleichzeitig entweder nach außen oder nach innen schnellen, kompensieren sich die Vibration-fördernden Energien fast vollständig, das Gehäuse bleibt ruhig. Wer mehr dazu wissen möchte, den verweise ich auf den Beitrag zur quasi baugleichen Bauer Audio LS 3.0, wo das Thema ausführlich behandelt wurde.
Das Gehäuse spielt bei der Bauer-Box eine wesentliche Rolle. Denn was man sich auch immer vor Augen halten muss: Das Grundkonzept der Bauer Audio LS 3g stammt zwar von Joachim Gerhard, aber den über viele Jahre praktizierten Feinschliff bekam die hübsche Standbox durch Willibald Bauer. Der weiß als Plattenspieler-Entwickler ganz genau, wie groß der Einfluss verschiedener Materialien sein kann. Selbst die Verwendung unterschiedlicher Lacke oder Schrauben ist hörbar. Und wie beim Plattenspieler gilt das natürlich auch beim Lautsprecher …
Das heißt: Bauer hat einen Materialmix aus Sperrholz, MDF und Spanplatte gefunden, der möglichst viel Resonanzen im Keim erstickt. Hinzu kommt eine kluger Aufbau der drei verschiedenen Kammern (Bass, Mittelhochtonbereich, Frequenzweiche), sodass die Bauer LS 3g nur wenige parallele Wände hat und so die gefürchteten stehenden Wellen (welche zu Dröhneffekten führen) schnell gebrochen werden.
Und während die meisten Lautsprecher-Anbieter ihre Gehäuse aus den Schreinereinen Asiens oder aus dem europäischen Osten beziehen, geht Bauer hier konsequent den mitteleuropäischen Qualitäts-Weg: Er kauft seine LS-3g-Gehäuse beim Steierische Holzspezialisten Hutter. Nur zur Erinnerung: Hutter hat einst für den deutschen Naim-Vertrieb ambitionierte Racks gebaut. Die Österreicher verstehen also nicht nur etwas von perfekter Holzfertigung, sie haben auch ein Gefühl für akustische Mechanik. Hutter ist so etwas wie der optimale Zulieferer. Außer halt in Bezug auf die Kosten: Auf meine oft gestellte Frage, was so ein LS-3g-Gehäuse kostet, winkt er immer ab: “Frag nicht.” Also teuer.
Man kann sich deshalb mühen wie man möchte: mechanisch sind keine Schwäche an diesem Gehäuse zu finden. Besonders clever gelöst ist der Aufbau der Mittelhochtoneinheit. Sie ist über Dämpfer vom Restgehäuse entkoppelt und zur Not – sollten mal sensationell neue Treiber gefunden werden – einfach austauschbar. Ein solches Denken ist selten im Bereich klassischer HiFi-Lautsprecher.
Die Mittel- und Hochtöner der LS 3g sind exakt jene, die schon in der Vorgängerin für ein so verzauberndes Klangbild gesorgt haben: eine 25 mm Alu-Kalotte und ein 13 cm Tiefmitteltöner. Weil die Tieftöner an der Seite sitzen und eher einen Subwoofer-Charakter haben (Übertragungsbereich: 30 – 250 Hertz), läuft dieser Tiefmitteltöner trotz seiner bescheidenen Größe schon ab 250 Hertz – ist also sehr breitbandig eingesetzt.
Hoch- wie Tiefmitteltöner kommen vom indonesischen Treiber-Spezialisten SB Acoustics. Das klingt jetzt zwar nicht so hochherrschaftlich wie ist vielleicht Accuton, Audio Technology oder Scan Speak. Aber SB Acoustics hat es faustdick hinter den Ohren. Hier produzieren nämlich zwei ehemalige Scan-Speak-Entwickler viel Bewährtes und viel Neues, was sie bei Scan Speak nicht umsetzen konnten. Und das zu erfreulich fairen Preisen.
Als dann die Seitentreiberbässe der LS3.0 (die kamen von Peerless) von einem Tag auf den anderen nicht mehr verfügbar waren, war es für Bauer der erste Weg, zu schauen, was denn SB Acoustics in diesem Bereich anbietet. Er fand einen herausragend gut geeigneten 17 cm Bass mit Aluminium-Membran, der in fast allen Parametern besser war als der Vorgänger. Der einzige Nachteil: In einer Bassreflexbox wie der LS 3.0 funktionierte das gute Stück nicht.
Bauer machte aus der Not eine Tugend und aus der Bassreflexbox LS 3.0 die geschlossene Box Bauer Audio LS 3g. Den meisten Musikliebhabern wird der Unterschied egal sein. Audiophile, die sich ein bisschen mit dem Thema auseinandersetzen, favorisieren in der Regel geschlossene Konstruktionen, weil deren Interaktion mit dem Raum besser kalkulierbar ist. Heißt: Der Bass geschlossener Systeme klingt meist etwas kontrollierter. Der Nachteil: man hat weniger Wirkungsgrad.
Nach dem Umbau auf die neuen Bässe war Bauer doppelt verwundert. Erstens musste er die Frequenzweiche kaum verändern; die bewährten 12 dB-Filter verrichteten auch für die neue Bestückung ihren Dienst perfekt.
Die zweite Überraschung: Obwohl ja nur die Subwoofer-Bässe ausgetauscht wurden, wurde das gesamte Klangbild strukturierter, klarer. Während der Prototypen-Phase hatte ich Gelegenheit, LS 3.0 und LS 3g gegeneinander hören. Es ist wirklich erstaunlich, was eine höhere Präzision im Grundtonbereich bewirkt…
Praxis
Die Bauer Audio LS 3g ist ein vergleichsweise wirkungsgradstarker Lautsprecher, der auf gut 88 Dezibel (1 Watt / 1 Meter) kommt. Das heißt: Auch Verstärker mit weniger Leistung können mit ihr super klingen. Allerdings gilt es hier, genauer hinzuschauen.
Wie die neuen LowBeats Impedanz-Messungen zeigen, fällt die Impdanz der LS 3g (rote Kurve) durch die Parallelschaltung der beiden Tieftöner im leistungsrelevanten Bereich von 70 – 100 Hertz auf gut 3 Ohm. Das sollte für kaum einen Verstärker ein Problem darstellen. Weil es aber in diesem Bereich zu einem deftigen Phasensprung kommt (Phase = blaue Kurve), kommt es zu einer Interaktion, die vor allem klassische AB-Verstärker in die Bredouille bringen kann.
Dieses Phänomen heißt Equivalent Peak Disspiation Resistance – kurz EPDR (hier dargestellt durch die graue Kurve) und belastet im Falle der LS 3g die angeschlossene Endstufe mit einer Impedanz von knapp einem Ohm. Und das wiederum vertragen nur sehr stromstabile Verstärker ohne Klangeinbußen. Hier sollte man also unbedingt den Händler des Vertrauens um einem Tipp befragen…
Wir haben in den meisten Hörtests mit den Vollverstärker-Referenzen German Physiks Emperor Integrated und Neukomm CPA 155S gearbeitet. Für beide war jene EPDR-Senke in der Impedanz überhaupt kein Thema. Fairerweise muss ich allerdings anfügen, dass nur der Neukomm auch preislich in der Liga der Bauer-Box spielt; der Emperor kostet ja emporale 30.000 Euro. Klanglich aber passten beide mit ihrer unaufgeregten Natürlichkeit sehr gut zur Bauer-Box.
Was aber an beiden Verstärkern deutlich wurde: Die LS 3g hat zwar einen hohen Wirkungsgrad, aber nicht die Pegelfestigkeit der meisten Lautsprecher dieser Größenklasse. Hier dürfte der relativ kleine Tiefmitteltöner das begrenzende Element sein. Und so bleibt der maximale Pegel bei der Marke von etwa 108 dB (in 1 Meter Abstand) stehen. Für Pegel, die den Nachbarn zum entrüsteten Klingeln bringen, reicht das aber allemal…
Noch ein Wort zur Impedanz: In der kleinen Münchner Manufaktur schaffen es Bauer-Mitarbeiter Wolfgang Tilscher, die Treiber der einzelnen Lautsprecherpaare so perfekt zu selektieren, dass man die Impedanzkurven von linker und rechter Box übereinanderlegen kann – ohne nur eine klitzekleine Abweichung zu sehen. Auch das ist hohe Kunst.
Da wir ja die Vorgängerin LS 3.0 auch schon im LowBeats Hörraum begrüßen durften, hatten wir bezüglich der optimalen Aufstellung einige Erfahrung. Aber ich hatte den Eindruck, dass die geschlossene g-Variante im Hörraum noch unkomplizierter zum Klingen zu bringen war…
Die Bauer Audio LS 3g im Hörtest
Die Bauer-Box ähnelt nicht nur im Aufbau den früheren Audio-Physic-Modellen. Auch klanglich lassen sich durchaus Ähnlichkeiten erkennen. Da ist zum Beispiel der leicht überhöhte obere Bass um 120 Hertz und die darüberliegende kleine Senke zwischen 150 und 300 Hertz. Der kleine Bass-Peak bringt Wärme ins Klangbild, die Senke sorgt erfahrungsgemäß für eine sehr räumliche Wiedergabe.
Und tatsächlich ist das eine Paradedisziplin der Bauer Audio. Ich kenne nur ganz wenig Standboxen gleich welcher Preisklasse, die – entsprechende Aufnahmen vorausgesetzt – derart plastisch und weiträumig abbilden. Der Klang löst sich völlig von den Gehäusen, die Abbildung einzelner Instrumente ist atemberaubend genau. Wer es liebt, bei Klassik-Aufnahmen virtuell durch das Orchester zu wandeln, der liegt mit diesem Lautsprecher goldrichtig.
Überhaupt ist der gesamte Mittelhochtonbereich ein Genuss. Man hat an keiner Stelle das Gefühl eines Bruchs. Die LS 3g klingt wunderbar natürlich-harmonisch, dabei filigran, blumig und ungewöhnlich leicht. Alles wirkt ungemein facettenreich oder einfach nur “reich”. Wie transparent-mühelos beispielsweise Harfenklänge (Friedemann Saitensprung, Stück: “Eine kleine Zupfmusik”) aus diesem Lautsprecher perlen, ist eine Wucht. Ein Kollege kommentierte das mit den Worten: “Da gab es bei der Hörsession doch tatsächlich diesen Gänsehautmoment.”
In diesem Mittelhochtonbereich manifestiert sich das Können und der Anspruch des Willibald Bauer: Das Können, über viele Jahre in Kleinstschritten immer näher an die klangliche Perfektion zu rücken und der Anspruch, dass “sein” Lautsprecher doch gefälligst für jede Art Musik gut sein solle. Bauer selbst macht übrigens beim Hören vor keiner noch noch so kruden Musik Halt.
Tatsächlich macht die LS 3g mit jeder Art Musik Spaß, wenngleich ich einbschränken muss, dass Heavy Metall mit Vollgas-Pegel nicht die Domäne der schlanken Bauer-Box ist. Sie entfaltet die ganze Pracht ihrer Kultur nur bei moderatem Pegel.
Der Spaß basiert ja oft auf tiefen Frequenzen. Und gerade in diesem neu gestalteten Bereich zeigt sich die Bauer Audio als mitreißender Spaßmacher. Denn trotz einer leichten Oberbass-Fülligkeit kommen die Bässe wuchtig-präzise, Bassdrum-Felle schwingen hörbar genau nach. Bei dynamischer Pop-Musik à la Yello lotet die LS 3g die Tiefen genau aus und differenziert die wabernden Bass-Teppiche genau auseinander.
Im Vergleich zu einem Dynamiker wie der Heco La Diva, zog die Münchener Designbox zwar in Bezug auf Schnelligkeit und Maximalpegel den Kürzeren, bot aber bei geringeren Pegeln den etwas wohligeren Ton, die höhere Transparenz und den deutlich größeren dreidimensionalen Raum.
Es kann schon sein, dass die Bauer Audio im Bereich zwischen 100 und 300 Hertz etwas mogelt, um einerseits etwas mehr Wärme, andererseits mehr Präzision ins Klangbild zu bekommen. Geschenkt, denn es dient ja einem höheren Zweck: Sie macht es so geschickt, dass sie in der Summe einfach etwas besser klingt als die meisten Mitbewerber ihrer Preisklasse.
Fazit Bauer Audio LS 3g
Nach dem Test der LS 3.0 im August 2015 kam ich zu dem Schluss, dass dieser Lautsprecher absolut mehrheitsfähig ist und über 90% aller anspruchsvollen HiFi-Fans perfekt zufriedenstellen würde. Das Gleiche lässt sich fünf Jahre später über die Nachfolgerin LS 3g sagen. Klanglich, verarbeitungstechnisch und vom eleganten Design her kann sich dieser Lautsprecher aus der Münchner Kleinmanufaktur mit den Großen dieser Klasse – wir sprechen von B&W, Dynaudio, KEF & Co – locker messen.
Weil wir aber heute etwas mehr wissen als damals, müssen wir auch auf die einzige kleine Schwäche der LS 3g verweisen: Sie braucht als Verstärker-Mitspieler einen von der stromstabilen Sorte. Doch davon gibt es am Markt etliche. Und klanglich harmoniert dieser Lautsprecher mit sehr vielen Verstärkern – zumindest fanden wir in unserem Referenzregal keinen Amp, an dem die LS 3g nicht geklungen hätte. Ihre farbigen Mitten, die beeindruckende Räumlichkeit, der druckvolle Bass und nicht zuletzt der hohe Wirkungsgrad beflügeln fast jeden Amp. Oder sagen wir es so: Mit der Version 3g ist ein genialer Lautsprecher noch ein Stückchen genialer geworden…
Bewertung
KlangPraxisVerarbeitungGesamt |
Die Bewertung bezieht sich immer auf die jeweilige Preisklasse. |
| Dynamisch-präziser, mitreißend-offener Klang |
| Atemberaubende Räumlichkeit |
| Kompromissloser Aufbau, perfekt verarbeitet |
| Braucht stromstabile Verstärker |
Vertrieb:
Bauer Audio
Pollinger Straße 4
81377 München
www.bauer-audio.de
Paarpreis (Hersteller-Empfehlung):
Bauer Audio LS 3g: ab 7.000 Euro
Technische Daten
Bauer Audio LS 3g | |
---|---|
Konzept: | 3-Wege geschlossen |
empfohlene Raumgröße: | bis maximal 40 Quadratmeter |
Anschlüsse: | Single Wiring |
Wirkungsgrad: | 88 dB (1 W/1 M) |
Gewicht: | 30,0 Kilo |
Abmessungen (H x B x T): | 104,0 x 17,1 x 41,0 cm (ohne Sockel) |
Alle technischen Daten |
Mit- und Gegenspieler:
Test German Physiks The Emperor: Vollverstärker der Kaiserklasse
Test Vollverstärker Neukomm CPA155S – der kompakte Favoritenkiller
Test Standlautsprecher Heco La Diva – kultivierte Energie