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Pure Evoke Home Front
Das Evoke Home sieht so nett und dezent aus, ist aber das Flaggschiff des Weltmartkführers in Sachen Stand-alone-Radios und kann erfreulich viel. Sein Preis: 450 Euro (Foto: Gretter)

Test Streaming-Musiksystem Pure Evoke Home: Mittler zwischen den Welten

Pure gilt als der größte Hersteller von Markenradios weltweit. Mit tausenden von kleinen, smarten, gut gemachten Rundfunk-Empfängern (die häufig für unter 100 Euro zu bekommen sind) haben sich die Briten viel Sympathie und eine hohe Expertise erarbeitet. Die Kompetenz und Fertigungsqualität von Pure ist so hoch, dass unter ihrer Regie auch die von LowBeats bereits getesteten Braun-Lautsprecher entstehen – die bei uns ja beste Noten bekamen. Und so stellt sich die Frage: Was kann denn wohl das Top-Modell der Engländer für 450 Euro? Wir hatten das Pure Evoke Home über einige Wochen in der Redaktion und sind schwer angetan…

An Selbstbewusstsein mangelt es den Briten nicht. Stolz verkündet der Hersteller Pure: „Wir sind der weltweit unangefochtene Marktführer für Digitalradios.“ Es liegt wahrscheinlich an der Definition. Was ist tatsächlich das Radio der Neuzeit?

Pure Evoke Home CD-Einzug
Das Evoke Home im LowBeats Wohn-Hörraum. Die Stoffbespannung vorn soll aus ökozertifizierter und recycelter Wolle sein. Lässt sich von uns nicht überprüfen, macht trotzdem ein gutes Gefühl…  (Foto: H. Biermann)

Die Besonderheiten des Pure Evoke Home

Pure kann sich darauf berufen, diese Sparte faktisch gegründet zu haben. Aus dem klassischen UKW-Böxlein haben die Engländer eine Neuinszenierung erschaffen. UKW gibt es noch immer, doch dazu DAB+ und die komplette Orgelpfeife der Internet-Streaming-Musik.

Pure Evoke Home Möglichkeiten
Die Ausstattungs-Liste ist nicht riesig, aber für den Alltag mehr als ausreichend (Grafik: Pure)

Mit genau so einem Multi-Wunderwerk haben wir es hier zu tun. Der Evoke Home ist weit weniger Radio als kompakte HiFi-Anlage. In den 50er Jahren hätten meine Eltern „Musiktruhe“ dazu gesagt. Nur dass hier die Maße auf ein Minimum geschrumpft wurden. Das sind weniger als vier Kilogramm. Statt alter Schallplatte gibt es einen Schlitz für CDs. Das ist ein kluger Schachzug der Briten. Auch in meinem Bekanntenkreis wird angeblich nur noch gestreamt. Und trotzdem sind ja noch erstaunlich viele CDs im Umlauf, von denen viele weiterhin gehört werden. Doch für die gibt es immer weniger Abspielmöglichkeiten…

Pure Evoke Home Bedienfeld
Der Evoke Home hat ein CD-Laufwerk mit Einzug auf der Oberseite. Schon der Vorgang, wie die CD im Gehäuse verschwindet, ist nett… (Foto: H. Biermann)

Hier wirft Pure einen Anker aus in die Welt zwischen den Jahrtausenden. UKW, DAB+, CDs – alles altes Zeug und doch noch viel genutzt. Weit moderner: Auch Bluetooth ist mit an Bord und eben zigtausende von Internet-Radio-Stationen. Das ist die Moderne der Klangaufbereitung. Ich komme nach Hause, mein Handy verbindet sich per Bluetooth mit dem Evoke Home, und ich genieße den Stream, dem ich gerade noch per Kopfhörer gelauscht habe. Das ist zeitgemäß.

Pure Evoke Home Rear
Der Pure Evoke Home genügt sich selbst: Außer einem Aux-Eingang (3,5 mm Klinke) gibt es keine Möglichkeit, andere Quellen einzuspeisen. Aber es gibt einen Kopfhörer-Ausgang – ebenfalls mit 3,5 mm Klinke (Foto: Gretter)

Doch solche Möglichkeiten schaffen auch Ballast. Das gute Stück muss in seiner Vielfalt erkannt und bedient werden. So gibt es selbstverständlich eine Fernbedienung, aber noch mächtiger: ein ausklappbares Display. Das ist mit 2,8 Zoll in der Diagonale nicht wirklich groß, so aber dennoch wirkmächtig. Die Auswahl der Quelle, die Feinheiten des Streams – alles schön reduziert. Das könnte sogar meine Schwiegermutter bedienen. Wichtig: Es gibt keine Batterie, der Evoke Home ist auf die heimische Steckdose angewiesen.

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Pure Evoke Home klappbares Display
Das Display des Evoke Home lässt sich manuell ein- oder ausklappen (Foto: Gretter)
Pure Evoke Home Display
Das Display ist mit einer Diagonalen von 7 cm nicht wirklich groß, die Icons sind aber gut erkennbar. Wenn man möchte, kann man die Helligkeit dimmen (Foto: Gretter)
Pure Evoke Home FB
Bedient wird das hübsche Evoke Home per Direkteingabe oder an den Tasten und am großen Drehknopf, mit Hilfe der mitgelieferten, auch andernorts verwendeten Fernbedienung oder mit der bewährten Undok-App (Foto: Gretter)
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Klangtechnisch stehen wir tatsächlich vor einer Musiktruhe. Links und rechts liegt ein Duo aus Hoch- und Tiefmitteltöner. Wie nach alter Väter Sitte. Nur dass alles erstaunlich geschrumpft ist. Der Hochtöner ist eine Seidenkalotte mit zwei Zentimetern Durchmesser, die Mitten und Bässe werden einem Polypropylen-Chassis mit 9 Zentimetern überantwortet. Alles eher klein. Um die Basskraft zu verstärken, nutzt Pure einen zentralen Bassreflexport, der zur Rückseite abstrahlt. Nichts Außergewöhnliches, aber dank 100 Watt im Unterbau schon erstaunlich kraftvoll.

Pure Evoke Home Grill off
Hinter der hübschen Woll-Bespannung sitzen zwei 2-Wege-Kombinationen für linken und rechten Kanal. Beide mit einem 20 mm Hochtöner und einem 9 cm durchmessenden Tiefmitteltöner (Foto: Pure)

Hörtest

Das erste Gefühl, das uns erfasst: nett. Das ist sicher kein Meister des High-Ends, aber schlau geschmiedet für eine MengeMusikgenuss. Erstaunlich, welcher Bass uns hier in den Raum gestellt wird. Doch das ist ein psychoakustischer Trick: Tatsächlich gehen die Frequenzen nicht wirklich in den Keller, aber unser Gehirn addiert aus einem schönen Oberbass die untere Basis hinzu. Clever inszeniert. Was weniger gelingt: Obwohl die Chassis Stereo versprechen, wirkt der Raumeindruck doch eher wie ein angedicktes Mono. Hier konnten die Briten die Physik nicht täuschen.

Erstaunlich laut kann hingegen der kleine Quader. Das geht deutlich über den Begriff der Wohnzimmerlautstärke hinaus. Doch Vorsicht: Wer noch mehr will, kommt an die Grenzen. Eine Party würde ich damit nicht beschallen, ab einem gewissen Punkt beginnt der Evoke zu pumpen und falsch zu drücken. Das empfiehlt das Evoke Home eher für die HiFi-Randzonen: das Büro, das Ess-, Schlaf- oder Besprechungszimmer.

Aber hier macht es echt Spaß. Ich streame ein Beispiel genau aus der Mitte von Pop und Klassik herbei: John Williams dirigiert die Berliner Philharmoniker. Kein Filmkomponist hat größere Fußabdrücke in diesem Genre hinterlassen. Star Wars, Jurassic Park, Harry Potter, Indiana Jones – die ganz fetten Themen sind in diesem Mitschnitt versammelt. Erstaunlich, wie tief und satt-triefend der Evoke Home diese Musik in den Raum flutet. Das hat wirklich Druck und das gewisse Quäntchen Ehrlichkeit. Mit High-End hat das natürlich wenig zu tun.

John Williams Berliner Philharmoniker Cover
Der Meister der Filmmusik mit den Meistern der klassischen Musik: John Williams dirigiert die Berliner Philharmoniker. Ein Genuss (Cover: Amazon)

Gibt es keine Konkurrenz? Aber natürlich. Wir hatten in den letzten Monaten vergleichbare Komponenten von Como Audio und Ruark getestet. Verdächtig nah ist beispielsweise die Musica von Como Audio aufgebaut. Auch hier gibt es zwei Zweiwegler in einem Gehäuse, dazu ein Display und allerlei Streaming-Arten. Der Unterschied in der Abstimmung zum Pure Evoke Home könnte aber nicht größer sein. Der Como gibt sich hell, transparent – das Klangbild wurde klar von der Höhenpräsenz her erdacht. Der Evoke hingegen liebt die Mitten, das hat etwas typisch Britisches, er wirkt tendenziell wärmer, besser ausgeglichen. Und der Evoke kostet dramatisch weniger. Como ruft stolze 700 Euro für das kleine Holzkistlein auf…

Pure Evoke Home versus Como Musica im LowBeats Wohn-Hörraum
On der Idee her Brüder im Geiste: Das Pure Evoke Home und das Musica von Como Audio – ebenfalls mit CD-Laufwerk (Foto: H. Biermann)

Noch deutlicher wird der Preisunterschied beim Vergleich zu Ruark. Hier wäre der R5 ein nahezu baugleicher Fressfeind. Aber er kostet halt 1200 Euro. Dafür kann der Ruark auch Phono-MM und verfügt noch über einen kleinen Subwoofer gen Boden. Trotzdem: Er fegt den Evoke nicht hinweg. Der liegt auf Augenhöhe. In diesem Sinne verdient der Pure Evoke Home ein dickes Ausrufezeichen als Preis/Leistungstipp.

Fazit Pure Evoke Home

Auspacken, aufstellen, Musik hören. Die Erstinstallation könnte nicht simpler sein. Mit seiner Machart und seinem Quellen-Angebot fischt dieses kompakte Musiksystem eindeutig im Teich der Kunden für das Bose Wave Radio – nur, dass es sehr viel günstiger und besser ist. Beim Evoke Home hat Pure mal richtig die Muskeln spielen lassen und gezeigt, dass ein Massenhersteller durchaus auch Sinn für das Feine haben kann. Das zeigt sich auch beim Klang. Hier werden keine Berge aufgetürmt, hier wird geradlinig musiziert. Toll der vollmundig-harmonische Eindruck. Erwartbar dagegen: die etwas unterbelichtete stereophone Wiedergabe.

Aber noch einmal: Hier geht es nicht um den einsamen HiFi-Nerd auf dem Hörsofa vor Riesenboxen. Die Zielgruppe des Pure Evoke Home ist deutlich vielfältiger. Nette Menschen, die gute Musik in ehrlicher Aufbereitung ohne großen Aufwand hören möchten. Für die Nebenbeihörer, für Musik in der Küche, im kleinen Arbeitszimmer, komme ich unterhalb 1.000 Euro auf keine bessere Empfehlung. Und unter 500 Euro schon mal gar nicht…

Pure Evoke Home
2022/03
Test-Ergebnis: 4,4
SEHR GUT
Bewertung
Klang
Praxis
Verarbeitung

Gesamt

Die Bewertung bezieht sich immer auf die jeweilige Preisklasse.
Vollmundig-schöner, unaufgeregter Klang
Simple Ersteinrichtung, bedient „alte“ Quellen wie Radio und CD
Günstig
Der Stereoeffekt ist klein, der Maximalpegel erwartbar nicht sehr hoch

Vertrieb:
Aqipa GmbH
Medipark 2
D-83088 Kiefersfelden
www.aqipa.com

Preis (Hersteller-Empfehlung):
Pure Evoke Home: 450 Euro

Pure Evoke Home: die technischen Daten

Pure Evoke Home
Konzept:Streaming Einbox-System
Bestückung:HT: 2 x 20 mm, TMT: 2 x 9 cm
Besonderheit:
Eingebautes CD-Laufwerk
Anschlüsse
Aux (3,5 mm Klinke)
Streaming:Bluetooth, Spotify Connect
Abmessungen (B x H x T):
36,8 × 18,4 × 10,7 cm
Gewicht:
3.9 Kilo
Alle technischen Daten
Mit- und Gegenspieler:

Familientest Ruark R7 Mk3, R5, R3: die Musiktruhen der Moderne
Test Kompaktanlage Como Audio Musica

 

 

Autor: Andreas Günther

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Der begeisterte Operngänger und Vinyl-Hörer ist so etwas wie die Allzweckwaffe von LowBeats. Er widmet sich allen Gerätearten, recherchiert aber fast noch lieber im Bereich hochwertiger Musikaufnahmen.