Ein Name elektrisiert die audiophile Gemeinde gerade besonders: Soulnote. Bei den Japanern, die allmählich eine gewisse Bekanntheit erreichen, stimmt im Grunde alles. Da wäre beispielsweise die Marantz-DNA – natürlich aus der guten, alten Zeit. Oder die herausragende Verarbeitung – wie sie eben vor allem bei Vertretern des japanischen HiFi gefunden wird. Oder die fehlende Über-Alles-Gegenkopplung, die heutzutage ja quasi als Eintrittskarte in höhere audiophile Weihen gesehen wird. Aber da ist halt auch noch eine ganz außergewöhnliche Betrachtung des Gehäuses als elementarer Klangfaktor. All das ergibt eine ausgesprochen genussvolle Mischung. Oder anders: In unseren Ohren ist der hier vorgestellte Soul Note A-2 der bestklingende Transistor-Vollverstärker, der unter 10.000 Euro zu haben ist.
Fast scheint es, als käme Soul Note aus dem Nichts. Hat man je zuvor von ihnen gehört? Ich nicht. Und doch ist Soulnote in Japan schon eine größere Nummer. Die kleine High-End-Schmiede ist nämlich Teil von CSR, Inc., einer Firma mit Hauptsitz in Kanagawa / Japan, die heute mit gut 50 Mitarbeitern unter anderem Musikinstrumente, aber unter dem Label Soul Note eben auch HiFi entwickelt und fertigt. Das durchaus Interessante dabei: CSR wurde 2004 von den ehemaligen Marantz-Mitarbeitern gegründet. Da stimmt also der audiophile Grundgedanke. Chefentwickler ist seit 2016 Hideki Kato, der in diesem Jahr mehrfach nach Deutschland kam – und natürlich auch bei LowBeats vorbeischaute.
Die Besonderheiten des Soulnote A-2
Zunächst einmal ist der A-2 ein absolut blitzsauber aufgebauter Japan-High-End-Verstärker in AB-Schaltung. Weder an der massiven Frontplatte noch am Aufbau der Platinen im Inneren oder an der Bauteile-Qualität gibt es irgendetwas zu kritteln. Und für jedes Bauteil, zu jedem Schaltungs-Kniff hat Chefentwickler Hideki Kato eine plausible Begründung. Allerdings spricht der Meister kein Englisch (und ich kein Japanisch), weshalb der Dolmetscher verschiedene, recht komplexe Dinge erklären musste…
Am schlüssigsten ist der Grundgedanke, dass es beim A-2 keine Über-Alles-Gegenkopplung gibt. Gerade bei Röhren-Verstärkern ist dieser Ansatz schon seit Langem Usus. Auch die Lautstärkeregelung erfolgt, wie bei vielen modernen und ambitionierten Verstärkern, über einen Mikro-Prozessor. Der garantiert minimalste Kanalunterschiede, ist langlebig, rauscht nicht und arbeitet auch im Bereich der ganz geringen Pegel linear.
Höchst ungewöhnlich ist die vielseitige Einsatz-Möglichkeit der Endstufe. Schalter auf der Rückseite erlauben nicht nur eine Mono-Schaltung der beiden Kanäle – die Endstufe leistet dann 1 x 400 Watt an 8 Ohm –, sondern auch einen Bi-Amping-Einsatz. Die Idee ist gut, aber auch für das Soulnote-Firmenkonto: Denn natürlich braucht es für beide Extra-Varianten noch einen zweiten A-2…
Ein zweiter Blick auf die Rückseite offenbart aber auch ein kleines Manko: Die Vorstufe hat die Eingänge in sowohl symmetrischer (XLR) als auch asymmetrischer (Cinch-) Ausführung, aber keine Ausgänge – mit Ausnahme der Lautsprecher-Anschlüsse natürlich.
Deckel-Philosophie
Hideki Kato kann sehr begeistert und lange über die gradlinigen (und kurzen) Schaltungswege der Leistungsstufe sprechen. Noch begeisterter allerdings zeigt er sich beim Philosophieren über die Gehäuse-Mechanik. Dafür greift Kato gern zu einem kleinen Taschenspieler-Trick. Bei der Demonstration seines A-2 holte der Japaner seine Geldbörse aus der Tasche und legte sie – während die Kette spielte – vorn links oder vorn rechts auf den Verstärkerdeckel. Der Unterschied war erstaunlich. Mit aufliegender Geldbörse war das Klangbild erkennbar matter. Bei seinem Besuch in München ging er noch einen Schritt weiter und demontierte den Deckel. Der Effekt war noch drastischer.
Was also passiert hier? Die Deckelplatte ist nicht fest mit dem Gehäuse verbunden, sondern lediglich über drei Pufferschrauben: zwei hinten, eine mittig vorn. Das führt dazu, dass – tippt man vorn links oder vorn rechts auf den Deckel – ein erstaunlich lautes, blechernes Geräusch ertönt. Den deutschen HiFi-Journalisten in mir lässt dieser Umstand zunächst etwas ratlos zurück. Das Fragezeichen wird noch größer, wenn man den Deckel demontiert und ein zweiter, ebenfalls nur an drei Abstandsschrauben befestigter Deckel wird sichtbar. Der scheppert genauso. Das ist Wahnsinn, doch der Wahnsinn hat ganz offenkundig Methode.
Kato, beziehungsweise sein Dolmetscher, erzählt dazu irgendetwas von Druckverhältnissen im Gehäuse, die durch diese Konstruktion besser abgeführt würden. Hm, womöglich habe ich es nicht genau verstanden. Ich glaube eher, dass die Schallanregung durch die Lautsprecher jedes Gehäuse einer HiFi-Komponente in irgendeiner Form anregen und diese Vibrationen das Signal – natürlich nur in Grenzen – modulieren. Ich schraube pro Jahr dutzende Verstärker und Player auf und bin nicht selten erschrocken, wie wurstig manche Hersteller mit diesem Thema umgehen – nämlich gar nicht. Da werden beliebige Blechkäfige oder auch wahre Alu-Trutzburgen ohne Sinn und Verstand zusammengeschraubt. Kato dagegen weiß diese Schallanregungen der Gehäuse einzuschätzen und für seine Zwecke einzusetzen.
Ich will das Thema hier nicht allzu hoch hängen, glaube aber, dass ein gut gemachtes Gehäuse sehr viel wichtiger für den Gesamtklang ist, als die meisten denken. Der kluge Hideki Kato hat diesen Punkt erkannt und seine eigenen, sehr ungewöhnlichen Schlüsse gezogen.
Hörtest
Dass Kato seine Hausaufgaben nicht nur in Bezug auf die Gehäuse-Mechanik gemacht hat, hört man mit dem ersten Ton. Ich hatte den A-2 gerade aus dem Karton geholt und angemacht, um ihn über Nacht ein wenig an den Dynaudio Heritage Special einspielen zu lassen. Und eigentlich war ich schon auf dem Sprung nach Hause, kam aber die nächsten zwei Stunden nicht mehr vom Sofa weg. Was sich vor mir entfaltete, war nichts weniger als magisch.
Es lief, eher zufällig, Tim Fischers Cabaret Berlin. Auf “Zu Asche, zu Staub”, das die meisten wohl als Titelmelodie der ersten Babylon-Berlin-Staffel kennen, spricht Karin Baal über den treibenden Beat – echt klasse. Vor allem aber war die Intensität des A-2 überwältigend. Die Stimme war natürlich etwas gealtert und nicht mehr so jung-enervierend wie in den Edgar Wallace Streifen der 1960er Jahre, aber dennoch sofort erkennbar. Dem A-2 gelingt nicht nur eine fast perfekte Tonalität – seine feindynamischen Fähigkeiten sind so ausgeprägt, dass alles ein Stückchen “echter” klingt als bei den meisten anderen Verstärkern. Auch die Art und Weise, wie er in diesem Fall diese intime Nähe zwischen Künstlerin und Hörer schuf war sensationell. Ich hatte sofort eine Gänsehaut.
Aber auch die begleitenden Instrumente wie das wunderbar perlende Klavier hatten eine Natürlichkeit wie sie selten ist. Die Dynaudio ist unser Referenz-Lautsprecher der gehobenen Kompaktklasse. So gut wie jeder Verstärker, der bei uns getestet wird, hat einen oder zwei Durchgänge an ihr zu absolvieren. Weil ich diesen Vergleich habe, bin ich mir auch ziemlich sicher, dass sich der A-2 von fast allen Amps – zumindest jenen aus dem Transistor-Lager bis 10.000 Euro – absetzen kann. Einem Freund, der vorbeikam, erzählte ich von diesem Wunderverstärker. Und natürlich wollte der ihn sofort hören – am liebsten gegen einen seiner Favoriten, einem Vollverstärker der 4.000 Euro Klasse, den wir auch im Referenzregal haben. Ich ließ ihn schon mal aufbauen. Doch schon nach kurzer Zeit rief er mich. Der Vergleich funktioniere nicht, sein Favorit sei irgendwie kaputt. Das klänge ja gar nicht. Doch sein Favorit war nicht kaputt. Der A-2 war nur so viel besser. Und nein: Ich verrate nicht, welcher der “kaputte” Favorit war…
Kommen wir daher lieber zu Verstärkern, die es mit dem Soulnote A-2 besser aufnehmen können. Der kürzlich getestete Luxman L-507Z gehört sicherlich dazu. Der noch größere und dank VU-Meter noch prächtigere Amp ist ja für einen Luxman erstaunlich frisch abgestimmt und verzaubert durch seine gradlinig-forsche, gleichwohl sehr elegante Spielweise. Tendenziell klingt der Luxman etwas heller und spritziger. Und auch bei knüppelharten Bassattacken scheint er noch etwas mehr gut kontrollierte Watt aus den Transistoren mobilisieren zu können. Die Pauken, die Hans Zimmer für seine Filmmusik so gern und zuverlässig einsetzt, kamen jedenfalls mit dem Lux noch bedrohlicher und kraftvoller. Klasse! Auch der Neukomm CPA 155S, unser Dauerbrenner dieser Klasse, drückte die Impulse noch etwas zielgerader in den Raum, ließ die Paukenfelle noch etwas griffiger und authentischer schnalzen.
Doch dann schaltet man wieder auf den A-2 und denkt: Irgendwie ist das besser. Tonal stimmiger, die Binnendynamik schlüssiger, die Abbildung noch authentischer. Vor allem für Musikfreunde, die viel Klassik und Stimmen hören (und die die Kleinigkeit von 7.000 Euro berappen können), hat dieser Vollverstärker etwas ganz und gar Ungewöhnliches: Er erzeugt eine klangliche Wunschlosigkeit. Auch nach vielen Tagen und Wochen des Hörens könnte ich nicht sagen, was ich von diesem A-2 noch mehr wollte. Er bietet einen selten authentisch-natürlichen Ton mit prachtvollen, niemals unnötig verzierten Klangbildern, die eine nahezu perfekte Tiefendarstellung haben. Mehr kann man nicht verlangen.
Fazit Soulnote A-2: veni, vidi, vici
Der berühmte Satz von Julius Cäsar passt hier bestens. Ich kann mich nicht entsinnen, wann uns das letzte Mal ein Transistor-Vollverstärker so schnell und so umfassend in seinen Bann geschlagen hat. Hier stimmt alles: Die Geschichte dahinter, die bis auf den Mikromillimeter feine Verarbeitung, der besondere Umgang mit der Gehäuse-Mechanik und nicht zuletzt der ungemein natürlich-authentische Klang. Urteil: Glatte Eins. Setzen.
KlangPraxisVerarbeitungGesamt |
Die Bewertung bezieht sich immer auf die jeweilige Preisklasse. |
| Wunderbar musikalisch-authentischer Klang |
| Endstufe brückbar |
| Penibel saubere Verarbeitung |
| Man sollte nichts auf den Deckel stellen |
Vertrieb:
IAD GmbH
Johann-Georg-Halske-Strasse 11
41352 Korschenbroich
www.soulnoute.audio
Preis (Hersteller-Empfehlung):
Soulnote A-2: 7.000 Euro
Die technische Daten
Soulnote A-2 | |
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Konzept: | Transistor-Vollverstärker |
Leistung: | 2 x 100 Watt (8Ω), 2 x 200 Watt (4 Ω), 1 x 400 Watt (BTL mono 8Ω) |
Eingänge: | 3 x asymm. (Cinch), 3 x symm. (XLR) |
Hochpegel-Ausgänge: | – |
Besonderheiten: | Endstufe brückbar |
Eigenheiten: | Darf man nichts draufstellen, Deckel muss frei schwingen |
Abmessungen (B x H x T): | 43,0 x 16,0 x 42,3 cm |
Gewicht: | 20,0 Kilo |
Alle technischen Daten |
Mit- und Gegenspieler:
Test Dynaudio Heritage Special: in der Tradition der großen Sondermodelle
Test Vollverstärker Luxman L-507Z: Tradition auf neuestem Stand