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Erster Test Thorens TD 1601: die Legende TD 160 reloaded

Entsprechend konnten wir die Qualität bei jedem Handgriff spüren. Der TD 1601 umschmeichelte uns mit höchster Passgenauigkeit. Dazu ein Füllhorn an analogem Wissen aus alten Tagen – in der neuesten Interpretation. So hatte Thorens seinen alten TD 160 senkrecht-hängend an drei Stahlfedern aufgehängt. Der neue TD 1601 folgt dem Urgedanken – doch er hängt nicht, die Federn sind in der Bodenplatte verankert und schwingen nach oben. Ein interessanter 180-Grad-Dreh. Der wunderbar aufgeht, optisch, technisch und auch hörbar. Zudem liegt die Gesamtkonstruktion auf drei Füßen, natürlich höhenverstellbar.

Damit könnte ein mittelklassiger Designer es belassen haben. Doch Helmut Thiele kennt die Chancen und die Grenzen der gefederten Subchassis-Technologie. Er legte noch einen entscheidenden Baustein oben auf. Zwischen Arm und zentraler Achse hat er ein Stahlseil gespannt. Das liegt unsichtbar in einer Rinne. Das Seil stabilisiert die Achse – beim alten TD 160 kam es zu Taumelbewegungen. Doch dank Seilzug ist davon am neuen TD 1601 nichts zu spüren.

Thorens TD 1601 Seilzug
Schlau gemacht: Zwischen Tonarm und Tellerachse hat Thorens ein Stahlseil gespannt – das mögliche Taumelbewegungen verhindert (Rendering: H. Thiele)

Schauen wir auf die Rückseite. Die meisten Altherren der Zunft haben die Signalkabel direkt aus dem Tonarm geführt. Nicht so beim Thorens TD 1601. Hier gibt es Ports – natürlich in Cinch-Form plus Erdung, aber auch in XLR-Form. Das kennen wir sonst nur aus den höheren Preisregionen, eine spannende Novität in dieser Klasse.

Thorens TD 1601 Anschlüsse
Die symmetrischen XLR-Ausgänge sind erste Wahl, wenn die Phonostufe mehr als 2 Meter entfernt steht. Auf solchen Strecken sind die asymmetrischen Cinch-Kabel anfällig für Störgeräusche. Rechts neben dem Anschlussfeld finden sich noch kleine Rändelschrauben für die Geschwindigkeits-Feinjustage sowie der Anschluss für das externe Netzteil (Foto: H. Biermann)

Womit wir bei einem weiteren Stichwort wären: dem Netzteil. Das Netzteil des Thorens TD 1601 fällt deutlich habhafter aus als das der meisten Mitbewerber dieser Klasse. Und auch der Blick unter die Haube zeigt, dass Walter Fuchs hier keine mittelmäßigen Bauteile zugelassen hat. Zu Recht: Wer einmal die die Qualitäten unterschiedlich guter Netzteile am Plattenspieler gehört, weiß, dass man hier nicht sparen sollte.

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Thorens TD 1601 Netzteil
Das Netzteil des Thorens TD 1601 wurde ausgelagert, um den kräftigen Trafo möglichst fern von den empfindlichen Bauteilen zu halten (Foto: H. Biermann)
THorens TD 1601 Netzteil
Stabiles Netzteil im Extra-Kästchen: Ringkerntrafo und Sieb-Kondensatoren würden auch einem Einsteiger-Verstärker gut zu Gesicht stehen (Foto: Thorens)
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Ein Punkt noch dazu, ehe wir ihn vergessen: Viele Hersteller lassen sich eine Staubschutzhaube extra bezahlen. Nicht Thorens beim 1601 – sie liegt bei, und sie ist sehr gut, stabil, passgenau. Vor allem praktisch: Ich nehme mit einer Hand die LP aus der Hülle und eine weitere Hand genügt mir, um mit einem Griff die Schutzhabe abzunehmen. Lieben Dank an die mitdenkenden Thorens-Strategen.

Aufstellung

Eine der tragenden Ideen des TD 1601 und all seiner Vorgängern war ja das Subchassis, das mit seinen Stoßdämpfer-Federn Vibrationen von Platte und Nadel fernhalten sollte. Auch das gelingt dem neuen TD 1601 bestens. Für Musikfreunde, die ihren Plattenspieler per Spezialboard an die Wand hängen können, spielt diese Entkopplung vielleicht nur eine untergeordnete Rolle. Alle anderen aber sind gut beraten, die Schwingungen vom Untergrund zu minimieren. Wir konnten im Hörraum Veitstänze aufführen: Der Thorens blieb stoisch unbeeindruckt – was man übrigens von den Mitbewerbern im Hörtest nicht im gleichen Maße sagen konnte…

Und obwohl der TD 1601 die Stoßdämpfung ja schon eingebaut hat, brachte uns Kürten noch eine Unterstellplatte namens TAB 1600 (Preis: 170 Euro) mit. Und trotz wirklich tonnenschweren Industriebodens (der LowBeats Hörraum ist in einer ehemaligen Profi-Nähmaschinenfabrik untergebracht) und trotz des effizienten Subchassis war auch dieser Schritt zu hören – in Richtung gefälliger, ruhigerer Wiedergabe. Und um die Sache komplett zu machen: Im Hörtest nahmen wir statt der Standard-Plattentellermatte die Sonderversion aus Leder (Preis: 70 Euro). Auch das klang noch einen Hauch strukturierter.

So klingt der Thorens TD 1601

Doch jetzt zum Eingemachten. Wie klingt der TD 1601 überhaupt? Welche Mitspieler könnten wir als große Konkurrenten daneben stellen? Wir haben in dieser wichtigen Preisklasse einige Modelle und uns anfangs für die preislich ähnlichen Elac Miracord 90 (pikanter Weise von Gunter Kürten während seiner Zeit als Elac Geschäftsführer aufgelegt), die Langzeit-Referenz Transrotor Max sowie den frisch von uns bejubelten ATR Celebration 40 entschieden. Der besseren Vergleichbarkeit halber haben wir das AT33EV des Thorens auch bei den Mitbewerbern eingebaut.

Geballtes analoges High End also. Ob der Thorens da mithalten kann? Ein uneingeschränktes Ja. Schon nach wenigen Takten wurde erkennbar, dass dieser Thorens etwas kann, was vielen Konkurrenten schwerfällt: Er vermag, zu musizieren. Die einen analysieren, die anderen bauschen auf – doch grundehrliches Musizieren ist ein Wert, der nur wenigen vorbehalten ist. Nach meiner Erfahrung. Hier lohnt auch der Blick auf die Umgebung. Der ATR beispielsweise bezieht seine Stromkraft aus einem guten, aber keineswegs eindrucksvollen Schaltnetzteil – einfach in die Steckerleiste, das war’s. Thorens jedoch liefert den TD 1601 mit einem massiven schwarzen Kistlein aus, einem echten Stromaufbereiter nach alter Väter Sitte.

Der Elac schied als erster aus. Obwohl er ein wirklich guter Plattendreher ist, gelang es ihm nicht in gleicher Souveränität, die Strukturen aufzulösen und die feine Dynamik (ATR), den enormen Drive und die Stabilität im Bass (Transrotor) oder die große Harmonie (Thorens) der anderen zu erzeugen. Der Transrotor Max zeigte seine gewohnte, fast schon sensationelle Stabilität im Bass, erreichte aber ebenfalls nicht ganz die souveräne Laufruhe und Klangfarbenstärke des Thorens. Der ATR Celebration 40, entstanden auf den Werkbänken von ProJect zum 40. Firmenjubiläum von AudioTrade, erwies sich (vor allem mit seinem werkseitig eingebauten SPU-Tonabnehmer) doch als etwas härterer Brocken.

Gunter Kürten und Andreas Günther
Thorens Chef Gunter Kürten (links) und LowBeats Autor Andreas Günther beim Aufbau des TTD 1601 im Hörraum. Mit von der Partie: die LowBeats Lautsprecher-Referenz FinkTeam Borg (im Hintergrund), die Vorstufe SPL Director 2 und die Referenz-Phonostufe Musical Fidelity Nu-Vista Vinyl (Foto: H. Biermann)

Der ATR, impulsiver und drängender in seiner Spielweise, klang etwas angestrengter. Die Dynamik und Auflösung des ATR C40 inklusive SPU ist fraglos umwerfend, doch der TD 1601 malt die schöneren Klangfarben, folgt den Melodien scheinbar müheloser.

Nick Cave und seine „Bad Seeds“ haben ein neues Werk vorgestellt: Ghosteen. Das ist für viele Kritiker schlichtweg das beste musikalische Album des vergangenen Jahrzehnts. Ich bin da ein wenig vorsichtiger. Es klingt grandios, zudem natürlich auch auf Vinyl erschienen – aber man sollte psychisch stabil sein. Es geht sehr tief in die Hölle der Psychosen hinab. Keine Champagner-Launen-Musik

Bad Seeds Ghosree Cover
Gibt es glücklicherweise auch auf LP: Nick Cave & The Bad Seeds Ghosteen (Cover: Amazon)

Natürlich bekommen wir den Sound auch als Datensatz in 24 Bit und 96 Kilohertz. Doch die LP über den Thorens nimmt dich einfach mehr mit. Super stramm zeichnete sich der Bass ab. Nicht ohne Herz – da webte eine feine Melodie. Knorrig dazu die Singstimme von Nick Cave – ein Gruselkabinett, aber elegant und melodisch. Mehr als über den Thorens TD 1601 hat mich dieses Meisterwerk bislang noch nicht berührt. Warum er die Emotionen besser weckt als die anderen drei? Ich vermag es nicht zu sagen.

Wir machten also auch noch den Vergleich mit dem kürzlich getesteten Vertere Dynamic Groove von Touraj Moghaddam. Auch dies ein Ausnahme-Plattenspieler, der wie kaum ein anderer in dieser Klasse Dynamik, Kraft, Spielfreude, aber auch Laufruhe miteinander vereint. Er erwies sich als Gegner auf Augenhöhe, zumal er dynamisch noch ein bisschen zwingender spielt.

Doch der Thorens TD 1601 wirkt prachtvoller. Geradeso, als hätte sein Farbkasten für die Klangbilder noch einige satte und Pastell-Farbtöne mehr. Robbie Williams huldigt in The Christmas Present den Superhits der kalten Jahreszeit. Es schneit, der Mann im roten Mantel verteilt Geschenke. Es könnte nicht schöner sein. Dazu ein gewaltiger Big-Band-Mix. Über den Vertere werden wir mitgerissen, schmecken wir jedes Aroma. Mit dem Thorens beginnen wir zu schunkeln und genießen den Glühwein in vollen Zügen.

Robbie Williams The Chrismas Present Cover
Besser kann Weihnachten nicht klingen: Robbie Williams The Chrismas Present (Cover: Amazon)

Manchmal ist Atmosphäre wichtiger als der pure klangliche Kontext. Aura ist gefragt. Der TD 1601 lässt sie entstehen, schöner kaum möglich. Es muss leicht klingen, dazu Präzision und einen guten Hauch an Spielfreude haben. Genau das kann der TD 1601 einzigartig gut.

Fazit

Die Zeiten sind andere, die Preise sind es ebenfalls. Dennoch ist die Reinkarnation der Plattenspieler-Legende TD 160 auf faszinierende Weise gelungen. Der Thorens TD 1601 zeigt auf, was aus der Idee des Subchassis-Laufwerks heutzutage herauszuholen ist: Er verweist die meisten Konkurrenten in seiner Preisklasse auf hintere Plätze und offenbart sich als musikalisches Wunderwerk. Das ganz nebenbei auch die praktische Halbautomatik-Funktion wieder ins analoge High End einzieht, ist doppelt schön. Ich meine: Spätestens mit diesem Paukenschlag hat Thorens die für lange Jahre verlorene Deutungshoheit über die analoge Oberklasse zurückgewonnen.

Thorens
TD 1601
2020/01
Test-Ergebnis: 4,8
ÜBERRAGEND
Bewertung
Klang
Praxis
Verarbeitung

Gesamt

Die Bewertung bezieht sich immer auf die jeweilige Preisklasse.
Habhafter, Klangfarben-starker, detailreich-feiner Klang
Leicht einstellbar, symmetrische (XLR-) Ausgänge
Große Laufruhe dank aufwändigem 3-Feder-Subchassis
Exzellente Verabeitung, tolles Lack-Finish

Vertrieb:
Thorens GmbH
Lustheide 85
51427 Bergisch Gladbach
www.thorens.com

Preis (Hersteller-Empfehlung):
Thorens TD 1601: 3.000 Euro
Thorens TD 1600: 2.500 Euro

Gegenspieler:

Test Vertere Dynamic Groove Plattenspieler + Mystic MC-Tonabnehmer
Test Jubiläums-Plattenspieler ATR Celebration 40
Test Elac Miracord 90 – edel, schwer und gut
Test Transrotor Max: das Ausbau-Laufwerk


Autor: Andreas Günther

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Der begeisterte Operngänger und Vinyl-Hörer ist so etwas wie die Allzweckwaffe von LowBeats. Er widmet sich allen Gerätearten, recherchiert aber fast noch lieber im Bereich hochwertiger Musikaufnahmen.