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Test Streaming-Verstärker Linn Selekt DSM

Aus diesem Grund ist es dringend ratsam, seinen Linn Netzwerkplayer über einen gut geschulten Stützpunkthändler zu erwerben, der die Installation und Einrichtung übernimmt. Selbst dann, wenn man technisch sehr erfahren ist. Wer sich trotzdem lieber selbst belesen und helfen möchte, findet unter der Adresse http://docs.linn.co.uk/ fast alles, was es zu den Linn-Komponenten und deren Bedienung zu wissen gibt.

Für mich ist es ein glücklicher Zufall, dass mit Kay Hinrichsen von Speakers Corner in Kiel einer der alteingesessensten und erfahrensten Linn-Spezis quasi gleich um die Ecke sitzt.

Zwar konnte ich den Linn Selekt DSM nach seiner Lieferung auch allein in Betrieb nehmen und erste musikalische Erfahrungen mit ihm sammeln, aber es war doch äußerst hilfreich, dass sich Hinrichsen ausgiebig Zeit für mich genommen hat und alle Details mit mir durchgegangen ist. Schließlich ist dies – trotz jahrzehntelanger HiFi-Erfahrung – mein erster Direktkontakt mit einem Linn. Ich kann es selbst kaum glauben.

Wer sich gar nicht um Details schert, sondern einfach nur Musik hören will, dem richtet der Linn-Händler seines Vertrauens den Selekt DSM auch ganz diskret ein, sodass anschließend nur noch eine kurze Einweisung für die Bedienung erforderlich ist. Und einmal korrekt eingerichtet, ist die Bedienung – nach heutigen Maßstäben – wirklich sensationell gut und einfach. Hier ein paar Details dazu:

Fernbedienung und Steuerung am Linn Selekt DSM

App-Steuerung gehört heutzutage für digitale Wiedergabegeräte zum guten Ton, aber Linn hat dabei nicht vergessen, dass die klassische Fernbedienung in vielen Fällen die komfortablere Lösung ist. Der mitgelieferte Infrarot-Geber des Selekt DSM ist keine dieser „Over-the-Top“-Monsterfernbedienungen aus massivem Metall, sondern nur aus Kunststoff. Aber dafür ist er sehr handlich, gut verarbeitet und vor allem praxistauglich belegt. Man kann mit ihm fast alles steuern und braucht die App nur, um beispielsweise in den Angeboten der Streamingdienste zu stöbern.

Linn Selekt DSM Fernbedienung
Linn-Kennern dürfte der Infrarotgeber vertraut vorkommen, aber einige Tastenbelegungen haben sich geändert (Foto: F. Borowski)

Auch schön: Die Fernbedienung hat eine ebene Unterseite und liegt dadurch flach und sicher auf dem Tisch, wenn man Tasten drückt. Man sollte so etwas eigentlich nicht extra erwähnen müssen, aber ich tue es aus gutem Grund. Zu viele Fernbedienungen sind offenbar nur für die Nutzung in der Hand konzipiert. Ich persönlich lasse die Fernbedienung(en) aber meistens auf dem Tisch liegen und nehme sie nur gelegentlich zur Hand. Dabei müssen sich Handlichkeit und eine wackelfreie Tischnutzung nicht gegenseitig ausschließen, wie die Linn-Fernbedienung beweist.

Neben Tasten für Lautstärke/Mute, Quellenumschaltung, Zifferntasten und einem Info-Button, der die Display-Infos durchschaltet, gibt es auch die vier am häufigsten gebrauchten Tasten zur Musiksteuerung: Play, Pause, Previous und Next. Im Gegensatz zu vielen anderen Streaming-Devices lässt sich damit auch die Wiedergabe von Web-Radio unterbrechen (siehe Testbericht des Naim Uniti Atom). Drückt man später Play, wird die Wiedergabe einfach an der Live-Position des Senders fortgesetzt. Und bei Quellen, die nicht „live“ sind, an der letzten Wiedergabeposition oder (bei Streamingdiensten) am Anfang des zuletzt gespielten Titels. Das ist nicht selbstverständlich, wie die Erfahrung mit diversen Streamern zeigt, bei denen die Musiksteuerung per Fernbedienung mal geht, mal auch nicht.

 Linn Selekt DSM
Die Steuerung mittels Fernbedienung ist sehr komfortabel (Foto: F. Borowski)

Am Gerät selbst dient der große und haptisch sehr angenehme Lautstärkeregler als Multicontroller, ähnlich einem BMW iDrive oder vergleichbaren Lösungen anderer Autohersteller. Das Drehrad kann in vier Richtungen gekippt/gedrückt werden und zur Auswahl in Listen dreht man einfach am Controller. Drückt man im Zentrum auf das Rad, wird die Wiedergabe pausiert oder eine Auswahl im Display bestätigt. An der elektronischen Lautstärkeregelung gefällt mir, dass sie weder eine Über- noch eine Untersetzung hat, sondern 1:1 der Drehbewegung der Hand folgt. Das verleiht der Sache ein angenehm analoges Feeling.

Zusätzlich finden sich, elegant in die Vorderkante eingelassen, sechs sogenannte Pin-Tasten. Das sind hier eher kleine Kipphebel statt Drucktasten, was haptisch eine ganz andere Qualität im Vergleich zu herkömmlichen Drückern hat. Sehr schön gemacht, Linn!

Schnell und flexibel: die Pin-Funktion

Eingänge wie USB oder Toslink können den sechs Tasten am Gerät bzw. den entsprechenden Buttons auf der Fernbedienung zugewiesen werden. Darüber hinaus können die Tasten beispielsweise auch mit der Lieblings-Radiostation, einzelnen Titeln oder gespeicherten Playlisten verknüpft werden. Auf diese Weise kann man mit nur einem einzigen Tastendruck auf eine bestimmte Quelle bzw. Radiostation umschalten. Selbst Listen, Alben oder Titel aus Streamingdiensten lassen sich so einer Taste zuweisen. Diese Pin-Funktion ist ein nachahmenswertes Feature, um sein Gerät zu personalisieren und für schnellen, unkomplizierten Musikzugriff zu sorgen.

Linn Selekt DSM Anzeige
Die an der Vorderkante eingelassenen Pin-Tasten sind frei belegbar. Entsprechende Tasten finden sich auch auf der Fernbedienung (Foto: F. Borowski)

Kazoo – Moderne Steuerung per iDevice oder Mac/PC

Das gilt auch für die zugehörige Steuerungs-App namens Kazoo. Diese gibt es nicht nur für iOS und Android Smart-Devices, sondern in praktisch identischer Form auch für Mac und PC, was ich als Desktop-Worker wirklich sehr zu schätzen weiß! Kazoo stellt die neueste Evolutionsstufe der über viele Jahre weiterentwickelten Linn Steuerungssoftware dar. Das Interface wirkt modern, aufgeräumt und logisch durchdacht. Die Bedienung erschließt sich von selbst. Die App erschlägt einen nicht mit Featuritis. Wer mehr Funktionen benötigt, kann auf Roon zurückgreifen, denn der Selekt DSM ist Roon-kompatibel. Aber Kazoo finde ich auch deswegen sehr gelungen, weil eben alles Wesentliche da ist und sich dem Nutzer sofort erschließt. Zudem läuft die App (getestet auf Mac unter Mojave und iPad mit iOS 12) sehr flott und stabil. Und sie ist so sauber programmiert, dass sie sogar das geänderte Bildschirmformat des nagelneuen iPad Pro unterstützt.

Was etwas besser gelöst werden könnte: Der aktuelle Titel wird zwar stets am unteren Rand des Fensters angezeigt, aber in den Wiedergabelisten bzw. in der Album-Übersicht ist kaum auszumachen, an welcher Stelle die Wiedergabe gerade ist. Und es wäre toll, wenn die Musiksteuerung (Play/Pause, Next etc.) auf dem Mac über die Tastatur erfolgen könnte.

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Kazoo ist nicht die einzige Möglichkeit, den Selekt von einem Computer oder iDevice zu steuern. Dank UPnP lässt er sich genauso über Audirvana oder andere UPnP-fähige Player als Ausgabegerät auswählen. Darüber kann man dann auch komfortabel seine auf dem Computer gespeicherte Musik an den Linn schicken. Ein Manko bei vielen UPnP-Playern ist, dass die Steuerung darüber manchmal etwas hakelig sein kann.

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Mit Audirvana und anderen UPnP-Playern kann der Selekt DSM ebenfalls angesteuert werden (Screenshot: F. Borowski)

Auch über Apples AirPlay nimmt der Selekt DSM Musik von Macs und iDevices entgegen. Einfach den Linn über das AirPlay-Symbol auswählen und schon wird der Ton über ihn ausgegeben. Und wem das noch nicht genug ist, der kann über die Open Source Software Songcast sämtliche Sounds und Musik vom Mac oder PC ins Netzwerk schicken. Alle Songcast-fähigen Linn-Komponenten können darüber gleichzeitig Musik empfangen und synchron wiedergeben. Songcast ist als eigener Eingang am Selekt DSM vorhanden und hat in seiner Funktionsweise Ähnlichkeit mit AirPlay, kann aber vom Mac Musik in höherer Auflösung übertragen. Allerdings unterstützt der Linn Selekt DSM kein AirPlay 2. Dies würde geänderte Hardware erfordern. Linn hat nach eigenen Aussagen derzeit keine konkreten Pläne in Sachen AirPlay 2.“

Das Thema Software ist damit längst noch nicht abgehandelt. Zumindest dann nicht, wenn man sich als Kunde selbst mit der Einrichtung und Raumeinmessung befassen will.

Hierfür stehen zur Zeit zwei Möglichkeiten zur Wahl. Entweder über die Linn Konfig-App für Mac/PC, oder per Webinterface. Da letzteres der Weg ist, den Linn in Zukunft gehen will, beschränke ich mich im Folgenden auf diese Variante. Die Konfig-App wird derzeit aber noch für Firmware-Updates benötigt.

Nach der Verbindung des Linn Selekt DSM per LAN-Kabel mit dem heimischen Router eröffnet man bei Linn unter My Account ein Nutzerkonto. Dafür ist lediglich eine E-Mail-Adresse und ein selbst vergebenes Passwort vonnöten. Linn fragt nicht nach persönlichen Daten. Anschließend sollte der eigene Selekt DSM (und evtl. andere vorhandene Linn-DS-Komponenten) unter „Music Systems“ auftauchen und die Konfiguration kann beginnen. Auf diesem Weg hat man per Webbrowser von jedem beliebigen Computer und von überall Zugriff auf sein(e) Linn-Gerät(e). Voraussetzung dafür ist natürlich eine funktionierende Internet-Verbindung.

Und das ist vielleicht auch ein kleiner Kritikpunkt, denn nicht jeder findet diesen Umweg über das Internet ideal. Ohne Online-Zugang kann die Konfiguration zwar noch über die ältere Konfig-App erfolgen, aber die soll nicht mehr ewig gepflegt werden. Außerdem gibt es dabei schon jetzt einige Unterschiede. Man sollte auf jeden Fall das Webinterface benutzen. Schade ist auch, dass man seine Konfiguration nicht lokal sichern kann. Ist der Linn-Server mal nicht verfügbar (was im Testzeitraum an einem Tag der Fall war, vermutlich wegen Wartungsarbeiten) und man braucht gerade dann Zugriff auf ein Backup, steht man dumm da.

Neben diverser Einstellungsmöglichkeiten für das Gerät – beispielsweise Quellen organisieren, Musikdienste verwalten und mehr – findet sich im Web-Setup eine Option, seine eigenen Lautsprecher für die Nutzung auszuwählen. Das heißt, sofern diese schon von Linn erfasst und ausgemessen wurden. Derzeit finden sich in der Liste verfügbarer Lautsprecher einige Dutzend Hersteller mit teils sehr vielen Modellen. Die von mir für den Test genutzten KEF Reference 1 sind dabei. Sollte Ihr Lautsprecher nicht in der Liste sein, können Sie Linn darum bitten, diesen möglichst bald zu ergänzen. Wenn die Lautsprecher noch nicht gelistet sind und man nicht auf deren Ergänzung von Linn warten möchte, kann man ein paar grundlegende Parameter seiner Speaker selbst festlegen.

Die Auswahl eines Lautsprechers ist für die später folgende „Linn Space Optimisation“ erforderlich, denn die physischen Eigenschaften der Lautsprecher fließen in die Berechnungen ein. Dabei misst Linn nicht etwa die elektrischen Parameter der Lautsprecher (wie z.B. die Impedanz), sondern Dinge wie Gehäusegröße, das Vorhandensein von Bassreflexöffnungen und deren Position. Der Grund dafür wird in der späteren Beschreibung klar.

Linn Space Optimisation – Raumklangoptimierung ganz ohne Mikrofon

Jetzt geht’s ins Eingemachte. Die digitale Raumkorrektur des Selekt DSM und anderer Linn-Komponenten erfolgt anders, als man das von den meisten Anbietern derartiger Funktionen kennt. In der Regel wird hierfür in irgendeiner Form der Raum akustisch per Mikrofon ausgemessen. Je nach System an einer oder mehreren Positionen. Aus dem akustischen Messergebnis errechnet die Software dann Korrekturfilter, etwa, um Raummoden zu bekämpfen oder andere Frequenzgang-Unregelmäßigkeiten auszubügeln.

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Mit Linns Space Optimisation werden Besonderheiten der Raumakustik, die Lautsprecheraufstellung und die Art des verwendeten Lautsprechers berücksichtigt (Foto: F. Borowski)

Bei Linn geht das ganz ohne Mikrofon, aber dafür ist Handarbeit gefragt. Der Nutzer (oder besser ein erfahrener Linn-Händler) muss die Raumdimensionen zunächst möglichst auf den Zentimeter genau erfassen. Länge, Breite, Höhe, Raumecken, Fensternischen u.s.w. In der neueren Version können mit der Linn-Lösung nicht nur rechteckige Räume eingegeben werden, sondern auch L-Förmige und andere Raumschnitte. Ja sogar die durchschnittliche Raumtemperatur und Luftfeuchtigkeit fließen mit ein.

Seite 1     Selekt DSM: Konzept, Ausbau, Anschlüsse
Seite 2     Inbetriebnahme mit Linn-Support, Bedienung, Konfiguration, Space Optimisation (1)
Seite 3    Space Optimisation (2), Praxis- und Hörtest, Fazit, Bewertung

Autor: Frank Borowski

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LowBeats Experte für Schreibtisch-HiFi und High End kennt sich auch mit den Finessen der hochwertigen Streaming-Übertragung bestens aus. Zudem ist der passionierte Highender immer neugierig im Zubehörbereich unterwegs.