Musical Fidelity Chef Anthony Michaelson ist ein echter Gourmet. Er liebt bestes Essen, feine Musik und ist in Bezug auf die Musikwiedergabe höchst anspruchsvoll. Stundenlang kann er über die klanglichen Vorzüge seiner formidablen NuVista Röhrenkonstruktionen plaudern. Aber trotz all dem behält er auch Augenmaß. Wie sonst kann es sein, dass er mit seinem M3si den wohl bestklingenden und am schlüssigsten ausgestatteten Vollverstärker der 1.500 Euro-Klasse im Programm hat? Und mit seinem M6si eine vergleichbare Marke im 3.000 Euro-Bereich setzt? Aber trotz allem: Die Lücke zwischen 1.500 Euro und 3.000 Euro war ihm und dem Macher des deutschen Musical Fidelity Vertriebs, Jürgen Reichmann, zu groß. Also ersann Michaelson einen Vollverstärker, der der 2.000 Euro-Klasse seinen Stempel aufdrücken soll: den Musical Fidelity M5si.
Der Musical Fidelity M5si ist ein Zwischenmaß, ein Solitär: Es gibt nur ihn, keine 5er-Familie. Er vereint im Grunde das Beste aus beiden Verstärkerwelten. Er hat die Gehäusegröße des M3si, Gehäuse- und Bauteilequalität aber vom großen Bruder. Die Verarbeitung ist fraglos vom Feinsten.
Unterstrichen wird dieser Eindruck vom Gewicht: Mit 14,6 Kilo ist er eines der Schwergewichte seiner Klasse. Aber auch die Art und Weise, mit der hier die Dinge zusammengefügt sind, sprechen von einer großen Liebe zum Detail.
Für den Besitzer schön, für den Redakteur (der den M5si selbstredend aufschraubt) nicht so: 20 Schrauben wollten gelockert sein, bevor der M5si einen Blick in sein Inneres freigab. Nun gut: Das vermittelt zumindest ein sicheres Gefühl.
Technik und Bauteilequalität
Im Gehäuse selbst ist alles picobello. Dort, wo es möglich und sinnvoll ist, nutzt Michealson die miniaturisierten SMD-Baugruppen, weil sie allerkürzeste Signalwege ermöglichen.
Wo längere Kabel nötig sind, werden niederinduktiv verdrillte Leitungen verwendet. Und dort, wo es sinnvoll ist, werden die Kabel am Gehäuse fixiert – damit da ja nichts klappert.
Vorn links im Gehäuse sitzt ein großer Ringkerntransformator, der über jeweils getrennte Sekundär-Wicklungen die beiden Endstufen-Module versorgt. In diesen Modulen sind auch auch die Gleichrichter und die Siebelkos (40.000 Mikrofarad) untergebracht.
Als Leistungstransistoren kommen hier die als sehr audiophil eingeschätzten Modelle von Sanken zum Einsatz, die im Musical Fidelity M5si für mindestens 150 Watt (an 8 Ohm) pro Seite sorgen.
Die Verarbeitung als auch die Bauteilequalität des Musical Fidelity M5si– da wiederhole ich mich gern – ist wirklich allerehrenwert.
Und das Gleiche gilt für die Ausstattung: Da stehen zwar lediglich fünf Eingänge auf der Habenseite, aber die sind praxisnah für die avisierte Zielgruppe eines anspruchsvollen 2.000 Euro Vollverstärkers ausgelegt. Es gibt drei Hochpegeleingänge (CD, AUX 1, AUX 2), wobei AUX 1 auf Home Theatre (HT) umschaltbar ist.
Damit würde dann die Lautstärke-Regelung des Musical Fidelity M5 umgangen und von der eines AV-Prozessors übernommen werden. So kann man den M5si zu einem zweikanaligen Baustein eines Mehrkanal-Systems machen. Super!
Und dann ist da noch der MM-Phono-Eingang. Der ist mit 47 Kiloohm fest abgeschlossen. Auch das ist absolut praxisnah, denn dieser Eingang ist für jene gedacht, die nur gelegentlich LPs hören.
Für echte Vinyl-Freaks gibt es auch im Musical Fidelity Programm sehr viel ambitioniertere Phonostufen. Das gilt für die V90 LPS, aber noch viel mehr die vielseitige MX-Vinyl, die ich schon mal für einige Tage nutzen und einen exzellenten Eindruck gewinnen konnte.
Und dann wäre da noch der USB-Eingang. Dass er Signale bis “nur” 24 Bit / 96 Kilohertz unterstützt, ist meiner Meinung nach in Ordnung. Ich höre mittlerweile sehr viel Musik unterschiedlichster HiRes-Auflösungen vom Rechner und gar nicht selten kommt 24 / 96 druckvoller und energischer “rüber” als 24 /192.
Komplettiert werden die Anschlüsse durch einen (im Pegel regelbaren) Vorstufenausgang zum Anschluss eines oder zweier Subwoofer oder einer stärkeren Endstufe sowie die Record-Analogausgänge mit Fest-Pegel für Aufnahmen.
Was mir fehlt am M5si ist ein Kopfhörer-Ausgang. Das Thema hat ja in den letzten Jahren mächtig an Fahrt aufgenommen. Und was mir noch gefallen würde, wäre ein symmetrischer Eingang.
Aber da verweist Michaelson auf den großen Bruder: “Es muss ja auch noch Gründe geben, den M6si zu kaufen…” Wie machen sich die beiden denn überhaupt im Vergleich?
Auch da ist Michaelson ganz offen: “Wer nicht die enormen Kraftreserven des M6si braucht, ist klanglich mit dem M5si ähnlich gut bedient.”
Der Musical Fidelity M5si im Hörtest
Unsere bisherige Klassen-Empfehlung, der Vollverstärker Yamaha A-S 1100, schlug sich seit seinem Test im Oktober 2015 bravourös und rang die Konkurrenz mit seiner bärigen Kraft und der hohen Transparenz seines Klangbilds nieder. Aber beim Vergleich mit dem Musical Fidelity M5si wurde schnell deutlich, dass sich der Japaner schwer tun wird.
Zum einen hat er keinen DAC und somit keinen USB-Eingang. Das ist vor dem Hintergrund von immer mehr HiRes-Musik vom Rechner ein Nachteil.
Aber der A-S 1100 ist auch etwas spektakulär abgestimmt; mit seiner leichten Betonung der oberen Mitten setzt er allem ein nicht immer natürliches Glanzlicht auf.
Das klanglich Auffälligste am neuen Musical Fidelity Amp indes ist seine Unauffälligkeit. Er macht alles richtig: klingt sonor, hat ungemein viel Kraft und Durchzug, eine feine Transparenz und eine hohes Maß an Neutralität, wobei er nichts davon in den Vordergrund stellt, nichts pointiert. Eine im besten Sinne neutrale Klang- und Schaltzentrale.
Im direkten Vergleich der beiden kam die Abstimmung des Musical der Wahrheit näher. Zum Hörtest-Einstimmen nehme ich immer gern bekannte Stimmen, häufig Loriots Peter und der Wolf.
Perfekt verständlich war Viktor von Bülow mit beiden Verstärkern, “richtiger” und etwas sonorer klang er über den M5si. Und diese Gewichtung zog sich im Grunde durch alle Vergleiche.
Alle Arten von Stimmen oder klassischen Instrumenten klangen mit dem M5si unaufgeregt präzise-sauber, der Yamaha gab eine leicht helle Färbung oben drauf und brillierte damit etwas mehr bei elektronischer Musik.
Angeschlossen hatten wir die derzeitigen Referenz-Lautsprecher B&W 802 D3 und TANNOY Canterbury GR.
Mit beiden lassen sich mörderische Pegel erzielen – trotz der hohen Bassbedämpfung im LowBeats Hörraum.
Und da zeigt sich dann auch, wie viel Kraft in so einem Verstärker schlummert. Im M5si sehr viel, im Yamaha A-S 1000 noch ein bisschen mehr.
Dennoch kamen die Paukenschläge mit dem Musical Fidelity satter und kontrollierter; es waren einfach mehr Details auch unterhalb 200 Hertz wahrnehmbar.
Gut hörbar war das mit dem neuen Underworld Album Barbara Barbara, we face a shining future, auf dem teils extreme Tiefbässe und die Aufnahme wabern: Mehr Spaß, mehr Fülle, mehr Erlebnis lieferte der Musical.
Fazit: die Ultima Ratio
Es gibt sicherlich vielseitigere Vollverstärker als den Musical Fidelity M5si. Und vielleicht gibt es auch welche, die noch einen Hauch besser klingen. Aber ich kenne kein anderes Modell der 2.000-Euro-Klasse mit einem derart dynamischen, natürlichen Klangbild und einer solchen Leistungsreserve, die den Bass so präzise unter Kontrolle hat und lebendig werden lässt.
Hier macht es das Gesamtpaket: Für den anspruchsvollen HiFi-Fan, der in allen Welten zu Hause sein, aber nicht zu viel Geld ausgeben möchte, ist der M5si die Ultima Ratio.
KlangPraxisVerarbeitungGesamt |
Die Bewertung bezieht sich immer auf die jeweilige Preisklasse. |
| Sehr natürlicher, dynamischer Klang |
| Exzellente Verarbeitung |
| Hohe Leistungsreserven |
| Kein Kopfhörer-Ausgang |
Vertrieb:
Reichmann AudioSysteme
Graneggstraße 4
78078 Niedereschach
www.reichmann-audiosysteme.de
Preis (Hersteller-Empfehlung):
Musical Fidelity M5si: 2.000 Euro
Im Beitrag erwähnte Themen:
Test B&W 802 D3: Die Referenz
Exklusivtest TANNOY Canterbury GR
Test Vollverstärker Yamaha A-S 1100
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