Der US-Hersteller Bricasti Design mag hierzulande wenig bekannt sein, glänzt aber mit viel technischem Knowhow und Gehäusedesign, das ur-amerikanischer kaum sein könnte. LowBeats hat sich eines der Kernprodukte aus dem HiFi-Sortiment der Studio-Profis genauer angesehen und angehört: den Dual Mono DAC Bricasti M1 SE. Ein wahres Sahnestück der Digitaltechnik, das hierzulande viel zu lange unter dem Radar flog.
Es war eine dieser seltenen Situationen, die sich völlig anders entwickelten, als zunächst erwartet. Der Auftrag: Teste einen High-End-DAC von Bricasti. Von wem? Klingt irgendwie nach einem mediterranen Nudelgericht. Nichts da. Bricasti Design ist eine US-amerikanische Firma, die Audio-Equipment sowohl für den Studiobereich als auch für hi-fidele Endverbraucher entwickelt. Und das nicht erst seit gestern, sondern bereits seit 2004.
Die Bricasti-Gründer, Brian Zolner und Casey Dowdell, sind ehemalige Sales-Experten und Entwickler von Lexicon, die von der Harman Group aufgekauft wurden, unter deren Dach auch Marken wie Mark Levinson wohnen. Lexicon und Mark Levinson; beides Unternehmen, die in der High-End-Szene – zumindest damals – einen Ruf wie Donnerhall hatten.
Die beiden Aussteiger blieben mit der Neugründung Bricasti Design bei ihren Leisten und fortan frei von Konzernpolitik. In den Vornamen der Gründer verbirgt sich übrigens auch der Schlüssel für das Kunstwort Bricasti. Die letzten beiden Buchstaben stammen von einem Gründungsmitglied, das aber nicht mehr dabei ist.
Von Anfang an haben sich Zolner und Dowdell sowohl auf professionelle Studioanwender als auch auf Endverbraucher als Kundschaft ausgerichtet. So bietet Bricasti neben DACs und Endstufen für Heimanwender auch Komponenten wie Hallprozessoren an. Kein Wunder, bei dem Background…
Dabei ist der M1 alles andere als neu. Ursprünglich erschien er schon im Jahr 2011, also vor einem Jahrzehnt. Eine Ewigkeit in der digitalen Welt. Allerdings wurde unser Testmodell kürzlich technisch auf den neuesten (SE-) Stand gebracht.
Aktuell gibt es die Modelle M1 Classic (10.300 Euro) und M1 SE (mit Stillpoints-Füßen, Punkt-zu-Punkt-Verdrahtung und optimiertem Netzteil für 12.990 Euro). Für ältere M1-Geräte gibt es diverse Upgrades, um diese auf den technisch aktuellen Stand zu bringen. Sowohl der Bricasti M1 Classic als auch M1 SE werden inzwischen ab Werk mit Fernbedienung und integrierter USB-Schnittstelle ausgeliefert. Die Netzwerk-Schnittstelle mit Streaming-Modul ist bei beiden Varianten optional.
Design und Konzept des Bricasti M1 SE
Mein erster Blick auf dem M1 SE rief sofort Erinnerungen an Mark Levinson wach. Das massive Alu-Gehäuse, gepaart mit silbernen Tasten und Knöpfen auf schwarzer Front sowie das rot glimmende LED-Display und noch ein paar andere Details, ist angesichts der Herkunft der Macher wohl mehr als nur eine vage Assoziation.
Die von ML entliehene Bi-Color-Optik – schwarze Seitenteile und ein matt-silberner Deckel und Gehäuseboden – verleihen dem M1 SE auf den ersten Blick eine etwas Patchwork-hafte Anmutung. Doch je länger ich das Gerät betrachte, desto mehr gefällt mir dieser Look aber. Wie so oft werden Bilder der schönen Verarbeitung auch hier nicht ganz gerecht. Schließlich können Fotos keinen haptischen Eindruck vermitteln.
Alle Gehäuseteile sind aus massivem Alu gefräst. Das schließt sogar die seitlichen und oberen Lüftungsschlitze ein. Die Fertigung der Teile in CNC-Präzision und eine saubere Oberflächenbehandlung machen das Gehäuse zu einem echten Handschmeichler. Keine groben Spaltmaße oder Kanten stören diesen Eindruck. Mit Ausnahme der Lüftungsschlitze vielleicht, aber auch da ist nichts übermäßig scharf.
Die Rückseite des M1 SE ist, ganz dem Innenaufbau folgend, klar strukturiert: In der Mitte der Stromanschluss und die Digitaleingänge. In dieser Variante sind das USB, Toslink, S/PDIF und AES-EBU. Ganz links und rechts findet sich je eine Cinch- und XLR-Buchse für die analogen Ausgänge. Wer genau hinsieht, erkennt dort noch zwei kleine Löcher mit der Beschriftung „Level“. Im Inneren lassen sich über Jumper Feinpotentiometer hinter diesen Löchern hinzu schalten. Mittels eines dünnen Schraubenziehers können darüber die XLR-Ausgänge im Pegel abgeglichen werden. Ganz klar ein Feature, das aus dem Profi-Lager stammt, für Endanwender daheim aber wenig Nutzen haben dürfte.
Man muss kein Elektronikspezialist sein, um beim Blick unter die Motorhaube zu erkennen, was hier Sache ist: eine konsequente Trennung der Baugruppen und Kanäle. Dazu ist der Bricasti M1 SE auch ein lehrbuchhaftes Beispiel zur Verdeutlichung, dass ein DAC keineswegs nur ein Digitalgerät mit einem Wandlerchip ist.
Zwar verarbeitet der M1 auf der Digitalebene auch Signale bis 32 Bit und 384 kHz (über USB), aber die verbauten Analog Devices 1955 Wandlerchips unterstützen „nur“ 24/192. Das reicht völlig.
Viel wichtiger sind nach meinen Erfahrungen die unterschiedlichsten Maßnahmen zur Signalreinhaltung – wie etwa Aavik sie mit seinen exotischen „Tesla“-Spulen erfolgreich umsetzt. Bei Bricasti geht man diesbezüglich eher traditionelle Wege, wie eben mittels konsequenter Kanal- und Baugruppentrennung und einer extra aufwendigen und störungsarmen Stromversorgung mit linearen Netzteilen. Der Hersteller reklamiert bei den harmonischen Verzerrungen einen traumhaft niedrigen Wert von 0,0006% über einen weiten Frequenzbereich. Diese steigen nur zwischen 12 und 15 kHz leicht auf maximal 0,0025% an und fallen dann wieder auf das Minimum.
Eine Besonderheit des M1 SE ist seine recht große Auswahl an unterschiedlichen und vollständig selbst programmierten Digital Oversampling Filtern. Es gibt sechs Minimum-Phase- und neun Linear-Phase-Filtervarianten, deren Spezifikationen Bricasti in der Bedienungsanleitung zwar detailliert, aber für den Normalanwender wenig aussagekräftig aufschlüsselt. Grundsätzlich gilt, dass Minimum-Phase-Filter gegenüber Linear Phase keine Vorechos (Pre-Ringing) erzeugen. In der Praxis bevorzuge ich in aller Regel die Minimum-Varianten. Aber hier hat der Nutzer viel Raum für eigene Klangexperimente.
Der M1 SE arbeitet übrigens intern mit 8-fachem Delta-Sigma-Oversampling. Aus diesem Grund empfiehlt der Hersteller, auf Upsampling-Maßnahmen vor dem Wandler zu verzichten. Das Signal sollte stets bitperfekt zugespielt werden. Dafür ist mein im Testalltag unverzichtbar gewordener Trinnov Amethyst als Streamer wie geschaffen.
Last but not least: Für den Anschluss an Endverstärker oder Aktivlautsprecher ohne eigene Lautstärkeregelung kann der Bricasti M1 SE auch als Vorverstärker genutzt werden, denn er verfügt über eine digitale Pegelregelung. Ist sein Ausgangspegel auf null eingestellt, verhält er sich wie eine Line-Quelle.
Der Testaufbau
Als Vergleich zum Bricasti zog ich zum einen meine alte (und höchst geschätzte) DAC-Referenz Exogal Comet heran. Der leider nicht mehr gebaute Wandler kostet(e) mit optionalem High-End-Netzteil im Vergleich zum Bricasti nur bescheidene etwa 3.500 Euro, konnte aber auch wesentlich teureren Wandler in diversen Tests ordentlich Paroli bieten. Zum anderen ließ ich den inzwischen zum Inventar gehörenden Aavik D-280 DAC aufmarschieren; der Däne liegt mit 10.000 Euro in einem ähnlichen Preisbereich wie der Bricasti.
Der M1 SE bietet insgesamt 15 (!) verschiedene Filtereinstellungen. Die schiere Anzahl und ihre äußerst minimalen klanglichen Auswirkungen können die Wahl des „richtigen“ Filters im Bricasti zu einem Geduldsspiel machen. Ich mache es hier kurz: Am Ende wurde das Minimum Phase Filter Nummer 2 meine bevorzugte Wahl.
Als Anlagen-Zentrale dient der schon erwähnte Trinnov Amethyst. Dieser besitzt (neben 2 x AES-EBU) zwei Coax-S/PDIF-Digitalausgänge, die sich mit einem kleinen Trick über einen Preset komfortabel umschalten lassen, um ohne umstöpseln beide DACs mit dem exakt gleichen Signal zu versorgen.
Hinter den beiden DACs folgt der Aavik Vollverstärker I-580 (Testbericht) mit dem D-280 an Analog-IN 1 und dem M1 an Analog-IN 2. Die leicht unterschiedlichen Ausgangspegel der DACs lassen sich am I-580 per Pre-Gain-Korrektur ausgleichen. Durch Umschaltung des Presets am Trinnov und Eingangswechsel am Verstärker können so zwei DACs mit weniger als einer Sekunde Umschaltzeit im A/B-Verfahren verglichen werden.
Auch auf eine gleichwertige Verkabelung wurde natürlich geachtet. Dazu muss ich ein klein wenig ausholen. Es folgt ein Kabel-Intermezzo. Wer an der Verkabelung weniger interessiert ist und im Kontext des Bricasti weiterlesen möchte, überspringt bitte den folgenden Abschnitt bis zur nächsten Überschrift.
Die Kabelfrage: Wireworld to the Rescue!
Da ich keine zwei gleiche Paare S/PDIF- und Interconnect-Kabel für eine absolut gleichwertige Verdrahtung der beiden DACs vorrätig hatte, half der deutsche Wireworld-Vertrieb Phonar mit Edelleitern aus: Zwei Paar Platinum Eclipse 8 Interconnect und zwei Stück Platinum Starlight 8 75Ω, jeweils in 1 m Länge, Cinch. Die Platinum-8-Serie ist die absolute Spitze im Wireworld Sortiment. Auch preislich, allerdings. Doch nach dem überzeugenden Abschneiden der Wireworld Lautsprecherkabel im LowBeats-Test fasste ich diese Kabel ganz gezielt für den Test ins Auge.
Die Wireworld Platinum-Kabel sind nicht nur mit dem besten heute bekannten elektrischen Leitermaterial für Normaltemperaturen ausgerüstet (OCC-7N Solid Silver – Ohno Continuous-Cast 7 Nines (99,99999%) reines, massives Silber) – sondern zeichnen sich auch durch die für ihre jeweilige Anwendung in vielen Jahren optimierte Kabelgeometrie aus. Eines der wichtigsten klangbeeinflussenden Kriterien bei Kabeln. Bei den S/PDIF-Kabeln arbeitet Wireworld mit seiner Tri DNA Helix. Bei den Platinum Interconnects kommt eine Quad DNA Helix zum Einsatz.
Die Kabel sind ausgezeichnet gefertigt und mit einzigartigen Karbonsteckern versehen, die nicht nur schick aussehen und griffig sind, sondern gegenüber den üblichen Metallhülsen auch weniger Wirbelströme verursachen dürften.
Ein weiteres dickes Plus: Die Platinum-Kabel sind, trotz Solidcore Leitermaterial, ausreichend flexibel und nicht dick wie ein Feuerwehrschlauch. Ein Praxiskriterium, das allzu oft zugunsten einer mächtigen Optik mit exzessivem, aber nicht selten unnötigen Materialaufwand geopfert wird. Auch verzichtet Wireworld auf kleine Kästchen mit „geheimer“ Schaltung im Kabelweg. Die Platinum-Kabel sind elektrische Leiter pur. Mit diesen Kabeln lässt sich auch ein kleiner, hochwertiger Desktop-Streamer verdrahten, ohne vom Gewicht der Strippe gleich vom Tisch gezogen zu werden.
Nach ungefähr einer Woche Einspielzeit am M1 SE und am D-280 habe ich zunächst einen zeitaufwendigen und umständlichen Vergleich der Wireworld-Kabel mit meinen teils uralten Referenzen von Isoda (Interconnect) und XLO (S/PDIF) gemacht. Diese Haudegen der Kabelwelt haben im Laufe der Jahre so manchen Herausforderer abgewehrt. Und dennoch: Beide Wireworld Platinum sind meinen alten Helden deutlich überlegen. Das spiegelt sich im gesamten Klangbild wider, hauptsächlich in einer besseren räumlichen Tiefe, feiner akzentuierten Details, seidigeren Höhen und einer insgesamt gesteigerten Grobdynamik.
Außerdem widerlegen diese Kabel eindrucksvoll das alte Vorurteil, Silber wäre klanglich zu harsch. Das Gegenteil ist hier der Fall. Es kommt eben nur darauf an, WIE man das Material einsetzt. Wireworld weiß offenbar, wie es geht.
Je ein Platinum Eclipse und Starlight Serie-8-Kabel bleiben fortan als Referenz in meinem Hörraum. Ihr hervorragender Klang und die Praxistauglichkeit der Kabel machen den Anschaffungspreis schnell wieder vergessen: Das Platinum Starlight 8 75Ω Digitalkabel kostet 1.500 Euro für einen konfektionierten Meter, das Platinum Eclipse 8 Interconnect liegt bei 3.000 Euro den Stereo-Meter.
Wer eine Ebene tiefer ins Wireworld-Regal zu den „Gold“-Varianten des Starlight und Eclipse 8 greift (die entgegen der Namensgebung mit 4N Silberleitern ausgestattet sind), kann sparen. Die Preise für diese Varianten liegen bei 500 Euro/Meter für das Digitalkabel respektive 1.600 Euro/Meter für das Interconnect-Stereo-Set.
Klangtest: Knapper Sieger auf höchstem Niveau
Über mehrere Tage – insgesamt sogar Wochen – verteilt, habe ich alle möglichen Musikstücke und auch TV-Ton durch Umschalten zwischen den Wandlern verglichen. Doch so gut der kleine Exogal nach wie vor ist, hier zeigte der Bricasti, dass er eben doch in einer anderen Liga spielt. Mit mehr Raum, deutlicher definierteren Instrumenten und körperhafter im Gesamtauftritt konnte sich der M1 SE eindeutig besser in Szene setzen – und so seinen erheblich höheren Anschaffungspreis rechtfertigen.
Mit dem Aavik lag die Sache schon etwas anders: Unterschiede zwischen diesen beiden sehr hochwertigen Wandlern waren mit der Methode des schnellen Umschaltens fast nicht auszumachen: Beide DACs lagen praktisch auf demselben Niveau. Auch zahllose Musikstücke später – teils aus meinen mir bestens bekannten Playlists, teils quer durch die Streaming-Prärie gehört – und nach diversen Film- und Fernsehabenden, konnte ich keinen klaren Sieger zwischen diesen beiden Spitzenwandlern küren.
Erst bei längeren Hörsessions mit dem Bricasti und anschließend wieder einigen Stunden mit dem Aavik schälten sich gewisse Charakterunterschiede heraus. Aber auch hier lagen die beiden Probanden dicht beieinander. Konnte der Aavik dank seiner noch etwas feineren und akkurateren Auflösung unsere kleine Testcrew begeistern, machte der Bricasti mit einer minimal wärmeren und im Bass fülligeren Spielweise den etwas harmonischeren Eindruck und gefiel der Mehrheit im Team mindestens genauso gut.
Das wohl wichtigste Kriterium ist ebenfalls bei beiden Kandidaten auf praktisch gleich hohem Niveau, nämlich die Musikalität. Es gibt viele extrem detailfreudige DACs, aber nur wenige, die bei voller Transparenz ohne Einschränkungen den natürlichen musikalischen Fluss wahren und keine unnötigen Härten beimischen. Der Aavik verhält sich hierbei vorbildlich, der Bricasti noch einen Hauch vorbildlicher…
Fazit – mit dem Bricasti M1 auf bestem Weg zum DAC-Olymp
Die bislang tief unter dem Radar fliegende High-End-Schmiede Bricasti setzt mit dem M1 SE ein deutliches Ausrufezeichen. Der vielseitige Wandler ist dabei nicht nur klanglich eine sichersten Banken, die ich kenne, sondern auch noch wie ein Tresor gebaut und dank modularem Innenaufbau auf erfreuliche Art zukunftssicher. Dazu kommt der technophile Look des M1 SE, der an die besten Zeiten großer Namen der US-High-End-Szene erinnert.
Als Tester, dem die Komponenten für die Testphase kostenfrei überlassen werden, verfällt man schnell der Versuchung, selbst bei Preisen jenseits der 10.000 Euro Worte wie “günstig” zu verwenden. Dieser Reflex entsteht aus dem Vergleich mit anderen Produkten, die bei gleicher Leistung womöglich noch sehr viele teurer sind. Der Bricasti M1 SE ist mit seinen 12.900 Euro nicht günstig, greift aber vom Anspruch her schon ganz weit nach oben.
Bewertungen
KlangPraxisVerarbeitungGesamt |
Die Bewertung bezieht sich immer auf die jeweilige Preisklasse. |
| überragend sauberer und natürlicher Klang |
| hoher Materialaufwand |
| modularer Innenaufbau |
| optionales Streaming-Modul |
Vertrieb:
Mega Audio GmbH
Feldborn 3
55444 Waldlaubersheim
Mega Audio Homepage
Preis (Hersteller-Empfehlung):
Bricasti Design M1 SE: ab 12.900 Euro
Mit- und Gegenspieler:
Test Trinnov Amethyst: Digitale Traumvorstufe mit Profi-Einmessung
Test Aavik I-580: Dieser Vollverstärker macht vieles anders – und klingt überirdisch gut