Seit vielen, vielen Jahren sind die Kopfhörer von Denon gern gesehene Testgäste in den HiFi-Redaktionen. Bei der letzten Generation um den AH-D7100 aber winkten alle höflich ab. Egal, wie gut die Modelle auch geklungen hätten – sie sahen zu eigenwillig aus: unverkäuflich. So sahen es wohl auch die Leute von Denon Europa und insistierten nicht weiter. Umso schöner, dass Denon nun mit der Serie 200 wieder auf die Ursprungs-Idee von “schlicht & edel” zurück kam. LowBeats Autor Claus Dick hatte das Flaggschiff der Serie, den Denon AH-D7200, für einige Wochen zum Test und kann fast nur Bestes berichten.
„Reference Headphone“ – so nennt Denon selbstbewusst sein geschlossenes, dynamisch arbeitendes Top-Kopfhörer-Modell Denon AH-D7200 mit Walnuss-Gehäusen. Nachvollziehbar, wenn man um die 50 Jahre währende Erfahrung der Japaner in puncto Kopfhörer-Kreation weiß. Und um die Klangqualitäten der beiden Vorgänger AH-D7000 und AH-D7100. Beide glänzten mit hinreißenden Performances. Aber was den AH-D7100 angeht, nicht unbedingt durch gnadenlose Schönheit: Vor gut fünf Jahren für eine vom Marketing auserkorene Zielgruppe von fiktiven „Music Maniacs“ gestylt: Beulig geformt aus einem Kunststoff- und Holzmix, wirkte der damals mit 1.250 und zuletzt 1.000 Euro recht teure Nobel-Hörer doch ziemlich gewollt.
Der Denon AH-D7200 besticht dagegen optisch sofort mit highendigem Charisma – ähnlich wie sein Vor-Vorgänger AH-D7000. Eine eher klassische, konsequente Linienführung ohne Schnickschnack, mit warm getönten Walnuss-Schalen und mattem Aluminium nebst Schafsleder macht den Neuen zum Inbegriff klassischen Kopfhörer-Designs. Und obendrein gilt – auch wenn die Wörter schon einige Jährchen auf dem Buckel haben – das Motto „form follows function“. Dazu gleich mehr.
Doch wer sind die Konkurrenten des Japaners? In der Preisliga um 800 Euro tummeln sich nicht allzu viele Modelle – entweder versammeln die sich vermehrt im Bereich von 400 bis 500 oder wieder oberhalb 1.000 Euro. Insofern müsste er sich mit seiner Performance deutlich von unten abgrenzen und sich auf Augenhöhe der 1.000er-Hörer positionieren. Vom Prinzip her gedacht, gehen die meisten HiFi-Kopfhörer – wie der AH-D7200 – als dynamische Modelle auf die Bühne, es gibt aber auch ein paar Kombattanten, die als Magnetostaten durchaus potent mitspielen, wie es beispielsweise HiFiman erfolgreich zeigt. Fein ist es, wenn HiFi-Hörer nicht nur an der heimischen Anlage funktionieren, sondern dank guten Wirkungsgrads auch via Smartphone oder Tablet & Co für Musikgenuss sorgen. Um es vorwegzugreifen: Der Denon AH-D7200 ist so ein Kandidat, auch wenn vielleicht nicht jeder einen 400 Gramm-Kopfhörer mit auf Reisen nehmen möchte. Allerdings ist seine geschlossene Over-Ear-Bauform eine sichere Gewähr dafür, dass der mitreisende Nachbar von den großen Klangbildern nichts mitbekommt…
Aufbau und Verarbeitung des Denon AH-D7200
Doch zurück in die Zukunft: Glänzte der AH-D7000 mit polierten Mahagoni-Schalen, beeindruckt der AH-D7200 an gleicher Stelle mit matt gehaltenen 100-Prozent-Echtholz-Walnussgehäusen, die nicht nur schön aussehen, sondern dank selbstdämpfenden Eigenschaften unerwünschte Resonanzen und Reflexionen killen sollen.
Die Ohrschalen hängen dank Kugellager und Raststufen nebst nummerierter Markierungen kipp- und drehbar am Kopfhörerbügel aus einer Aluminiumlegierung. Das matt gehaltene, kühle Aluminium setzt einen schönen haptischen Kontrast zu den flauschigen Ohrpolstern.
Oben umspannt den Bügel weiches Schafs-, auf der Unterseite gepolstertes Kunstleder mit beinahe schon coolen Steppnähten. Die Ohrpolster formten die Denon-Entwickler aus speziell für den Hörer konzipierten Kunstlederbezügen, die sich über Memory-Schaum legen und sich schmeichelnd-sanft auf der Haut anfühlen. Langzeit-Sessions sind für den AH-D7200 also kein Problem, sondern beinahe eine Pflicht. Mit all diesen Zutaten soll sich der AH-D7200 individuell auf jedes Haupt einstellen lassen. Das funktionierte auch genauso. Und aufgesetzt: Der japanische Kopfschmuck saß leicht mit sanftem seitlichem Andruck auf dem Kopf. Der “alte” AH-D7000 wirkte vergleichsweise doch einen Tick leichtfüßiger, obwohl beide mit 370 (alt) respektive 385 Gramm (neu) ein ähnliches Gewicht auf die Waage bringen.
Den Tragekomfort des “alten” 7000er empfand ich als etwas leichter. Dennoch sitzt der Neue angenehm und ist trotz spürbarem Ohrenandruck (der für guten Halt und einen guten akustischen Abschluss der Muscheln sorgt) auch nach längerer Zeit nicht unbequem. Die Rasterung lässt sich leichtgängig einstellen.
Schön: Das beiliegende 3-Meter-Kabel mit Gewebehülle lässt sich an den Muscheln mit einem Klick bequem an- oder abstecken, dabei weisen farbig markierte Ringe den richtigen Weg nach links oder rechts. Zudem besteht die Strippe aus ultrareinem, sauerstofffreiem (99,99999 Prozent) „7N“-Kupfer, extra nach Denon-Spezifikationen im Land der aufgehenden Sonne angefertigt.
Und: Schwebend gelagerte Buchsen verbinden Kabel und Hörmuscheln – damit keine mechanischen Geräusche vom Kabel überspringen. Weiterer Clou: „7N“ zieht auch in puncto Innenverdrahtung des Kopfhörers seine Strippen. Unterm Strich wirkt der AH-D7200 sehr wertig, damit kann er in puncto Verarbeitung selbst mit teureren Konkurrenten auf Augenhöhe mithalten. Ob das auch in Bezug auf den Klang gilt, sollte sich im Vergleichs-Hörtest (siehe unten) zeigen.
Als Motor der Premium-Kopfhörer schwingen die hauseigenen „FreeEdge“-Membranen, die ihre Wandlungsfähigkeit laut Denon zwischen 5 und 55.000 Hz ausspielen sollen.
Dank der ausgefeilt steifen und gleichzeitig leichten Nanofaser-Materialien sollen die fünf Zentimeter durchmessenden Treiber sehr präzise und verzerrungsarm arbeiten. Was zu beweisen war…
Zudem betteten die Denon-Ingenieure die FreeEdger weich ein, um ihnen einen verbiegungslosen Bewegungsspielraum zu ermöglichen. Um das Gewicht der Schwingspule im Zaum zu halten, verlegten sie kupferbeschichtete Aluminiumdrähte.
Und als eindeutiges Indiz für schnellen Antritt steht der Name „Tesla“ – nicht das coole E-Auto aus Kalifornien, sondern kräftige Neodym-Magneten, im Falle des AH-D7200 mit über 1 Tesla Power. Überdies sind die Treibereinheiten in Harzlagern platziert, was Vibrationen und Verzerrungen eliminieren soll. Der Aufbau des Denon AH-D7200 im Ganzen:
Der Klangvergleich
Zuerst einmal lief sich der Kopfhörer-Verstärker warm. Der Lehman Audio Linear SE ist einer der besten seiner Art: unbestechlich ehrlich und dynamisch-offen. Genau der Richtige, um alles aus den Kontrahenten herauszukitzeln. Dann: einspielen. Der Denon AH-D7000 und der Sennheiser HD 800 S sind bei mir quasi dauerhaft im Einsatz. Also mussten sich der HiFiman und der neue Denon eine Nacht warmlaufen. Nur so ist es fair.
Waren bereits die Ahnen AH-D7000 und AH-D7100 leichte Stimmen-Charmeure und Freunde von sonorer Körperhaftigkeit, zeigt auch der AH-D7200 grundsätzlich diese Charaktereigenschaften.
Ein durchaus schönes Erbe, denn damit lassen sich mit dem Walnuss-Dynamiker wunderbare musikalische Freundschaften schließen, wenn es um lustvolle Sessions geht, in denen Celli strahlen, Rock-Drums das Trommelfell massieren und der Kontrabass im Jazzkeller farbenfroh federt.
Konkret beeindruckten die Bassgewalten, wie sie Songs auf den frischen audiophilen Alben Grace der Jazz-/Soul-Sängerin Lizz Wright (Universal) oder Bassball II des Ex-Kraan-Bassisten Hellmut Hattler (Bassball Recordings / Brokensilence) unterfüttern. Hier zeigte der AH-D7200 doch noch etwas mehr Definition und Abbildungsschärfe im Vergleich zum schon überragenden Urahn AH-D7000.
Wie er den Vorgänger überhaupt in die Schranken weist. Mit der feineren Impulswiedergabe und dem letztendlich noch natürlicheren Ton ist er tatsächlich der bessere Kopfhörer und trägt den Denon-internen Titel „Reference Headphone“ völlig zu Recht.
Grundsätzlich muss man sagen, dass der AH-D7200 für einen geschlossenen Kopfhörer insgesamt beeindruckend raumgreifend und transparent spielt. Er klingt vom Timbre her eher warm mit einer Bassbetonung im unteren/mittleren Bassbereich und punktet mit etwas ausgewogeneren, freieren Stimmdarbietungen – ohne Schärfe und mit schönem Farbbouquet.
„Blaulicht und Zwielicht“ der Deutsch-Chansoniers von Element of Crime zeigte dies mit dem nöligen Sven Regener recht schön. Aber auch Piano-Forte-Anschläge der französischen Pianistin Hélène Grimaud (Bach, Deutsche Grammophon) oder der herrliche Alternative-Rock von Valparaisos „Broken Homeland“ (mit Howe Gelb von Giant Sand; Zamora / Pias) klang herrlich packend und authentisch.
Mit seiner angenehm natürlichen Art lädt der Denon AH-D7200 ein, Stunden mit ihn zu hören. Und weil er so angenehm auf dem Kopf sitzt, nahm ich diese Einladung gern an…
Freilich tönte ein Magnetostat vom Schlage eines HiFiman Edition X über sämtliche Frequenzlagen ebenfalls unerhört ausgewogen. Die Musik floss noch etwas mehr wie aus einem Guss. Gut – dafür schlägt der US-Chinese auch mit deutlich über 1.000 Euro zu Buche.
Wie ja auch der auf Studio-Akkuratesse getrimmte Sennheiser HD 800 S, der nicht ganz die feine Auflösung, dafür aber mehr Genauigkeit und mehr Durchzug in den Mitten bot.
Im Vergleich spielte der auf höchste Präzision abgestimmte Sennheiser HD 800 S etwas schlanker auf, dafür mit mehr Sinn für die räumliche Plastizität. Der Hannoveraner klingt etwas präziser, neutraler, vergleichsweise räumlich und plastisch, hat aber halt nicht dieses Bass-Pfund des neuen Denon.
HiFiman und Sennheiser sind sicherlich unterm Strich die besseren Kopfhörer, auch, weil sie dank “offener” Bauweise akustisch Vorteile haben. Doch der genussvollere und auch für Reisen besser geeignete (weil geschlossene) Hörer ist fraglos der Denon AH-D7200.
Fazit
Form und Klang verbinden sich beim Denon AH-D7200 auf ästhetisch-musikalische Weise: Das noble Design mit Walnuss-Appeal unterstreicht die beschwingte Performance des japanischen Premium-Kopfhörers, mit der er sich klanglich auf Augenhöhe mit den besten seiner Klasse positioniert.
Eine highendige Nuss-Schnitte eben. Wer eine lebendige, lustvolle, dynamische, gleichzeitig dennoch sehr farbechte und schön aufgelöste Performance schätzt, wird genau mit ihm glücklich werden.
Übrigens auch als Reisebegleiter während Outdoor-Sessions: Dank seines guten Wirkungsgrads (Impedanz 25 Ohm) liefert er selbst an Smartphone & Co eine prima Performance ab. Am besten ist natürlich, wenn hier noch ein patenter, mobiler Kopfhörerverstärker wie der Apogee Groove mitreisen dürfte…
Denon AH-D7200 | 2017/03 |
Überragend |
KlangPraxisVerarbeitungGesamt |
Die Bewertung bezieht sich immer auf die jeweilige Preisklasse. |
| Dynamisches, leicht warmes Klangbild |
| Exzellente Verarbeitungsqualität |
| Hoher Wirkungsgrad, portabel geeignet |
| Bassbereich bisweilen etwas kräftig |
Vertrieb:
Denon Deutschland
Division of D&M Germany GmbH
An der Kleinbahn 18
41334 Nettetal
www.denon.de
Preis (Hersteller-Empfehlung):
Denon AH-D7200: 799 Euro
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