Dänisches HiFi ist immer irgendwie besonders. Wo deutsches oder US-amerikanisches HiFi gern mal burschikos oder einfach nur plump daherkommt, hebt sich das “danish design” fast immer wohltuend ab. Als hätte die Mutter aller dänischen Audiofirmen, nämlich B+O, seinen nationalen Mitherstellern einen dicken Absatz ins Stammbuch geschrieben: Siehe zu, dass du deinen Komponenten noch ein Pfiff mitgibst, der alles etwas liebevoller und begehrenswerter macht. Gato Audio ist wie eine Art Inbegriff dieser Tugenden: Die Geräte sind einfach bildhübsch. Das gilt besonders für die Elektronik. Aber auch für die Lautsprecher wie die Gato Audio FM-8.
Die Gato Audio FM-8 muss man schon mögen, wenn man sie nur auspackt: viel schwerer als gedacht und mit einem solchen High-End-Flair gesegnet, wie man ihn für den Preis nicht vermutet hätte. Die FM-8 ist das kleinste Modell im Programm der Dänen und auch das günstigste. Doch was man hier für 1.700 Euro pro Paar (in Nussbaum Hochglanz: 1.800 Euro) geboten bekommt, ist wirklich allerhand. Da rede ich nicht nur von dem makellosen Lackfinish der furnierten Testversion. Eine Dynaudio Excite X 18, ebenfalls einen Dänin und 1.800 Euro günstig (und im Hörraum eine der erbittertsten Gegnerinnen), sah im Wettbewerb um die Schönheitskrone optisch eher alt aus.
Die kleine Gato Audio FM-8 ist mit gerade mal 8 Litern Innenvolumen und einer Gesamthöhe von nur 30,0 Zentimeter ja wirklich nicht groß. Umso erstaunlicher, was in ihr steckt – beziehungsweise: was da rauskommt. Doch dazu später mehr im Hörtest. Damit der Ton so fein sein kann, ist die kleine 2-Wege-Box edel bestückt: mit Hoch- und Tiefmitteltönern von SB Acoustics. Das ist derzeit mit das Beste, was man heute bekommen kann.
Zum Beispiel der Hochtöner, ein 38 Millimeter durchmessender Ringradiator. Seine Kalottenmitte ist – gut zu erkennen durch die kleine Senke – fixiert. So entstehen zwei konzentrische Ringe, über die der Schall abgestrahlt wird. Hat ein Ringradiator gegenüber einem konventionellen Kalotten-Hochtöner Vorteile? Schwer zu sagen. Die große Fläche garantiert zumindest für eine hohe Dynamik und geringe Verzerrungen – siehe die LowBeats Messungen unten. Der spezielle Aufbau sorgt für eine breite Abstrahlung und hohe Breitbandigkeit – er läuft bis 35 KHz. Der eigenwillige Hochtöner kommt dabei keineswegs von der SB-Stange, sondern wird nach Gato Vorgaben perfekt auf die FM-8 getrimmt – Treiber-Expertise hat Gato genug im Haus.
Der Tiefmitteltöner entsteht ebenfalls nach Vorgaben von Gato Audio. Es ist ein 15 Zentimeter Tiefmitteltöner mit massivem Korb und einer Mineralien-gefüllten Kunststoffmembran, die als äußerst resonanzarm gilt.
Untersützt wird der kleine Tiefmitteltöner von einer Bassreflex-Konstruktion, deren Öffnung auf der Rückseite sitzt – vorn auf der Schallwand wäre einfach kein Platz mehr gewesen. Prinzipiell hat es – gerade bei 2-Wege-Boxen – sowieso Vorteile, die Bassreflexöffnung nicht nach vorn strahlen zu lassen, weil manchmal auch Mitteltonanteile das Bassreflexrohr passieren und damit die Wiedergabe beeinträchtigen. Sitzt die Öffnung auf der Rückseite, ist davon nichts zu hören. Aber man muss diesen Punkt bei der Aufstellung berücksichtigen: Eine Position direkt an der Wand verbietet sich, weil die Bass-unterstützende Reflex-Funktion dann außer Kraft gesetzt wird. Der Mindestabstand sollte 5 –10 cm nicht unterschreiten.
Hoch- und Tieftöner der Gato Audio FM-8 sind in ihrem Übertragungsverhalten so konstruiert, dass die beiden von einer impulsgenauen Frequenzweiche mit flachen Filtern (und damit nur wenigen Bauteilen) getrennt werden können. Größere Unlinearitäten werden mittels spezieller Parallelfilter eingeebnet. Spricht man mit den Gato Leuten, betonen sie immer diese Punkt: Phasenlinearität und bestmögliche Impulsgenauigkeit sind für sie wichtiger als ein wie mit dem Lineal gezogener Frequenzgangsschrieb.
Die Treiber sind nicht plan in der Schallwand eingebaut. Das ist Teil des akustischen Konzepts, denn so sitzt der Tiefmitteltöners ein bisschen weiter vorn. Für eine optimale Impulswiedergabe ist es immer von Vorteil, wenn die Schwingspulen von Hoch- und Tiefmitteltöner vertikal auf einer Ebene liegen. Dann ist die Chance, dass die Signale beider Treiber exakt gleichzeitig am Ohr des Hörers ankommen, am größten.
Alle Schraubverbindungen sind übrigens mit Gewindeschrauben ausgeführt – keineswegs selbstverständlich in dieser Preisklasse. Aber die einzige Gewähr, dass so ein Lautsprecher auch nach 20 Jahren noch etwa so präzise klingt wie am ersten Tag…
Doch vor allem das Gehäuse ist eine Sensation. Gato selbst nennt es “FusedMASS-Gehäuse”. Jede Wand ist ein Sandwich aus einer dicken MDF-Plattenschicht, einer dünnen Schicht aus weichem und schwerem Bitumen und einer dritten Schicht aus sehr hartem HDF. Jede dieser Schichten hat ein anderes Resonanzverhalten und durch die Addition dieser verschiedenen Materialien wird das Komposit weitestgehend ruhig gestellt. Zudem ist die Schalldurchlässigkeit erheblich geringer als bei einfachen MDF-Wänden.
Das Bild eines unlackierten Gehäuseteils zeigt die Idee hinter FusedMASS noch etwas besser: möglichst viele Schichten mit jeweils unterschiedlichem Resonanzverhalten ergeben zusammen ein ebenso steifes wie akustisch optimal bedämpftes Gebilde.
So ein Aufwand ist absolut selten in dieser Klasse. Und dann noch mit einem so makellosen Lack-Finish. Ich wiederhole mich gern: Die Gato Audo FM-8 wirkt schon vom Anfassen her deutlich teurer als sie sie ist.
Aufstellung und Elektronik
Von so kleinen Lautsprechern erwartet man ja irgendwie nicht so viel – und ist dann überrascht, wenn man ein so volles Klangbild bekommt wie von der FM-8. Bis gut 50 Hertz verläuft der Frequenzgang sehr linear, dann fällt er zu tiefen Frequenzen hin für eine Bassreflexkonstruktion vergleichsweise sanft ab.
Dieses Verhalten ist gerade in kleineren Zimmer und geringen Abständen zur Rückwand gut geeignt, weil die unteren Bässe in der Regel von den tief liegenden Raumresonanzen”aufgefüllt” werden.
Die nachfolgende LowBeats Messung zeigt das Verzerrungsverhalten beim von uns empfohlenen Maximalpegel von 94 Dezibel. Vor allem im Hochtonbereich ist das sehr gut und erklärt die wunderbar seidige und transparente Wiedergabe der Gato Audio FM-8.
94 Dezibel sind im Nahfeld sehr viel, bei einer Distanz von mehr als drei Metern aber zu wenig, um damit ernsthaft ein Live-Konzert zu “erleben”. Im eigentlich zu großen LowBeats Hörraum habe ich sie etwa 15 cm vor der festen Rückwand aufgestellt und dann mit einem Hörabstand von 2,5 Metern gehört. Empfehlen würde ich die Kleine für Räume bis 20 Quadratmeter.
Was die Gato Audio FM-8 allerdings braucht, sind kräftige Verstärker: 80 – 100 Watt sind das Mindeste, was der angeschlossene Verstärker pro Kanal zur Verfügung stellen sollte. Das klingt paradox, weil die kleine Dänin pegelmäßig ja schnell am Limit ist. Aber sie ist halt nicht sehr effizient…
Das Schöne aber ist, dass die kleine Gato keine übermäßigen Ansprüche an die Stabilität des Netzteils stellt; der Impedanzverlauf ist für eine solche klassische Bassreflexbox unproblematisch und sollte auch kleinere Verstärker vor keine Probleme stellen.
Die FM-8 ist wahrscheinlich an der hauseigenen Elektronik entwickelt worden, die klanglich etwas sanfter und vollmundiger klingt als etwa die bei LowBeats häufig mitgehörten (und sehr lebendigen) Klassenreferenz-Verstärker Exposure 3010 S2D oder Atoll IN 300.
Tatsächlich gefiel mir dann auch der etwas samtpfötigere Hybrid-Amp Magnat RV4 mit der kleinen Gato besser, weil sie von sich aus schon einen sehr lebendigen Mittelhochtonbereich hat – den man allerdings in Maßen beeinflussen kann.
Statt Mitten und Höhen beeinflusst Gato Audio “Focus” und “Detail” in zwei unterschiedlichen Einstellungen: “low” und “neutral”. Das passiert über die Steckbrücken, wirkt aber so dezent, dass wir im LowBeats Hörraum die Veränderungen kaum ausmachen konnten. Wir blieben also bei “neutral”.
So klingt die Gato Audio FM-8
Es ist ein bisschen wie beim Auspacken: Die Gato Audio FM-8 überrascht erst einmal höchst positiv durch ihre anspringende Lebendigkeit und einem sauberen, gleichwohl tiefen Bass. Vor allem, wenn es lauter wurde, ließ die Kleine nicht locker, schob im Bass so mächtig nach, wie man es ihr einfach nicht zugetraut hätte.
James Blood Ulmers hochdynamisches “Crying” kam mit der Gato mit so viel Spielfreude und Energie – da sprang der Funke des Live-Konzerts glatt über. Hört man das gleiche Stück über die Canton A45 BS, die bei uns eine Art von Referenzstatus innehält, verschiebt sich der Fokus.
Die Canton bleibt in den Mitten zurückhaltender, erzeugt aber einen so satten und fundamentalen Bass, dass im Vergleich selbst größere Standboxen blass aussehen.So ergeht es der Gato Audio FM-8 natürlich auch.
Ihr Bass kommt weniger tief und satt, dafür mehr federnd und besser auf den Punkt. Das setzt sich fort in einem wunderbar quirligen Mittelhochtonbereich, der alles etwas frischer präsentiert: die Becken schwingen noch feiner aus, die Stimme von James Blood Ulmer klingt kerniger, noch detailreicher und authentischer.
Vom akustischen Konzept her sind Canton und Gato zwei verschiedene Welten. Eine andere, mehrjährige Klassen-Referenz passte hier besser: Dynaudios Excite X 18.
Die Dynaudio ist ja von jeher eine echte Autoriät in Sachen natürlicher Stimmwiedergabe und so transportierte sie die Stimmung bei “We Make Love Falling” von den Rainbirds noch etwas intimer.
Nichtsdestotrotz schaffte es die Gato ebenfalls, mit ihrer klaren, aufgeräumten und dennoch wunderbar sonoren Stimmwiedergabe zu verzaubern: sie spielte einfach noch informativer.
Die Dynaudio zog den Raum etwas weiter nach hinten auf, die Gato schaffte es dafür, die Abbildung etwas mehr in die Höhe zu bringen. Und obwohl die Excite im Bass einiges an Fläche mehr zu bieten hat, fiel das bei richtiger Positionierung gar nicht so schwer ins Gewicht.
Bei dem remasterten Dancefloor-Klassiker “Black Stations, White Stations” von Martha And The Muffins hämmerte die Kleine die Bassdrum-Hiebe in den Raum, dass es eine echte Freude war – und die etwas gemütlichere Dynaudio das Nachsehen hatte.
Fazit Gato Audio FM-8
Die kompakte Dänin ist fraglos eine der erfreulichsten Erscheinungen ihrer Klasse. Überragend gut verarbeitet, unkompliziert in der Wahl der angeschlossenen Verstärker (gut muss er halt sein…), in einem erstaunlichen Maß verzerrungsarm und klanglich ungemein frisch, aufgeräumt und ausgewogen.
Mehr kann man zu diesem Preis nicht erwarten. Ein ganz heißer Tipp für Musikfreunde, die wenig Platz haben und keinen Wert auf höchste Pegel, aber auf eine lebendige und farbige Wiedergabe legen.
Bewertung
KlangPraxisVerarbeitungGesamt |
Die Bewertung bezieht sich immer auf die jeweilige Preisklasse. |
| Lebendiger, feiner und erstaunlich basstüchtiger Klang |
| Dezent anpassbarer Mittenbereich |
| Fantastische Verarbeitung |
| Exzellente Preis/Leistungs-Relation |
Vertrieb:
Phonar Akustik GmbH
Industriestrasse 8-10
24963 Tarp
Telefon: 04638 892 4-0
www.phonar.de
Paarpreis (Hersteller-Empfehlung):
Gato Audio FM-8: 1.700 Euro (Nussbaum: 1.800 Euro)
Mit- und Gegenspieler:
Test Canton A45 BS: Kompaktbox mit Standboxen-Bass
Test Kompaktbox Dynaudio Excite X 18: die Natürlichkeits-Autorität
Test Vollverstärker Exposure 3010 S2D: erdig, kerniger Antritt
Test VollverstärkerAtoll IN 300: funkelnde Detailtreue
Test Vollverstärker Magnat RV4: mit Röhrenflair und BT