Für Canton war der Auftritt auf der HIGH END 2017 etwas ganz Besonderes: Die Hessen feierten nicht nur ihren 45. Geburtstag und mit der A45 eine würdige Geburtstags-Standbox, sondern auch die längst überfällige Eröffnung des Canton Webshops. In diesem Webshop verkauft Deutschlands bekannteste Lautsprechermarke ausschließlich Lautsprecher, die im klassischen Handel nicht zu haben sind. Wie zum Beispiel die besagte A45. Und deren kompakte kleine Schwester Canton A45 BS.
BS steht für Bookshelf – also Regalbox. Regale von dieser Tiefe dürften allerdings selten sein: die Canton A45 BS kommt auf eine Bautiefe von über 37 Zentimeter.
Eingedenk der Tatsache, dass auch das Bassreflexrohr auf der Rückseite ist, kommen noch wenigstens 3-5 cm hinzu, nur damit das BR-Rohr optimal arbeiten kann. Die Canton A45 BS steht also aus vielerlei Gründen am besten frei im Raum auf einem guten Ständer.
Aber ich möchte hier noch einmal kurz auf die Vertriebsschiene zurückkommen. Die Eröffnung des Webshops erwies sich als schlauer Zug, der sowohl die Canton Verkäufe im Web als auch den klassischen Handel beflügelt – man spricht einfach mehr über die Hessen.
Die Mitbewerber allerdings müssen sich jetzt noch wärmer anziehen: Durch den Wegfall der Handelsspanne kann beispielsweise die Canton A45 BS deutlich günstiger als normal angeboten werden.
Schaut man sich die A45 BS genauer an, kann man wesentliche Bausteine aus den klassischen Linienmodellen von Canton erkennen: Der Hochtöner ist die bekannte 25 Millimeter große Kalotte aus Aluminium-Oxyd-Keramik.
Sie basiert auf einer Alu-Kalotte, die in einem chemischen Prozess einen Keramik-Überzug erhält und damit versteift wird. Canton nutzt diesen Hochtöner schon lange; heute wird er überwiegend bei der Vento-Linie und eben bei den A45-Modellen eingesetzt.
Der 18 cm Tiefmitteltöner der Canton A45 BS stammt hingegen aus der „großen“ Reference-Serie. Das Schwingsystem mit seiner ungewöhnlich steifen Membran aus einem Aluminium-Keramik-Wolfram-Gemisch ist das Neueste aus der Canton Forschung.
Canton ist eine der wenigen Firmen in Deutschland, die über ein Klippel Analysesystem verfügt. Die Entwicklung aller Hoch-, Mittel- und Tieftöner erfolgt daher selbstredend im hessischen Stammhaus in Weilrod, wo übrigens seit neuestem ein Showroom zur Verfügung steht – falls jemand die nur online angebotenen Modelle vorab hören möchte.
Bemerkenswert ist auch die Aufhängung dieser Membran: Die Sicke ist mehrfach gefaltet – so, wie man es aus der Profi-Szene kennt. Diese Mehrfachfaltung sorgt für einen größeren linearen Hub der Membran. Schon bei der von LowBeats komplett getesteten Vento-Serie haben sich diese Aufhängungen bestens bewährt.
Die Canton A45 BS entstand also aus einer Art Canton Baukastensystem. Zwar gab es noch Feinanpassungen bei den Treibern, aber die exzellente Grundlage war schon bereitet.
Und allein diese Grundlage lässt Bestes erwarten. Canton Entwicklungsleiter Frank Göbl im Interview: “Ich versuche immer, aus den gegebenen Möglichkeiten das Beste herauszuholen. Nie würde ich künstlich versuchen, einen Lautsprecher bewusst schlechter zu machen, nur, weil er zu einer günstigeren Linie gehört.”
Getrennt werden Hoch- und Tiefmitteltöner von einer Frequenzweiche mit 12 Dezibel Flankensteilheit. Auch die ist standesmäßig gut bestückt.
Die Canton A45 BS ist mit 1.300 Euro Paarpreis genauso günstig wie die deutlich kleinere Vento 836 (1.300 Euro) und halb so teuer wie die sehr ähnliche Reference 9K (2.600 Euro). Der äußerlich größte Unterschied liegt im Gehäuse, weil sowohl Vento als auch Reference mit geschwungenen Gehäusen (die aufwändig in Schichten aufeinandergeleimt werden) ausgestattet sind.
Die A45 BS sind mit ihren Abmessungen von 40,0 x 22,5 x 37,2 cm (H x B x T) größer, aber ihre Linienführung ist schlichter. Es sind rechteckige Kästen, deren Kanten mit kleinem Radius rundgeschliffen sind.
Allerdings bestehen die A45 BS Gehäuse aus dem selten verwendeten, sehr harten HDF (die meisten Hersteller nutzen das günstigere MDF als Plattenmaterial). Die Verarbeitung ist – wie bei Canton üblich – exzellent, das Lack-Finish (Seidenmatt-Weiß oder Hochglanz-Schwarz) ebenfalls weit über dem Preisklassen-Üblichen.
Dazu passen das sehr stabile Anschlussfeld mit Bi-Wiring-Möglichkeiten, die Front, auf der keine Schrauben sichtbar sind sowie die Stoffabdeckungen, die per Magnet auf der Front gehalten werden. Und sollte jemals Gewicht für Qualität stehen, muss man auch da der A45 BS Respekt zollen: 14 Kilo bekommt sie auch die Waage. Nicht schlecht.
Die Aufstellung
Canton Entwicklungsleiter Frank Göbl beschrieb die A 45 BS als “Kompaktbox für Leute, die sich eigentlich die Bassperformance einer Standbox wünschen”. Daher ist die Canton A45 BS eine vergleichsweise große Kompaktbox mit einer Bautiefe von fast 40 Zentimeter.
Die A45 BS ist enorm basstüchtig; eine Aufstellung direkt an der Rückwand, an der Seitenwand oder im vollen Regal würde den Bass nochmals anheben. Nein: Dieser Lautsprecher sollte unbedingt frei (heißt: mindestens 40 cm Abstand zur Rückwand) auf einem guten Ständer aufgestellt werden.
Im LowBeats Hörraum brauchte ich einige Zeit, bis der optimale Platz gefunden war, aber dann klang es überragend breitbandig und souverän.
Wie immer im Hörtest haben wir verschiedenste Verstärker an den Testboxen gehört. Wegen der Hochpassfilterung (Canton nennt es “DC”) sollte der angeschlossene Verstärker schon einigermaßen kräftig sein und seine Leistung auch bei geringeren Impedanzen stabil abgeben können.
Nach einigem Hin & Her kam ich auf den Atoll IN300 – sowieso einer meiner Lieblingsverstärker unter 3.000 Euro. Ein Vollverstärker für 2.800 Euro mit einem Lautsprecher für 1.300 Euro? Ganz genau.
Das zeigt nämlich, auf welchem Qualitätsniveau diese Canton A45 BS spielt. Und man sollte auf keinen Fall den Fehler begehen, einen zu günstigen, nicht würdigen Verstärker anzuschließen.
Die Canton A45 BS im LowBeats Hörraum
Die kompakte Anniversary-Box ist ein Lautsprecher, der den Zuhörer vom ersten Takt an für sich einnimmt. Zunächst einmal fällt der natürlich-neutrale Ton auf. Das ist einfach angenehm.
Und dann dieser unglaublich tiefe, substanzielle Bass. Den Anspruch, im Bass einer Standbox das Wasser zu reichen, erfüllt die A45 BS locker. Mir fällt kein anderer Kompaktlautsprecher dieser Preisklasse ein, der ein solches Bassfundament so locker und souverän aus der Membran schaufelt.
Die schiere Tiefe der Wiedergabe setzt allerdings dem maximalen Pegel gewisse Limits. Bei Lautstärken, die gemeinhin den Nachbarn veranlassen, zu klingeln, verlor die A45 die Schwärze in den tiefsten Lagen.
Aber bei mittleren und hohen Pegeln mit der A45 BS Yello zu hören, ist ein Erlebnis, das einem in dieser Preisklasse nur ganz selten beschwert wird: die Bässe fahren direkt in die Magengrube.
Und die feine offene Wiedergabe-Art lässt den Zuhörer erahnen, wie viel Arbeit Yello Mastermind Boris Blank bei der Erstellung der verschiedensten Sounds und den Phasenverschiebungen hatte.
Anders als beispielsweise die Vento 836 hat Canton Entwickler Frank Göbl die A45 BS in den Mitten etwas dezenter abgestimmt.
Wo die kleinere Vento mit viel Mittenenergie und Information aufwartet (und im Oberbass etwas burschikoser aufspielt), hält sich die A45 BS dezent zurück, was das Gesamtbild bei hohen Pegeln sehr viel angenehmer erscheinen lässt – zumal sie sehr viel tiefere Bässe erzeugen kann.
Echter Tiefbass hat den Vorzug, dass er den Raum auf den Aufnahmen erweitert; die Räumlichkeit der A45 BS ist daher großzügiger als die der kleineren Vento-Schwester.
Insgesamt tendiert die Anniversary-Box mehr zur Reference 9K, die das Klangbild vielleicht mit einem noch feineren Strich zeichnet, aber im Tiefton keineswegs besser ist.
Einen Vergleich aber musste die Canton A45 BS noch bestehen: die Dynaudio Excite X 18 ist so etwas wie die Stimm-Referenz dieser Klasse, wie gemacht für Musikfreunde, die überwiegend Singer Songwriter und kleine Besetzungen hören.
Die Canton schlug sich auch hier hervorragend und schaffte es, die Eigenheiten der tiefen Stimme von Sean Rowe (Album: New Lore) sehr genau herauszuarbeiten.
Sicher: An der einen oder anderen Stelle wirkt die Dynaudio noch einen Tick authentischer und genauer im Ton. Aber Dynamik-, Pegel- und Tiefbass-Möglichkeiten – und der daraus resultierende, viel höhere Erlebnis-Faktor – sprechen eindeutig für die A45 BS.
Fazit
Sie ist für eine Kompaktbox gar nicht so klein, verlangt nach einer sorgfältigen Aufstellung und nach einem erstklassigen Verstärker zum Betrieb. Das aber sind die einzigen Einschränkungen.
Denn die Canton A45 BS ist der mit Abstand universellste, breitbandigste und klanglich mehrheitstauglichste Schallwandler, den ich für einen Paarpreis von weit unter 1.500 Euro kenne. Dass die A45 BS so günstig ist, liegt nicht zuletzt an dem Umsand, dass Canton sie direkt aus seinem Onlineshop verkauft. Da hat man als Hersteller natürlich einige Möglichkeiten…
Der geneigte Käufer ist allerdings gut beraten, das gesparte Geld umgehend in einen besseren Verstärker zu investieren: Denn mit diesem Lautsprecher ist wirklich großes HiFi möglich.
Bewertung
KlangPraxisVerarbeitungGesamt |
Die Bewertung bezieht sich immer auf die jeweilige Preisklasse. |
| Druckvoller, natürlich-feiner Klang |
| Enormer Tiefbass |
| Exzellente Verarbeitung |
| Überragende Preis/Klang-Relation |
Vertrieb:
Canton Elektronik GmbH + Co. KG
Neugasse 21 – 23
61276 Weilrod
www.canton.de
Preis (Hersteller-Empfehlung):
Canton A45 BS: 1.300 Euro (Paarpreis)
Mehr zu Canton:
Test Kompaktlautsprecher Canton Vento 816
Test Kompaktlautsprecher Canton Vento 826
Test Kompaktlautsprecher Canton Vento 836
Test Standlautsprecher Canton Vento 876 DC
Test Standlautsprecher Canton Vento 886 DC
Test Standlautsprecher Canton Vento 896 DC
Übersichts-Beitrag Familientest Canton Vento
Hintergrund: Canton DC – mehr Bass, weniger Verzerrungen
Test Canton musicbox S: BT-Speaker für Klanggourmets
Test Soundbar Canton DM 90.3: Kraft und Dynamik
Mit- und Gegenspieler:
Test Kompaktbox Dynaudio Excite X 18 – das Sprachwunder
Test Vollverstärker Atoll IN300 – viel Kraft, viel digitale Möglichkeiten