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Stenheim Alumine TWO Ambiente
Bislang waren die Alu-Lautsprecher von Stenheim nur Insidern bekannt. Das wird sich bald ändern: Die kleine Alumine TWO (Preis: ab 12.500 Euro) macht sogar den Wilson-Speakern Konkurrenz (Foto: Stenheim)

Test Kompaktbox Stenheim Alumine Two: höchste Schweizer Präzision

Wo bitte schön liegt Stenheim? Ein Nachbarort von Schriesheim an der Bergstrasse oder von Arnheim am Rhein? Nein. Stenheim ist eher ein ideeller Ort. Ein Raum, in dem ultimative Lautsprecher ersonnen und gebaut werden. Natürlich hat dieser ideelle Ort auch einen Platz: Er liegt in der Schweiz, irgendwo zwischen Matterhorn und Montreux, genauer in Vétroz. Hier entwickeln die Herren Jean-Pascal Panchard (CEO) und Lucas Perrin (Entwicklung) mit ihrem Team beeindruckende Lautsprecher aus Aluminium, denen ein fantastischer Ruf vorauseilt, den aber bislang nur Kenner vernommen haben. Wir hatten für einige Zeit das kleinste Modell der Schweizer, die 2-Wege-Box Stenheim Alumine TWO, im Test. Die Lautsprecher sind schon wieder weg, aber ihr Eindruck hallt immer noch nach…

Stenheim Alumine TWO vorn/hinten
Die Alumine TWO im LowBeats Wohnhörraum: Die Schweizer Alu-Box sieht von vorn eher nüchtern aus – und von hinten noch mehr. Die Anschlüsse aber sind standesgemäß vom Feinsten, nämlich von WBT (Foto: H. Biermann)

Das Konzept der Stenheim Alumine TWO

Das Besondere des kleinen Stenheim-Modells steckt schon im Namen: Aluminium. Das Unternehmen besteht erst seit 2009 – gemessen an den meisten Firmen im HiFi haben die Schweizer quasi die Gnade der späten Geburt. Die Stenheim-Macher konnten sich also in aller Ruhe anschauen, welches Gehäusematerial sich im absoluten High End als überlegen herausgeschält hat. Ergo verwenden Panchard und Perrin Aluminium. Doch anders als beim Schweizer Platzhirsch-Hersteller Piega bestehen die Stenheim-Gehäuse nicht aus Strangguss, sondern wie bei Magico aus einzelnen Alu-Platten (Stärke: 10 mm, Front: 15 mm), die miteinander verschraubt sind. Hintergrund ist, dass feste Formen eher einen Glockenklang ausbilden; bei Gehäusen aus Einzelplatten ist die Bedämpfung einfacher.

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Stenheim Alumine TWO Front
Das Bild zeigt die hochpräzise Verarbeitung der Stenheim Alumine TWO: Hochtöner und Bassreflexrohr schließen absolut bündig mit der Schallwand ab (Foto: H. Biermann)
Stenheim Alumine TWO Verschraubung
Die einzelnen Aluminiumplatten werden mit Aluminiumwinkeln und -stangen verschraubt. Anschließend werden alle Teile sorgfältig mit Elastomeren abgedichtet (Foto: H. Biermann)
Stenheim Alumine TWO Bedämpfung
Zur Bedämpfung der Aluminiumplatten verwendet Stenheim einen mehrschichtigen Spezialschaum, der auf das Aluminium aufgeklebt ist (Foto: H. Biermann)
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Jeder Alumine-Speaker wird in der Stenheim-Werkstatt sorgfältig von Hand montiert. Diese Perfektion wird auf den zweiten Blick noch genauer erkennbar: Ich habe wie üblich die Lautsprecher aufgeschraubt und musste dabei feststellen, dass hier in Zehntelmillimetern genau gearbeitet wird: Wie hundertprozentig genau hier die Platten ineinander fassen… Und der Blick auf die Frequenzweiche (sie sitzt unter der Deckelplatte) spricht ebenfalls Bände.

Stenheim Alumine TWO Frquenzweiche
Die Frequenzweiche der Stenheim Alumine TWO ist ein steilflankiges Filterwerk, das penibel sauber und mit besten Bauteilen aus dem Hause Mundorf aufgebaut ist. Die Platine ist – wie man das klugerweise so macht – von unten mit Schaumstoff bedämpft (Foto: H. Biermann)

Die Weiche selbst ist mit einer Vielzahl bester Mundorf-Bauteile bestückt, doch Widerstände findet man hier keine – jedenfalls nicht im Signalweg. Stenheim-Entwickler Perrin lässt sich die Treiber so aufbauen, dass sie im Pegel ohne Anpassung perfekt harmonieren.

Damit ist ein Stichwort gefallen: In der Alumine TWO gibt es nichts von der Stange. Tiefmittel- und Hochtöner sind beides Spezialversionen bewährter Treiber. Der Hochtöner ist eine Sonderanfertigung aus der Prestige-Serie von Seas, der Tiefmitteltöner ein 16,5 cm-Modell des französischen Beschallungsspezialisten PHL, der mit seinem erstaunlich hohen Wirkungsgrad von deutlich über 90 Dezibel und einer Impedanz von 8 Ohm auffällt.

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Stenheim Alumine TWO Hochtöner
Der Hochtöner der Alumine TWO: Eine 26 mm große Kalotte mit vorbeschichtete Sonomex-Gewebe-Membran und breiter Sonomex-Sicke (Foto: H. Biermann)
Stenheim Alumine TWO Bass
Wie auch der Hochtöner ist der Tiefmitteltöner eine Spezialanfertigung – in diesem Fall von PHL. Dessen leichte Papiermembran ist beschichtet (Foto: H. Biermann)
Stenheim Alumine TWO Bass von hinten
Man sieht die außerordentlich solide Verschraubung aller relevanten Teile und den wuchtigen Magneten, der die Grundlage für den hohen Wirkungsgrad der Stenheim ist (Foto: H. Biermann)
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Praxis / Aufstellung

Und noch ein Stichwort: hoher Wirkungsgrad. Die Stenheim Alumine TWO geht für einen High-End-Speaker ihrer Größe erfreulich effizient mit den zugeführten Watt um. Und das, obwohl sie nominell eine 8-Ohm-Box ist und tatsächlich an keiner Stelle der Impedanz unter 6 Ohm rutscht.

LowBeats Messung Stenheim Two: Impedanz, Phase, EPDR
Die Impedanz (rote Kurve) verläuft über den gesamten Übertragungsbereich oberhalb 6 Ohm. Die Phase (blaue Kurve) vollführt einige Sprünge; das setzt die Netzteile von Verstärkern unter Stress. Dennoch liegt der aus Impedanz & Phase resultierende EPDR-Wert auf beruhigend hohem Niveau (Messung: J. Schröder)

Das ist eine ganz seltene Erscheinung im High End, wo gern auch mal Wirkungsgrade von 80 Dezibel und Impedanzen im 2-Ohm-Bereich geboten werden. Stenheim-Chef Jean-Pascal Panchard sagt dazu: „Ein guter Wirkungsgrad ist ein wichtiger Teil Ihres Konzepts, weil wir glauben, dass er diese Art von Lebendigkeit in die Wiedergabe bringt und auch den musikalischen Ausdruck unterstützt.“

Da hat er womöglich Recht. Sicher ist, dass die Alumine TWO wegen dieser Eigenschaften auch mit wattschwachen Amps ganz vorzüglich klingen kann. Von unserer Seite gibt es dafür schon einmal ein Extralob.

Nicht immer hat ein hoher Wirkungsgrad auch einen hohen Maximalpegel zur Folge. Im Falle der Stenheim schon. Was aus diesem kleinen Alu-Würfel herauskommt, ist im gehobenen HiFi rekordverdächtig. 99 Dezibel Dauerpegel und Spitzen bis 111 Dezibel machen aus der Alumine TWO eine noble Beschallungsbox.

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LowBeats Messung Stenheim Alumine TWO: Pegel@94 dB
Bei der 94-dB-Messung zeigen sich nur kleine Verzerrungs-Artefakte. Was die Messung auch zeigt: die Alumine TWO ist nur wenig Tiefbass-tauglich: unterhalb 60 Hertz passiert nicht mehr sehr viel… (Messung: J. Schröder)
LowBeats Messung Stenheim Alumine TWO: Pegel@99 dB
Auf immerhin 99 dB (in einem Meter Abstand) bringt es eine Stenheim. Im Stereo-Paar und mit dem üblichen Headroom kommt man auf 111 dB (Messung: J. Schröder)
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Die elektrischen Werte eröffnen eine Vielzahl von Verstärker-Optionen. Am schönsten klang es mit dem Class-A-Amp L-550 AX-II von Luxman und dem Röhrenverstärker Line Magnetic LM-805IA. Noch präziser (und lauter) wurde es mit dem Neukomm CPA 155S – aber halt nicht ganz so charmant. Noch einmal Stenheim-Entwickler Perrin: „Generell funktionieren alle kleinen, musikalischen, audiophilen Verstärker sehr gut mit den Alumine TWO. Doch auch leistungsstärkere Solid-State-Verstärker könnten spektakulär klingen. Die leistungsstarken und verzerrungsarmen Treiber, die wir verwenden, und das sehr neutrale und unverfärbte Gehäuse erlauben es nämlich, auch bei hohen Pegeln mühelos zu spielen…“

Die Physik aber kann auch Perrin nicht austricksen: Bei der Wahl zwischen hohem Schalldruck oder viel Tiefgang entschied er sich eben für hohe Effizienz und hohen Maximalpegel. Unterhalb 60 Hertz bringt seine Alumine TWO deshalb kaum noch Pegel. Das nehme ich als Hinweis auf die Aufstellung: Dieser Lautsprecher fühlt sich in Rückwandnähe sehr wohl.

Stenheim Alumine TWO Furnier mit Ständer
Die Stenheim Alumine TWO in der nur bedingt hübschen (aufpreispflichtigen) Furnier-Version auf dem Premium-Ständer aus gefrästen Aluminiumteilen (Foto: Stenheim)

Der Ständer ist sicherlich die beste Möglichkeit, die Stenheim gut aufzustellen: weil er einerseits sehr stabil, andererseits vergleichsweise hoch ist. Perrin empfiehlt nämlich eine freie Aufstellung mit eher hoher Position – mit dem BR-Rohr in etwa auf Ohrhöhe.

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Stenheim Alumine TWO Aufstellung2
Nach Ansicht des Stenheim-Entwicklers sollte die Alumine Two eher etwas höher stehen… (Grafik: Stenheim)
Stenheim Alumine TWO Aufstellung1
… und bei der Wiedergabe leicht auf den Zuhörer eingewinkelt sein. Diesbezüglich aber haben wir andere Erfahrungen gemacht (Grafik: Stenheim)
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Gegen diese höhere Anbringung ist nichts zu sagen; die macht das Panorama großzügiger. Allerdings haben wir in allen Räumen eindeutige Klangvorteile ausgemacht, wenn a.) die kleine Stenheim direkt an der Rückwand steht (bei freier Aufstellung klingt sie recht karg) und b.), wenn der Lautsprecher nicht eingewinkelt, sondern gerade nach vorn strahlt. Dann bekommt man ein Klangbild von hoher Ausdruckskraft und außergewöhnlicher Klarheit.

Hörtest

Wie gesagt: Bei freier Aufstellung und Einwinkelung auf den Hörplatz klang die Alumine TWO erst einmal etwas schlank und karg. Aber schon da war zu hören, wie ungemein quirlig und schlackenlos die kleine Schweizerin zu Werke gehen kann. Und mit jedem Schritt Richtung Rückwand und mit dem Verzicht auf jegliche Einwinkelung wurde es immer besser…

In dem Moment, als die Schweizerin richtig stand, ging die Post ab. Einen solchen Drive, einen solchen Elan ist man in der audiophilen Kompaktklasse einfach nicht gewohnt. Bisweilen kam ich mir vor, als hätte ich vorher einen Fishermans Friend („sind sie zu stark, bist du zu schwach“) eingeworfen. Mir wurden jedenfalls gründlich Ohren, Augen und Nase durchgefegt.

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Ein großes Werk Jimi Tenors Terra Exotica (Cover: Amazon)

Die Stenheim zelebriert Impulse (wie zum Beispiel Schläge auf eine Snaredrum) mit einer solchen Kraft und Genauigkeit wie man es sonst nur von größeren Studio-Monitoren kennt. Zur Jazz Big Band namens Helsinki Jazz Orchestra, die mit Jimi Tenor das wunderbare Werk Terra Exotica eingespielt hat, gehört ein grandioses Bläser-Set. Wer es mit der Stenheim hört, ahnt auf einmal, wieviel Kraft diese Instrumente entwickeln, wie kernig-knarzig sie klingen können.

Stenheim Alumine TWO vs Dynaudio Heritage Special
Die Alumine TWO auf dem Stenheim-Ständer und die Dynaudio Heritage Special im kleinen LowBeats Horraum (Foto: H. Biermann)

Mit den meisten Lautsprechern dieser Größenklasse klingen gerade diese Bläser eher flau – einfach, weil der nötige Dynamik-Headroom gar nicht geboten ist. Die halb so teure LowBeats Referenz Dynaudio Heritage Special spielte fraglos in den unteren Mitten etwas wärmer und habhafter, die verführerische B&W 805 D4 in den oberen Lagen noch charmanter, feiner, filigraner. Aber in Bezug auf die Dynamik, den Antritt und der Sauberkeit liegen zwischen B&W sowie Dynaudio auf der einen und der Stenheim auf den anderen Seite ganze Klassen. Hier greifen nicht nur die Vorzüge der größeren Dynamik-Fähigkeiten, sondern auch die des fast vibrationsfreien, bunkerähnlichen Gehäuses. Das nämlich ist die Grundlage für diesen herausragend klaren, neutralen und schlackenlosen Ton.

Viele Musikfreunde haben sich womöglich im Laufe der Zeit an diesen leicht wolkig-warmen Grundtonbass (den Holzgehäuse in der Regel erzeugen) gewöhnt. Ehrlicher und richtiger aber ist das, was die Stenheim aus den Aufnahmen zaubert. Und ja: Dynaudio und B&W können einen beeindruckend-glaubhaften, plastisch ausgestalteten Raum aufziehen. Die Raumabbildung der Alumine TWO ist etwas kompakter, aber nochmals genauer gezogen.

Fazit Stenheim Alumine TWO

Die kleine Stenheim gehört direkt an die Rückwand – das macht sie so wertvoll. Denn welche High End-Box ist nicht für eine freie Aufstellung konzipiert? Eben. Die Alumine TWO dagegen bringt höchste audiophile Performance auch in beengte Verhältnisse. Und was sie ebenfalls aus der Vielzahl sehr guter Kompaktboxen herausragen lässt: Ihr Wirkungsgrad ist so hoch, die elektrischen Werte so alltagstauglich, dass selbst bezaubernde 10-Watt-Röhren mit den kleinen Schweizern groß aufspielen. Das bringt die Praxisnote natürlich nach oben. Und auch die Verarbeitung ist ohne jeden Makel. Das können die Schweizer einfach…

Klanglich geht die Alumine TWO in die Live-haftige Richtung. Moment mal: Das kommt ihnen bekannt vor? Außergewöhnlich feste Gehäuse, hohes Pegelpotenzial und viel Dynamik, Präzision und Lebendigkeit? Richtig. Die Stenheim ist von ihren klanglichen Eigenheiten den Modellen eines sehr bekannten US-amerikanischen Vorzeige-Herstellers ähnlich. Wer also zu den Lautsprechern von Wilson eine europäische Alternative sucht, könnte hier echt fündig werden…

Stenheim
Alumine TWO
2022/01
Test-Ergebnis: 4,5
ÜBERRAGEND

Bewertung

Klang
Praxis
Verarbeitung

Gesamt

Die Bewertung bezieht sich immer auf die jeweilige Preisklasse.
Wunderbar offener, lebendig-präziser Klang
Enorm hohe Pegelfestigkeit
Für die Aufstellung an der Rückwand konzipiert
Harmoniert mit quasi jedem Verstärker

Vertrieb:
ATR – Audio Trade
Schenkendorfstraße 29
45472 Mülheim an der Ruhr
www.audiotra.de

Paarpreis (Hersteller-Empfehlung):
Stenheim Alumine TWO: ab 12.500 Euro

Die technische Daten

Stenheim Alumine TWO
Konzept:2 Wege Kompaktbox, Bassreflex
Bestückung:HT = 26 mm, TMT = 16,5 cm
empf. Mindest-Leistung des Verstärkers:2 x 20 Watt
Empf. max. Raumgröße:25 Quadratmeter
Besonderheiten:für wandnahe Aufstellung konzipiert
Maximalpegel (Dauer / kurzfristig):99 / 111 dB
Abmessungen (B x H x T):33,0 x 23,0 x 27,5 cm
Gewicht:17,0 Kilo
Alle technischen Daten
Mit- und Gegenspieler:

Test Kompaktbox B&W 805 D4: wieder das Maß ihrer Klasse?
Test Dynaudio Heritage Special: in der Tradition der großen Sondermodelle
Test Class-A-Verstärker Luxman L550 AX Mk-II: wenn 20 Watt einfach genug sind
Test Fezz Audio Lybra: Single-Ended Röhren-Amp mit doppelter 300B
Test Vollverstärker Neukomm CPA155S – der kompakte Favoritenkiller

Autor: Holger Biermann

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Chefredakteur mit Faible für feinste Lautsprecher- und Verstärkertechnik, guten Wein und Reisen: aus seiner Feder stammen auch die meisten Messe- und Händler-Reports.