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Fidelice 7566 front view
Braucht sich trotz kompakter Abmesssungen vor den "Großen" absolut nicht zu verstecken: Phono-Preamp Fidelice 7566; 1.390 Euro (Foto: Fidelice)

Test Fidelice 7566 – Phono-Preamp mit legendärem Neve-Sound

Studio-Legende Rupert Neve hat sein Faible für HiFi entdeckt und entwickelt unter dem Label Fidelice erschreckend gute Komponenten. Wie zum Beispiel die MM/MX-Phonostufe Fidelice 7566. Eine der positivsten Überraschungen der letzten Monate.

Was die Namen Nelson Pass oder Dan D’Agostino für die HiFi-Szene bedeuten, gilt im Tonstudiobereich fraglos für Rupert Neve. So war es der gebürtige Brite, der seit den frühen Siebzigerjahren mit seinen legendär klingenden Neve-Mischpulten die Basis für unzählige State-Of-The-Art-Musikproduktionen schuf. Nicht umsonst also ist eine analoge Neve-2028-Konsole „Dreh- und Angelpunkt“ eines sehenswerten Kult-Films: Sound City dokumentiert Aufstieg und Niedergang des berühmten, gleichnamigen Tonstudios nahe Los Angeles – inklusive Interview mit Rupert Neve.

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Tatsächlich besitzt der hier vorgestellte Phono-Preamp Fidelice 7566 die gleichen Gene wie sein ausladender Vorfahre. Immerhin ist die Marke Fidelice der highfidele Ableger der Firma Rupert Neve Designs, beheimatet in Wimberley/Texas. Dort stellt man nach wie vor professionelles Outboard-Equipment her, unter anderem Mikrofon-Preamps, Kompressoren und Equaliser. Letztere sind seit eh und jeh Spezialität des Hauses: Als elementares Werkzeug bei Musikproduktionen waren nicht zuletzt sie es, die den legendären Neve-Klang prägten.

Der Einstieg von Rupert Neve Designs in den HiFi-Markt mit einem Phono-Preamp lag daher ziemlich nahe. Schließlich ist ein Phono-Entzerrer nichts anderes als ein kräftig zupackender Equalizer mit einer gehörigen Grundverstärkung. Zwar lassen sich Phono-Preamps mittlerweile schaltungstechnisch recht unproblematisch und mit ordentlichen Messwerten realisieren. Richtig guter Klang jedoch erfordert viel Erfahrung – die perfekte Aufgabenstellung also für Fidelice.

Fidelice 7566 – Fakten

1.390 Euro lautet die unverbindliche Preisempfehlung für den Fidelice 7566. Dafür bekommt man ein optisch recht ungewöhnliches, keineswegs unattratives Gerät: Seine trapezförmigen Seitenwangen sowie die oben eingelegte Echtholz-Zierblende machen den Fidelice 7566 auf jeden Fall zum Hingucker. Auffallend dabei auch sein extrem stabiles, resonanzarmes Aluminiumgehäuse. Es dürfte selbst meterhohe Stürze unbeschadet überstehen. Praktisch: Aufgrund seiner kompakten Abmessungen benötigt der Texaner nur wenig Platz im HiFi-Rack. Notfalls kann er sich auch mal hinter einer anderen Komponente verstecken.

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Fidelice 7566 rear view with terminal
Stolz prangt auf der Rückseite des Fidelice 7566 der Schriftzug „Made in USA“. Anschlussbestückung und Bedienelemente entsprechen dem üblichen Standard (Foto: Fidelice)
Fidelice 7566 cabinet profile
Für die Ewigkeit gebaut: Das Gehäuseprofil des Fidelice 7566 ist enorm robust und zudem resonanzarm. (Foto: J. Schröder)
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Zum Lieferumfang des Fidelice 7566 gehört ein externes 24-Volt-Schaltnetzteil, das auf Zwangserdung mittels Schutzkontakt verzichtet. Zweifellos ist dies eine der effektivsten Maßnahmen, um die bei Phono-Setups stets lauernden Brummprobleme aufgrund von Mehrfach-Erdung zu umgehen.

Die Bedienelemente beim Fidelice 7566 sind schnell aufgezählt. Auf seiner Rückseite finden sich der Ein/Ausschalter sowie der Gain-Wahlschalter für Moving-Coil/Moving-Magnet-Betrieb. Frontseitig angeordnet sind der zuschaltbare Rumpelfilter sowie ein Wahlschalter für die Eingangskapazität bei MM-Betrieb. Nicht zu vergessen die LED zur Betriebsanzeige – das war’s schon. Auch im Inneren gibt es beim Fidelice 7566 nichts umzuschalten oder vorzuwählen: Er arbeitet mit festen Eingangswiderständen – die üblichen 100 Ohm bei MC-Betrieb, sowie normgerechte 47 Kiloohm bei MM-Betrieb.

Die Technik

Angesichts seiner knappen Abmessungen erwartet man beim Blick ins Innere des Fidelice die in dieser Preisklasse übliche Technik. In Worten: Rauscharme Operationsverstärker-Chips, hie und da ergänzt mit einzelnen Transistoren, prägen in der Regel den mit SMD-Bauteilen gepflasterten Signalpfad.
Doch weit gefehlt: Sage und schreibe 48 diskrete Halbleiter beschäftigt der Fidelice 7566 in strikt sektoriell angelegten Funktionsbereichen für Eingangsverstärkung, Entzerrung und Ausgangstreiber. Einzig der Rumpelfilter greift auf einen speziellen, integrierten Operationsverstärker zurück.

Fidelice 7566: Motherboard complete
Das Motherboard zeigt sich klar gegliedert in Funktionsbereiche. In sechs Class-A-Verstärkerstufen arbeiten insgesamt 48 diskrete FETs und Transistoren (Foto: J. Schröder)

Obiges Foto lässt eine gewisse Ähnlichkeit der einzelnen Funktionsbereiche erkennen. Tatsächlich handelt es sich durchwegs um separate Class-A-Verstärkerchen, deren Eingangsstufen mit Feldeffekttransitoren (FET) bestückt sind. Diese Konfiguration besitzt den Vorteil, dass sie klanglich recht unempfindlich gegenüber von außen eindringenden Hochfrequenz-Störsignalen ist. Diese können sich auch über die Audiokabel-Verbindungen einschleichen, wenn Ausgleichsströme über die Masseleitungen zwischen den Komponenten fließen.

Fidelice 7566 Block Diagram
Blockdiagramm Fidelice 7566: MC- und MM-Eingänge besitzen jeweils eigene, optimierte Eingangsverstärker. Die RIAA-Entzerrung erfolgt rein passiv über Widerstände und Kondensatoren (Grafik: Fidelice)

Der Blick ins Blockschaltbild zeigt, dass der Fidelice 7566 die Schneidkennlinien-Entzerrung auf rein passive Weise durchführt. Dies erfolgt nach RIAA-Vorgabe mit den Zeitkonstanten 3180, 318 und 75 Mikrosekunden. Nicht zu Unrecht gilt die passive Schneidkennlinien-Entzerrung unter Audiophilen als klangbeste Lösung. Einzig auf diesem Wege lässt sich die beim Schneiden der Lackfolie durchgeführte RIAA-Vorverzerrung perfekt (minimalphasig) kompensieren. Zudem können die Verstärkerstufen dank konstantem Gegenkopplungsfaktor verzerrungsarm über die gesamte Audiobandbreite arbeiten.

In der Praxis

Signale von MM-Tonabnehmern verstärkt der 7566 um 40 Dezibel (100-fach), diejenigen von MC-Tonabnehmern um 60 Dezibel (1.000-fach), bezogen jeweils auf die Standardfrequenz von 1.000 Hz. Das sollte für die allermeisten Tonabnehmer beider Bauformen ausreichen, „ultraleise“ Single-Coil-Layer-Pickups einmal ausgenommen.
Dabei bietet der Fidelice selbst für allerheißeste Direktschnitte, abgespielt mit High-Output-Tonabnehmern, noch reichlich Dynamikreserven. Schließlich kann er bei Vollaussteuerung Ausgangsspannungen von über 7 Volt bereitstellen. Alle Ehre macht der 7566 auch dem Prinzip der passiven Schneidkennlinien-Entzerrung: Wie untenstehende Messung zeigt, begradigt er die RIAA-Vorverzerrung mit einer Genauigkeit von besser als +/- 0,2 Dezibel nahezu perfekt.

Fidelice 7566 – R.I.A.A Frequency Response MC/MM
Fidelice 7566 – RIAA-Frequenzgänge im MC- und MM-Betrieb. Das Post-Equalising gelingt nicht nur vorbildlich linear im Bereich von +/- 0,2 dB, sondern auch perfekt kanalgleich. Gut gewählt auch die Charakteristik des Subsonic-Filters (orangefarbene Linie) (Messung: J. Schröder)

Eher untertrieben ist auch der etwas schnöde wirkende Begriff „Rumpelfilter“. Wie obige Messung zeigt, handelt es sich hier vielmehr um ein „echtes“ Subsonic-Filter mit einer Grenzfrquenz von etwa 11 Hertz bei einer Flankensteilheit von 18 Dezibel/Oktave. Perfekt also, um durch Trittschall verursachtes Membranflattern zu reduzieren, ohne dadurch den Tiefbass klanglich auszudünnen.

So klingt der Fidelice 7566

Um einem ambitionierten Phono-Preamp so richtig auf den Zahn zu fühlen, braucht’s fürwahr eine gediegene Analog-Umgebung. Ein geradezu perfektes Umfeld für diesen Test fand sich in Stuttgarts wohnlichstem HiFi-Studio: Bei Fastaudio in der Brählesgasse 21 dreht sich schließlich alles um das Thema Vinyl. Piekfeine Tonabnehmer aller Bauformen und die Crème de la Crème der Phono-Amps geben sich hier die Ehre – für jeden anstehenden Hörvergleich konnten wir also aus dem Vollen schöpfen.

Thomas Fast, Ladenbesitzer und Vertriebsinhaber von fastaudio
Hier schraubt der Chef noch selbst: Thomas Fast, Inhaber vom Stuttgarter HiFi-Studio fastaudio, beim Setup des Blue Amp model Blue mkII zum Hörvergleich mit dem Fidelice 7566 (Foto: J. Schröder)

In dieser noblen Test-Umgebung machte der Fidelice 7566 nicht bloß eine gute Figur – er entwickelte sich sogar zu einer Art „Sympathieträger“. Hauptgrund hierfür war zweifellos, dass er trotz seines moderaten Budgets erstaunlich gute Klangeigenschaften an den Tag legte. Tatsächlich gelang es der Rike Audio Natlija Phono III, dem vinylem Grove eine noch intensivere, räumliche Atmosphäre zu entlocken. Auch ließ es der Blue Amp model blue Mk II in den tiefsten Basslagen noch etwas vehementer, mächtiger grollen.

Dennoch war das Zurückstöpseln auf den Fidelice 7566 niemals mit Ernüchterung oder gar Enttäuschung verbunden, weil sich stets von Neuem bestätigte: Das Teil klingt absolut super. Ausschlaggebend hierfür waren zum einen die völlig unaufgeregte, räumlich wohlgeordnete Wiedergabe. Stimmen hattten ein warmes, aber nicht angedicktes Timbre und waren frei von jeglicher Rauigkeit. Dank feingezeichneter Konturen wirkten Musiker und Instrumente glaubhaft in Größe und Ausdehnung. All das führte zu einem überzeugend natürlichen Klangbild.

MC oder MM? Beides!

Natürlich haben wir den Fidelice 7566 mit diversen MC- und MM-Systemen gehört. Dazu zählten beipielsweise: Ortofon 2m Bronze; Grado Master 3 (High Output); Lyra Etna SL (mit Übertrager Consolidated Audio Monster Can); Lyra Delos. Obwohl er auf umschaltbare Eingangswiderstände verzichtet, arbeitete der Fidelice 7566 die Charaktere der einzelnen Pickups sehr gut nachvollziehbar heraus. Mein persönliches „Traumpaar“ aus dem Pickup-Dating war das Zusammentreffen mit dem Lyra Delos, welches auch preislich perfekt zum Fidelice 7566 passt. Das war denn auch das DreamTeam für analoge Sternstunden nach vollendetem Hörtestparcours: Egal, ob sich LPs von Bert Kaempfert oder Cinematic Orchestra auf den Tellern drehten – es klang stets „richtig“ und richtig gut.

Fidelice 7566 – Fazit

Mit dem 7566 landet der HiFi-Newcomer Fidelice einen echten Coup: Dank durchdachter Schaltungstechnik „designed by Rupert Neve“ setzt der 7566 in seiner Preisklasse klangliche Maßstäbe. In der Praxis punktet er durch kompakte Abmessungen, unkomplizierte Bedienung und robuste Konstruktion. Wer einen superb klingenden, zudem alltagstauglichen Phono-Preamp sucht, kann die für ihn fälligen 1.400 Euro kaum besser anlegen.

Fidelice 7566
2020/09
Test-Ergebnis: 4,7
überragend
Bewertung
Klang
Praxis
Verarbeitung

Gesamt

Die Bewertung bezieht sich immer auf die jeweilige Preisklasse.
Hervorragend natürlicher Klang, MC wie MM
Rein passive, hochgenaue Entzerrung
Kompaktes, extrem robustes Gehäuse
MC-Eingangswiderstand nicht wählbar

Vertrieb:
Mega Audio GmbH
Feldborn 3
D-55444 Waldlaubersheim
Telefon: +49 (0) 6707 91452-2
www.megaaudio.de

Preis (Hersteller-Empfehlung):
Fidelice 7566: 1.390 Euro

Im Beitrag erwähnt:

Nelson Pass: die Entwickler-Ikone redet Klartext
Interview mit Entwickler-Legende Dan D’Agostino

 

Autor: Jürgen Schröder

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Toningenieur, R&D-Spezialist und das (mess-)technische Gewissen von LowBeats. Kümmert sich am liebsten um Wissens-Themen, Musik und den spannenden Bereich zwischen Studio und HiFi.