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Soulnote E-1 Front
Soulnote hat einen Lauf: Nach dem Vollverstärker A-2 begeisterte nun die Phonostufe E-1 die Redaktion. Das gute Stück ist für eine Phonostufe mit 4.000 Euro natürlich ganz schön teuer. Aber leider auch sündhaft gut... (Foto: Soulnote)

Test MM-/MC-Phonovorstufe Soulnote E-1

Soulnote. Noch nicht gehört? Ein Fehler. Hier wird in Japan gedacht, gehört und gemacht. Das ist ehrlichstes High-End – in noch erschwinglicher Preisrelation. Erst kürzlich verblüffte der Vollverstärker A-2, indem er sich unerhört charmant an die Spitze seiner Klasse spielte. Quasi als weiteren Beleg können wir nun den MM-/MC-Phono-Amp Soulnote E-1 anführen. Auch er setzt in seiner Klasse Maßstäbe. In meinen Ohren ein Fest!

Wie ticken die Japaner? Man weiß es nicht mehr. In den späten 1970er und frühen 1980er Jahren haben sie gefühlt das komplette High-End der Welt beherrscht. Nun ist es leiser geworden. Und Soulnote? Die Company ist erstaunlich jung. Erst 2004 war das Gründungsjahr. Kein Alter für eine japanische Firma, erst recht nicht im Markt des High-Ends. Doch die Geschichte ist spannend. Hier haben sich Abtrünnige versammelt. Ehemalige Mitarbeiter von Marantz, die eigene Werte und eigenes Können in die Königsklasse heben wollen. Hideki Kato ist ein „Chief Sound Manager“ wie er im Buche steht. Einer, der herumfährt und sein fundiertes Wissen auch im fernen Europa kundtut.

Blieb Soulnote bislang etwas unter der Wahrnehmungsgrenze, so nahm sich kürzlich der hiesige IAD-Vertrieb der kleinen Manufaktur an und bringt die Elektronik in deutsche Lande. Ist die japanische Produktion wirklich so klein? Stimmt nicht. Bei CSR, zu dem Soulnote gehört, arbeiten erstaunlich viele Hände an den feinen Schaltungen. 50 Fachkräfte werden beschäftigt. Man residiert im Süden von Tokio, einige Kilometer entfernt. Hier ist alles günstiger. Die Mieten, die Anreise, die Produktionskosten. Und dennoch spürt man das Pulsieren der Millionen-Metropole. Man will in der Welt mitspielen, ganz oben.

Phonoamp Soul Note E-1 Phono: die Technik

Es wäre wunderbar, wenn Soulnote seinen Phonoverstärker mit einer Glasplatte on Top ausliefern würde. Dann könnten wir alle Feinheiten der Schaltung sehen. Röhren sind tabu, digitale Stufen ebenfalls. Soulnote setzt rein auf eine etablierte Transistoren-Schaltung, das kann Hideki Kato wie ein Samurai-Meister. Das Konzept könnte beim E-1 nicht schöner aussehen.

Soulnote E-1 rotes Licht
Die Leuchtfeuer des E-1: Die (roten) LEDs sind Teil der Schaltung und verströmen auch durch die Abdeckung ein magisches Licht (Foto: H. Biermann)

Der Blick unter die Haube verstärkt den Eindruck, den man nach dem Auspacken und dem Auf-/Einstellen bereits gewonnen hat: Hier meint es einer ernst. Da gibt es in der Schaltung eine gefilterte Stromaufbereitung. Nur die beste Kost, selbst bei kritischem Stromfluss kommt hier ein Maximum von Energie an.

Soulnote E-1 innen
Der Aufbau des E-1 ist im schönsten Sinne symmetrisch und mit kurzen Wegen an den Rücken verkabelt. Links von den je doppelt ausgeführten Platinen sitzt die Kondensatorbank, die das Netzteil stabilisiert (Foto: Soulnote)

Vorn in der Mitte liegt ein mächtiger Ringkern-Transformator. Der bestimmt das Gewicht und zudem die Kraftverteilung zu den drei Platinen. Zentral im Gehäuse atmet ein Lüftungsschlitz nach den Spielregeln eines Kamin-Abzugs – alle Hitze wird von hier abgeführt. Doch die schönste, magische Kraft liegt in der Mitte, gleich hinter dem Trafo. Hier verstärkt eine komplett abgekoppelte Platine in perfekter, doppelter Mono-Schaltung.

Soulnote E-1 Anschluss
Auch auf der Rückseite ist alles blitzsauber gemacht. Ein- wie Ausgänge sind sowohl asymmetrisch (Cinch) als auch symmetrisch (XLR) vorhanden (Foto: H. Biermann)

Hier protzt Soulnote regelrecht mit dem eigenen Know-How. Der linke wie der rechte Signalweg laufen absolut symmetrisch. Wer möchte, findet also in dem E-1 einen komplett symmetrischen Verstärker. Hat man also einen Plattenspieler mit MC-Abtaster und symmetrischen Ausgang (so, wie es gerade Pro-Ject propagiert) kann man in die E-1 symmetrisch rein und ebenso wieder raus. Zudem können wir auf der Front nicht nur umfassend die Empfindlichkeit und die Entzerrung regeln, auch die Verstärkung ist feinjustierbar. Allerdings sind nur MCs feiner anpassbar; für MM-Abtaster wählte Kato den gängigen Abschluss-Widerstand von 47 KOhm. Das ist absolut OK, zeigt aber, dass der Japaner – auch wegen der symmetrischen Schaltung – mit seiner Phonostufe wohl eher die hochwertigen MCs als Spielpartner im Auge hat.

Soulnote E-1 MC-Anpassung
Der E-1 ist selbstredend für MM- als auch für MC-Tonabnehmer zugänglich. Die Anpassung erfolgt dankenswerterweise nicht per Mäusekavier hinten oder unten, sondern leicht zugänglich auf der Front (Foto: H. Biermann)

Teil des Kato‘ schen Klangkonzepts ist auch immer die Einbindung des Gehäuses. Anders als beim Vollverstärker A-2 (siehe Test) ist bei der Phonostufe der Deckel fest verschraubt. Wie überhaupt der E-1 einen ungemein stabilen Eindruck erweckt. Gleichwohl sind auch hier Ideen zur Resonanzabführung zu erkennen. Beispiel: Einer der drei Standfüße sitzt direkt unter dem Ringkerntrafo. Dadurch sollen die Vibrationen abgeführt werden. Andere Hersteller setzen auf Kunststoff, Soulnote hingegen koppelt die Isolation der Bauteile per Metall ab.

Soulnote E-1
Der hinter Gerätefuß sitzt unterhalb des Trafos (Foto: H. Biermann)

Die Liebe bei der Konzeption, der hohe materielle Aufwand, der blitzsaubere Aufbau – das alles sagt uns: oha, das wird teuer. Aber die Überraschung: Die 4.000 Euro seines Preisschildes würde ich nicht als Schnäppchen bezeichnen, aber für punktgenau angemessen.

Der Hörtest

Doch wie tönt es? Hier hat Hideki Kato eine interessante, eigenwillige Philosophie: Messergebnisse sind schön, aber nichts geht über die aktive Ohrenarbeit. So wurde auch dieser Phono-Amp entworfen. Er klingt zwar irgendwie süffig, aber nie zu samtig und tendenziell hochauflösend. Schnell wird deutlich: Natürlich will Kato auch das schöne Vinyl-Gefühl, aber die Summe der Informationen war ihm noch ein bisschen wichtiger. Der E-1 ist eine analoge Erlebnismaschine.

Die Neupressung der Beatles. „Revolver“ fand ich bei weitem nicht so gut gelungen; der Remix der späteren Alben von „Sgt. Pepper“ bis „Let it be“. Das Vinyl liegt um einige Zentimeter vorn. Aber weil ich die Platte gerade so gut im Ohr habe, muss sie auch hier ran. Wieder begegnet mir die überhelle Abmischung. Aber der Bass hat an Kontur gewonnen. Der Soul Note ordnet wesentlich feiner als so mancher Streamer bei der High-Res-Auflösung. Auch die Singstimmen wirken freundlich-präsenter. Da ist mehr Punch, mehr Herzblut. Schon nach „Taxman“ bin ich mir sicher: Das ist eine Phonostufe, die ich gern im heimischen Rack sehen wollte. Auch, weil sie mit klassischer Musik so informativ und zart umgehen kann.

Beatles "Revolver" Cover
Mit „Revolver“ startete eine neue Phase bei den Beatles. Das Remaster ist allerdings nicht ganz so großartig gelungen wie die zuvor remasterten Alben (Cover: Qobuz)

Kurz vor dem Test war mir auf dem Flohmarkt eine wunderbare Pressung der EMI zugefallen. Alle vier Symphonien von Johannes Brahms. Ebenfalls, wie die Beatles, aufgenommen im EMI-Studio an der Abbey Road. Carlo Maria Giulini dirigiert das Philharmonia Orchestra. Ein zweiter Link zu den Beatles: auch diesmal sind wir in den 1960er Jahren unterwegs. Toll, wie die Soulnote diesen hohen Sättigungsgrad schafft. Die E-1 zeigt ALLES, ist ungemein analytisch unterwegs, aber nie kalt. Ihre Spielfreude und ihre Natürlichkeit wärmt sogar in kalten Wintertagen.

Wichtig ist natürlich die Qualität des Tonabnehmers. Da sollten wir schon round/about bei 1000 Euro unterwegs sein. Natürlich gibt es keinen Zwang zu einem MC-System. Ich nutze für solche Zwecke gern mein Ortofon LVB 250. Auch das klingt hier fantastisch. Trotzdem plädiert Kato mit seiner Konstruktion und Anspruch der E-1 eher auf hochwertige MCs. Prinzipiell gilt: Bitte nicht die Tendenz zur Analyse doppeln. Oder anders: lieber Goldring und Grado als Lyra.

Wir hatten auf dem neuen Transrotor Max Nero 2022 das Transrotor Merlot, das ja ein umgelabeltes Goldring ist. Herzerfrischend, wie weit gespannt die E-1 damit das Orchester im Panorama vor die Ohren bringt. Das hatte fast holographische Qualitäten. Einen solchen Sog in die Tiefe habe ich – obwohl ich wirklich viele Phonostufen testmäßig höre – bei schwarzen Scheiben nur ganz selten erlebt. Allenfalls bei High-Res-Files mit unfassbar aufwändiger Mikroaufstellung. Um die Faszination komplett zu machen, legt der E-1 auch eine wirklich leckere Staffelung der tiefen Frequenzen an. In vielen Aufnahmen kann man beim besten Willen die Sitzordnung der Celli und der Kontrabässe nicht unterscheiden. Hier aber eine Abbildung wie aus dem Musteralbum. Als wäre es live.

Zum Gegencheck griff ich gleich zum Besten, was das LowBeats Referenzregal derzeit hergibt: Der Dauerbrenner „The Groove Anniversary“ (Preis: knapp 3.000 Euro) von Tom Evans ist ja selbst schon eine Ikone und eine jener Phonostufen, die man trotz ihrer langen Laufzeit in dieser Preisklasse bedenkenlos in das obere Drittel wählen würde. Die Amerikanerin faszinierte – wie immer – mit ihrer Souveränität und ihrem eher gesetzten, aber ungemein natürlichen Auftritt. Chöre oder große Orchester standen absolut wirklichkeitsnah im Hörraum. Und trotzdem hatte ihr Klangbild weder die Pracht, die Weite noch die Leichtigkeit der Japanerin. Für mich keine Frage, wem ich hier den Vorzug gäbe…

Fazit Soulnote E-1

Vielleicht ist es wirklich die Zauberformel: Entwickle gutes High-End mit deinen Ohren, nicht mit deinen Messinstrumenten. Genauso hält es Hideki Kato von Soulnote. Und er steht auf der richtigen Seite. Der E-1 ist ein wunderbar musikalischer, stimmiger, schlicht „richtiger“ Phono-Amp, wie ich ihn seit Jahren nicht gehört habe. Es stimmt das Gewicht von Herzblut zu Vinyl-Samt und kerniger Analyse. Zudem perfekt anpassbar an jeden etablierten Tonabnehmer. Der Preis ist angemessen – angesichts des Aufwands, angesichts der musikalischen Freuden. Gibt es Konkurrenten? Zu diesem Preis, in diesem Finish nicht wirklich.

Soulnote E-1
2022/12
Test-Ergebnis: 4,6
ÜBERRAGEND
Klang
Praxis
Verarbeitung

Gesamt

Die Bewertung bezieht sich immer auf die jeweilige Preisklasse.
Extrem feiner, offener, aber immer natürlicher Klang
Komplett symmetrisch aufgebaut. Symmetrische Ein- wie Ausgänge
Penibel saubere Verarbeitung
Keine Feinanpassung für MM-Abtaster

Vertrieb:
IAD GmbH
Johann-Georg-Halske-Strasse 11
41352 Korschenbroich
www.soulnoute.audio

Preis (Hersteller-Empfehlung):
Soulnote E-1: 4.000 Euro

Die technische Daten

Soulnote E-1
Konzept:Transistor-Phonoverstärker für MM + MC
Ein-/Ausgänge:jeweils 1 x asymm. (Cinch) + 1 x symm. (XLR)
Abschluss MM:47 kOhm
Anpassung MC:1.000 Ohm, 300 Ohm, 100 Ohm, 30 Ohm, 10 Ohm und 3 Ohm
Besonderheiten:komplett symmetrischer Aufbau
Abmessungen (B x H x T):43,0 × 10,9 × 40,9 cm
Gewicht:9,5 Kilo
Alle technischen Daten
Mit- und Gegenspieler:

Test Plattenspieler Transrotor Max Nero 2022 mit RB880 und Merlo
Test Jubiläums-Tonabnehmer Ortofon 2M Black LVB 250

Mehr von Soulnote:

Test Vollverstärker Soulnote A-2

Autor: Andreas Günther

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Der begeisterte Operngänger und Vinyl-Hörer ist so etwas wie die Allzweckwaffe von LowBeats. Er widmet sich allen Gerätearten, recherchiert aber fast noch lieber im Bereich hochwertiger Musikaufnahmen.