Die Schweiz. Ein Land in höchster Demokratie. Alles ist alles blitzblank. Aber: Hier ist auch nichts wirklich billig. Das gilt in gewisser Weise auch für die Piega Ace 30 Wireless, die neuen, schlauen und winzigen Edellboxen, mit dem die Lautsprecher-Experten vom Zürich-See den Schreibtisch wie das kleine Wohnzimmer gleichermaßen erobern wollen. Und so, wie der Kleine aufspielt, wird das wohl auch gelingen.
In meiner Erinnerung nimmt Piega einen großen Spielplatz ein. Vor über einem Jahrzehnt war ich fasziniert von den großen Alu-Säulen. Das sah wunderbar im Raum aus. Zudem haben die Schweizer einen Maßstab gesetzt, mit einem Koax-Chassis, das es nur hier gab. Eine Kombination aus Mitteltöner plus einem Hochtöner im Inneren – als Bändchenkonstruktion. Das konnte über all die Jahre nur ein Spezialist bei Piega zusammensetzen: Mario Ballabio übernahm diese komplexe Aufgabe von seinem Vater. Und so wie es aussieht, überträgt er den Job jetzt an seine Tochter. Eine solche dynastische Verantwortung kenne ich aus keiner anderen Firma. Sie sind halt speziell, diese Eidgenossen. Und sie können was…
Das Konzept der Piega Ace 30 Wireless
Aber klar, man konnte sich nicht hundert Jahre auf solchen Alleinstellungsmerkmalen ausruhen. Neue Felder mussten ertastet werden. Auch eine Pflicht für die mittleren Hersteller auf dem Weltmarkt. Also huldigt auch Piega dem Trend – aktiv muss es sein und in das heimische WLAN-Netzwerk muss es passen. Aber natürlich auch dem eigenen Anspruch an Verarbeitungs- und Klangqualität.
Nun hätte ich erwartet, dass das Kollektiv vom Zürichsee vor allem aktive Module für ihre großen Luxusmodelle nutzt. Irrtum. Die Schweizer haben eine komplett neue Serie entwickelt – mit diesen Winzlingen als Basis. Und natürlich besteht dessen Gehäuse Piega-typisch aus einem sehr festen Aluminium-Strangguss mit fest verklebten Deckel- und Bodenteilen.
Spätestens hier erkennen wir den hohen audiophilen Anspruch: Auch bei der Ace 30 Wireless wird akkurat auf höchste Resonanzarmut geachtet. Der Strangguss hat an verschieden Stellen Verstärkungen, die planen Stellen der (leicht gerundeten) Wände sind mit Antidröhn-Matten beklebt und so zusätzlich beruhigt. Wer die Gelegenheit hat, der klopfe doch einmal auf die kleinen Alu-Gehäuse: Die sind so perfekt bedämpft, das würde ich mir auch von sehr viel teureren Lautsprechern wünschen…
Eine Ace 30 Wireless kann sich problemlos hinter einem DIN-A4-Blatt verstecken. Das ist ein kritisches Maß. Denn zumeist begegnen uns in dieser kompakten Bauklasse nur brüllende Design-Lautsprecher. Was ich überhaupt nicht mag. Da wird die Musik wie aus einer Tröte in den Raum gepresst. In der Regel fehlt die Eleganz, die Leichtigkeit.
Doch die Schweizer sind schlau. Sie haben investiert und einen neuen Kollegen angestellt. Dominik Züger ist ein echter Fachmann für Amping und digitale Signalverarbeitung – und plötzlich stehen alle Optionen offen. Ein normaler Lautsprecherhersteller hätte einfach in Fernost ein Modul aufgekauft und im Rücken des Lautsprechers mit den Chassis verlötet. Hier jedoch findet sich eine clevere Neukomposition.
Natürlich hat Dominik Zügler für die neuen Ace-Speaker das Rad nicht neu erfunden. Auch in der Ace 30 wird digital verstärkt, jede Box hat ihre Elektronik eingebaut. Ist Ace also kein Master/Slave-System wie wir es so oft am Markt finden? Doch. Jedes Stereo-Pärchen besteht aus einem Tx- (Transmitter-) und einem Rx- (Receiver-) Modell. Tx könnte theoretisch auch allein spielen, Rx kommt ohne den Tx-Speaker nicht aus – es sei denn, er wird über einen anderen Hub gespeist.
Wir wollen es an dieser Stelle nicht unnötig kompliziert machen. Der Tx-Speaker (Preis: 1090 Euro) schickt die Musik kabellos an den Rx-Kollegen (Preis: 900 Euro). So weit so gut. Wer aber – dieser Schlenker sei hier erlaubt – ein Ace Wireless Mehrkanal-System aufbauen will, kauft fünf der etwas günstigeren Rx-Lautsprecher. Diese beziehen dann ihre Signale von einem WiSA-fähigen TV oder eben einem speziellen WiSA-Hub. Die Tx-Version beherrscht Google Chromecast, Spotify Connect sowie Bluetooth. Und es findet sich sogar der Hinweis auf „Roon Ready“. Wer öfters LowBeats liest weiß, dass wir uneingeschränkte Fans dieses universellen Musikverwaltungsprogramms sind…
Hinzu kommt ein ganzes Bündel von “smarten” Prozess-Möglichkeiten, die den Winzling ganz schön vielseitig machen: Wir können die Kompaktlinge im ganzen Lebensraum verteilen. Sie sind Multi-Room-fähig. Dazu können wir per kleinem Kippschalter eine sogenannte Ortsentzerrung vornehmen: „Neutral“, „Wall“ und „Sub“ (für die Kombination mit einem Subwoofer) stehen als Option bereit.
Die Technik: hinein per Funk oder per Kabel
Wie kommen wir hinein in die Winzlinge? Wer wenig tun möchte, stellt sie als Stereopaar auf, zückt sein Smartphone und koppelt sie per Bluetooth an. Oder wir streamen unsere Musik per WLAN. Das ist deutlich eleganter. Wer das Absolute sucht, steckt ein weiteres Kabel per Ethernet herbei. Ebenso selbstverständlich geht es auch S/PDIF hinein. Die maximale Auflösung liegt bei 24 Bit und 192 Kilohertz.
Die Bedienung der auch von Piega Entwickler Züger verwendeten Plattform ist ebenso vielseitig: Sie läuft per Smartphone oder Tablet, aber es kann auch die TV-Fernbedienung genutzt werden.
Klassisch ist indes die Lautsprecherbestückung. So bleibt sich Piega hier der hauchdünnen Folie treu, allerdings hier in Form eines Air Motion Transformers nach Oskar Heil. Darunter gibt es einen klassischen Tiefmitteltöner mit 12 Zentimetern in der Diagonale – Piega nennt es „Maximum Displacement Suspension“. Das ist ehrlich, kann aber – wir befinden uns im Miniboxenbereich – erwartungsgemäß nicht ultimativ tief aufspielen: Unter 50 Hertz passiert nicht so viel.
Der intelligente Bass
Sollte man meinen. Denn hier greift nun die intelligente, pegelabhängige Loudness-Entzerrung. Bedeutet: Bei kleinen Lautstärken werden die unteren Mitten und Bässe blitzschnell angehoben – beziehungsweise bei höheren Pegeln wieder abgesenkt. Und zwar nach den Spielregeln der Hörpsychologie. Also mit Sicherheit außerhalb der linearen Hoheit. Doch genau dieser Effekt macht die Ace 30 Wireless so schmeichelhaft und stimmig. Sie folgt höchst charmant der individuellen Lautstärkevorgabe. Das macht moderne Technik möglich. Wir kennen das Prinzip von den modernen Braun– und Cabasse-Lautsprechern
Aber auch smarte Elektronik kann die Physik nicht außer Kraft setzen. Weil die Piega wegen dieser cleveren Entzerrung immer vergleichsweise vollmundig klingt (und mehr Bass macht als ihr eigentlich zuträglich ist), ist sie vergleichsweise leise. Mehr als ein Dauer-Spitzenpegel von 78 Dezibel (in 1 Meter Entfernung) war ihr ohne größere Verzerrungen nicht zu entlocken. Kurzfristig wirds natürlich lauter. Trotzdem ist die Ace 30 Wireless die “leiseste”, bislang gemessene Box bei LowBeats. Wer an Partys mit dem kleinen Ding denkt, sollte sich von diesen Vorstellungen verabschieden.
Es sei denn, er liebäugelt mit der Anschaffung eines zusätzlichen Subwoofers. Bei einem Piega-Besuch vor wenigen Wochen konnten wir das Zusammenspiel der kleinen Ace 30 mit dem Serien-Subwoofer hören, der aber noch nicht verfügbar ist. Doch bei der Präsentation am Zürich-See klang die Kombination beeindruckend gut – auch ein Ergebnis des gelungenen Übergangs.
Der Höreindruck: beeindruckend
Weil aber der Subwoofer – wie schon angedeutet – noch nicht verfügbar ist, musste der Hörtest im LowBeats Studio ohne den hübschen Piega-Sub stattfinden. Der erste Schritt: Die zwei Aluboxen wollten in unser Netzwerk eingebunden werden. Wir teilen beiden ihre Position im Raum zu. Alles wie nach den Vorgaben der Bedienungsanleitung, alles klappt reibungslos. Dann, zum Warmwerden, ein Stream aus alten Tagen: die Rolling Stones mit „Paint it Black“. Da haben die Tontechniker erstaunlich wenig Raum hinzu gemischt. Das klingt wie eine Axt auf dem Holzscheit – unerbittlich, aber effektiv.
Genau diese Musik habe ich ausgewählt, weil die meisten Boxen dieser Größe daran scheitern. Nennen wir den Namen des Konkurrenten: Beim Marktführer, bei Sonos, wird daraus ein Mix aus Fritteuse und Bratpfanne angerührt. Alles nett, schmackhaft, aber ohne Kontur. Piega hingegen gelingt die Darreichungsform. Man hört die Saiten, das Pulsieren des Schlagzeugs, die Stimme in der Mitte. Nein, das ist keiner der üblichen, musikalischen Luftbefeuchter. Hier gibt es tatsächlich audiophile Werte.
Doch im Keller ist es vergleichsweise hell. Die kleinen Piegas kommen bei höheren Pegeln nicht wirklich in die Tiefen der Bässe hinab. 70 Hertz haben noch Druck. Bei 40 Hertz hingegen hecheln sie kräftig. Was wirklich in die Rippen greift: Im Präsenzbereich sind die Piegas erstaunlich gut aufgestellt. Da pocht es, da spürt man den Rhythmus am Zwerchfell. Andere Lautsprecher in dieser Bauform verfallen schnell auf einen nur scheinbaren Oberbass. Die Schweizer hingegen zeigen sich erfreulich breitbandig und haben einen echten Joker: den Hochtöner. Der ist tatsächlich das Goldstück im Gesamtaufbau. Das Bändchen vermag Luft in das Klangbild zu zaubern. Mehr noch: Dieser Edelhochtöner bestimmt den Drive, das innere Tempo, das wunderbar harmonisch und elegant daherkommt.
Erweitern wir den Test um Klassik. “Der Tod und das Mädchen” – ein berühmtes Streichquartett von Franz Schubert. Die beste Aufnahme, nach meinem Geschmack, stammt vom Quartetto Italiano, erschienen bei Philips. Wie so häufig: die CD ist gut, die LP besser, der Stream von der gerippten SACD ist das Maximum. Man sitzt ultimativ nah an den Masterbändern. Das weiß die kleine Piega Ace 30 Wireless zu schätzen. Das hat in den besten Momenten die Aura eines Nahfeldmonitors im Studio.
Fazit Piega Ace 30 Wireless
Die Schweizer kennen keine Super-Sonderangebote. Alles hat seinen Preis. Das gilt bei edlen Uhren, aber halt auch bei so smarten Lautsprechern wie der Ace 30 Wireless. Man könnte sagen: 2.000 Euro für das Paar Miniboxen sind schon ein gestrenger Schlag ins Kontor; es gibt etliche ähnliche Konstruktionen, die für weniger zu haben sind. Aber dank ihrer modernen Plattform ist die kleine Piega ja nicht nur offen für Roon, Google, Spotify und Multiroom: Weil die Ace 30 Wireless tresorhaft verarbeitet ist und dank intelligenter Bassregelung auch wunderbar vollmundig und in den Mitten sogar Monitor-haft genau klingt, ist Piegas derzeit modernste Box unterm Strich außergewöhnlich gut. Eine dicke Empfehlung.
Bewertung
KlangPraxisVerarbeitungGesamt |
Die Bewertung bezieht sich immer auf die jeweilige Preisklasse. |
| Natürlich-offener Klang mit hoher Mittenpräzision und feinen Höhen |
| Gut funktionierende automatische Loudness |
| Große Vielseitigkeit, Integration in Multiroom- oder Mehrkanalsystem möglich |
| Piega-typische Verarbeitung, exzellent feste Gehäuse |
Vertrieb:
Piega SA
Bahnhofstrasse 29
810 Horgen / Schweiz
www.piega.ch
Paarpreis (Hersteller-Empfehlung):
Piega Ace 30 Wireless Tx: 1.090 Euro
Piega Ace 30 Wireless Rx: 900 Euro
Piega Ace 30 Wireless-Stereoset: 1.990Euro (Silber)
Piega Ace 30 Wireless-Stereoset: 2.090Euro (Weiß / Schwarz)
Technische Daten
Piega Ace 30 Wireless | |
---|---|
Konzept: | 2-Wege Kompaktbox, wireless, aktiv |
Bestückung: | 1 x 12 cm Bass, 1 x AMT Tweeter |
Besonderheit: | besonders festes Aluminium-Gehäuse |
max. empf. Raumgröße: | 16 Quadratmeter |
Ein-/Ausgänge Rx Speaker Version: | Analog Mono, Analog symmetrisch Stereo (IN/OUT) |
Ein-/Ausgänge Tx-Speaker: | Digital coax/optisch, HDMI eARC, Analog Stereo, Ethernet, Externe WiFi Antenne, Externer IR-Empfänger |
Streaming Clients (Tx-Speaker): | Google Chromecast, Spotify Connect (inkl. Spotify HiFi), Roon Ready, Bluetooth, DLNA |
Abmessungen (B x H x T): | 14,0 x 22,0 x 16,0 cm |
Gewicht: | 3,4 Kilogramm |
Alle technischen Daten |
Mehr von Piega:
Test Standbox Piega Ace 50: der Inbegriff der Wohnzimmerbox
Test Standbox Piega Premium 701
Installation: das versteckte Heimkino mit Piega
Test Piega AP 1.2: die High End Minibox