Eine Original Schweizer CD-Kopie mit illegal besorgten Bankdaten über auch nicht unbedingt legale Konten in der Steueroase kostet Millionen. Kaum zu glauben, dass der deutsche Staat, dessen Kreativität auf der Suche nach alternativen Einnahmequellen offenbar keine Grenzen kennt, diese Summen aus öffentlichen Geldern dafür auf dem Schwarzmarkt bereitwillig ausgibt. Noch mehr erstaunt, dass all jene, die selbst bei der Aufklärung von Gewaltverbrechen den Datenschutz in Deutschland über alles stellen, diese fragwürdigen Methoden billigen. Dabei gibt es seit kurzem einen vergleichsweise geschenkt günstigen Weg, die Steuerbürger dazu zu bringen, völlig freiwillig tiefen Einblick in ihre Vermögensverhältnisse zu geben – mit größter Wonne: Die Rede ist vom Rolls-Royce Dawn.
Du kannst in ausgewaschenen Jeans aussteigen und der Porsche-Fahrer, der neben dir parkt, beginnt wie auf Knopfdruck von seinem Zweitwohnsitz auf Mallorca und dem Dritt- und Viertwagen zu berichten. Oder der Nachbar, der auf eine Frage, die nicht gestellt wurde, wie unter Zwang in vorauseilendem Gehorsam zum Besten gibt, dass er sein Geld lieber in einen Whirlpool gesteckt hat, statt es für teure Autos auszugeben. Unaufgefordert und völlig ungehemmt – einfach so. Alles, was du tun musst: Steig aus diesem Auto aus oder stell dich daneben.
Der Dawn erzeugt nicht einfach Neid, denn dazu ist er viel zu dezent schön und zu weit weg. Er zwingt den Betrachter eher zu einer persönlichen Standortbestimmung: Was hat dieser Typ, das ich nicht habe? Der offene Rolls-Royce setzt alle, die bisher dachten, sie hätten viel erreicht und seien tolle Hechte, unter Rechtfertigungsdruck. Dabei stellt er jeden treu dreinschauenden Dalmatiner in den Schatten, wenn es darum geht, mit der Umwelt in Kontakt zu kommen.
Nach einem Tag in diesem Cabriolet der Superlative sprudeln als Folge die Geschichten nur so aus mir heraus. Was den Unterhaltungswert betrifft, ist das pfundige Prunkstück jeden einzelnen Penny wert. Dabei sind die kommunikationsfördernden Eigenschaften des ab rund 330.000 Euro erhältlichen Fahrzeugs lediglich die Dreingabe. Das Beste kommt zwischen den ganzen Smalltalks. Das Fahrterlebnis für maximal vier Auserwählte ist unvergleichbar, zumal dieses rotbraune Exemplar mit dem im Hause entwickelten Bespoke Sound System ausgerüstet ist.
Rolls-Royce Dawn: Dämmerung eines neuen Hörzeitalters
Das bedeutet 18 Verstärkerkanäle, von denen im Dawn allerdings nur 16 benutzt werden, mit insgesamt 1.300 Watt. Die 16 vollaktiv angesteuerten Chassis liefert LPG, ein Hersteller aus dem bayerischen Neu-Ulm.
Mit Keramik-Technologie macht der in der Öffentlichkeit über seine Eaton-Lautsprecher bekannte Zulieferer die Membranen im Mittel-Hochtonbereich steif, ohne sich dabei Gewichtsnachteile einzuhandeln. Die beiden Subwoofer sitzen wie bei Konzernmutter BMW üblich unter den beiden Vordersitzen und nutzen die Hohlräume im Bereich der Schweller als Gehäuse.
Das spart Gewicht und der Schall im Tieftonbereich muss nicht so einen weiten Weg zurücklegen – wie sonst üblich aus dem Kofferraum oder von der Hutablage.
Damit braucht die in Schweden entwickelte DIRAC-Software nicht so viel bei den Laufzeiten korrigieren, was ja bei vier verschiedenen Sitzplätzen trotz der verblüffenden Fähigkeiten der genialen Frequenzgangs- und Phasen-Korrektur immer Kompromisse mit sich bringt. Außerdem hat der Dawn keine Hutablage, sondern eine Abdeckung für das auch während der Fahrt zu öffnende oder schließende Verdeck.
Das Verdeck gilt als größtes seiner Art und besteht aus fünf Lagen Stoff. Im Grunde ist es essentieller Bestandteil der Anlage, denn es bleibt darunter so leise, dass selbst meine viertürige Limousine im Vergleich richtiggehend laut wirkt. Das zeugt von sorgfältiger Materialwahl und einer Menge Feinschliff im Windkanal.
Die Basis des Dawn stammt übrigens auch von einer Limousine aus München, nämlich vom 7er BMW. Sie war ursprünglich, so munkelt man, nicht für einen offenen Ableger des britischen Bruders Ghost gedacht. Deshalb musste die offene Variante des “kleinen” Rolls-Royce zahlreiche Versteifungsmaßnahmen über sich ergehen lassen.
Das gelang perfekt. Nichts zittert auf einer beschwingten Tour über verwinkelte Landstraßen rund um den Chiemsee. Dafür wiegt der Viersitzer knapp 2,6 Tonnen. Dank seiner faszinierenden aktiven Federung kriegt man davon allerdings als Beifahrer kaum etwas mit. (Fahren durfte ich leider nicht selbst, denn es handelte sich um ein Versuchsfahrzeug, für das ein Sonderführerschein erforderlich ist). Der Luxus-Liner wankt nicht, taucht beim Bremsen vorne nicht ab und liegt immer ruhig wie eine große Yacht bei totaler Flaute.
Flaute herrscht auch im Innern, obwohl Rolls-Royce nicht mit künstlichen Zusätzen wie Windschotts oder ausfahrbaren Scheiben hinter den Rücksitzen das puristische Open-Air-Gefühl verwässert. Das musst du erlebt haben, um es zu glauben. Herrlich.
Es kommt selbst bei forcierter Landstraßenfahrt nur so viel Wind an die Privilegierten in der ersten Reihe heran, wie man sich wegen der Hitze sonst auf einer Sonnenliege zufächeln würde. Perfekt. Dieses total relaxte und erhabene Gefühl beschreibt wirklich am besten der markeneigene Begriff “Waveability”, jenes der Welt entrückte Über-den-Dingen-schweben.
Irgendwo hab ich mal geschrieben, dass der Rolls eigentlich ein Fahrzeug für Autohasser ist. Er bietet schlicht und einfach die bequemste Art der Fortbewegung, bleibt leiser und rüttelt weniger als Bahn oder Flugzeug, umhüllt einen mit feinsten Naturmaterialien und bietet perfekten Sitzkomfort.
Mit anderen Autos ist er kaum zu vergleichen. Er ist die am besten von sämtlichen Nebenwirkungen, welche die Fortbewegung mit sich bringt, entkoppelte Verbindung von A nach B.
Mit dem Dawn baut der traditionsreiche Hersteller aus Goodwood das Cabrio für Cabrio-Hasser: Du fährst offen ohne Netz und Bügel, aber bekommst davon außer einem frischen Teint nur so viel mit wie Brexit-Befürworter von Fortschritt, Ökonomie und internationaler Diplomatie. Dein Bewusstsein und Empfinden konzentriert sich nicht auf die Fahrt, sondern auf die Umwelt – und in diesem Fall auf den Soundtrack dieses überirdisch schönen, friedlichen Road Movies.
HiFi-Heimspiel
Damit ist der Auftritt im Rolls-Royce Dawn nicht nur deshalb ein Heimspiel für das Sound-System, weil es von ein paar Musik-Liebhabern im eigenen Haus entwickelt wurde. Anders als die ebenfalls überaus potenten 1.280-JBL-Watt, die sich im zweisitzigen Roadster Ferrari California T 560 schreienden italienischen Zuchthengsten entgegenstemmen, braucht sich die Lear-Endstufe im Rolls-Royce Dawn nicht im Geringsten abzumühen, um die Besatzung zu bespaßen.
Kaum zu glauben: Das Prachtstück im Rücken der Flying Lady hat fast 600 PS, heult allerdings bei zügiger Beschleunigung nur wie ein leichter Windstoß, der durch ein englisches Schloss weht. Das untermalt schlicht kongenial das Fahrerlebnis. Klar, kein gewöhnlicher Sterblicher braucht ein dermaßen großes Cabriolet, das in keine normale Parklücke oder Garage passt. Aber nach einer halben Stunde Offenfahren im sonnigen Oberbayern würdest du Haus und Hof verkaufen, um dieses Kunstwerk zu besitzen. Und deine Anlage würdest du mit Kusshand gleich mit hergeben.
Das liegt einerseits an der außergewöhnlichen Präzision und dem ausgewogenen, trocken wie im Tonstudio wirkenden Klang. Eine Performance, an der nicht nur die Materialien der ausgesuchten Lautsprecher-Chassis Anteil haben, sondern auch die hochflorigen Teppiche und die anderen natürlichen Zutaten des Innenraums. Die hohen Leistungsreserven des DSP-Verstärkers und die besonders für Automotive-Verhältnisse sehr dicht beisammen positionierten Chassis für Mittel- und Hochton-Bereich tragen zum perfekten Impulsverhalten und natürlich klarer Wiedergabe bei.
Natürlich spürst du mit jeder Note die Hingabe, mit der Freaks wie mein heutiger Chauffeur, der von BMW zur britischen Tochter übergelaufene Entwickler Gerd Wolfrum – der letzte Rock’n Roller bei Rolls-Royce – das Ganze abgestimmt haben. Die Szene mit Phil Collins unter grünen Blättern werde ich so schnell nicht vergessen.
Natürlich lässt du die Musik erst mal nur im Hintergrund laufen, wenn du viel über die Technik des Systems zu besprechen hast. Dann staunst du zunächst, wie leise du in einem Auto Musik hören kannst, ohne Detailinformationen, Brillanz in den Höhen oder Druck im Bass zu vermissen. Doch dieses Automobil ist auch noch offen. Natürlich bin ich nicht alle Autos gefahren, aber das dürfte so schnell keiner auch nur ansatzweise hinkriegen.
Gerd hat auf seiner SD-Card in der von Harman gelieferten Headunit eine Remaster-Version von Phil Collins “Face Value” mit einem meiner Allzeit-Lieblingslieder “In The Air Tonight”. Das konnte ich vor über 20 Jahren in einer Stuttgarter Diskothek über Martion Hörner mit Vollgas hören. Das müssen wir jetzt unbedingt voll aufdrehen.
Hammer: Die glasklare Stimme, die fein aufgelösten Synthie-Sounds und natürlich das mit Spannung erwartete Trommel-Solo am Schluss. Im Rolls-Royce Dawn wird es dann noch mal gut doppelt so laut, ohne dass auch nur der leiseste Ansatz von Anstrengung oder gar Verzerrung zu hören wäre. Prächtig!
Das fetzt gewaltig. Nur peinlich: Die Straße ist so eng, dass wir gezwungen sind, bis hinter einer Kurve hinter einem Rennradler herzuschleichen. Leider werde ich nie erfahren, was der Mann gedacht haben muss, als hinter ihm plötzlich ein Schlagzeug in voller Lebensgröße mit Live-Dynamik angeschwebt kam. Vom flüsterleisen Auto selbst kann er bei diesem Tempo nichts gehört haben und das Schlagzeug wirkte so was von authentisch und staubtrocken, dass ich an seiner Stelle erschrocken vom Rad gesprungen wäre.
Trotzdem – jetzt kommt Jammern auf höchstem Niveau – habe ich den Part selbst nach mehr als zwei Jahrzehnten von den Martions noch satter in Erinnerung. Und tatsächlich fehlt im Oberbass, wo andere Autos eher zu dick auftragen, etwas Saft. Das zeigt sich ganz klar, als wir das Verdeck abends bei sinkenden Temperaturen und steigendem Tempo auf der Autobahn schließen. Nun hat das Ganze noch mehr Substanz und haut einen auch mit Rock und Pop vom Hocker.
Offen hast du zwei Möglichkeiten: Entweder du hörst entspannt auf “Zimmerlautstärke”, oder du verwendest audiophile Aufnahmen, wo mehr Tief- als Oberbass gefragt ist. Letztere Option führt auch zu einer dramatisch besseren Klangbühne, denn im Vergleich zum Rolls-Royce Wraith, dem eng verwandten Coupé, wirkte die Bühne mit normaler Pop-Musik niedriger und weniger stabil.
Dieser Effekt liegt am Wegfall der beiden Exciter, die im Dachhimmel des Rolls-Royce Wraith oberhalb von 5 kHz aktiv sind, um die Abbildung zu stabilisieren und hochzuziehen. Interessanterweise klingt der 6,6-Liter-V12-Motor mit geschlossenem Verdeck deutlich kerniger und tritt stärker in Erscheinung als offen. Doch auch dieser Charakterwandel vollzieht sich in einer vergleichsweise dezenten Weise.
Kernig hin, kernig her, der Rolls verkneift es sich auch geschlossen, den Ferrari zu mimen, auch wenn seine Fahrleistungen zumindest in der Längsdynamik auf hohem Sportwagenniveau liegen. Selbst querdynamisch schafft es der offene Rolls, zu verblüffen und bleibt lange Zeit neutral. Damit die Klangbalance ebenfalls unter allen Bedingungen neutral bleibt, vertrauen die Briten auf einen dynamischen Equalizer, der über Mikrofon die Geräuschkulisse überwacht und kompensiert. Eine zweite Abstimmung für offenes Verdeck sparen sie sich allerdings. Manuell wechseln kann der stolze Besitzer allerdings zwischen einem Studio-Setting für puristisches Stereo-Wiedergabe und einem Surround-Modus.
Fazit Rolls-Royce Dawn: Schöner, schneller Gleiter
Wenn es ein Auto gibt, wo selbst einen alten Heizer wie mich keine Fahrdynamik interessiert, dann der Rolls-Royce Dawn. Er ist eine Lounge auf Rädern, ein von Hand in einer nachhaltig konzipierten Fabrik gebautes, höchst individualisierbares Juwel. Er kostet mehr als manche Eigentumswohnung, kann aber dein Wohnzimmer samt HiFi-Anlage plus Sonnenterrasse ersetzen. Für das Gebotene ist der mit dem Wert einer Rolex vergleichbare Aufpreis für das Bespoke Audio kein Wimpernzucken wert. Wie dieses Auto dich entschweben lässt, musst du selbst erleben. Wie es selbst bei brutaler Beschleunigung dich sanft mit seinen ultrabequemen Sitzen von hinten anschiebt, dass du denkst, die Welt um dich herum bleibt stehen. Wie das 8-Gang-Getriebe von ZF unter allen Bedingungen praktisch unmerklich die Gänge sortiert, das ist der Gipfel. Es macht den V12 zum virtuellen Elektroantrieb und schafft damit die perfekte Basis für das Bespoke Audio System.
Nachwort
Lust bekommen? Außer dem nötigen Kleingeld und Platz zur artgerechten Unterbringung gibt es kaum Argumente gegen den Rolls-Royce Dawn. Die Sache mit dem Understatement lässt sich in den Griff kriegen. Weil der offene Rolls mit seinen riesigen 21-Zoll-Rädern so gute Proportionen aufweist, sieht er auf Bildern viel kleiner aus, als er wirklich ist. Er ist eine Yacht für die Straße. Deshalb bestellte Gerd kurzentschlossen einen Freund mit seinem Austin Healey Frosch zum Chiemsee, um die Größenverhältnisse für die Kamera sichtbar zu machen. Für die Umwelt machte der legendäre Oldie den Rolls-Riesen jedoch praktisch unsichtbar. Du brauchst nur den süßen kleinen Frosch vorauszuschicken, um in seinem kognitiven Windschatten wie unter einer Tarnkappe das absolut geilste und dekadenteste Cabrio mit Super-Sound ganz privat zu goutieren. Mehr Genuss geht nicht auf vier Rädern.
Bewertung
AnlageAutoSpassfaktorGesamt |
Die Bewertung bezieht sich immer auf die jeweilige Preisklasse. |
| Extrem trockene, neutrale Abstimmung |
| Sehr dynamische und verzerrungsarme HiFi-Anlage |
| Das leiseste Cabrio, das wir kennen, lässt manche Limousine laut wirken |
| Bei offenem Dach könnte der Bass für Pop oder Hip Hop etwas saftiger sein |
Vertrieb:
BMW AG
Petuelring 130,
80788 München
www.rolls-roycemotorcars.com
Preis (Hersteller-Empfehlung):
330.000 Euro
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