Allen Unkenrufen zum Trotz: Der Kopfhörermarkt boomt immer noch und bringt auch immer mehr Lautsprecher-Hersteller dazu, sich ebenfalls bei diesem Thema zu beteiligen. Die Gründe liegen auf der Hand. Auch Kopfhörer sind letztlich nur Lautsprecher – und da hat man ja die Kompetenz. Bei der italienischen Manufaktur Sonus faber hat man neben dem akustischen Knowhow noch etwas anderes: ein unglaublich feines Händchen für Design. Einige die schönsten Schallwandler der Lautsprechergeschichte entstanden im Sonus faber Werk in Vicenca. Und nun auch noch der hübscheste aller Kopfhörer: der Sonus faber Pryma 01, ein geschlossener Over Ear Hörer, der zumindest in Verarbeitung und Optik Maßstäbe setzt und vor diesem Hintergrund und 500 Euro (unverbindliche Preisempfehlung) gar nicht teuer ist.
Nun kann man ja über Geschmack trefflich streiten, aber sobald ich den Sonus faber Pryma 01 auf den Tisch legte, ebbten alle Diskussionen ab und stattdessen begannen angeregte Gespräche darüber, wie Kopfhörer heute auszusehen hätten, wie angenehm das Leder des Sonus faber Pryma 01 sei, wie schön die Ohrmuschelgestaltung, wie attraktiv die Bügel-Konstruktion…
Und tatsächlich gibt es bei dem verwendeten Material keine zwei Meinungen: Die Metallkopfbügel sind mit weichem Schaumstoff gepolstert und mit feinstem Echtleder penibel vernäht. Das kann nur eine Industrie, die auch Schuhe von gleicher Qualität erstellt.
Die Ohrkapseln werden mit einer Art Handtaschenverschluss am Kopfbügel befestigt. Bügel und Muschel lassen sich beliebig kombinieren, sodass man hier seinen eigenen Style-Kopfhörer entwerfen kann. Jeder weitere Bügel kostet 89 Euro; wer ein paar Euro mehr ausgibt, hat womöglich zu jeder Garderobe immer die richtige Kombination im Schrank…
Die Technik des Sonus faber Pryma 01
Sonus faber Entwicklungsleiter Paolo Tezzon ist es gewohnt, für jede neue Serie die Treiber selbst entwickeln zu lassen; da ist so ein Breitbänder für den Kopfhörer doch kein Problem, oder? Nein, aber leicht haben es sich die Italiener auch nicht gemacht.
Am Ende entschieden sie sich für einen 4 cm Treiber mit sehr leichter Mylar-Membran – einem Material, das normalerweise für Bändchenhochtöner genutzt wird. Er sitzt in einem stabilen Aluminium-Rahmen, der von einem (auswechselbaren) Deckestück nach außen abegschlossen wird.
Der Sonus faber Pryma 01 gilt ja als „geschlossener“ Kopfhörer“, hat aber neun kleine Ausgleichsöffnungen am oberen Rand. Hier erkennt man den Akustik-Profi. Die kleinen Löcher agieren natürlich nicht als Bassreflexröhrchen, sondern sorgen für eine Art Druckausgleich. Das macht den Bass präziser.
Die Impedanz von 32 Ohm weist den Sonus faber Pryma 01 als Mobilhörer aus, sein Gewicht von 355 Gramm eher nicht …
Unterwegs und daheim – der Praxischeck
Ich brauchte ein wenig, bis ich die richtige Einstellung des Pryma auf meinem Kopf gefunden hatte; die Rasterung mit vier Lochungen ist doch etwas grob. Aber da man auch den Bügel leicht verstellen kann, klappte letztendlich alles bestens. Das Gewicht von 335 Gramm ist für einen Mobilhörer sicher stattlich, für einen Over Ear Hörer aber eher unterer Durchschnitt.
Die einklinkbaren Kabel sind mit ihrer Ummantelung gut gegen Mikrofonie geschützt; auch bei festem Draufdrücken hört man keine Veränderungen. Das ist sehr gut. Auch der Umstand, dass der Sonus faber Pryma dank seines guten Wirkungsgrades mit jedem Mobil-Device aus meinem Haushalt gut zurechtkam. Weil er aber doch sehr gut und sehr besonders klingt, empfehle ich als zusätzlichen Qualitäts-Boost einen dieser kleinen mobilen DAC-Verstärker wie den Teac HA-P5, den Meridian Explorer oder den Ultrasone NAOS.
So klingt der Sonus faber Pryma 01
Normalerweise würde so ein Style-Kopfhörer versuchen, seine Kundschaft mit einem möglichst lässigen, niemals aneckenden und sehr basskräftigen Klangbild abzuholen. Der Sonus faber Pryma 01 ist anders: Im Bassbereich folgt Entwicklungsleiter Tezzon unbeirrt (wie auch bei der Kompaktbox Sonus faber Guarneri Tradition) seiner Philosophie der präzisen, sauber durchhörbaren Bässe und setzt damit einen schönen Kontrapunkt zu den vielen Wummerbass-Kopfhörern, die derzeit auf den Markt drängen.
Das gleiche Bild in den Mitten: Im Bereich knapp unter 1.000 Hertz hat der Pryma 01 eine leichte Überhöhung, was den Klang extrem lebendig und viele Details hörbar macht. Alessandro Quarta Plays Astor Piazzolla, ein sehr unmittelbar aufgenommenes Album, bei dem man fast den Eindruck hat, als habe der Tonmeister das Mikro direkt auf den Geigenhals geklemmt. Die Lebendigkeit des Pryma 01 zieht den Hörer postwendend in die Aufnahme: jeder Ton, jede feine Färbung wird hörbar. Eines sind diese Mitten nicht: belanglos oder gefällig. Aber auch etwas kantig und mit einer minimal kehligen Färbung. Die Höhen indes sind, wie man es von Mylar kennt: sehr fein, mühelos und luftig. Sie setzen ein schönes Ausrufezeichen auf einen ungewöhnlich mitreißenden Kopfhörer-Klang.
Fazit
Dieser Kopfhörer ist eine absolute Schönheit und in seinem Äußeren sehr variabel. Das ist so eine Art von HiFi, die wahrscheinlich nur die Italiener beherrschen. Dass die Sonus faber Leute dann auch noch die Größe haben und dieser Schönheit einen ambitionierten, sehr präzisen Monitor-Klang verpassen, zeigt, dass sie mehr wollen als nur gut aussehen. Das haben sie geschafft. Und dass dieser Kopfhörer mittlerweile im Netz für unter 400 Euro gehandelt wird, sollte ihn nicht nur für Modebewusste in die engere Wahl bringen.
Bewertungen
KlangPraxisVerarbeitungGesamt |
Die Bewertung bezieht sich immer auf die jeweilige Preisklasse. |
| Kernig präziser Klang |
| Hoch attraktives Design |
| Exzellente Verarbeitung |
| Sehr gute Preis/Leistungs-Relation |
Vertrieb:
Audio Reference GmbH
Alsterkrugchaussee 435
22335 Hamburg
www.audio-reference.de
Paarpreis (Hersteller-Empfehlung):
Sonus faber Pryma 01: 499 Euro
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