Unter allen Lautsprecher-Herstellern ragt Sonus faber immer etwas heraus. Weil die Italiener schon seit ihrem Bestehen einen kulturellen Ansatz pflegen und Lautsprecher nicht als simple “Boxen”, sondern eher als Musikinstrumente verstehen. Und weil sie es immer schaffen, ihren Lautsprechern eine faszinierend schöne Optik zu verpassen; häufig erinnern sie tatsächlich an alte Musikinstrumente. Auch von der Klang-Idee orientieren sie sich immer an der Natürlichkeit des Tons. Effekthascherei mit irrsinniger Hochtonauflösung oder mit überbordendem Sensationsbass steht nicht im Anforderungskatalog. Chameleon war bislang die günstigste Form, diese Sonus faber Kultur zu erleben. Seit der HIGH END 2016 geht es noch günstiger – mit Principia, einer abgespeckten Version der Chameleon. Aber Principia sieht nicht so lecker aus wie Chameleon und wird auch nicht mehr in Italien, sondern im fernen China zusammengebaut. Aber zurück zur Chameleon, insbesondere zu unserem Testmodell, der Sonus faber Chameleon T.
Die einzige Standbox der Serie ist eine echte 3-Wege Konstruktion mit zwei 18 Zentimeter Tieftönern in einem Bassreflexgehäuse. Wie auch der Mitteltöner sind sie mit einer Polypropylen-Membran ausgestattet.
Interessant. Irgendwie dachte ich, dieser hochdämpfende Kunststoff hätte sich als Membranmaterial überlebt. Aber falsch gedacht.
Tatsächlich begegnet mir Polypropylen neuerdings wieder vergleichsweise häufig. Sein Vorzug liegt auf der Hand: Es klingt einfach von sich aus schon angenehm. Und auch die 29 Millimeter große Kalotte des Hochtöners weist mit ihrem Material (beschichtetem Gewebe) eher in Richtung gutmütige Wiedergabe.
Doch der Klang ist bei der Sonus faber Chameleon T nur die Hälfte der Miete. Dass die Konkurrenz im Bereich um 2.000 Euro extrem stark ist, war den Sonus faber Machern bei der Konzeption ihrer “Einsteiger”-Serie bewusst.
Deshalb spielten sie ihre zweite starke Karte – das ansprechende Äußere. Nicht nur, dass sie einen hocheleganten Entwurf für das Gehäuse hinlegten.
Sie bespannen die Vorder-, Rück, Ober- und Unterseite mit einem eleganten Kunstleder und geben dem Käufer die Möglichkeit, die Lautsprecher sich verändernden Wohnsituationen anzupassen.
Wie? Mit auswechselbaren Seitenwangen in unterschiedlichen Farb-Varianten. Diese Seitenwangen sind durch eine Kautschuk-Schicht bedämpft und sitzen – gehalten über Stifte – auf den eigentlichen Gehäusen.
Das ist perfekt gemacht, da klappert selbst bei höchsten Pegeln nichts.
Wir haben es natürlich ausprobiert: Die Chameleon T spielt auch ohne Seitenwangen gut. Mit klingt es aber noch ein bisschen besser, stabiler.
Aktuell gibt es sechs Farben: Metal Blue, Metal Grey, Orange, Red, Black und White. Eine Farbe ist natürlich im Kaufpreis enthalten.
Wenn sich aber die Wohnung oder der Geschmack ändern, lässt sich über ein Auswechseln der Wangen (kostet 500 Euro) ein optisch ganz neuer Auftritt erreichen – wie bei einem Chamäleon eben.
Die Idee ist nicht ganz neu, wird aber aktuell nur von Sonus faber umgesetzt. Die Flexibilität des Wechselns erweitert auch das mögliche Farbspektrum für die Lautsprecher.
Unser Testpärchen hatte der Sonus faber Vertrieb vorsorglich in zwei Farbvarianten geschickt: Red und White. Beides machte sich sowohl im HiFi- als auch im Wohnhörraum super.
Sonus faber Chameleon T im Hörtest
Im Hörtest ist sie kein Chamäleon, sondern immer wieder eindeutig zu erkennen. Wir hatten die Sonus faber Chameleon T fast vier Wochen in der Redaktion – also ausreichend Zeit, sie ausgiebig zu testen. Sofort auffällig – und zwar unabhängig vom angeschlossenen Verstärker – war ihr Hang zum schönen Ton.
Selbst das fiese Saxophon auf Yuri Honings “Walking On The Moon” (Star Tracks) spielte die Chameleon T mit viel Charme und wenig Härte. Bis an ihre Pegelgrenze blieb sie dabei: keine harschen Töne. Äußerliche und klangliche Ästhetik gehen hier Hand in Hand.
Ebenfalls ein Indiz für ihre Güte war das komplette Loslösen des Klangbilds vom Lautsprecher. Die Abbildung war nicht sehr hoch, dafür tief und recht breit. Aber mit den Lautsprechern schien dies alles nichts zu tun zu haben. Fantastisch.
Was ich mir gewünscht hätte, wäre mehr Transparenz und Feinheit im oberen Mittenbereich. Wenn bei Mahlers Symphonie Nummer 5 die Hörner einsetzen, wenn der Trauermarsch beginnt, muss es einfach ein bisschen kernig zugehen.
Aber da muss man sich als Entwickler einfach entscheiden: Wenn Yuri Honings Saxophon nicht das Trommelfell reizen soll, kann auf der anderen Seite nicht die Mega-Auflösung und -Lebendigkeit stehen.
Die Chameleon T entblättert in diesem Bereich die Details etwas weniger leichtfüßig als andere herausragende Lautsprecher dieser Klasse.
Womit sich die Chameleon T hingegen nach oben absetzen kann, ist der Bass. Man traut es einer so stylischen Box gar nicht zu. Aber denkste. Bassdrums, E- oder Kontra-Bässe: Das alles hatte so viel Kraft, so viel Struktur.
Der sauber eingebundene Tieftonbereich der Chameleon T zeigt auf beeindruckende Weise, wie viel Klangfarben und dynamische Schattierungen auch im Bereich unter 250 Hertz stecken. Die Pauken bei Mahler kamen so krachledern, so präzise und druckvoll, dass es die wahre Freude war.
Letztendlich macht die Sonus faber Chameleon T, was man sich von den meisten Lautsprechern wünscht: Sie zaubert große, schöne, nie lästige Klangbilder ins Wohnzimmer und verblüfft mit einem durchzugsstarken Bass, der auch vor Techno nicht einknickt.
Die hohe Präzision und Sauberkeit des Bassbereichs inspirierte mich zu allerlei Versuchen, die Chameleon T auch in Rückwandnähe aufzustellen. Das klappte vorzüglich. Auch mit nur 20 Zentimeter Abstand dickte der Bass nicht auf.
Auch das ist ein Punkt, den ich mir von sehr viel mehr Schallwandlern wünschen würde. Denn die Realität im heimischen Wohnzimmer sieht ja gemeinhin so aus: Die Lautsprecher stehen dort, wo Platz ist – an der Rückwand. Selbst, wenn sie so gut aussehen wie eine Sonus faber Chameleon T …
Fazit Sonus faber Chameleon T: Schöner geht’s nimmer
Klanglich gibt es Ebenbürtige, in manchen Bereichen sogar Bessere. Aber hübschere und äußerlich flexiblere Standboxen gibt es in der Preisklasse um 2.000 Euro nirgends. Das Konzept von Sonus faber, konsequent auch auf feine Optik und pfiffige Praxistauglichkeit zu setzen, geht auf: Die Chameleon T ist eine Bereicherung des Lautsprecher-Angebots.
Wer nicht permanent die Flöhe husten hören will, stattdessen aber auch mit dem Auge hört, ist mit der eleganten Sonus faber bestens bedient. Zumal man sie mit Chameleon B und Center auch zu einem homogenen, gleichfalls äußerlich anpassbaren Surroundset erweitern kann.
Bewertung
KlangPraxisVerarbeitungGesamt |
Die Bewertung bezieht sich immer auf die jeweilige Preisklasse. |
| Warmer, schöner Klang mit präzisem Bass |
| Top Verarbeitung, wechselbare Seitenwangen |
| wandnahe Aufstellung möglich |
| In den oberen Mitten nicht so luftig |
Vertrieb:
SG Akustik
Amalienstraße 45
76133 Karlsruhe
Telefon: 0721 / 921 273-0
www.sg-akustik.de
Preis (Hersteller-Empfehlung):
Sonus faber Chameleon T: 2.300 Euro pro Paar
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