Der Direktvermarkter Inklang ist ja so etwas wie der Shooting Star am Lautsprecher-Himmel. Obwohl noch gar nicht lange am Markt, haben die Hamburger doch eine erstaunlich starke Präsenz am Markt. Wahrscheinlich ist die Geschäfts-Idee hinter Inklang einfach gut: attraktive, individuell konfigurierbare Lautsprecher der bezahlbaren Spitzenklasse online zu vermarkten. Bei LowBeats war jetzt das neueste Model, die Inklang Ayers Four, für einige Wochen zu Besuch. Die schlanke 3-Wege-Box hat neben ihrem adretten Auftritt noch eine weitere Besonderheit eingebaut: Sie ist eine der wenigen Lautsprecher mit großem Kalotten-Mitteltöner und lässt die Vorteile dieser Treiber schon beim kurzen Anhören sofort deutlich werden – die Ayers Four klingt wunderbar frei und offen.
Gemessen an den meisten anderen deutschen Lautsprecher-Herstellern am Markt, ist die Inklang GmbH fast noch ein Start-up. Inklang Chef Thomas Carstensen, der eigentlich Geschäftsführer eines Hamburger Vermögensverwalters war, gründete die Lautsprecher Manufaktur erst 2015. “In einer schwierigen Phase”, wie er sagt, “in der andere vielleicht ein neues Auto gekauft oder ihre Frau verlassen hätten” wechselte er den Job und frönt seitdem seiner Leidenschaft: HiFi. Oder genauer: Lautsprecher.
Und weil Inklang die Gnade der späten Gründung hat und Carstensen viel über moderne Fertigung weiß, funktioniert die Hamburger Lautsprecherschmiede hochmodern: die Treiber und Frequenzweichenbauteile kommen von den besten Zulieferern weltweit, die Gehäuse aus Lohr am Main, deren Lackierung geschieht in Chemnitz und alles wird in einem klug durchgetakteten Prozess in Hamburg zusammengesetzt.
“Wenn Sie heute online den Kauf -Button drücken”, sagt Carstensen, “dann werden unsere Zulieferer umgehend in Kenntnis gesetzt. Das ist fast wie in der Automobil-Industrie, also “just-in-time.” Und weil sich Carstensen die Automobil-Industrie als Vorbild genommen hat, kommt auch der Lackierer aus diesem Bereich: “Ich habe bestimmt 20 Lackierer ausprobiert und viel Geld dabei versenkt. Die Professionalität der Autobranche ist unerreicht. Und wir haben jetzt ja keine riesigen Stückzahlen. Da müssen auch mal Chargen von zwei Lautsprechern mit Speziallacken absolut perfekt werden.”
Und “Farbe” ist einer des der gewichtigsten Kaufargumente bei Inklang. Es gibt eine Vorauswahl an Trendfarben, aber auf Wunsch fast jede Farbe, die der Kunde möchte. Carstensen: “Ich weiß nicht, was die Leute immer mit der RAL-Farbpalette haben. Klar, bieten wir die auch an. Aber es gibt viel schönere Farben – die wir natürlich ebenfalls anbieten.”
Die Konfiguration unseres Testmodells sah dann so aus:
- Oberfläche: Wandane Ash No. 07, eine von zehn Inklang Spektrum Farben
- Finish: matt (silk-matt und glossy ohne Aufpreis wählbar)
- Metallapplikationen: schwarz (alternativ silber wählbar)
- Optionale Abdeckungen: + 49,90/Stück, die der Kunde mit vier verschiedenen Stoffen beziehen kann
- Basispreis des Testmodells: 1.699 EUR/Stück
2018 entdeckten die geschätzten Kollegen der FAZ den Hamburger Direktvermarkter und sorgten für eine bundesweite Publizity der modernen Factory. Wenig später landete Carstensen einen Coup, um den ihn wohl die meisten Mitbewerber beneiden dürften: Mit einer Inklang-Sonderedition kam er in den edlen FAZ-Selection-Shop, wo die Frankfurter nur ganz feine und außergewöhnliche Angebote machen. Hier waren lange Zeit auch Inklang Lautsprecher gelistet. Ein Ritterschlag.
Doch Carstensen ist nicht nur ein guter Kaufmann, sondern hat auch ein gutes Näschen für besten Klang. So ist er verantwortlich für die Konzeption der Lautsprecher und ein großer Fan der leider aus der Mode gekommenen (großen) Mitteltonkalotten. Und damit sind wir beim Testmodell Ayers Four.
Inklang Ayers Four: 3-Wege BR-Box mit großer Mitteltonkalotte
Die Ayers Four ist das zweitgrößte Modell im Inklang-Angebot. Es ist eine attraktive 3-Wege Standbox mit Doppelbass-Bestückung, die dank direkter Vermarktung mit 3.400 Euro Paarpreis erfreulich günstig erscheint.
Denn wie schon angedeutet, sind die Gehäuse “made in germany”. Sie kommen aus Lohr am Main von einem Spezialisten, bei dem fast der gesamte europäische Lautsprecheradel bauen lässt. Und eben auch die Newcomer von Inklang.
Die Gehäuse des Testmodells, aufgebaut aus 19 mm starkem MDF, waren perfekt verarbeitet. Treiber und Anschlussfeld waren auf den Millimeter penibel sauber versenkt und auch bei hohen Pegeln blieben die schlanken Säulen vergleichsweise ruhig – ein gutes Zeichen für tischlerisches Können und effektive Konzeption. Tatsächlich macht hier alles einen exzellenten Eindruck. Einige Impressionen:
Die Treiber
Hier bedient sich Carstenesen überwiegend aus dem Programm von Wavecor. Bei Wavecor verbinden Manager und -Entwickler des ehemaligen Branchenprimus Vifa das Jahrzehnte-alte Wissen dänischer Lautsprecherentwicklung mit den Möglichkeiten asiatischer Fertigung. Viel besser geht es derzeit nicht. Wer seine Treiber nicht selber baut (wie zum Beispiel B&W, Canton oder Dynaudio), schaut normalerweise erst einmal im Wavecor-Katalog.
Carstensen fand hier die beiden Tieftöner im 15 Zentimeter Format und den kleinen Hochtöner mit Gewebekalotte. Alles bester Stoff, alles vielfach bewährt. Doch ausgerechnet das Kernstück der Inklang Ayers Four kommt nicht von Wavecore, sondern vom israelischen Treiber-Spezialisten Morel: die ungewöhnliche, 55 mm große Mitteltonkalotte.
Ungewöhnlich deshalb, weil große Mitteltonkalotten aus der Mode gekommen sind. Begründung: Weil sie nicht breitbandig genug seien. Weil es heute Mode ist, den Mitteltöner möglichst tief anzukoppeln, was mit Mitteltonkalotten nicht problemlos klappt. In den 70er oder 80er Jahren waren sie noch weiter verbreitet – zum Beispiel bei Dynaudio, Heco oder Infinity. Heute findet man sie zuverlässig nur noch in den (von mir hoch geschätzten) Modellen von ATC sowie den wesensverwandten Lautsprechern von PMC. Schade ist diese Entwicklung allemal, denn Mitteltonkalotten stehen für besonders offene und freie Mitten. Und so betrachte ich es einmal als gutes Zeichen, dass eine so trendige Marke wie Inklang nun wieder auf diese Treiber setzt.
Die Mitteltonkalotte der Ayers Four gehört mit 55 mm Durchmesser nicht zu den größten ihrer Art und ist somit tatsächlich nicht sehr tief ankoppelbar. Sie läuft über 2,5 Octaven von etwa 600 – 3.500 Hertz. Doch in Verbindung mit der kleinen Hochtonkalotte und den beiden (vergleichsweise kleinen) Tieftönern ergibt sich ein sehr breites Abstrahlverhalten, das auch 30° außerhalb der Achse ohne nennenswerte Einbrüche verläuft. Nicht selten ist eine inhomogene Abstrahlung außerhalb der Achse der Grund, warum Lautsprecher matt klingen, obwohl im Frequenzgangschrieb, der direkt vor dem Lautsprecher gemessen wurde, keinerlei Senke zu erkennen ist.
Die beiden Tieftöner sind jetzt keine Bass-Monster und gehören selbst im HiFi mit ihrer schwingenden Fläche von nicht einmal 100 Quadratzentimetern zu den kleineren. Aber sie gelten als ausgesprochen Hub-freudig. In den Hörtests jedenfalls fehlte es nicht an Bass-Wucht…
Die Ayer Four in der Praxis
Trotzdem ist die Basswiedergabe eher trocken, was an der klugen Abstimmung liegt: Unterhalb 50 Hertz produziert die Ayers Four quasi keinen Schalldruck mehr. Das reicht aber einerseits, um nach prallem Bass zu klingen, andererseits versetzt den Nutzer in die Lage, die schlanke Standbox recht nah an die Rückwand zu stellen, ohne dass der Bassbereich aufdickt. Ein Pluspunkt.
Inklang empfiehlt Räume bis zu einer Größe von 40 Quadratmetern. Das liegt etwas über unserer Empfehlung: Bei so großen Hörraumen würden wir eher auf die Ayers Five verweisen. Aber Raumgrößen bis zu 25 oder 30 Quadratmetern sollte die schlanke Standbox schon “füllen” können.
Die klangliche Abstimmung der Ayers Four (offen, frisch, präzise) erlaubt die Kombination mit den meisten Verstärkern am Markt. Das war wohl auch die Idee von hinter dem Inklang-Gesamtkonzept. Thomas Carstensen: “Unsere Kunden wollen unkomplizierte Lautsprecher. Keine Modelle, bei denen man stunden- oder tagelang über Kombinationen mit Verstärkern oder der Aufstellung nachdenken muss.”
Viele dieser Vorgaben erfüllt die Ayers Four gut, aber ganz so einfach will sie es uns dann doch nicht machen.
1.) Mit etwa 84 dB Wirkungsgrad ist sie nur Durchschnitt, gehört also nicht zu den lautesten am Markt. Der angeschlossene Verstärker sollte deshalb schon über etwas Leistung verfügen. Unser Tipp: nicht unter 2 x 80 Watt an 4 Ohm. Aber das für moderne Verstärker heutzutage kein Problem mehr.
2.) Der angeschlossene Verstärker sollte ein stabiles Netzteil haben, denn die Impedanz verläuft zwar auf beruhigend hohem 4-Ohm-Niveau, der Phasenversatz aber dürfte den Verstärker schon ein wenig fordern.
Obwohl unsere Impedanz-Messung einigermaßen wellig ausfiel, kamen doch alle angeschlossenen Verstärker sehr gut mit der Inklang Ayers Four zurecht. Auch so bekannte Modelle wie der Rotel A14 oder der Cambridge Audio CX 81. Beiden gewannen durch den frischen Klang-Charakter der Ayers Four erheblich. Das galt erst recht für unseren derzeitigen Lieblings-Verstärker der Oberklasse: Der Supravox Vouvray ist ja ebenfalls ein eher zurückhaltender Typ, aber mit der schlanken Hübschen aus Hamburg bekam er einen regelrechten Energieschub.
Im Hörraum…
… fiel die Ayers Four sofort durch ihre frische Gradlinigkeit auf. Dicht an der Wand stehend und ein wenig auf den Hörplatz eingewinkelt, wirkte alles so lebendig, so freudig, so auf den Punkt. Unsere aktuelle “audiophile Aufnahme” namens Garden Of Expression vom Trio Tapestry ist ein akustisches Feuerwerk aus Piano, Schlagzeug und Saxophon. Fantastisch, wie genau die Ayers Four hier die einzelnen Schläge auf die Snaredrum nachbilden kann, wie authentisch sie die Felle nachschwingen ließ…
Dass hier zwei kleine 15 cm Bässe nicht die ganze Wucht eines 25 oder 30 cm Basses erzeugen können, sollte jedem klar sein, der schon mal Physik-Unterricht hatte. Die Ayers Four versucht hier gar nicht, auf dicke Hose zu machen: Sie bleibt auf der präzisen knackigen Seite – und genau diesen Charakterzug werden viele Musikfreunde bei ihr schätzen. Das wohlige Gegrummel von Lautsprechern amerikanischer Herkunft will sie nicht bieten. Denn diese Fülle und “Wärme” geht immer auf Kosten der Präzision und einer möglichst realistischen Darstellung.
Und dann diese Mitten. Hört man preislich vergleichbare Lautsprecher, hat man fast den Eindruck, jemand zöge mit dem Umschalten auf die Ayers Four die Gardine auf und das Tageslicht fiele mit ganzer Kraft und Helligkeit ins Zimmer – wow! Das kraftvolle Saxophon von Joe Lovanao jedenfalls habe ich selten in dieser Preisklasse so klar, zupackend und so detailreich-mitreißend gehört.
Ich gehe davon aus, dass man hier die Vorzüge des Mitteltöners hört. Der schafft in Kombination mit dem kleinen Hochtöner eine ungewöhnlich offene, aber komplett stressfreie Wiedergabe – alles atmet und hat “Luft” und fesselt den Zuhörer mit der Fülle von Details.
Ein Ausflug in die klassische Musik. Beim Projekt Dubussy Now! fasziniert das Zusammenspiel von Harfe und Stimme. Die Musik ist zwar – Dubussy halt – bisweilen etwas weichgespült, überrascht aber durch so manchen elektronischen Break. Auch hier verzückt die Ayers Four mit ihrer transparenten Offenheit und der enormen Präzision: Die Stimme steht klar im Raum, die Harfe hat eine wunderbare Pracht, ihre Obertöne ziehen sich wie eine Schlange von Luftblasen durch die Aufnahme.
Für sich klingt die Ayers Four absolut überzeugend. Aber im Vergleich zu arrivierten Größen dieser Preisklasse? Die Monitor Audio Gold 200 5G ist vom Konzept vergleichbar, spricht aber tonal eine ganz andere Klientel an. Die britische Box steht für gemütlichen Wohlfühl-Sound, genau das Richtige für Menschen, die gestresst am Abend nur noch ein Gläschen besseren Rotwein und chillige Musik brauchen. Die Ayer Four klingt viel mitreißender und erlebnisnäher – einfach, weil es in den Aufnahmen so viel zu entdecken gibt.
Besser vergleichbar ist deshalb LowBeats’ langjährige Klassen-Referenz Canton A45, die schon deutlich dynamischer als die Monitor Audio zu Werke geht. Die Canton hat was Unerschütterliches und überstand auch den Inklang-Sturm souverän – wenn auch nicht schadlos. Die Canton punktete mit viel Saft & Kraft von unten und dem deutlich höheren Maximalpegel. Die Inklang gab dagegen den kultivierten Feingeist, der immer noch ein bisschen frischer, detailgenauer und authentischer spielte.
Je länger wir hörten, je vielschichtiger das Musikprogramm wurde, umso klarer wurde das Ergebnis: Ihre hohe Basspräzision und vor allem diese leuchtende Offenheit in den Mitten ließen am Ende das Pendel eindeutig zugunsten der Ayers Four ausschlagen.
Fazit Inklang Ayers Four
Der Inklang-Anspruch, möglichst unkomplizierte Lautsprecher anzubieten, ist hier erfreulich weit umgesetzt. Die Ayers Four, beziehungsweise der Konfigurator, bieten viele Stellschrauben, um die schlanke Standbox optisch an den Hörraum anzupassen.
Doch bei aller Wohnraum-Anpassbarkeit, bei allem Easy-to-use- und Easy-Listening-Anspruch ist die Ayers Four auch noch ein Lautsprecher mit hoch ambitionierter Klang-Performance. Ein Lautsprecher, mit dem es dank seiner frischen, präzis-lebendigen Art richtig Spaß macht, die Aufnahmen neu zu entdecken und der die meisten arrivierten Vertreter dieser Klasse in den Schatten stellt. Man könnte auch sagen: Ayers rockt!
Bewertung
KlangPraxisVerarbeitungGesamt |
Die Bewertung bezieht sich immer auf die jeweilige Preisklasse. |
| Angenehm offener, präzis-feinseidiger Klang. |
| Knackige Bässe, aufstellungsunkritisch |
| Vielfältige Individualisierungs-Möglichkeiten |
| Erfordert stabile Verstärker |
Vertrieb:
Inklang Lautsprecher Manufaktur GmbH
Peutestraße 53 C
20539 Hamburg
Telefon: 040 180 241 100
www.inklang.de
Paarpreis (zeitlich begrenzt):
Inklang Ayers Four: 3.398 Euro
Die technischen Daten der Inklang Ayers Four
Inklang Ayers Four | |
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Konzept: | 3-Wege Bassreflex |
Bestückung: | 2 x 15,2 cm TT, 1 x 5,5 cm MT, 1 x 22 mm HT |
Übergangsfrequenzen: | 600 / 3.500 Hz |
empf. max. Raumgröße: | 30 Quadratmeter |
empf. Verstärkerleistung: | >80 Watt an 4 Ohm pro Kanal |
Aufstellungs-Empfehlung: | frei, mit mindestens 30 cm zur Rückwand |
Farben: | so gut wie jede Lackfarbe möglich |
Abmessungen (B x H x T): | 17,5 (260 inkl. Sockel) x 111,3 x 34,8 cm |
Gewicht: | 23,6 Kilo |
Alle technischen Daten |
Mit- und Gegenspieler:
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