In der Lautsprecher-Szene manifestiert sich bei vielen Marken der “In-England erdacht-in China-gemacht”-Kategorie ein Bild, das in etwa so ausieht: Super verarbeitet, super Lackfinish und vom Sound her eher vollmundig und dezent-fein in den Höhen. Weil man damit den asiatischen und den angelsächsischen Markt bedienen will, könnte man die Abstimmung auch als “Weltklang” bezeichnen. Monitor Audio verfolgt mit seinen größeren Linien (Gold, Platinum) diesen Weg konsequent. Vor knapp 1,5 Jahren hatten wir die Kompaktbox Gold 100 im Test (die dem beschriebenen Klang-Ideal treu folgt) und waren schwer angetan. Allerdings zeigte die Kleine durchaus Eigenheiten, die beispielsweise viel Sorgfalt bei der Suche nach dem optimal passenden Verstärker nötig macht. Die hier vorgestellte größere Monitor Audio Gold 200 5G erwies sich als deutlich einfacher in der Handhabung. Aber kein bisschen weniger entzückend…
Das technische Konzept der Montor Audio Gold 200 5G
Für die Feinheit im Hochton der Gold-Serie ist in erster Linie der neue AMT-Treiber verantwortlich. Dass Monitor Audio hier einfach das Modell aus der großen Platinum-Serie verwendet, spricht Bände. Denn kurz vorher wurde für Gold 4G ein Bändchen-Hochtöner entwickelt, der prinzipbedingt noch etwas feiner klingen sollte. Doch offenkundig klirrte er zu heftig. So kam es zum erneuten Wechsel.
Es ist aber auch nur zu verständlich: An keinem Hochtöner-Typ wird derzeit so viel und so erfolgreich herumgeforscht wir am Air Motion Transformer (AMT). Beim ihm treffen sich große Bandbreite und ein hoher Wirkungsgrad – und die damit verbundene große Verzerrungsarmut.
In der Monitor Audio Gold 200 5G ist der beschriebene Hochtöner mit einem sehr kleinen (knapp 6 Zentimeter durchmessenden) Mitteltöner in einem Modul zusammengefasst. Die Mitteltonmembran besteht aus einem extrem leichten Aluminium/Magnesium-Komposit, bei Monitor Audio C-Cam genannt.
Dieser kleine Mitteltöner übernimmt den Übertragungsbereich von etwa 600 bis 3.500 Hertz und macht in vielerlei Hinsicht den Unterschied zur ansonsten recht ähnlichen Kompaktbox Gold 100 5G. Er entlastet nämlich den Hochtöner (der in der Gold 100 5G fast eine Oktave tiefer spielen muss) und sorgt zudem für eine nochmal höhere Mittentransparenz, weil die auf Bass spezialisierten Tieftöner mit ihren vergleichsweise schweren Membranen halt nur bis 600 Hertz arbeiten müssen.
Die Bässe der Gold 200 5G sind exakt jene 17 cm Modelle aus der kleineren 100 5G – halt nur im Doppelpack mit mehr Volumen. Das gibt den Entwicklern natürlich mehr Spielraum: Die Gold 200 5G spielt nicht nur um einiges weiter runter, sie ist auch erheblich belastbarer und kommt auf einen spürbar höheren Maximalpegel.
Weil die Konus-Membranen der Gold 200 5G so steif sind (und daher an ihrem oberen Übertragungsbereich zu hässlichen klanglichen Artefakten neigen), werden die drei Arbeitsbereiche der 3-Wege-Box über eine vergleichsweise steilflankige Frequenzweiche getrennt.
Gut zu sehen und gut zu wissen: Die hörrelevanten Kondensatoren vor Mittel- und Hochtöner sind allesamt als hochwertige Folien-Typen (gelb und schwarz) ausgeführt, die sich Monitor Audio sogar labeln lässt. Die Gewindestange, die durch die Platine nach vorn geführt wird, ist noch außergewöhnlicher. Sie ist nämlich Kennzeichen einer akustisch sinnvollen Befestigung der einzelnen Treiber, die in dieser Konsequenz nur Monitor Audio in fast allen Linien verwendet. Dazu später mehr.
Das Gehäuse der Gold 200 5G…
… ist wie oben schon angedeutet von feinster und gut vorzeigbarer Qualität. Es gibt sie in den Varianten Dunkles Nussbaum, Piano Ebenholz, Weiß Seidenmatt, Schwarz Hochglanz. Wir hatten sie in der Ausführung Schwarz Hochglanz und da war nicht der Hauch eines Makels zu entdecken. Man merkt diese Lackfinish-Perfektion vor allem dann, wenn man den Lautsprecher fotografieren möchte: Das ist ohne Dunkelkammer quasi unmöglich, weil sich immer irgendwelche Spiegelungen darauf finden.
Aufgebaut ist die Monitor Audio Gold 2000 5G mit 18 Millimeter starken MDF-Wänden, die im Inneren sinnvoll versteift sind. Besonders originell und klug aber ist die schon angedeutete Befestigung der Treiber. Die nämlich werden über lange Gewindestangen, die auf der Gehäuserückseite eingeführt sind, gegen die Schallwand gezogen:
Das Konzept ist aufwändig, aber genial. Über einen elastischen Ring ist der Tieftöner von der Schallwand weitestgehend entkoppelt. Vorne gibt es keine Schrauben, die die Vibrationen in die Schallwand übertragen. Zudem wird durch diese Art der Anbringung der Metallkorb des Tieftöners entlastet. Normalerweise “zieht” der schwere Magnet ja nach unten, belastet die Konstruktion also völlig unsymmetrisch. Die Gewindestange nimmt einen Großteil des Gewichts auf und verlagert die Belastung symmetrisch in Richtung Rückwand.
Das Konzept ist, wie gesagt, genial, hat aber einen kleinen Nachteil: Die Schrauben an der Rückwand ruckeln sich vergleichsweise schnell los. Deshalb sollten sie vierteljährlich mit dem passenden Imbus nachgezogen werden. Die Schrauben unseres Testmodells beispielsweise waren richtig locker. Da muss nachgezogen weden, bis man einen festeren Widerstand spürt. Aber auch hier gilt: nach fest kommt ab. Es muss nicht bombenfest sitzen. Also bitte mit Feingefühl…
Die Monitor Audio Gold 200 5G in der Praxis
In Bezug auf ihren Maximalpegel und die Tiefbass-Fähigkeiten sind Räume bis maximal 40 Quadratmeter das richtige Umfeld für die kleine Standbox. Und in der Kombination mit angeschlossenen Verstärkern ist sie sogar erheblich unkritischer als ihre kompakte Schwester 100 5G. Die Impedanz (rote Kurve) verläuft stabil oberhalb 4 Ohm, die Phasenverzerrungen (blaue Kurve) fallen sehr moderat aus.
Dennoch ergibt das Zusammenspiel aus Impedanz und Phase einen Effekt (den sogenannte Equivalent Peak Disspiation Resistance – kurz EPDR, graue Kurve), der den Verstärker teilweise etwas stärker belastet. Im Falle der Gold 200 5G liegt der kritische Punkt im leistungsrelevanten Bereich um 90 Hertz mit unter 2 Ohm. Kein echtes Problem, aber eine gewisse Stabilität sollte der Verstärker oder die Endstufe schon mitbringen. Dass der EPDR auch im Hochtonbereich zwischen 5 und 20 KHz unter 2 Ohm fällt, beeinträchtigt den Verstärker nur wenig; hier fließt kaum Leistung
Wir haben die übliche Phalanx an Verstärkern aufgefahren. Weil die Monitor Audio Gold 200 5G aber recht wam und vollmundig abgestimmt ist, war das Ergebnis mit präzis-kernig klingenden Verstärkern am besten. Mit dem Exposure 3010S2D beispielsweise, dem Atoll IN300. oder dem Brinkmann Volllverstärker. Alle drei Amps können der Gold 200 5G bei ein bisschen die Fersen geben – was dieser Lautsprecher manchmal brauchen kann.
Die etwas wärme Abstimmung führt auch dazu, dass die 200 5G etwas mehr Abstand zur Rückwand braucht. Bei zu großer Nähe (heißt in diesem Fall: unterhalb 40 Zentimeter) wird es im Bass zu kräftig. Gut. Aber das erklärt sich ja fast von selber. Zudem wird mit mehr Abstand zur Rückwand auch die Raumabbildung in der Tiefe immer besser.
Der Hörtest
Die Sache mit der Räumlichkeit beherrscht die kleine Monitor-Standbox eh meisterlich. Der Klang löst sich komplett von den Gehäusen. Die kleine Standbox breitet – vorausgesetzt, der Hörer sitzt im Sweetspot – ein herrlich großzügiges Panorama aus.
Und sie sorgt für einen allseits satten, voll tönenden Klang. Ein Lautsprecher wie gemacht für die exzellent aufgenommene Singer-Songwriter-Akustik des Stockfisch Label-Katalogs. Tiefe Stimmen, feine Gitarren-Obertöne – das alles ist ein Gedicht. Das Timbre der Stimmen – großartig. Das feine Ausschwingen der Gitarren – zart, transparent, wunderbar. Und auch die plastische Abbildung von Sänger und Instrument gelingt der Gold 200 5G auf verblüffend realistische Weise.
Nun könnte man einwenden, dass diese Aufnahmen von Allan Taylor, David Munyon, David Ross oder Steve Strauss auf fast allen Boxen ziemlich gut klingen. Der Einwand ist richtig. Aber die Monitor Audio scheint für diesen Musikstil besonders talentiert zu sein. Und sie legt ihren Zauber der Wiedergabe auch über grätzige Aufnahmen. Geschickt und elegant werden dabei so manche scharf geblasenen Saxophon-Härten gedämpft, Trommelfell-attakierende Streicher-Einspielungen oder Live-Aufnahmen von Frauenchören in halligen Kirchen (Le Mystère Des Voix Bulgares) dezent gehübscht.
Solch charmantes Umschiffen von tonalen Klippen hat natürlich seinen Preis. Andere Lautsprecher dieser Preisklasse – etwa die Canton A45, die Dynaudio Evoke 50, die Gauder Arcona 60 MK II oder die KEF R11 – bieten im Grundton mehr Grip und mehr Information in den Mitten. Das wirkt quirliger und mitreißender, klingt aber halt bei der großen Vielzahl mittelprächtiger Aufnahmen nicht so schön… Nein, alles gut: Wir sind ja froh, dass es bei den Lautsprechern so viele unterschiedliche Ansätze gibt.
Ich war beim Test der kompakten Gold 100 5G ja ziemlich überrascht, wie viel Pegel aus den kleinen Böxchen kam. Das konnte die größere Schwester natürlich noch erheblich toppen. Bei gepflegt-urbaner Tanzmusik wie der von Yello (Album: Point) produziert sie trotz ihrer dezenten Abmessungen erstaunlich viel Druck, die wunderbar wabernden Klangteppiche sind mit wohliger Tiefbass-Schwärze koloriert. Nur bei ganz hohen Pegeln (und da sind wir schon im Bereich von knapp unter 110 Dezibel) kommt der Mitteltöner an seine Limits. Dann wird auch die zu besten manierlichsten Umgangsformen erzogene Gold 200 5G tonal etwas widerborstig. Aber dazu muss man schon ganz schön laut drehen…
Fazit
Wirklich hübsch gemacht, wirklich hübsch klingend. Mit der Monitor Audio Gold 200 5G holt man sich ein schönes Tonmöbel für relaxte Wiedergabe-Kultur ins Wohn- oder Hörzimmer. Die Detail- und Dynamik-Freaks unter den Musikliebhabern werden andernorts wahrscheinlich glücklicher. Denn dieser Lautsprecher ist weniger für das mitreißende Erleben, sondern eher für das reine Genießen konzipiert: Nach Hause kommen, Schuhe aus, Rotwein ins Glas und stundenlang ungestresst Musik hören. So geht Weltklang heute.
Bewertungen
KlangPraxisVerarbeitungGesamt |
Die Bewertung bezieht sich immer auf die jeweilige Preisklasse. |
| Satt-natürliches Klangbild mit feinen Höhen |
| Hoher Entspannungsfaktor |
| Akustisch kluge Treiberbefestigung |
| Überragendes Finish |
Vertrieb:
Pannes Vertriebs KG
Berliner Straße 3
23795 Bad Segeberg
derbesteklang.de
Paarpreis (Hersteller-Empfehlung):
Monitor Audio Gold 200 5G: 4.000 Euro
Technische Daten
Monitor Audio Gold 200 5G | |
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Konzept: | 3-Wege Bassreflex |
empfohlene Raumgröße: | bis maximal 40 Quadratmeter |
Anschlüsse: | Bi-Wiring |
Wirkungsgrad: | 86 dB (1 W/1 M) |
Gewicht: | 21,9 Kilo |
Abmessungen (H x B x T): | 95,0 x 19,5 x 33,0 cm (inklusive Spikes) |
Alle technischen Daten |
Mehr Lautsprecher von Monitor Audio:
Erster Test: Kompaktbox Monitor Audio Gold 100 5G
Monitor Audio Silver G6 – alle 5 Modelle im Familientest
Test Monitor Audio Monitor 200: die kultivierte Budget-Standbox
Test Kompaktbox Monitor Audio Studio
Mit- und Gegenspieler im Test:
Test Gauder Akustik Arcona 60 MK II
Test Standbox KEF R11 – ganz nah an der Reference
Test Dynaudio Evoke 50: viel Bass, viel Spaß?
Test Atoll IN 300: DAC-Amp mit Kraft und Feindynamik
Test Exposure 3010 S2D: Hohe Dynamik & Agilität