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Quadral Platinum nine+ Test Aufmacher
Die Quadral Platinum nine+ beeindruckt nicht nur durch elegante Bauhaus-Formen und perfekte Verarbeitung: Sie klingt auch ausgesprochen erwachsen. Der Paarpreis liegt bei 5.000 Euro (Foto: Quadral)

Viel Druck im Bass: Test Standbox Quadral Platinum nine+

Wenn man sich bislang auf eines felsenfest verlassen konnte, dann auf dieses: Eine HiFi-Box von Quadral sah auch immer aus wie eine HiFi-Box. Am besten alle Treiber auf der schwarzen Front und die Seitenwangen Echtholz-furniert farblich abgesetzt. 40 Jahre schon begleiten diese Lautsprecher mein HiFi-Leben und ich musste mich nie umgewöhnen. Bis jetzt. Mit Platinum+ brechen nun auch bei den Niedersachsen moderne und hoch elegante Zeiten an. Außer den Stellen, wo es gewollt ist, unterbricht keine Linie, kein Aufsatz die glatten Flächen des Lautsprecherkorpus. Man ahnt: Hier hat sich jemand lang Gedanken gemacht und einen sehr ästhetischen Ansatz mit klaren Bauhausformen hinbekommen. Selbst die Tief-, Mittel- und Hochtöner, insgesamt fünf an der Zahl bei dem Flaggschiff Quadral Platinum nine+ sind nur schwer als solche zu erkennen.

Schon gar nicht, wenn die Platinum nine+ wie unserer Testmuster in Hochglanz-Schwarz daherkommt. Deren Abdeckungen für die Mitteltöner als auch für die Druckkammer für den Bass sind ja ebenfalls schwarz – und heben sich von der kubischen Säule nur dezent ab.

Denn das muss man den Quadral Verantwortlichen lassen: Nicht nur der radikal andere Bauhaus-Entwurf, auch das Gehäuse, vor allem der Lack ist wirklich allerfeinst. Die Oberfläche der Quadral Platinum nine+ wirkt ungemein edel und ist spiegelglatt. Dafür eine glatte Eins.

Nachteil: Man sieht jeden Fingerabdruck, jedes Staubkorn und auch für den LowBeats Fotografen war diese Oberfläche eine Herausforderung, die er nicht immer gemeistert hat…

Quadral Platinum Nine+ Logo
Neuer Chic: Das Gehäuse ist erstklassig verarbeitet, die Oberfläche der Platinum nine+ ist makellos. Kleine Additive wie das Plus-Logo oder schmale verchromte Leisten lockern die elegant-kubische Form auf. Gut zu sehen ist hier auch die sogenannte „symmetrische“ Anordnung der Mittel- und Hochtöner (Foto: Quadral)

Form und Finish wirken zwar sehr majestätisch, doch aufgrund ihrer Größe von 118 x 25 x 40,5 cm (HxBxT), ihrer kubischen Form und eben der tiefschwarzen Farbe ist die Quadral Platinum nine+ selbst im großen LowBeats Hörraum eine sehr massive Erscheinung; da wirkt die Platinum nine+ in Weiß dezenter…

Quadral Platinum im Messerückblick High End 2017
Quadral Entwickler Sascha Reckert mit dem Flaggschiff der neuen Serie, der Platinum nine+ in der weißen Ausführung auf der HIGH END 2017  (Foto: H. Biermann)

Was den edlen Auftritt der Quadral Platinum nine+ unterstreicht, ist das Fehlen jeglicher (sichtbarer) Schrauben auf der Front. Die beiden Mitteltöner stecken hinter einer Stoffblende, der Hochtöner ist von hinten in der Schallwand montiert. Dafür aber finden sich auf der Rückseite der 3-Wege Standbox mehr Schrauben als gewöhnlich.

Quadral Platinum Nine+ Back
Die Bassreflex-Rohre münden auf der Rückseite der Platinum nine+. Die Tieftöner und die Frequenzweichen sind über verschraubte Service-Ports zugänglich. Der Anschluss erfolgt über ein hochwertiges Single-Wire-Terminal (Foto: Quadral)

Gleich zwei, mit je acht Schrauben befestigte und in die Rückwand eingelassene Holzplatten bieten Zugang zu den Frequenzweichen und den Tieftönern. Quadral nutzt diese Service-Ports bei fast allen seinen größeren Modellen.

Quadral Platinum Nine+ Frequenzweiche, BR-Rohr
Die Frequenzweichen sitzen auf der Rückseite des Service-Port und sind sehr ordentlich (durchwegs mit MKP-Kondensatoren) bestückt. Die Übergangsfrequenzen liegen bei etwa 270 und 2.700 Hertz. Im Hintergrund sieht man den oberen der beiden quer eingebauten Subwoofer (Foto: H.Biermann)

Das technische Konzept der Quadral Platinum nine+

Klassische Bassreflexboxen waren für Quadral schon immer zu trivial. Früher setzte man auf Transmissionline-Boxen, später auf eine kurze Druckkammer vor den Bässen.

Im Rahmen der neuen Platinum+ -Serie hat Quadral Entwicklungsleiter Sascha Reckert das Thema Druckkammer jetzt noch einmal komplett neu gedacht: Die beiden 21,5 cm Tieftöner haben nun jeweils ein eigenes Bassreflexgehäuse und sitzen auf deren Ober- beziehungsweise Unterseite – quasi Membran gegen Membran.

innen
Die beiden 21,5 cm Tieftöner sitzen quer im jeweils eigenen Gehäuse und strahlen – Membran versus Membran – auf die in drei Richtungen offene Druckkammer, die ringsum mit schwarzem Stoff überzogen ist (Foto: Quadral)

Zwischen den beiden Bassgehäusen der Quadral Platinum nine+ sind etwa acht Zentimeter Abstand; die Öffnungen (wie auch die durchgehende Rückwand an dieser Stelle) sind versteckt hinter schwarzem Stoff.

Diese sogenannte Druckkammer ist also nach drei Seiten hin offen; wir haben also eine fast 360° Abstrahlung im Bass in etwa 60 cm Höhe. Darauf kommen wir später noch zu sprechen.

Druckkammer
Mit der richtigen Beleuchtung erkennt man die Druckkammer hinter der Bespannung. Man sieht den unteren Tieftöner, der – wie auch der obere – die Bassenergie über die Öffnungen abstrahlt (Foto: Quadral)

Die Idee hinter der Druckkammer: Durch die entstehende Kompression der Luft will Reckert mehr Tiefton-Schalldruck erzeugen, als es mit den beiden Bässen auf der Schallwand möglich wäre. Denn mehr Schalldruck aus einem bestehenden System bedeutet auch weniger Verzerrungen.

Solche Konstruktionen sind sehr selten, weil schwer zu berechnen. Aber Reckert hat in vielen Versuchsreihen eine überzeugende Lösung gefunden, die es in dieser Form im HiFi bislang nur selten gab.

Mitteltöner
Die Mitteltöner mit Quadral-typischer AlTiMa- (Aluminium-Magnesium-Titan-) haben einen Durchmesser von 15,5 cm und stammen aus der „großen“ Aurum Serie 9. Die beiden ermöglichen einen hohen, unverzerrten maximalen Schalldruck (Foto: H. Biermann)

Bewährt dagegen ist der Mittelhochtonbereich in seinem symmetrischen, oft auch „D’Appolito“ genannten Aufbau mit Mitteltöner–Hochtöner–Mitteltöner-Angeordnung. Der zweite Mitteltöner bringt mehr Dynamik und mehr Maximalpegel. A

ber diese symmetrische Anordnung bringt stets auch eine stärker gebündelte Abstrahlung – was in den heute modernen, wenig möblierten und deshalb eher hallig klingenden Wohnzimmern durchaus Vorteile haben kann.

Ringstrahler
Der Hochtöner, ein 28 mm RiCom Ringstrahler mit Titan-Membran, sitzt in einem kurzen Waveguide-Horn zur Schalldruckunterstützung im Übergangsbereich. Der Hochtöner ist von hinten montiert, damit man auf der Schallwand keine Schrauben sieht (Foto: H.Biermann)

Die Aufstellung

So ungewöhnlich, wie sich die Quadral Platinum nine+ innerhalb des Quadral Portfolios vom Design her macht, so ungewöhnlich verhält sie sich auch bei der Aufstellung. Im LowBeats Hörraum haben wir eine Position A, die eigentlich optimal für fast alle Standboxen ist, und zwei weitere, die jene Fälle abfangen, die auf Position A nicht so gut klingen.

Die Platinum nine+ spielte auf keiner der drei Positionen überzeugend; auf der eigentlich „optimalen“ Position A hatte sie ein Grundton-Loch und klang dadurch etwas näselnd. Es bedurfte einige Zeit des Hin- und Herschiebens bis kurz vor die Rückwand (Abstand: 50 cm), bis sie so klang, wie ich es erwartete – nämlich sehr natürlich und bruchlos über den gesamten Frequenzbereich.

Ich sprach darüber mit Entwicklungsleiter Reckert und er hatte genau die gleiche Geschichte aus seinem Testlabor parat. Die Erklärung dafür liegt wahrscheinlich in der ungewöhnlichen Schallabstrahlung im Bass, der selbst bei 300 Hertz noch eine fast kugelförmige Abstrahlung hat.

Das ist selten und damit regt die Quadral Platinum nine+ die Raummoden natürlich etwas anders an als klassische Konstruktionen, die in diesem Frequenzbereich den Bass schon deutlich mehr nach vorn gebündelt abstrahlen.

Doch die gute Botschaft dahinter lautet: Das ist kein Nachteil, weil man mit etwas mehr Mühe bei der Aufstellung und – Beispiel LowBeats Hörraum – durchaus auf Positionen in Rückwandnähe einen sehr überzeugenden Ton hinbekommt.

Aber auch das wurde bei den Aufstellungs-Vorbereitungen schon deutlich: Die Quadral Platinum nine+ kann auch mit Verstärkern de Leistungsklasse unter 100 Watt spielen, den Wirkungsgrad hat sie wohl.

Wer aber vor allem ihre Bass-Performance voll ausschöpfen möchte (was man tun sollte…), braucht mit Amps unterhalb 150 Watt pro Kanal gar nicht erst anfangen. Mit den bewährten LowBeats Arbeits-Referenzen Audioloab 8300 MB mit ihren mehr als 200 Watt an 4 Ohm harmonierte die Platinum nine+ bestens. Aber wenn es dann in die Vollen ging, legte sich doch die Schutzschaltung quer.

Tiefbass ohne Limits: die nine+ im Hörraum

Ich hatte deshalb, auch nach den Erfahrungen mit der Quadral Aurum Titan 9, die ja unglaublich laut und bassstark spielen kann, vorsichtshalber größere Endstufen-Kaliber aufgefahren.

Da waren die Monoendstufen Cambridge Audio 851W genau so im Spiel wie die wuchtige nuPower A von Nubert – mit der ich letztendlich die meisten Hörtests bestritt, weil die Kraftreserven am Ende doch das Quentchen mehr machten…

Yello: Toy. Das Cover
Das 13. Album von Yello. Alle waren extrem gut aufgenommen, Toy ist vielleicht das Beste (Cover: Amazon)

Denn der Bass der Quadral Platinum nine+ ist phänomenal: satt, sauber und man kann damit Pegel fahren, die weder nachbarschaftsförderlich noch ohrenfreundlich, aber richtig geil sind. Und genau so haben wir natürlich gehört: großes Kino.

Vor allem, weil dieser Bassbereich gefühlt auf 16 Hertz runtergeht (laut Datenblatt bis 23 Hertz) und die Bässe so mächtig und stämmig in die Magengrube fahren, wie es in dieser Preisklasse mit klassischen HiFi-Lautsprechern nur selten zu hören ist. Der bei mir im Hörtest obligatorische Yello-Durchgang geriet zum Fest: als ob die Platinum nine+ dafür gemacht worden wäre…

Aber die Quadral Platinum nine+ kann auch anders: Wie auch Titan R9 und Sedan R9 ist sie ein klanglich weitgehend neutraler Lautsprecher mit – auch bei sehr geringen Pegeln – feinen Mitten und Höhen, die eine Fülle von Details aus den Aufnahmen herausholen.

Im Gegensatz zu den Modellen der „großen“ Aurum-Serie ist die Platinum aber in den oberen Mitten etwas präsenter. Auch mit so kraftvoll-warm abgestimmten Endstufen wie der Nubert bleibt die Wiedergabe von Stimmen und klassischen Instrumente daher recht quirlig.

Bei sehr hohen Pegeln wirkt das etwas angestrengt und trübt den durchwegs guten Eindruck. Allerdings nur, wenn die Quadral Platinum nine+ auf den Hörplatz ausgerichtet sind. Waren die Lautsprecher nicht eingewinkelt, fiel dieser Charakterzug kaum noch ins Gewicht.

Die Räumlichkeit der Quadral Platinum nine+ ist gut – nicht ganz so umfänglich ausladend wie etwa mit der B&W 804 D3, aber der Klang löst sich trotzdem schön von den Gehäusen und es entsteht bei geschlossenen Augen ein dreidimensionaler Raum mit sehr glaubhafter Abmessungen.

Im direkten Vergleich punktet die B&W mit noch griffigeren Strukturen und größerer Spielfreude – ohne aber auch nur annähernd diese satte Tiefton-Performance oder diese beeindruckenden Pegelhöchststände zu erreichen.

Doch die B&W 804 D3 ist ja auch fast doppelt so teuer wie die Quadral Platinum nine+. Der eigentliche Gegenspieler in dieser Preisklasse ist die Q-Acoustics C 500, die bei uns einen ganz hervorragenden Eindruck hinterließ.

Die C 500 ist in ihrer Lebendigkeit und Raumabbildung der B&W recht ähnlich, aber auch sie kann – trotz ihrer erstaunlich hohen Effizienz – der Quadral in puncto Breitbandigkeit, Bass-Punch und Maximalpegel das Wasser nicht reichen. Die Platinum nine+ wirkt einfach noch erwachsener.

Quadral Platinum Nine+ im LowBeats Hörraum
Die Quadral Platinum nine+ wirkt selbst im großen LowBeats Hörraum noch stattlich. Die perfekt ebene und spiegelnde Lackoberfläche macht auch hier die Fotografie nicht einfach… Im Vordergrund die Wandler/Vorverstärker der Questyle 800er Serie (in Gold) und der Vollverstärker CPA155S von Neukomm (Foto: H. Biermann)

Fazit

Das Flaggschiff der neuen Platinum Serie lässt kaum Schwächen erkennen: Der Klang ist – richtig aufgestellt und ausgerichtet – natürlich, fein und frisch. Und er basiert auf einem Bassbereich, der – wenn er einmal losgelassen – zu unglaublichen Ausflügen in die Tiefen der Frequenzen einlädt; das ist beeindruckend.

Wie auch die Titan 9 aus der „größeren“ Aurum Serie beherrscht die Platinum nine+ unverzerrte Pegel, die in Mietwohnungen wohl nur selten auszufahren sind. Schön zu hören sind sie trotzdem. Dieser Spaß erfordert allerdings sehr kraftvolle und stabile Endstufen.

Die Schönheit eines Lautsprechers liegt natürlich im Auge des Betrachters und viele unterschiedliche Leute werden dazu viele unterschiedliche Meinungen haben. Doch für mich ist das Design der neuen Platinum+ Serie ein riesiger Schritt in die richtige Richtung. Ich würde mir mehr davon wünschen. Denn immerhin ist ein so großer Lautsprecher auch immer ein bestimmender Teil der Inneneinrichtung.

Addiert man einmal alle Punkte: hohe Breitbandigkeit + natürlich-frischer Klang + hohe Pegelfestigkeit + tolle Verarbeitungsqualität, entsteht in der Summe ein Lautsprecher mit exzellentem Preis/Leistungsverhältnis. Die Quadral Platinum nine+ ist deshalb eine schöne Bereicherung des Lautsprecher-Angebots dieser Preisklasse.

Quadral Platinum nine+
2018/01
Test-Ergebnis: 4,3
SEHR GUT
Bewertungen
Klang
Praxis
Verarbeitung

Gesamt

Die Bewertung bezieht sich immer auf die jeweilige Preisklasse.
Breitbandiger, natürlich-lebendiger Klang
Sauberer und tiefreichender Bass
Hoch belastbar und sehr pegelfest
Edles Finish

Vertrieb:
Quadral GmbH & Co KG
Am Herrenhäuser Bahnhof 26
30419 Hannover
www.quadral.com

Paarpreis (Hersteller-Empfehlung):
Quadral Platinum nine+: 5.000 Euro

Mit- und Gegenspieler im Hörraum:

Test Stereo-Endstufe Nubert nuPower A – audiophile 400 Watt
Test B&W 804 D3 – B&Ws beste Standbox unter 10.000 Euro
Test Standbox Burmester B18 – edel, klangstark, günstig
Test Standbox Q-Acoustics C500 – auch mechanisch High End

Weitere Quadral Lautsprecher:

Test Standbox Quadral Aurum Gamma: Die aktive Vulkan
Test Quadral Titan R9: 35 Jahre an der Spitze
Test Quadral Sedan 9: kompakt, aber extrem souverän


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Autor: Holger Biermann

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Chefredakteur mit Faible für feinste Lautsprecher- und Verstärkertechnik, guten Wein und Reisen: aus seiner Feder stammen auch die meisten Messe- und Händler-Reports.