Kann man die Qualität eines Lautsprechers am Gewicht ermessen? Natürlich nicht. Aber bei der Burmester B18 vielleicht doch.
Als ich die zierliche Standbox aus dem Karton holte, war ich jedenfalls erst einmal überrascht: 35 Kilo wiegt eine. Die meisten Boxen dieser Größe kommen nicht einmal auf die Hälfte. Was haben die Burmester Entwickler da getrieben? Mit Blei ausgegossen? Nein, aber eine Menge Metall ist hier dennoch im Spiel.
Die Burmester B18 entstand als Gemeinschaftsprojekt von Pascal-Philippe Bings (Mechanik) und Martin Lorenz (Akustik). Lorenz entwarf die ungewöhnliche Idee einer geschlossenen 2-Wege-Kompaktbox, die sich mit Hilfe eines zusätzlichen Tieftöners (in einem Bassreflexgehäuse) zu einer 2,5-Wege-Konstruktion und einer vollwertigen Standbox erhebt. Und an Bings ging die Forderung, dafür eine angemessene, möglichst wenig mitschwingende Behausung zu schaffen.
Der Aufbau der Burmester B18
Diesen Auftrag hat er Burmester-typisch solide umgesetzt. Wohl wissend, dass die Schallwand der akustisch wichtigste Teil eines Lautsprechers ist, hat er diesen auf eine ebenso simple wie aufwändige Weise ruhig gestellt: Masse. Viel Masse. Die Stärke der MDF-Schallwand liegt über die ganze Höhe bei 48 Millimeter: Im Bassbereich ist es massives MDF…
… und im oberen Teil der Burmester B18, wo Hoch- und Tiefmitteltöner sitzen, addieren sich zu 43 Millimetern MDF noch fünf Millimeter einer schwergewichtigen Aluminiumplatte hinzu. Da wackelt nichts mehr.
Eine ähnliche Aluminiumplatte – nur etwas größer – verwendet Bings auch als Standfuß für die Burmester B18. Doch anders als die meisten Lautsprecher-Konstruktionen am Weltmarkt ist die Bodenplatte der B18 vom Gehäuse entkoppelt. Diese Entkopplung vom gar nicht schwingungsfreien Untergrund ist sehr viel schlauer und akustisch sinnvoller als die übliche Ankopplung des Gehäuses an den Boden mit Spikes.
Das geschieht über einen komplexen Sandwichaufbau. Die dabei verwendeten Materialien sind Stahl (0ben im Bild unter der Frequenzweiche), MDF, ein Kunststoff mit besonders hoher innerer Dämpfung und der Aluminium-Fuß. Diese Kombination sorgt für eine effiziente Entkopplung vom Boden und für die Extraportion Gewicht; mit dieser Fuß-Konstruktion steht die Burmester B18 noch fester.
Die Gehäusezeichnung der Burmester B18 zeigt aber nicht nur dicke Wände mit viel Masse: durch eine Vielzahl von – teils sehr massiven – Querverstrebungen werden alle Flächen ruhiggestellt.
Wie nicht anders zu erwarten, ist auch die günstigste Standbox der Berliner top verarbeitet. Burmester Entwicklungsleiter Stefan Größler äußerte mal im Gespräch, dass man sich am liebsten – Stichwort Nachhaltigkeit – mit Zulieferbauteilen aus der direkten Umgebung versorgt.
Das gilt natürlich auch für die Gehäuse, die von einer Schreinerei um die Ecke erstellt werden und in einem phänomenalen Lack-Finish daherkommen. Das sieht so lecker aus – das passt auch zu sehr teuren Elektronik-Komponenten. Und der geneigte Käufer hat die Wahl: Die Burmester B18 wird in fünf verschiedenen Furnier-Versionen angeboten werden.
Technisch ist die Burmester B18 – wie gesagt – eine 2,5-Wege Konstruktion. Sie basiert auf der kompakten B10 aus dem Jahre 2011, ist aber an allen Stellen überarbeitet /verfeinert und eben um einen richtigen Tieftöner im Bassreflexgehäuse erweitert worden.
Das Besondere an der B18 ist, dass der obere der beiden Tiefmitteltöner ein eigenes kleines, geschlossenes Gehäuse hat. Über die Federsteife der Luft in dieser kleinen Kammer werden seine Auslenkungen bei tiefen Bässen reduziert und dadurch auch Verzerrungen im Mittenbereich. Allerdings nimmt sein Schalldruck durch dieses gewollte Limit ebenfalls unter 100 Hertz kontinuierlich ab. Der untere Tieftöner hingegen wird über die Frequenzweiche bei etwa 400 Hertz aus dem klanglichen Geschehen genommen.
Alles in allem ergibt sich ein glatter Frequenzgang, der sich im Bassbereich sogar in Maßen beeinflussen lässt. Dafür packt Burmester einerseits Pfropfen zum Verschließen des Bassreflexrohres ins Zubehör.
Andererseits findet sich hinten am Anschluss-Terminal ein sogenannter Room-Adaption-Schalter, mit dem man in der Plus-Stellung den Bassbereich nach unten erweitern und etwa um 2 Dezibel anheben kann.
In der LowBeats Impedanz-Messung zeigt sich der Einfluss dieser Bass-Extension:
Komplettiert wird die 2,5-Wege-Bassreflexkonstruktion durch den 28 Millimeter großen Hochtöner: einem mit Aluminiummembran bestückten Ringstrahler, der bis weit über 30 KHz läuft. Er sorgt ab 2.300 Hertz für die ungemein luftige und quicklebendige Vorstellung
Und noch eine Burmester-Besonderheit, was die Tief- und Mitteltöner angeht: Alle Treiber werden tagelang mit einem Einspielsignal künstlich vorgealtert, damit beim Einbau die Parameter stimmen und die Lautsprecher, wenn sie beim Kunden stehen, bereits eingespielt sind und vom Start weg gut klingen.
So klingt die Burmester B 18
Selten hat ein Lautsprecher so aus dem Stand heraus derart begeistert. Ich kann dabei gar nicht hervorheben, was die B18 nun so ausdrücklich viel besser macht als andere Lautsprecher. Es ist wahrscheinlich die Selbstverständlichkeit, mit der die B18 alles so schön präsentiert. Da scheint es keine Mühe zu sein, den spielerisch leichten Klavierläufen von Chick Corea zu folgen, wenn er (mit BobbyMcFerrin als Dirigent) seine Mozart Sessions spielt. Die Obertöne des Klaviers sind strahlend, ohne aufgesetzt zu sein.
Oder auch Stimmen. Kate Bush in 50 Words For Snow kommt so hauchzart, so zerbrechlich, wie ich sie immer vorgestellt habe. Oder die Mühelosigkeit, mit der die B18 die ganze Klangfarbenpracht von Alessandro Quartas Piazzolla Interpretation im Hörraum ausbreitet: wenn der Meister sein Instrument bearbeitet, es singen und ächzen lässt, dann zieht die B18 den Zuhörer mit in den Aufnahmeraum und zeigt dabei eine erstaunlich große Mittendynamik sowie ein ebenso großes Auflösungsvermögen.
Je länger ich die schlanke Standbox hörte, umso mehr überraschte und verzauberte sie mich, denn bei der gefundenen Aufstellung war auch die räumliche Darstellung absolut glaubhaft und dreidimensional.
Natürlich sind die Möglichkeiten eines Tieftonsystems mit der Fläche von zwei 17 cm Bässen eingeschränkt. Aber bis zum Pegellimit hört man ihr die überschaubare Größe nicht an: Sie bleibt immer vollmundig-natürlich. Und auch die bei unseren Tests obligatorisch gespielten Yello Aufnahmen zelebrierte sie mit habhaftem Nachdruck.
So wie die Burmester im LowBeats Hörraum stand und musizierte, war das dicht am Perfekten. Für Musikfreunde mit normal großen Wohnzimmern und normal hohen Abhörpegeln ist die B18 deshalb eine echte Empfehlung: Viel mehr braucht man meist nicht.
Einige Worte noch zur Aufstellung. Die ist bei der Burmester B18 vergleichsweise einfach. Man sollte ihr eine freie Aufstellung gönnen – so dass die adrette Schönheit auch zur Geltung kommt – und mit etwas Ausprobieren (Kippschalter plus/minus, BR-Pfropfen rein/raus) wird man in der Regel schnell eine optimale Basswiedergabe hinbekommen.
Bei der Minus-Stellung wurde der Tiefbassbereich etwas ausgedehnt, wirkte aber insgesamt etwas schlanker – eindeutig meine Art zu hören. Bei der Plus-Stellung kam der Bass etwas saftiger, aber nicht ganz so tief. Doch da wird jeder seine Lieblingseinstellung finden. Und so groß sind die Unterschiede nun auch nicht.
Verstärker-technisch darf es bei der Burmester B18 durchaus auch Größeres sein; unter 100 stabilen Watt pro Seite würde ich nicht anfangen. Und nur weil Burmester draufsteht, muss man die B18 nicht unbedingt mit Burmester Elektronik kombinieren. Ich hatte, das muss ich der Fairness halber anfügen, gerade auch keinen Burmester Verstärker zur Hand.
Zwei “Fremdmarken-Vollverstärker” haben mir mit ihr besonders gut gefallen: das französische Kraftpaket Atoll IN 300 und die extrem stabile Röhre Octave V80 SE. Der (klanglich farbstärkere und dynamischere) Octave ist im Preis angemessen, der feingliedrige Atoll für die B18 sicherlich ein Geheimtipp.
Fazit Burmester B18
Kann ein Nobel-Hersteller wie Burmester auch günstig? Ja, wie das Beispiel B18 zeigt. 7.800 pro Paar sind zwar kein Pappenstiel, aber das Günstigste, was man bei Burmester zum Thema Standboxen erwerben kann. Und für das, was man hier bekommt, ist der Preis absolut fair.
Im LowBeats HiFi Hörraum spielte die B18 so quicklebendig, fein und substanziell, dass man mit geschlossenen Augen einen weit teureren Lautsprecher vermutet hätte. Ihre fantastische Verarbeitung, ihr ungemein natürlicher Klang, die dezente, aber hilfreiche Bass-Anpassung an den Raum und ihr (erstaunlich günstiger) Preis lassen hier nur ein Urteil zu: überragend.
Bewertung
KlangPraxisVerarbeitungGesamt |
Die Bewertung bezieht sich immer auf die jeweilige Preisklasse. |
| Wunderbar natürlicher, habhafter und feiner Klang |
| Einstellbare Bass-Intensität |
| Überragende Verarbeitung |
| Gute Preis/Klang-Relation |
Vertrieb:
Burmester Audiosysteme GmbH
Wilhelm-Kabus-Straße 47
10829 Berlin
www.burmester.de
Preis (Hersteller-Empfehlung):
Burmester B18: 7.800 Euro pro Paar
Mehr zu Burmester:
Test Burmester 175: Plattenspieler in einer eigenen Liga
Test Burmester BA 31 – Standbox mit Dipol-Hochtöner
Test Porsche Panamera 4S mit Burmester und Auro-3D
Test Mercedes E 320 d mit Burmester 3d-Sound
Interview mit Burmester CEO Andreas Henke
Im Beitrag erwähnt:
Test Atoll IN 300: DAC/Verstärker mit Kraft und Feindynamik
Test Octave V80 SE: Der Referenz-Vollverstärker
Ratgeber: Spikes unter Lautsprechern: Was bringt’s?