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Mark Levinson No 5909 in Verpackung
Zum 50 Geburtstag der Marke bringt Mark Levinson einen smarten Mobil-Kopfhörer, den No 5909 für 1.000 Euro auf den Markt. Das Ganze ist nicht wirklich passend und trotzdem im Ergebnis sehr gut... (Foto: C. Dick)

Test Mark Levinson No. 5909 – der erste Kopfhörer der legendären Verstärker-Schmiede

In den letzten 25 Jahren des letzten Jahrtausends gab es kaum einen machtvolleren Namen im High End als Mark Levinson. Beim HiFi-Magazin Audio, bei dem ich wie viele andere Kollegen der LowBeats im Laufe der Zeit tätig war, waren die Verstärker und die Vor-/Endstufen-Kombinationen von ML in diesen Jahren quasi auf Sieg abonniert: Kam ein neuer Amp auf den Markt, wurde dieser in der Regel die neue Referenz. In den vergangenen 20 Jahren jedoch wurde es um die Marke vergleichsweise still und neue Geräte kamen nur sporadisch. Doch nun lässt ein Produkt unter dem Mark-Levinson-Label aufhorchen, das anlässlich des 50-jährigen Geburtstags aufgelegt wurde und das wir allesamt nicht erwartet hatten: ein geschlossener, dynamischer, ohrumschließender Kopfhörer mit Bluetooth und Active Noise Cancelling (ANC), der Mark Levinson No. 5909 für 1.000 Euro.

Ein Tausender ist natürlich eine Menge Geld für einen Kopfhörer, doch in den großen Zeiten der Marke wäre dieser Kopfhörer sicherlich vielfach teurer und nochmals edler ausgefallen. Und so stellte sich nicht nur für mich als alter ML Fan die Frage: Wie viel Levinson steckt in einem so modern-smartem Gerät, das zwangsweise so gar nichts mit den aus dem Vollen gefrästen Trutzburgen vergangener Jahre zu tun haben kann. Die Antwort nehme ich vorweg: mehr als ich dachte.

Mark Levinson No 33
Gehören fraglos zu den besten und bekanntesten Levinson-Komponenten: die Heizung-großen Mono-Endstufen No. 33 (Foto: Harman)

Mark Levinson war durch und durch Musiker – und ein ausgewiesener Freund highendiger Klänge. Er soll als Jazzer mit Paul Bley, Keith Jarrett oder Sonny Rollins den Bass und das Flügelhorn bedient haben, ebenso wie er als Freund nordindischer klassischer Musik gilt. Sein Faible für den guten Ton zuhause sozusagen aus der Konserve, setzte der Kalifornier ab Anfang der 1970er Jahre um. Mark Levinson musste jedoch aus finanzrechtlichen Gründen schon vor Jahren seine Firma aufgeben und sich anderen Aufgaben im Audiobereich widmen. Sein Erbe und die Marke mit dem heutigen Sitz in Woodbridge/ Connecticut verwaltet heute Harman (welche mittlerweile zu Samsung gehört), die mit AKG und JBL so viel Kopfhörer-Kompetenz im Haus haben, dass so ein Nobel-Projekt auch auf höchstem Niveau umgesetzt werden kann. Denn natürlich darf man davon ausgehen, dass die Mark-Levinson-Entwickler hier das Rad (sprich: Kopfhörer) nicht noch einmal neu entwickeln…

Mark Levinson No 5909 komplett
Der No. 5909 in voller Pracht. Die Bedienung erfolgt über Tasten am unteren Rand der Ohrmuscheln (Foto: Harman)

Im Nummern-Reigen der Modellbezeichnungen wie „No. 585.5“ (Vollverstärker) oder „No. 519“ (CD-Player tritt nun die „№ 5909“ auf den Plan: Auf diesen Code hört der erste Kopfhörer der US-Amerikaner. Dahinter verbirgt sich ein Exemplar, das gleich mehrere Tugenden beherrscht: Der geschlossene, dynamische Kopfhörer gibt sich sowohl als Heim-Player wie auch als Outdoor-Begleiter. Dafür beherrscht er aktives Noise Cancelling (ANC) zur Unterdrückung lästiger Umweltgeräusche und geht drahtlos auf Bluetooth-Empfang, von Smartphone, Tablet oder Notebook.

Mark Levinson No 5909 Verpackung
Die schnieke Verpackung des Mark Levinson No. 5909 (Foto: Harman)

Die Besonderheiten des Mark Levinson No. 5909

Öffnen wir die würfelförmige Box: Da liegt er, passgenau eingebettet in den schwarzen Inlay-Karton. Im Untergeschoss taucht eine formschöne, stabile Reisebox auf sowie diverse Anschlusskabel und Adapter für alle Fälle, als da wären: USB-C-Ladekabel, USB-C-/USB-A-Adapter, 1,25-/ 4-Meter-USB-C-Kabel auf 3,5 mm-Klinke, Klinkenstecker (3,5/6,35-mm), Flugzeug-Audio-Adapter plus ein Poliertuch aus Mikrofasern. Für sein Design erhielt er 2021 den begehrten „Red Dot Award“. In drei Varianten schmiegt sich der 5909 als „Lifestyle“-Produkt an die Ohren: „Ice Pewter“, „Pearl Black“ oder „Radiant Red“. „Der No. 5909 ist das erste Produkt von Mark Levinson, das für den luxuriösen Lebensstil unterwegs entwickelt wurde.“ sagt Jim Garrett, Senior Director Product Strategy and Planning bei Harman Luxury Audio. Klar, was soll der Mann auch sonst sagen…

Mark Levinson No 5909 Zubehör
Umfangreiches Zubehör (USB-C-Ladekabel, USB-C-/USB-A-Adapter, 1,25-/ 4-Meter-USB-C-Kabel auf 3,5 mm-Klinke, 3,5 mm-Klinke auf 6,3mm-Klinke, Flugzeug-Audio-Adapter, Poliertuch aus Mikrofasern (Foto: C. Dick)

Aber auch klar ist: Der noble Kopfschmuck soll den hohen Anforderungen an die Marke gerecht werden. Vor allem in puncto Klang. Und dabei konnten sich die Ingenieure mit anderen, erfahrenen KollegInnen unter dem großen Konzerndach bei der Klangabstimmung austauschen. Denn hier sind auch JBL sowie die traditionelle Kopfhörer- und Mikrofonmarke AKG beheimatet. Bei der akustischen Entwicklung bezogen sie zudem die sogenannte „Harman Curve“ mit ein – Ergebnisse aus umfangreichen Studien und Hörtests vom Harman Mastermind Sean Olive, die auch subjektive Klangeindrücke von vielen Probanden einbeziehen. Olive: „Im ersten Schritt haben wir einige dieser Tests selbst entwickelt, um zu analysieren, worin Zuhörer mit uns übereinstimmen, was sich über einen Kopfhörer wirklich gut anhört.

Auf dieser ersten Ebene wurde es erkennbar wichtig, akkurate und wiederholbare Ergebnisse von den Hörern zu erzielen. Sobald konkrete Beispiele vorlagen, die die beschriebene Qualität der Hörerfahrung widerspiegelten, bestimmte das Team die spezifischen technologischen Parameter, die mit dieser wahrgenommenen Soundqualität korrelieren. Olive: „Eine der Herausforderungen dieses Prozesses ist die Passform der Kopfhörer, weil diese die individuell angestrebte Soundqualität bestimmt. Wir haben unter anderem herausgefunden, dass man, solange die Kopfhörer über die Ohren passen und dabei einen konstanten Halt haben, ziemlich akkurate, allgemein gültige und reproduzierbare Ergebnisse erhält“, so der Wissenschaftler bei einem Besuch von LowBeats in seinem kalifornischen Northridge Campus.

Praxis

Die Passform stimmt, der 5909 sitzt angenehm mit beinahe zartem Druck stabil auf dem Kopf. Mit Materialien wie Leder im Kopfband und den austauschbaren ledernen Ohrpolstern sowie Alu und Edelstahl in der Konstruktion, punktet zudem die überzeugende Verarbeitungsqualität, bei der man lediglich die Kunststoff-Haptik der Muscheln leicht anmerken könnte. Die inneren Werte überzeugen sowieso: Als Herz arbeitet ein 40-Millimeter-Treiber mit Berylliumbeschichtung, einem sehr harten Leichtmetall, das zur hohen Präzision beitragen soll. Die Fertigung läuft in China, wie ein kleiner Schriftzug unter der Muschelabdeckung kundtut. Ok, schließlich verlassen im Land des Lächelns auch andere erstklassige Geräte wie die mit einem Apfel im Logo die Bänder…

Mark Levinson No 5909 Treiber
Hinter dem Diffusor-mäßigen Membranschutz sitzt ein 40 mm großer, kreisrunder Beryllium-Treiber (Foto: C. Dick)

Weiter zu den Fähigkeiten. Dank 24Bit-/96kHz-Schaltkreise ist der 5909 „Hi-Res Audio“ zertifiziert, er versteht sich auf Bluetooth 5.1 sowie aptX-, LDAC-, AAC-Support. Beim Telefonieren unterstützen den guten Ton vier eingebaute Mini-Mikrofone und die ANC-Geräuschunterdrückung bietet drei Modi – „awareness“, „passiv“ sowie „high“. Was das für die Praxis bedeutet, steht weiter unten im Hörtest.

Mark Levinson No 5909 Aufbau
Der Aufbau des Mark Levinson No. 5909 – leider nur mit englischer Beschreibung (Foto: Harman)

Der Akku sorgte in unseren Tests für 26 Stunden nachladefreies Hörvergnügen; bei aktivem ANC waren es immer noch mehr als 20. Und die Schnelladefunktion steht mit 15 Minuten Ladezeit für bis zu sechs Stunden Einsatz im Lastenheft. Zur Steuerung via Smartphone gibt’s übrigens die „Mark Levinson Headphones App“ für iOS und Android, Versionen für PC/MAC sollen zügig folgen. Das Tool erlaubt momentan noch nicht viel, immerhin aber beispielsweise die Einstellung der Basstüchtigkeit. Die Einrichtung gelang am iPhone zügig und problemlos. Die Hauptsteuerung für Lautstärke, Telefon oder ANC-Modi erfolgt über die kleinen Tasten am Hörer selbst.

Allerdings geriet die Bedienung über die Winzlinge teils etwas fummelig, was aber wiederum auch systembedingt und gewöhnungsbedürftig ist. „Effortless luxury“, also mühelos luxuriös, haben ihm die Werbetexter ins Stammbuch geschrieben. Das ist nur fast richtig: Die Bedienung über die gesamte Ohrmuschel-Fläche (wie es viele andere Mitbewerber-Modelle anbieten) ist da eleganter.

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Mark Levinson No 5909 App
Zum Bedienen des No. 5909 ist die App recht nützlich …
Mark Levinson No 5909 App
…auch, wenn die App ist etwas rudimentär ist (Foto: C. Dick)
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Hörtest

Zunächst musste der Neuling klassisch verkabelt mit Kopfhörerverstärker und stationärer Quellkost zeigen, was er auf dem Kasten hat. Sara K. betrat als erste die Bühne via Stockfisch-XRCD – ein Fest für die Ohren, denn die sonor-rauchige Stimme der Singer-Songwriterin mit ihrem audiophilen Faible gab der 5909 authentisch und wohl akzentuiert, jedoch einen Tick frisch wieder, präzise platziert in plastischem Raumgefüge. Die – lediglich für den Heimeinsatz konzipierte und teurere – Konkurrenz von Sennheiser, der HD 800 S, steuerte hier noch etwas mehr Durchhörbarkeit, Auffächerung und Schmelz bei. Er diente bei der Klangbeurteilung der Niveau-Einordnung des Mark Levinson.

Es folgte ein Musik-Klassiker, der HiFi-Fans vor allem in den 80er Jahren beglückte: Das legendäre Label Windham Hill legte 1983 ein Live-Album mit einer Auswahl „seiner“ Musiker auf, darunter der Gitarrist Michael Hedges. Auf „Spare Change“ lässt sich der Saitenspringer von KollegInnen wie Liz Story (Piano) und Michael Manring (Bass) begleiten. Der minimalistisch anmutende Song ist Steve Reich gewidmet – die Akustikinstrumente bildete der 5909 dabei präzise, lebendig und schön feindynamisch ab. Der Sennheiser wiederum punktete mit etwas mehr Schmelz und Körperhaftigkeit.

Mark Levinson No 5909 @ home
Wegen der geschlossenen Bauweise ist der ML No. 5909 auch für das Arbeiten unterwegs bestens geeignet (Foto: C. Dick)

Als Klassikbeitrag steuerte dann Pianist Matthias Kirschnereit mit dem Konzerthausorchester Berlin ein Schumann Schmankerl bei, mit dem „Konzert für Klavier und Orchester a-Moll op. 54“. Der Mark Levinson beeindruckte wieder mit schöner Durchhörbarkeit, prima Dynamik und Auflösung, die Streicherpassagen tönten wallend. Lediglich in puncto Körperhaftigkeit hätte man sich etwas mehr Verve gewünscht.

Was hier wie eine nüchterne Fast-Pari-Pari-Geschichte klingt, ist eigentlich eine kleine Sensation. Der Sennheiser, in fast allen mir bekannten HiFi-Redaktionen so etwas wie eine Dauer-Referenz, war tatsächlich nur wenig besser. Und nicht nur, dass der Sennheiser ja auch noch einiges teurer ist: Außer gut klingen kann er ja nichts, ist kabelgebunden und kommt wegen seiner „offenen“ Bauart und der hohen Impedanz für den Mobil-Einsatz eigentlich nicht in Frage.

Leinen los! Kommen wir also zum Mobil-Auftritt der No. 5909. Via Bluetooth- klang der 5909 auf ähnlich hohem Niveau und überraschte beim Gang durch die Wohnung zudem mit großer Stabilität des Empfangs: Erst nach zwei Zimmern und ein paar Schritten auf die Veranda brach die Verbindung ab. Das ist schon ziemlich gut. Mit seinem aktiven Noise Cancelling hat der 5909 zudem noch einen weiteren Trumpf an Outdoor-Fähigkeiten in petto – mit drei Modi. „Awareness“ ließ Umgebungsgeräusche leicht gedämpft an die Ohren kommen, prima, wenn man sich mit aufgesetztem Hörer mal kurz unterhalten oder beispielsweise eine Lautsprecheransage am Bahnsteig nicht verpassen möchte. Im „Passive Mode“ hielt der 5909 störende Außengeräusche leicht ab, im Modus „high“ filterte er lästige Straßen- oder U-Bahn-Geräusche vehement aus, ohne den Klang zu vernachlässigen. Will heißen: Auch unterwegs lassen sich so Lieblingssongs in hoher Qualität genießen. Und das war ja das Ansinnen der Levinsonschen Macher.

Fazit Mark Levinson No. 5909

Man darf über die Winkelzüge der Marketing-Strategen durchaus verwundert sein und die Frage, ob ein Kopfhörer überhaupt ins Portfolio von ML passt, mit einem Kopfschütteln beantworten. Dennoch schafft es Harman (beziehungsweise die Harman-Tochterfirma Mark Levinson) dank immens hoher Expertise und mit seinen nahezu unbeschränkten Produktions-Möglichkeiten einen in allen Belangen fantastischen Kopfhörer der Spitzenklasse vorzustellen.

Tatsächlich erinnert mich der noble Levinson-Hörer in vielen Punkten an den JBL Live 650 BTNC. Das zieht sich von der Bedienung über die Akku-Laufzeiten bis hin zur tonalen Ausrichtung. Letztendlich aber klingt der No. 5909 auch wegen des überlegenen Beryllium-Treibers um einiges natürlicher und authentischer.

Vor allem aber bieten die Rückgriffs-Möglichkeiten auf solch fantastische Ressourcen die Gewähr für höchste Stabilität – sowohl in der Bluetooth-Verbindung als auch bei der Geräusch-Unterdrückung oder dem nahezu perfekten Telefonie-Erlebnis. Da funktionieren einfach die technisch anspruchsvollen Grundlagen. Dass der No. 5909 im Bass nicht ganz so vollmundig und satt daherkommen wie die meisten anderen Modelle aus den USA, macht den Levinson-Hörer in meinen Ohren umso attraktiver.

Mark Levinson No. 5909
2022/04
Test-Ergebnis: 4,4
SEHR GUT
Bewertung
Klang
Praxis
Verarbeitung

Gesamt

Die Bewertung bezieht sich immer auf die jeweilige Preisklasse.
Recht prägnantes, leicht hell abgestimmtes Klangbild mit schöner Raumdarstellung
3-stufiges ANC
Tolle Verarbeitungsqualität
App (noch) nicht sehr vielfältig

Vertrieb:
Harman Deutschland GmbH

www.marklevinson..com

Paarpreis (Hersteller-Empfehlung):
Mark Levinson No 5909: 1.000 Euro


Technische Daten

Mark Levinson No. 5909
Konzept:geschlossener, dynamischer, ohrumschließender Kopfhörer mit Bluetooth und ANC
Bestückung:40 mm Beryllim-Treiber., dynamisch
Nennimpedanz:32 Ohm
Übertragungsbereich:10 – 40.000 Hz
Akku-Laufzeit:
mind. 29 Stunden ohne und 25 Stunden mit ANC
Zubehör:USB-C-Ladekabel, USB-C-/USB-A-Adapter, 1,25-/ 4-Meter-USB-C-Kabel auf 3,5MM-Klinke, Klinkenstecker (3,5/6,35-mm), Tragetasche). Zudem gibt’s einen 90-Tage-Testzugang für den HiRes-Streaming-Dienst Qobuz
Gewicht:
340 Gramm
Alle technischen Daten
Mit- und Gegenspieler:

 

Autor: Claus Dick

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Musikfachmann seit Jahrzehnten, aber immer auch HiFi-Fan. Er findet zielsicher die best-klingenden Aufnahmen, die besten Remasterings und macht immer gern die Reportagen vor Ort.