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Questyle CMA Twelve front view
DAC-Pre- und Kopfhöreramp Questyle CMA Twelve; ab 1.499 Euro (Foto: Questyle)

Doppeltest: DAC Kopfhörer-Amp Questyle CMA Twelve + Twelve Master

Zwölf Jahre ist es her, dass Questyle-Mastermind Jason Wang seinen ersten Verstärker in Current-Mode-Technik baute (ausführlicher Beschreibungen dazu finden Amp-Techies beim Test des CMA 600i oder beim Test der 800er Serie). Ein perfekter Anlass für den chinesischen Anbieter, mit dem DAC-Vor- und Kopfhörerverstärker Questyle CMA Twelve nun ein ambitioniertes Jubiläumsmodell aufzulegen.

In der Tat ist der CMA Twelve ein echter Questyle: Wie seine bei LowBeats getesteten Verwandten CMA600i und CMA400i, besticht auch der CMA Twelve durch extrem hochwertige Materialauswahl und perfekte Verarbeitung. Mittlerweile hat Questyle eine recht eigenständige Formensprache für seine Modelle geschaffen, die irgendwo zwischen HighTech und Retro angesiedelt ist. Hier ein Kipp- oder Schiebschalter, dort ein Taster oder eine Buchse – alles wirkt haptisch ungemein solide und funktionell „erfassbar“.

Questyle CMA Twelve with Sennheiser HD 880 S
Der Questyle CMA Twelve ist nicht nur ein idealer Spielpartner für hochwertige Kopfhörer wie etwa der Sennheiser HD 880 S. Dank mitgelieferter Fernbedienung ist der DAC-Preamp auch als Steuerzentrale in HiFi-Systemen einsetzbar (Foto: Questyle)

Ebenso „retro-futuristisch“ präsentiert sich der Questyle CMA Twelve auch beim Blick unter die Haube. Zeitgemäße SMD-Bauteilebestückung trifft hier auf traditionelle, „handfeste“ Audiotechnik: Üppiger Ringkerntrafo statt Schaltnetzteil als Stromversorgung; echtes Motorpotentiometer statt CMOS-Chip als Lautstärkesteller – so liebt es die audiophile Welt.

In die gleiche Richtung zielt auch eine weitere Besonderheit beim Questyle CMA Twelve: Als Twelve Master ist er gegen 500 Euro Aufpreis alternativ mit einem aufwändigem Keramik-Motherboard erhältlich. Nicht nur Hochfrequenzexperten wissen um die deutlich besseren, elektrischen Eigenschaften von Keramik im Vergleich zum klassischen Epoxyharz-Material. Diese Option gab es bislang nur bei den exklusiven Questyle-Komponenten – so dem Golden Reference System. Natürlich haben wir bei LowBeats beide Versionen vom CMA Twelve ge(hör-)testet.

Questyle CMA Twelve – für HiFi und Tonstudio

Konzeptionell als auch preislich tritt der Questyle CMA Twelve die Nachfolge des auslaufenden Erfolgsmodells CMA600i an. Einher damit geht eine einschneidende Programmänderung. Der CMA Twelve ist konsequent auf die Wiedergabe digitaler Tonquellen ausgerichtet. Daher verzichtet er auf den analogen Hochpegeleingang des CMA600i – was mancher Kaufinteressent sicherlich bedauern wird.

Im Gegenzug will der Questyle CMA Twelve jedoch neue Anwendungsmöglichkeiten erschließen. Beispielsweise im Tonstudio: So lässt sich der verfügbare, effektive Ausgangspegel zwischen +14 dBu (3.9 V) und +20 dBu (7,76 V) umschalten. Damit kann der CMA Twelve selbst Aktiv-Monitore mit sehr geringer Eingangsempfindlichkeit unverzerrt bis zur Vollausteuerungsgrenze treiben. In Tonstudio-Umgebung ebenfalls willkommen ist auch sein AES3-Digitaleingang, ausgeführt als symmetrisch beschaltete XLR-Buchse.

Questyle CMA Twelve front and rear terminal
Front- wie rückseitig finden sich beim Questyle CMA Twelve neue Anschlussmöglichkeiten. Kopfhörer können nun auch via symmetrischem 4,4-mm-Pentaconn-Stecker andocken – ein deutlicher Fortschritt im Vergleich zur mechanisch fragwürdigen, 5-poligen 2,5-mm-Miniklinke. Praxisgerecht auch der symmetrische AES3-Digitaleingang für professionelle Zuspieler (Foto: Questyle)

Vom kleineren Bruder CMA400i übernommen hat der CMA Twelve die schaltbare Verstärkung für die Kopfhörerausgänge. Damit lässt sich der Rauschabstand beim Betrieb von niederohmigen, besonders wirkungsgradstarken In-Ear-Hörern nochmals optimieren. Zugänglich ist die Gain-Umschaltung von außen über entsprechende Durchbrüche in der Bodenplatte (bitte stets alle vier Umschalter in die gleiche Position bringen).

Neu hinzu gekommen beim CMA Twelve ist auch der Eingang für eine Wireless-Tonquelle. Anstelle von Bluetooth setzt Questyle hierbei auf eine hauseigene Übertragungstechnik, die im 5-Gigahertz-Bereich funkt. Das schafft genügend Bandbreite für drahtlosen Hi-Res-Transfer. Als Zuspielquelle kann beispielsweise die Questyle SHB 2 dienen, die sich unter anderem als Homebase für mobile Hi-Res-Player wie den Questyle QP2R nutzen lässt. Ob der CMA Twelve zukünftig auch als Transmitter andere Empfänger anfunken kann, lässt sich der Bedienungsanleitung dabei nicht entnehmen.

Bewährte Audiotechnik

Der CMA Twelve wäre kein echter Questyle, würde er Audiosignale nicht nach der patentierten Current-Mode-Amplification-Methode verstärken. Im Kern geht es hierbei darum, die Verstärkerstufen möglichst breitbandig und damit „schnell“ auszulegen. Zum einen ermöglicht das eine straffe Gegenkopplung ohne negative Effekte wie etwa kurzfristige Verzerrungen in der Einschwingphase von Signalen (Transiente Intermodulationsverzerrungen = TIM).

Zum anderen reagieren schnelle, breitbandige Verstärker wesentlich unempfindlicher auf den zunehmenden Hochfrequenzmüll, der beispielsweise über die Masseverbindungen von außen eingeschleppt wird. Ganz neu ist das Ultrabreitbandkonzept freilich nicht: Viele der legendären Amps und Receiver von Harman/Kardon aus den späten Siebzigern und den frühen Achtzigern des letzten Jahrhunderts folgten bereits dieser Prämisse.

Questyle CMA Twelve, mother pcb
Typisch für Questyle-Komponenten, zeigt sich auch der neue CMA Twelve mit vorbildlichem Innenaufbau. In der optionalen Master-Ausführung dient eine High-Tech-Keramikplatine vom amerikanischen Spezialisten Rogers als Basismaterial (Foto: Questyle)

Gleiches Ziel – eigenständige Methode: Anders als H/K in der HiFi-Blütezeit setzt Questyle auf das Prinzip der Stromverstärkung. Der Trick dabei: Wo keine elektrischen Potenzialunterschiede bestehen, können sich bei Spannungsverstärkern unvermeidliche Schalt- und Bauteilekapazitäten erst gar nicht auswirken. Die maßgeblichen „Geschwindigkeitsbremsen“ sind somit elegant beseitigt. Entsprechend weitreichend fallen denn auch die Frequenzgänge der Questyle-Amps aus: Werte von mehreren hundert Kilohertz sind bei ihnen üblich.

Class-A-Betrieb garantiert

Ebenfalls neu hinzugekommen beim CMA Twelve ist die zuschaltbare Bias-Control-Funktion. Sie soll dafür sorgen, dass die Ausgangsstufen unabhängig von der angeschlossenen Last stets zuverlässig im verzerrungsarmen Class-A-Betrieb arbeiten. Das klingt banal, ist aber keineswegs selbstverständlich: So mancher Amp, der sich „Class A“ schimpft, schleicht sich aus diesem Arbeitsbereich je nach Belastung hinaus. Will sagen: Höhere Aussteuergrade oder niedrige Lastimpedanzen lassen den Amp gleitend in den AB-Betrieb geraten. Die Folge: Ansteigende Übernahmeverzerrungen, die sich vorwiegend als Klirrkomponenten höherer Ordnung manifestieren.

Um das zu vermeiden, besitzt der Questyle CMA Twelve einen Mikrocontroller-gesteuerten Regelkreis. Dieser bewirkt, dass der für Class-A-Betrieb erforderliche Ruhestrom unabhängig von Aussteuerung oder Belastung sichergestellt ist (siehe Schaltschema).

Questyle Bias Control Schematics
Schaltschema der Bias Control Einrichung im Questyle CMA Twelve: Sensoren erfassen die aktuellen Strom- und Spannungswerte im Ausgangskreis der Endstufen. Ein Mikroprozessor wertet diese aus und regelt den für Class A-Betrieb erforderlichen Ruhestrom adaptiv nach. Als Stellglied dient ein Optokoppler (Grafik: Questyle)

Questyle CMA Twelve und Twelve Master – Hörtest

Mit Fug und Recht lässt sich sagen, dass der Questyle CMA 600i eine Art Quasi-Klangstandard in seiner Klasse darstellt – nicht ohne Grund hat er sich seine LowBeats-Weihnachtsempfehlung 2017 verdient. Viele Händler  setzen ihn denn auch zum Vorführen hochwertiger Kopfhörer ein und auch etliche Leser-Rückmeldungen bestätigen wiederholt seine überdurchschnittliche Klangqualität.

Die gute Nachricht: CMA600i-Eigner brauchen ihren DAC-Pre definitiv nicht zu veräußern, bloß weil er mittlerweile nicht mehr produziert wird. Im ziemlich aufwändigen A-B-C-Vergleichstest zeigte er sich nämlich eindeutig klangverwandt mit seinen beiden Nachfolgern. Heraushören konnte man ihn einzig deshalb, weil er den „sanftesten“ Klangcharakter im Trio besaß – knackige Snare-Drum-Beats kamen über ihn minimal verhaltener.

Trio Grande: Questyle CMA Twelve Master; CMA Twelve and CMA600i
Ein dezenter Master-Schriftzug auf der Frontplatte kennzeichnet die veredelte Ausführung des Questyle CMA Twelve – im Bild während des Hörvergleichs mit CMA Twelve und CMA 600i (Foto: J. Schröder)

Einen Hauch konturierter in den mittleren Lagen spielte der CMA Twelve, konnte sich insgesamt von seinen Vorgänger jedoch noch nicht wirklich absetzen. Einen kleinen Vorsprung erspielte er sich nach Aktivieren der Bias Control Funktion: Die ließ Klangfarben eine Spur intensiver leuchten und brachte mehr Luft ins Spiel. Gut zu hören bespielsweise bei „Can’t Buy The Mood“ von der australischen Band Tora.

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Mein klarer Favorit im Trio war jedoch der CMA Twelve Master: Was mich spontan begeisterte, war seine ultrapräzise Transientenwiedergabe sowie die absolute Schlackenfreiheit. Um das zu hören, brauchte es nicht mal ein Aktivieren der Bias-Control-Einrichtung. Erstaunlicherweise äußerte sich diese Reinheit nicht etwa nur im Mittelhochtonbereich, sondern auch und gerade im Bass: So gelang es ihm, die vom E-Bass durchlaufend gespielten Achtelnoten bei Dope (ebenfalls von Tora; ab 2 : 02 min) klar zu separieren. Da ließ der CMA 600i dann doch eine Spur „Bindemittel“ im Klangbild erkennen.

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Mögen klangliche Idealvorstellungen von perfekter Wiedergabe auch noch so unterschiedlich sein – der Schlüssel zum „Abtauchen“ in die Musik ist Transparenz. So war es denn auch die phänomenale Durchhörbarkeit beim Questyle CMA Twelve Master, die facettenreiche, filigrane Tracks wie etwa das traumhaft schöne Song Of Songs vom Hamburger Ensemble Du Verre zu ebensolchen Momenten werden ließ.

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Fazit

Ohnehin schon sehr Gutes noch besser zu machen, ist stets eine Herausforderung. Questyle hat sich dieser gestellt und bringt mit dem Jubiläumsmodell CMA Twelve den Nachfolger des erfogreichen CMA600i. Das Ergebnis kann sich sehen und hören lassen: Klangliche Quantensprünge waren hierbei freilich kaum zu erwarten, doch bringt die Bias-Control-Einrichtung des CMA Twelve tatsächlich nochmals kleine Vorteile. Sieht man mal vom nunmehr entfallenen Analogeingang ab, hat der CMA600i im CMA Twelve damit einen absolut adäquaten Nachfolger gefunden.

Der eigentliche Knaller ist jedoch der CMA Twelve in der optionalen Master-Variante: Ich hätte nicht gedacht, dass der Zugewinn an Transparenz durch die bei ihm verbaute Keramikplatine so deutlich ausfällt. Zwar macht das edle Keramikboard den CMA Twelve Master 500 Euro teurer als die Standardversion. Bedenkt man jedoch die Tatsache, dass diese Option bei den exklusiven Questyle-Reference-Komponenten stolze 1.000 Euro kostet, ist der Questyle CMA Twelve Master ein ziemlich verlockendes Angebot. Daher empfehle ich: Unbedingt beide Ausführungen probehören.

LowBeats Bewertung Questyle CMA Twelve

Questyle
CMA Twelve Master
2019/10
Test-Ergebnis: 4,9
überragend
Bewertungen
Klang
Praxis
Verarbeitung

Gesamt

Die Bewertung bezieht sich immer auf die jeweilige Preisklasse.
Aufgeräumter, sehr natürlicher und transparenter Klangcharakter
Dank Fernbedienung auch als DAC-Preamp nutzbar
Hervorragende Verarbeitung
Kein analoger Hochpegeleingang

Vertrieb:
NT Global Distribution GmbH
Waller Heerstraße 104
28219 Bremen
https://nt-global.de/

Preis (Hersteller-Empfehlung):
Questyle CMA Twelve Master: 1.999 Euro

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Autor: Jürgen Schröder

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Toningenieur, R&D-Spezialist und das (mess-)technische Gewissen von LowBeats. Kümmert sich am liebsten um Wissens-Themen, Musik und den spannenden Bereich zwischen Studio und HiFi.