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Test Standbox Quadral Aurum Gamma: die aktive Vulkan

Und man kann die Gamma dank DIRAC feinfühlig auf den Raum und den Geschmack des Hörers einstellen. Ich hatte das seltene Glück, dass die Voreinstellung im LowBeats Hörraum so überwältigend gut klang, dass ich nichts mehr verändern musste. Das Prozedere zur Einmessung haben wir trotzdem einmal durchlaufen. Einfach, um zu schauen, ob es auch in der Gamma so gut funktioniert, wie ich das DIRAC System aus anderen Komponenten (wie zum Beispiel der Bohne Audio BB10) kenne.

Und tatsächlich: mehrere Messungen mit dem Mikro ergeben eine Messkurve, dann wird eine Zielkurve darübergelegt und am Ende kann man schauen, wie dicht der DSP die Aurum Gamma im Raum an diese Zielkurve heranführen kann.

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Quadral Aurum Gamma Messkurve
Messung im Raum mit raumbedingter Auslöschung bei 55 Hertz (Screenshot: Quadral)
Quadral Aurum Gamma Zielkurve
Avisierte Übertragungskurve im Raum (Screenshot: Quadral)
Quadral Aurum Gamma Ergebniskurve
Etwas geschönt, aber trotzden recht beeindruckend: das Ergebnis der DSP-Berechnungen im Raum. Die Auslöschung bei 55 Hertz ist immer noch erkennbar, spielt aber keine Rolle (Screenshot: Quadral)
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Dazu muss man wissen, dass DIRAC wie die meisten Programme dieser Art nur Überhöhungen kappt; Auslöschungen versucht es nur in Maßen aufzufüllen, weil sonst die Verstärker schnell an ihre Leistungsgrenze kämen. Denn eine Auslöschung ist nun einmal eine Auslöschung – gleich, wie viel Energie man hinzuführt.

Die Quadral Aurum Gamma funktionieren wie viele Lautsprecher dieser Machart als Master und Slave. Die Verstärkerelektronik sitzt auch im Slave, aber die Anschlüsse sind nur am Master zu finden. Und Anschlüsse gibt es einige:

Quadral Aurum Gamma Anschluss
Eine Menge Möglichkeiten: Analogeingänge per Cinch (asymmetrisch) oder XLR (symmetrisch), Digitaleingänge für Ethernet-Kabel, Toslink (Lichtleiter) oder USB-Stick (Foto: H. Biermann)

Die interne Signalverarbeitung der Gamma liegt bei 96 KHz, damit ist sie HiRes-sicher. Die HiRes-Dateien werden über das Netzwerk per LAN-Kabel zugespielt. Man kann auch analoge Quellen anschließen. Das ist vielleicht heute noch notwendig, aber bei einem solchen Konzept etwas unpraktisch. Viel einfacher ist es doch, alles ins Netzwerk einzuspeisen und über diesen Umweg zu hören.

Zum Konzept der Quadral Aurum Gamma gehört eine App, die ich für sehr gelungen halte. Wie überhaupt das ganze Konzept. Denn ich hatte die Quadral gerade mit dem Netzwerk verbunden und die App aus dem App-Store heruntergeladen (Achtung: man findet sie unter Aurum und nicht unter Quadral) ging es sofort los – was beileibe nicht bei allen App-gesteuerten Konzepten der letzten Monate der Fall war…

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Quadral Aurum Gamma App5
Startoberfläche der Aurum App (Screenshot: H. Biermann)
Quadral Aurum Gamma App4
Die DIRAC Entzerrung (lässt sich auf der App aktivieren oder deaktivieren (Screenshot: H. Biermann)
Quadral Aurum Gamma App2
Cover-Darstellung und alle Bedienelemente, die man braucht (Screenshot: H. Biermann)

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Quadral Aurum Gamma App1
Weitergehende Einstellungen sind möglich (Screenshot: H. Biermann)
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Ich empfand den Umgang mit der App als selbsterklärend und einfach zu bedienen. Neben den klassischen Features kann man mit ihr auch die DIRAC Entzerrung ausschalten (meist keine gute Idee) oder per Airable im großen weltweiten Web nach Internet-Radiostationen suchen. Auch TIDAL ist schon direkt in der App abrufbar. Aber da werden in Zukunft sicher noch einige andere Musikdienste nachfolgen.

Die Quadral Aurum Gamma im Hörraum

Um die Verstärkerelektronik muss man sich kein Sorgen machen – die ist schon eingebaut – und auch bei der Aufstellung ist die Gamma dank DIRAC weniger anspruchsvoll als alle Passivboxen auf der Welt. Trotzdem stand die Hannoveranerin bei uns natürlich auf dem Platz, den wir messtechnisch und gehörmäßig als optimal herausgefunden haben. Also musste ich nur noch auf dem Netzwerk-Player die Musik auswählen und…

…und schon hatte mich die Gamma überzeugt. Es waren nur einige Takte, die mir klar machten, dass dieser Lautsprecher mit dieser Entzerrung perfekt auf diesen Platz in unserem Hörraum passte. Ich weiß noch das erste Stück, das lief: James Blood Ulmer „Crying“ (Album: Live At Bayerischer Hof). Die Gamma hämmerte mir die Bass- und Snaredrum-Schläge mit einer solchen Präzision und Schlackenfreiheit um die Ohren, wie ich es bei LowBeats noch nicht oft gehört hatte. Diese Aktivbox ist so genau, dass man das Gefühl bekommt, die Felle des Schlagzeugs nachschwingen zu sehen. Poh! Oder der elektronische Beat von Yello. Die Gamma zeigte eine mitreißende Dynamik und Genauigkeit im Bass und im Grundtonbereich, wie ich sie bislang nur von der Wolf von Langa Audio Frame mit ihren 38 Zentimeter Dipol-Bässen mit Elektromagnet kannte – nur, dass die aktive Quadral im Tiefstton noch einige Schippen drauflegte.

Und dann packte es mich: Album für Album wählte ich an, um zu hören, was diese Gamma denn wohl aus diesem oder jenem altbekannten Teststück macht. Mahlers Zweite, Jazz At The Pawnshop, Yello rauf und runter. Selbst der gute alte Charly Antolini durfte noch einmal seinen Knock Out anbringen. Ich saß da und freute mich wie ein Kind über jeden Basshieb oder Paukenschlag. Weil alles über die Gamma so echt klang. Und weil ich mit ihr Details auf diesen Aufnahmen entdeckte, die ich vorher noch nicht gehört hatte: hier ein Fußstampfen, dort ein Schlag auf den Bass…

Die hohe Präzision im Oberbass/Grundtonbereich sorgte insgesamt für einen ungewöhnlich klaren Klang, denn auch der Mittelhochtonbereich fügte sich in Sauberkeit und Dynamik nahtlos an den fantastischen Bass an. Die Intensität, mit der die Quadral die einzelnen Stimmen der King’s Singers (Titel: „Eleanor Rigby“) wiedergab, machte mir Gänsehaut; die Abbildung war körperhaft und hatte ein glaubhafte Tiefe.

Ab und an war mir die Gamma in den oberen Mitten etwas frisch. Ich hätte das über den DIRAC-EQ ändern können, wollte es aber nicht, weil diese Spritzigkeit auch vieles für sich hatte und und ich mit dieser Einstellung einfach unerhört viel Spaß hatte.

Einen Lautsprecher mit so vielseitigen Einstellungs-Möglichkeiten kann man ja eigentlich so tunen, wie es einem gefällt. Doch die Impulsivität, die Genauigkeit und die Dynamik kann man nicht einstellen.  Die hat der Lautsprecher oder er hat sie nicht. Die Quadral Aurum hat davon in Hülle & Fülle.

Und die moderne DSP-Technik kitzelt alles aus ihr heraus. Ich wiederhole mich gern: Ich habe selten so intensiv, detail- und erlebnisreich Musik gehört. Von außen sieht sie aus wie eine weitere Quadral. Aber klanglich ist die Gamma außergewöhnlich gut.

Quadral Aurum Gamma LowBeats Hörraum
Machten sich auch im großen LowBeats Hörraum blendend: die Quadral Aurum Gamma in weißem Hochglanzlack (Foto: H. Biermann)

Fazit Quadral Aurum Gamma: eine glatte Eins

Konzepte wie die Quadral Aurum Gamma gibt es ja mittlerweile in allen Preis- und Anspruchsklassen. Und nicht wenige HiFi-Fans sind der Meinung, mit einem so mächtigen Equalizer wie einem DIRAC oder ähnlichen Programmen ließe sich jeder Lautsprecher auf ein audiophiles Niveau bringen. Das ist ein Irrtum. Schlechte Lautsprecher werden auch durch DIRAC nicht zu High-End-Speakern. Aber wenn die Basis wirklich gut ist, hört man das immer durch. Und – Sie ahnen es – die Basis der Gamma ist exzellent.

Hinzu kommt die Gnade der späten Geburt. Quadral musste viele Fehler, die die Pioniere dieses Lautsprechertyps zuhauf machten, gar nicht erst begehen. Die heutigen Elektronik-Plattformen funktionieren reibungslos und auch die Aurum App lief in den Wochen des Tests völlig stotterfrei.

Neben aller smarten Technik ist die Gamma ein großer Lautsprecher mit großem Klangvermögen und – dank DIRAC und DSP – auch noch einer, den man selbst in schwierigen Raumakustiken vergleichsweise gut zum Klingen bringt. Unter den bei LowBeats bislang getesteten Lautsprechern dieses „Ich-kann-alles-Typs“ ist die Gamma fraglos die beste. Mit allen habe ich  gern Musik gehört. Aber nur mit der Gamma habe ich viele altbekannte Stücke noch einmal neu entdeckt. Nicht übel für ein Erstlingswerk.

Wenn ich eine aktuelle Quadral Vulkan 9 mit der gleichbestückten Gamma vergleiche, bekomme ich mit der Gamma für gerade einmal 2.000 Euro Aufpreis ein deutliches Plus an Möglichkeiten und Klang. Es bedarf keiner großen seherischen Fähigkeiten, um festzustellen, dass dieser Art des Musikhörens – also ohne zusätzliche Anlagen-Komponenten – sicherlich eine, wenn nicht sogar DIE Zukunft gehört.

 

Quadral Aurum Gamma
2019/01
Test-Ergebnis: 4,7
ÜBERRAGEND
Bewertungen
Klang
Praxis
Verarbeitung

Gesamt

Die Bewertung bezieht sich immer auf die jeweilige Preisklasse.
Breitbandiger, natürlich-lebendiger Klang
Extrem sauberer und tiefreichender Bass
Auf den Hörraum einmessbar (DIRAC)
Gut funktionierende App

Vertrieb:
Quadral GmbH & Co KG
Am Herrenhäuser Bahnhof 26
30419 Hannover
www.quadral.com

Paarpreis (Hersteller-Empfehlung):
Quadral Aurum Gamma: 12.000 Euro

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Autor: Holger Biermann

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Chefredakteur mit Faible für feinste Lautsprecher- und Verstärkertechnik, guten Wein und Reisen: aus seiner Feder stammen auch die meisten Messe- und Händler-Reports.