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Questyle GoldenReference System - Tower
Questyle Golden Reference System bestehend aus D/A-Wandler CAS192D Golden; Line-Preamp CMA800P Golden; 2 x Headphone-Amp CMA800R Golden; zusammen 12.500 Euro (Foto: Questyle)

Übersicht Questyle Golden Reference System: Go for Gold

Nach dem hervorragenden Abschneiden der beiden Kopfhörer-DAC-Preamps Questyle CMA600i und Questyle CMA400i war es für LowBeats nur konsequent, sich nunmehr auch mit den absoluten Top-Produkten des chinesischen Audio-Spezialisten zu beschäftigen – dem Questyle Golden Reference System.

Hier lautet die vorrangige Frage natürlich: Wenn bereits die preiswerteren Questyle Amps hervorragend klingen, wie weit kann man dann erst mit den ganz weit oben angesiedelten Verstärker-Modellen kommen?

Schließlich entstand der Questyle „Gold Tower“ unter der Prämisse, ein Audio-Referenzsystem besonders auch fürs Hören mit den weltbesten Kopfhörern zu erschaffen. Entsprechend hoch ist denn auch der Aufwand, den der chinesische Hersteller für seine Schmuckstücke betreibt.

So besteht das Questyle Golden Reference System aus drei separaten Komponenten. In der Praxis sind es sogar vier, denn der Kopfhörer-Line-Preamp Questyle CMA800R spielt im Team gleich zweimal mit.

Die Idee dahinter: Gönnt man privilegierten Lautsprechern für optimale Klangvoraussetzungen den Betrieb an Endverstärker-Monoblöcken, so sollten sich auch symmetrisch verkabelte Kopfhörer-Wandlersysteme aus gleichem Grunde über jeweils eigene Verstärker freuen dürfen.

Questyle Golden Reference System setup
Questyle Golden Reference System: Auch paarig nebeneinander gestellt macht das goldfarben eloxierte Quartett eine gute Figur (Foto: J. Schröder)

Die beiden weiteren Komponenten im Questyle Golden Reference System sind zum einen der D/A-Wandler CAS192D sowie der Line-Preamp CMA800P. Zum Gold Tower dürfen sich allerdings nur Komponenten im goldfarben eloxierten Gehäuse zählen.

Denn abweichend zu ihren gleichnamigen, Alu-naturfarben eloxierten Pendants weisen nur die goldenen Modelle ein exklusives Technik-Feature auf: edle Motherboards aus Keramik vom amerikanischen Leiterplatten-Spezialisten Rogers.

Solche Exklusivität hat natürlich ihren Preis: Veranschlagt Questyle für die Komponenten im Alu-natur-Finish jeweils knapp 2.000 Euro CMA800P: 2.500 Euro), so muss man für jeden der Goldjungen nochmals 1.000 Euro drauflegen. Wer jetzt nachgerechnet hat – es stimmt: für das komplette Questyle Golden Reference System sind 12.500 Euro fällig.

Dafür erwartet den stolzen Besitzer jedoch auch eine Verarbeitungsqualität, wie er sie bestenfalls von seinem Apple iPhone kennt. Das wiederum ist kein Zufall, denn ebenso wie das edle Smartphone aus Cupertino werden auch die Questyle-Komponenten beim taiwanesischen Spezialisten Foxconn zusammengesetzt – mit einer Präzision und mit Spaltmaßen, bei denen jeder Automobilhersteller neidisch werden dürfte.

Questyle Golden Reference System: die Geschichte

Die Vita des Unternehmens Questyle liest sich schon beinahe klassisch fürs HiFi-Universum: So begeisterte sich Firmengründer Wang Fengshuo (der sich aber heute Jason Wang nennt) schon seit seiner Kindheit fürs Gitarrenspiel ebenso wie für HiFi-Elektronik – was denn auch den Ausschlag zu seinem Ingenieursstudium gab.

Mit den klanglichen Qualtäten vieler HiFi-Komponenten haderte Wang jedoch – speziell, wenn es um Verstärker für hochwertige Kopfhörer ging: Die meisten klangen seinem Empfinden nach entweder harsch oder stumpf.

Natürlich gab es auch Verstärker, die Jason Wangs klanglichen Ansprüchen genügten. Das waren ausnahmslos solche, die entweder gar keine oder aber nur geringe negative Rückkopplung (Gegenkopplung) einsetzten.

Also musste es Ursachen geben, die sich bei üblichen, gegengekoppelten Verstärkern negativ auf den Klang auswirken. Nach Jason Wangs Ansicht ist hierfür vor allen Dingen die ungenügende Anstiegsgeschwindigkeit (Slew Rate) der Verstärker zu nennen: Bei „schnellen“ Signalen (also solchen mit hohen Frequenzanteilen) entstehen hierdurch sogenannte transiente Intermodulationsverzerrungen (TIMD), die für den sprichwörtlich harschen Transistorklang verantwortlich sind.

TIMD rühren daher, dass gegengekoppelte Verstärker eine gewisse Zeit brauchen, bis sie ihren stabilen Betriebszustand erreichen. Wenn das zu verstärkende Signal „schneller“ ist als die Slew Rate des Verstärkers, agiert dieser zu Beginn der Einschwingphase im undefinierten Arbeitsbereich.

Dieser Vorgang äußert sich in kurzfristigen, nichtlinearen Verzerrungskomponenten, die sich mit dem eigentlichen Musiksignal mischen und somit transiente Intermodulationseffekte produzieren.

Das nachfolgende Video beschreibt das Thema Slew Rate sehr anschaulich – unterhaltsam auch die per automatischer Spracherkennung stellenweise sehr witzig generierten Untertitel.

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Verstärker, die ohne Gegenkopplung arbeiten, sind prinzipiell weitestgehend immun gegenüber TIMD. Sie haben dafür andere Probleme – beispielsweise die Bauteilestreuung speziell bei den Halbleitern. Der damit verbundene, hohe Selektionsaufwand ist eigentlich nur bei hochpreisigen Manufakturprodukten wirtschaftlich vertretbar.

Also sann Jason Wang nach einem Weg, ein gegengekoppeltes Verstärkerkonzept mit all seinen Vorteilen, aber ohne TIM-Verzerrungen zu entwickeln.

Denn wie sagte schon Audioschaltungs-Guru Bruno Putzeys: „Wer gegengekoppelte Verstärker als grundsätzlich schlecht klingend hinstellt, hat noch nie einen gehört, bei dem die Gegenkopplung richtig implementiert ist.“

Und tatsächlich gibt es hierfür einen Weg: Man sorge dafür, dass der Verstärker „nativ“, also bereits ohne Gegenkopplung, schneller ist als das steilste Eingangssignal. Leichter gesagt als getan: Denn bei herkömmlichen Verstärkerkonzepten machen sich stets diverse Bauteilekapazitäten bemerkbar, die die gesamte Schaltung zu hohen Frequenzen hin mehr und mehr verlangsamen.

Questyle Golden Reference System – die Technik: Strom statt Spannung

Das lässt sich nur vermeiden, wenn innerhalb der Schaltung nicht wie üblich mit elektrischen Spannungen, sondern mit Strömen gearbeitet wird: Dann nämlich treten keine Potentialunterschiede auf, so dass sich Bauteile- oder Schaltkapazitäten gar nicht erst auswirken können. Stromgekoppelte Verstärkerstufen arbeiten daher von Haus aus um ein Vielfaches schneller als übliche, spannungsgekoppelte.

Daher verbrachte Jason Wang nicht wenige Jahre seines Studiums und seiner beruflichen Laufbahn damit, eine hochqualitative, gleichzeitig aber auch praktisch „machbare“ Stromverstärker-Schaltung für den Audiobereich zu entwickeln.

In der Tat ist das auch für Eingeweihte keine triviale Angelegenheit, heißt es hier doch komplett umzudenken. Jahrzehntelang war es Usus, wie zu Röhrenzeiten alle Schaltungen aus Sicht elektrischer Spannungen zu betrachten.

Transistoren sind jedoch Bauelemente mit überwiegend stromgeprägtem Verhalten und erfordern daher eine grundsätzlich andere Denkweise. Für all diejenigen, die es genauer wissen wollen, mein Buchtipp – das Beste, was ich zu diesem Thema kenne.

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Angestellt bei einem amerikanischen Halbleiterspezialisten, verfolgte Jason Wang sein Ziel des perfekten Kopfhörer-Verstärkers jedoch hartnäckig – wobei ihn einige kompetente Arbeitskollegen tatkräftig unterstützten.

Vier Jahre sollten vergehen, bis der erste Verstärker in Current Mode Amplification- (CMA-) Technik endlich fertig war: Der geriet jedoch so gut, dass Wang mit seiner heimischen Garagen-Produktion der wachsenden Nachfrage nicht mehr gerecht wurde. Das führte dann schließlich zur Gründung des Unternehmens Questyle zum Jahresende 2012.

Natürlich wollte mein innerer Audio-Detektiv genau wissen, wie die Topologie der Questyle-patentierten CMA-Schaltungstechnik in der Praxis denn nun tatsächlich aussieht. Für technisch Wissbegierige hier also das CMA-Prinzipschaltbild aus der Patentschrift einschließlich meiner ergänzenden Funktionsbeschreibung.

Current Mode Amplification CMA block diagram
CMA-Prinzipschaltbild – der interessante Bereich (AA) ist gelb hinterlegt: Der Operationsverstärker (U1) arbeitet als Spannungs/Strom-Wandler. Die beiden Transistorpärchen Q3/Q1 sowie Q7/Q10 arbeiten als Stromquelle bzw. Stromsensor jeweils im positiven und negativen Zweig seiner Versorgungsspannung. Das hierdurch gewonnene Signal wird anschließend über die beiden Transistoren Q1/Q10 an eine Spannungsverstärkerstufe mit geringer Verstärkung (BB; Transistoren Q2/Q11) weitergereicht. Schlussendlich gelangt das Signal zu einem durch die beiden Leistungstransistörchen Q6/Q9 gebildeten Puffer, der es niederohmig ausgibt. Die gesamte Schaltung arbeitet durchwegs in reinem Class-A-Betrieb. Die Gegenkopplung erfolgt dabei über den Widerstand R15 als Stromgegenkopplung (Current Feedback) auf den invertierenden Eingang des Operationsverstärkers. (Grafik: Questyle)

Verstärkerspezels dürfte die im obigen Diagramm dargestellte CMA-Topologie indes nicht ganz unbekannt vorkommen. In der Tat erinnert sie an Current-Feedback-Schaltungskonzepte, wie sie Mitte der 90er Jahre des letzten Jahrhunderts speziell in deutschen Vor- und Endstufen von Linnenberg Audio, SAC Elektronik oder der legendären CA 1 von TMR Elektronik zu finden waren – letztere zählt denn auch zu den bestklingendsten Vorstufen, die ich jemals gehört habe.

Messtechnisch verspricht das CMA-Schaltungskonzept von Questyle jedenfalls schon mal beeindruckende Performance – beispielsweise Klirrdämpfungen von über 70 Dezibel (Klirrfaktor = 0,0003%), sehr hohe Ausgangsspannungen bei ausgedehnten Bandbreiten von 0 Hertz (Gleichspannung) bis hinauf zu einigen 100 Kilohertz. Das habe ich natürlich nachgemessen – mehr dazu bei den Tests der einzelnen Komponenten.

Eine gute Schaltungstechnik allein macht jedoch noch keine klanglich herausragenden Verstärker. Vielmehr gilt hier immer noch die alte Fußball-Weisheit, die Audio-Spezialist Ivo Linnenberg im westfälischen Lokalkolorit salopp mal so formulierte: „Entscheidend is‘ auf’m Platz.“

Will sagen: Der Klang wird auf der Platine gemacht – und das im wahrsten Wortsinn. Denn hier geht es nicht nur um hochwertige Bauteile sowie deren optimale Verbindung über ein geschicktes Leiterbahn-Layout.

Eine entscheidende Rolle spielt auch das Basismaterial selbst – zum einen also der Werkstoff, aus dem die Platine gefertigt ist, zum anderen die Qualität des darauf aufgebrachten Leitermaterials.

Für die Komponenten der Golden Reference Serie verwendet Questyle daher besonders hochwertige Keramik-Leiterplatten aus der RO4000-Serie vom amerikanischen Anbieter Rogers.

Aufgrund ihrer geringen dielektrischen Verluste und der sehr guten elektrischen Performance eignen die sich perfekt für breitbandig ausgelegte Verstärker wie die CMA-Amps.

Der Klang

Wir haben die Komponenten des Questyle Golden Reference Systems in den vergangenen Wochen bei LowBeats ausgiebig hören können – nicht nur in wechselnder Geräte-Umgebung, sondern auch in unterschiedlicher Kombination untereinander.

Das Resultat: Das DAC-Preamp-Pärchen CAS192D/CMA800P ist nunmehr täglich im Einsatz. Stehen Kopfhörertests an, gesellen sich die CMA800R hinzu – bei symmetrisch verkabelten Hörern natürlich im Doppelpack.

Klanglich ist auf das Questyle-Quartett absolut Verlass: Mit seinem transparentem, durchlässigen Charakter holt es alles aus den angeschlossenen Komponenten heraus. Auch lässt es dadurch bei Vergleichstests die Unterschiede zwischen den Probanden zielsicher erkennen – ohne sie dabei mit tendenziöser Abstimmung an den Pranger zu stellen.

Letztendlich geht es aber immer nur um die Freude beim Musikhören – und da zeigt sich das Questyle-Team von seiner allerbesten Seite.

Unvergessen beispielsweise der Abend mit Where Blue Meets Green von Martha & The Muffins, wiedergegeben über die fantastischen Dipollautsprecher Wolf von Langa Audio Frame Chicago.

Selbst mit dieser enorm vielschichtigen und unerhört dichten Produktion entfachte das Questyle-Team im Zusammenspiel mit den prächtigen Audiolab-8300er-Monoblöcken ein musikalisches Feuerwerk, das seinesgleichen suchte. Erst danach habe ich Where Blue Meets Green wirklich begriffen.

Fazit

Questyle Golden Reference System – der Name ist in der Tat Programm: Drei Komponenten – dreimal LowBeats Referenz in ihren jeweiligen Klassen.

Zwar ist das Questyle Golden Reference System ursprünglich als ultimative Komponentenlösung zur Kopfhörer-Wiedergabe konzipiert. Wie der Test zeigt, spricht jedoch absolut nichts dagegen, die dazugehörigen Bausteine CAS192D, CMA800P und CMA800R einzeln oder kombiniert auch für anspruchsvolle, puristisch geprägte HiFi-Systeme zu verwenden.

Wem Klangqualität in seinem HiFi-Setup wichtiger ist als ein möglichst imposantes Erscheinungsbild, sollte sich daher unbedingt mit den kompakten Schmuckstücken aus dem Questyle Golden Reference System befassen. Go for Gold.

Golden Reference System – die Einzeltests:

Test Headphone Amp Questyle CMA800R – der Doppeldecker
Test D/A-Konverter Questyle CAS192D mit True DSD
Test Line-Preamp Questyle CMA800P – der Purist

Mehr von Questyle:

Test DAC-Kopfhörer-Preamp Questyle CMA400i – der Senkrechtstarter
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LowBeats Testergebnis CAS192D Golden
Test Wandler Questyle CAS 192D: Bewertung

 

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Autor: Jürgen Schröder

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Toningenieur, R&D-Spezialist und das (mess-)technische Gewissen von LowBeats. Kümmert sich am liebsten um Wissens-Themen, Musik und den spannenden Bereich zwischen Studio und HiFi.