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Die Canton Vento 816 im LowBeats Hörraum
Die Canton Vento 816 (rechts) im Kreis ihrer größeren Schwestern. Die 816 ist die einzige geschlossenen Konstruktion der Vento Familie und kostet 920 Euro pro Paar (Foto: H. Biermann)

Test Canton Vento 816: Spitzenklang onwall

Die Canton Vento 816 im LowBeats Hörraum
Die Canton Vento 816 im LowBeats Hörraum. Während der Hörtests stand sie auf diesem Ständer direkt vor einem massiven, wandähnlichen Reflektor (Foto: H. Biermann)

Die Canton Vento 816 ist der Benjamin unter den Vento-Lautsprechern. Und ein ganz besonderer obendrein. Hier handelt es sich nämlich nicht um eine weitere Kompaktbox, sondern um einen Lautsprecher, der für die Positionierung direkt an der Wand entwickelt wurde. Eine Positionierung also, vor welcher der Tester gemeinhin warnt. Denn durch die große Nähe zur Rückwand entstehen dort Reflexionen, die das Klangbild verzerren können.

Auf der anderen Seite hat diese Wandnähe zweifelsfrei ihre Vorteile: Tief- und Grundton bekommen durch die Rückwand eine deutliche Unterfütterung. Das heißt: Der Tieftöner muss weniger arbeiten und erzeugt trotzdem viel Bass. Also: weniger Verzerrungen und höherer Pegel. Außerdem klingen Lautsprecher mit breiter Schallwand (und so ein Onwall-Lautsprecher hat ja quasi die gesamte Rückwand als Schallwand) immer besonders lebendig und dynamisch.

Der Einsatzbereich der kleinen Vento liegt ursprünglich im Heimkino, überall dort, wo man für die Rear- und Effektlautsprecher nicht viel Platz opfern möchte. Onwall ist hier der Kompromissvorschlag für alle, die ihre Wände nicht aufstemmen wollen oder dürfen. Denn ein flach eingebauter Lautsprecher ist für diesen Zweck akustisch die noch bessere Wahl. Doch in Deutschland mit seinen soliden Häusern und den ebenso soliden Wänden ist Inwall nur selten möglich.

Deshalb also Onwall. Die Canton Vento 816 hat dafür eine Art Wandhalterung eingebaut und trägt mit ihrer Bautiefe von gerade einmal neun Zentimetern (Höhe: 30 Zentimeter, Breite 19,5 Zentimeter) auch nicht unnötig auf. Das ist noch so moderat, dass man die flache 816 auch in vielfacher Ausführung für ambitionierte Dolby-Atmos-Mehrkanalsysteme als Front-High oder Rear-High nutzen kann. Die Canton Vento 816 ist zudem das einzige Modell der Familie, das geschlossen ist, also keine Bassreflex-Unterstützung hat.

Canton Veto 816 von hinten
Der Onwall-Lautsprecher Vento 816 von hinten. Gut zu sehen ist die Aufhängungs-Vorrichtung: Optimal klingt die kleine 816 tatsächlich an die Wand montiert (Foto: H. Biermann)

Die Treiber-Bestückung ist bekannt: Der 16 Zentimeter Tieftöner, der auch in den Modellen 826 und 876 zum Einsatz kommt – siehe  Canton Vento Familien-Übersicht – in Kombination mit der Familien-typischen Keramik-Kalotte im 25 Millimeter Format. Das Gehäuse und die Verarbeitungsqualität genügt höchsten Ansprüchen – was in der Klasse unter 1.000 Euro nicht allzu häufig anzutreffen ist. Weil das Gehäuse aber so kompakt ist, ist es vielleicht sogar noch etwas stabiler als die der größeren Geschwister.

Im LowBeats Hörraum…

Das Rondo Finale aus Mahlers 5. Symphonie unter Claudio Abbado ist ein dynamisches, schön ausbalanciertes Stück – wie gemacht für das LowBeats Klang Orakel (Cover: Amazon)

…sorgte die Vento 816 erst einmal für erstaunte Gesichter. Ich hatte sie schon auf einigen Messen gehört und ahnte, dass hier ein großes Klangpotenzial schlummert. Aber so groß? Das hätte ich dann doch nicht gedacht. Mahlers 5. Symphonie unter Claudio Abbado, ein im LowBeats Hörraum sehr oft gehörtes Werk, kam in einer Größe und Pracht, wie sie Kompaktboxen dieser Größe (bei idealerweise freie Aufstellung) normalerweise nicht aufbauen können. Da schnurrten die Celli, dass es eine Freude war, die Hörner klangen kraftvoll und sehr echt und die Pauken hatten erstaunlich viel Nachdruck. Das ist keine irgendwie geartete Ersatzbox, sondern ernsthaftes HiFi. Sehr ernsthaft sogar. Wo nimmt das kleine Ding nur diesen substanziellen Bass her?

Die Antwort haben wir schon gegeben: Die Rückendeckung der Wand sorgt für einigen Schub von unten. Da die Canton-Entwickler die genauen Abstände vom Tieftöner zur Rückwand kennen, konnten sie eine optimale Anpassung vornehmen: Das Klangbild der Canton Vento 816 ist in der Höhe und der Breite realistisch groß und hat einen erstaunlich tief reichenden Bass.

Einzig bei der Abbildung der Raumtiefe blieb sie etwas flacher als etwa die Vento 826 oder 836. Und dennoch: Wer die Augen schließt, kommt nie auf die Idee, dass hier eine so kleine, leichtgewichtige Box spielt. Voraussetzung ist natürlich, die Canton Vento 816 hängt auch tatsächlich an einer festen Mauer – möglichst mit den Hochtönern auf Ohrhöhe.

Im LowBeats Hörraum nutzten wir dafür einen Lautsprecherständer (den wir auf die richtige Höhe brachten) und unsere mobilen, wandähnlichen Reflektoren, mit denen wir im Hörraum größere und kleinere Räume simulieren können. Diese Reflektoren sind aus

Cover Gregory Porter: Live in Berlin
Die Ausnahmestimme im Jazz: Gregory Porter Live in Berlin (Cover: Amazon)

massivem Holz und verhalten sich im Bass wie eine Mauer. Während der Hörtests standen die Ständer direkt an den Reflektoren. Je weiter wir die Canton Vento 816 und die Ständer von diesen Reflektoren wegrückten, desto „dünner“ wurde das Klangbild. An die Wand schrauben ist also die beste Variante.

Wie auch die anderen Familienmitglieder gehört die Canton Vento 816 zu den sehr ausgewogenen Vertretern: mit satt-warmem Grundton, leicht zurückhaltendem Mittenbereich und sehr feinen Höhen. Bei Gregory Porters Live In Berlin groovte die Stimme sehr schön, blieb aber doch – auch das hat die Canton Vento 816 mit ihren Geschwistern gemein – etwas zurückhaltend.

Diese kleine Zurückhaltung hat den Vorteil, dass man mit diesem Lautsprecher nicht nur vergleichsweise laut, sondern auch sehr lange hören kann. Eine sehr angenehme Eigenschaft. Und diese noble Spielart bleibt übrigens auch bei vergleichsweise hohen Pegeln erhalten: Die Canton Vento 816 ist ja ursprünglich für das Heimkino gemacht. Sie ist deshalb sehr pegelfest und war auch von den satten Tiefbässen der Yello Toy bei höheren Lautstärken nicht überfordert. Alle Achtung.

Yello: Toy. Das Cover
Toy ist das 3. Album von Yello. Alle waren extrem gut aufgenommen, dieses ist vielleicht das Beste (Cover: Amazon)

Wir hatten sehr viel Freude, als wir die Canton mit dem CD-Player und Vollverstärker der Marantz HD-Linie (HD AMP-1 und HD CD-1) kombinierten. Theoretisch verträgt sich die Canton auch mit noch sehr viel besseren Komponenten. Aber die beiden Marantz passten klanglich, von der Größe und vom Leistungs-Niveau so gut, dass wir am Ende nur noch diese Kombination hörten – und viel Spaß hatten…

Fazit: Die Canton Vento 816 im Familienvergleich

Die kleinste Canton hat uns am meisten überrascht. Die flache Kompaktbox gehört zwingend an die Wand, dort spielt sie aber herausragend gut und muss sich klanglich keineswegs vor den größeren Schwestern der Vento-Familie verstecken. Wer eh keinen Platz hat, bekommt mit ihr eine preisgünstige, klanglich fast gleichwertige Alternative zu den teils deutlich teureren Vento-Schwestern.

Auch äußerlich sieht sie hervorragend aus, aber sie wurde ja konzipiert, um nicht so sehr in Erscheinung zu treten – sei es im Heimkino oder sei es in einer dezenten Stereo-Anlage. In beiden Fällen macht sie eine überragend gute Figur: Im Grunde ist die Canton Vento 816 ein klares Plädoyer für sehr viel mehr Onwall-Lautsprecher!

Canton Vento 816
2017/02
Test-Ergebnis: 4,7
ÜBERRAGEND
Bewertung
Klang
Praxis
Verarbeitung

Gesamt

Die Bewertung bezieht sich immer auf die jeweilige Preisklasse.
Feiner, offener Klang
Erstaunlich satter Bass
Perfekte Verarbeitung
Exzellente Preis/Klang-Relation

Vertrieb:
Canton Elektronik GmbH + Co. KG
Neugasse 21 – 23
61276 Weilrod
www.canton.de

Preis (Hersteller-Empfehlung):
Canton Vento 8: 920 Euro (Paarpreis)

Alle Canton Vento Beiträge:

Test Kompaktlautsprecher Canton Vento 826
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Test Standlautsprecher Canton Vento 886 DC
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Übersichts-Beitrag Familientest Canton Vento
Hintergrund: Canton DC – mehr Bass, weniger Verzerrungen
LowBeats Klang Orakel Kompaktlautsprecher

Autor: Holger Biermann

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Chefredakteur mit Faible für feinste Lautsprecher- und Verstärkertechnik, guten Wein und Reisen: aus seiner Feder stammen auch die meisten Messe- und Händler-Reports.