In vielerlei Hinsicht war und ist Kanada besser als die USA und auch in Sachen HiFi und Heimkino kommen einige der interessantesten Produkte des Kontinents derzeit aus dem Land des Ahorns – wie beispielsweise der highendige AV-Receiver Anthem MRX 720.

Die dritte Generation der MRX-Serie besteht aus drei Modellen; der Anthem MRX 720 ist das mittlere und verfügt über die Prozessorpower und Wandlertechnik des großen Modells, hat aber „nur“ sieben Endstufen. Möchte man also Immersive Audio mit Deckenlautsprechern verwenden, braucht es externe Verstärkung oder Aktiv-Lautsprecher. Oder man nimmt eben gleich den größeren Bruder Anthem MRX 1120 mit 11 integrierten Endstufen. Der Anthem MRX 720 wendet sich also an 5.1- und 7.1-Anwender, mit der Option, aufrüsten zu können.

Der Kanadier wird mit reichlich Zubehör geliefert und ist sehr akkurat verarbeitet – allerdings mit teilweise eher schlichten Materialien. Die eloxierte und gebürstete Front aus Aluminium wird durch große Tasten aus Plastik dominiert. Immerhin: Die kleine Klappe auf der Front verbirgt vergoldete Buchsen für einen stationären Kopfhörer und HDMI. Der zusätzliche USB-Anschluss dient nur Firmware-Updates. Weithin gut sichtbar ist das dimmbare, satt-blaue, zweizeilige Matrixdisplay mit seinen Status- und Menü-Informationen.

Extrem angenehm fand ich die Fernbedienung des Anthems, die wirklich eine Hymne verdient hat. Sie ist zwar wie andere auch nur aus Kunststoff, aber mit einer sehr angenehm griffigen Oberflächentextur, die sich hochwertig anfühlt, im Gegensatz zu mancher nur anfangs handschmeichelnder Gummierung auch quasi ewig halten wird und sich gut reinigen lässt. Die Tasten sind perfekt fürs dunkle Kino Hintergrund-beleuchtet und logisch gruppiert.
Das Anschlusspaneel auf der Rückseite zeigt ein durchdachtes, aber auf das Wesentliche reduziertes Konzept. Von Minimalismus kann allerdings bei acht HDMI-Ein- und zwei -Ausgängen keine Rede sein. Analoge Videoanschlüsse gibt es keine mehr, aber es stehen neben 5 analogen Stereo-Ein- auch ein selten gewordener Line-Ausgang zur Verfügung. Zur Unterbindung von Brummstörungen gibt es einen Masse-Anschluss. Gerätekontrolle erhält man per Infrarot-Repeater, RS-232 oder Netzwerk und ein Triggerausgang kann externe Verstärker einschalten.
Ein Blick unter die großzügig geschlitzte Blechhülle verheißt aufgeräumten Sound mit viel Kraft. Das jedenfalls vermitteln die Platinen in Alarmfarbe, der wahrlich riesige Trafo im üppigen Netzteil und die zwei thermisch kontrollierten Lüfter, die im Dauerbelastungsfall den Hitzetod der Elektronik verhindern. Das Audioprocessing übernimmt ein mächtiger DSP mit vier Rechenkernen, der neben der Decodierung der Surround-Signale ja auch noch die Raumentzerrung ARC übernehmen muss.

Einer der Hauptgründe, warum sich jemand einen AV-Receiver au dem Hause Anthem kaufen sollte, ist deren hauseigene Raumentzerrung Anthem Room Correction, kurz: ARC. Die genießt unter Experten einen so guten Ruf, dass sie zum Beispiel auch bei Martin Logan zum Einsatz kommt. Der casus knacksus bei solcherlei Messverfahren und Korrekturen ist die sehr begrenzte Intelligenz – sprich Rechenleistung und Speicherkapazität – integrierter Signalprozessoren. Die eignen sich zwar bestens zur anschließenden Ausführung einmal gefundener Filter, aber eben nicht besonders zum Messen und Berechnen. Mehr Mathepower bietet der nächstbeste Windows-Laptop. Denn den braucht man zum Arbeiten mit ARC.
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