Mit dezentem, seidenmatt schwarzem Metallfinish und elegant-graziler Formgebung gehört der MrSpeakers Ether 2 sicherlich zu den optisch ansprechendsten Kopfhörern überhaupt. Im Zeitalter des “Accessorizing” ist das fraglos ein verlockendes Kaufargument, doch ist der Ether 2 nicht bloß “schön”. Was ihn besonders auszeichnet, ist vielmehr sein geringes Gewicht von gerade mal 290 Gramm.
Das ist insofern ungewöhnlich, weil es sich beim MrSpeakers Ether 2 um einen Kopfhörer mit planaren Wandlersystemen handelt. Vertreter dieser Spezies brachten bisher konstruktionsbedingt meist ein eher hohes Gewicht mit: Man denke dabei nur an den Audeze LCD-2 Classic, der stolze 580 Gramm auf die Waage bringt – glatt das Doppelte vom Ether 2.
Sein geringes Gewicht verdankt der MrSpeakers Ether 2 nicht unwesentlich den verwendeten Materialien. Beispielsweise sind die Trägerplatten für die Wandlersysteme aus ultrastabilem, dabei sehr leichtem Kohlefaser-Werkstoff gefertigt. Die Haltegabeln für die Ohrmuscheln bestehen dagegen aus erstaunlich robustem Leichtmetall, das selbst unvermeidliche Bodenstürze problemlos wegstecken könnte.
Etwas fragiler wirken da schon die ebenfalls aus Leichtmetall kunstvoll gefertigten, äußeren Abdeckgitter der Hörerschalen. Doch versteht es sich von selbst, dass einem Kopfhörer für knapp 2.200 Euro in der Regel ein durchaus respektvoller Umgang zuteil werden wird. Nochmals konsequent-luxuriöser zeigt sich der MrSpeakers Ether 2 in der 500 Euro teureren “Special Edition”-Ausführung: Hier wird gleich ein passender Nussbaum-Schrein mitgeliefert, der das Leichtgewicht “Made in California” bei Nichtgebrauch hinter Plexiglas-Pforten repräsentativ zur Schau stellt.
Konsequenterweise bezieht der Leichtbau beim Ether 2 das Anschlusskabel ebenfalls mit ein: Die relativ dicke, dennoch sehr leichte Zuleitung hört auf den Namen VIVO. Sie ist in verschiedenen Konfektionierungen erhältlich, wobei die jeweils passende beim Kauf des Hörers aufpreisfrei mitgeliefert wird. Das Ankoppeln an die Wandlersysteme erfolgt dabei über 4-polige Steckverbinder mit Renkverschluss.
MrSpeakers Ether 2: Technik
Eigentlich müsste man zum MrSpeakers Ether 2 eher “Kopflautsprecher” sagen. Denn mit einer Kapselimpdanz von gerade mal 16 Ohm fällt er zumindest in seinem Umfeld der offenen, ohrumschließenden Hörer ziemlich niederohmig aus. Ein entsprechend stromergiebiger Kopfhörer-Amp ist für seinen Betrieb daher auf jeden Fall empfehlenswert. Kopfhörerverstärker, deren Leistungsangaben sich auch auf Impedanzen von 32 Ohm beziehen, sollten aber in jedem Falle passen.
Um die Luftzirkulation Richtung Ohr nicht zu behindern, verwenden die Wandler des Ether 2 lediglich hinter der Membranfolie angeordnete Magneten. Eine mit TrueFlow bezeichnete Technologie soll dabei verhindern, dass im Antrieb rechtwinkling zur Bewegungsrichtung auftretende Luftturbulenzen entstehen. Dazu sind die Zwischenräume zwischen den Magnetriegeln mit einem speziellen Material versehen, welches ungehinderte Luftdurchströmung verspricht. Auf diese Weise will TrueFlow eine deutlich verbesserte Auflösung und Feindynamik bewirken.
Ein weiteres Technik-Special beim MrSpeakers Ether 2 nennt sich V Planar Driver Processing. Werden planare Membranen komplett randeingespannt, ist deren Auslenkung naturgemäß exakt in ihrer Mitte am größten (siehe Grafik 3). Um eine vollflächig planare Arbeitsweise zu erzielen, erhalten die Membranen des Mr-Speakers Ether 2 deshalb eine ganz leichte, Ziehharmonika-artige Prägung. Diese Maßnahme soll eine weitestgehend vollflächige Membranauslenkung bei allen Frequenzen bewirken (siehe Grafik 4).
MrSpeakers Ether 2: Klangtuning per Ohrpolster
Ob offen oder geschlossen: Es ist kein Geheimnis und zudem auch physikalisch einleuchtend, dass die Ohrpolster den Klang von Kopfhörern nachhaltig beeinflussen. So wundert es nicht, daß MrSpeakers für den Ether 2 ebenfalls zwei weitere Ohrpolster-Alternativen zu jeweils knapp 100 Euro pro Paar anbietet. Allerdings fällt deren klangliche Beschreibung auf der Homepage von MrSpeakers (mittlerweile Dan Clark Audio) eher vage aus. Grund genug für LowBeats, auch die beiden Ohrpolster-Alternativen in den Hörtest mit einzubeziehen – dazu später mehr.
Da die Polster durch Adhäsion auf der Carbon-Trägerplatte haften (sprich: aufgeklebt sind), scheint deren Austausch zunächst umständlich. In der Praxis ging das jedoch recht unproblematisch vonstatten, da sich die Klebeschichten quasi rückstandsfrei von der Trägerplatte entfernen ließen (dazu Polster langsam und vorsichtig nach hinten abziehen!).
Um hier die gebotene Seriosität walten zu lassen, habe ich die Einflüsse der unterschiedlichen Pads auch messtechnisch dokumentiert. Wichtig bei deren Interpretation: Scheinen die Unterschiede auf den ersten Blick auch relativ gering – sie liegen vorzugsweise im Frequenzspektrum der höchsten Ohrempfindlichkeit, in denen Differenzen selbst im 1-Dezibel-Bereich noch gut hörbar sind.
MrSpeakers Ether 2: Hörtest
Bevor ich zur Klangbeschreibung komme, möchte ich noch kurz auf eine Besonderheit des MrSpeakers Ether 2 eingehen. Üblicherweise reagieren offene Kopfhörer relativ empfindlich auf nahe den Hörschalen befindliche Flächen: Polsterlehnen von Sofa oder Sesseln (besonders solche aus Glattleder), sowie neben den Hörer gehaltene Handflächen bewirken oft eine deutlich hörbare Pegelanhebung in den oberen Mitten und im unteren Präsenzbereich.
Ursache hierfür: Nahe den Wandlersystemen befindliche Grenzflächen lassen die akustische Impedanz von offenen Kopfhörern ansteigen, was die Concha- und Gehörgangsresonanzen des Außenohrs deutlich ausgeprägter werden lässt.
Diesen Effekt kennt natürlich auch der Ether 2: Allerdings muss man ihm dafür mit den Händen schon sehr, sehr nahekommen, bevor sein Klangbild durch die Mittenbetonung hörbar vordergründiger wird. Diese Tatsache kann der Ether 2 durchaus als Praxisvorteil für sich verbuchen – wahrscheinlich ist sie ein willkommener Nebeneffekt der im Kapitel Technik beschriebenen TrueFlow-Schallführung.
Um den MrSpeakers Ether 2 im Hörtest zur Höchstform auflaufen zu lassen, musste natürlich ein adäquater Headphone-Amp her: Wie geschaffen für diese Aufgabe war der neue Questyle CMA Twelve, der den äußerst erfolgreichen Questyle CMA600i ablöst. Der ambitionierte Nachfolger dreht aktuell bei LowBeats seine letzten Runden für den alsbald erscheinenden Test.
Unaufdringliche Klangästhetik
Sein geringes Gewicht und der angenehme Tragekomfort prädestinieren den MrSpeakers Ether 2 als idealen Partner auch für stundenlange Hör-Marathons. Seine klangliche Abstimmung unterstreicht dieses Attribut abermals: Plakativ aufgetragenes Klang-Make-Up hat der noble Kalifornier nicht nötig. Vielmehr punktete er mit sehr sauberer, artikulierter Spielweise bis hinunter in die tiefsten Lagen. Dabei brachten ihn selbst deftige Schallpegel deutlich oberhalb der 100-Dezibel-Marke nicht in Bedrängnis, was die folgenden Intermodulationsmessungen denn auch bestätigten.
Sein geringes Verzerrungsniveau verhalf dem Ether 2 zu einer natürlichen Konturenschärfe. Im Zusammenspiel mit dem ausgedehnten Tonspektrum arbeitete er feine Klangdetails unaufdringlich und ohne Kontrastverstärkung heraus.
Es gibt Kopfhörer, die bei mir so etwas wie “Liebe auf den ersten Ton” bewirken. Beste Beispiele hierfür sind der Sennheiser HD 660 S, der Sennheiser HD 800 S, der HiFiman HE1000, der Stax SR-L300 sowie bei den geschlossenen Typen der Focal Elegia oder der Fostex TH610. Dem MrSpeakers Ether 2 hingegen gelang das nicht ganz, obwohl er, objektiv betrachtet, viele klangliche Pluspunkte für sich verbuchen konnte. Der Grund: Es fehlte mir bei ihm etwas an “Biss”.
Sehr gut zu hören war das beispielsweise beim Titel “Cascade” von der niederländischen Formation Polynation: Hier kommen keine E-Drum-Klänge, sondern echte Drum-Samples zum Einsatz. Die enorm kraftvoll und gnadenlos vorantreibende Snaredrum reproduzierte der MrSpeakers Ether 2 meinem Empfinden nach doch etwas “tuffig”. Als Schlagzeuger weiß ich durchaus, wie “scharf” eine derart gespielte Snaredrum klingt – zumal das alle vorher aufgezählten Hörer auch entsprechend rüberbringen.
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Tatsächlich ließ sich dieser Höreindruck durch Auswechseln der Ohrpolster positiv beeinfliussen: So kam das Velours-Pad (Suede) meinen persönlichen Klangvorstellungen am nächsten, weil es dem Ether 2 eine insgesamt etwas knackigere Note einhauchte. Das perforierte Pad performte ebenfalls sehr ordentlich, verlieh jedoch dem oberen Tieftonbereich eine mir etwas zu füllige Note. Die im oberen Präsenzbereich etwas “entschärfende” Tendenz des Ether 2 blieb jedoch bei allen Pads erhalten.
Die Sache mit dem REUG
Beim vorangehend Beschriebenen sollte man jedoch berücksichtigen, dass persönliche Klangurteile über Kopfhörer in besonderem Maße auch von den anatomischen Voraussetzungen des Testredakteurs abhängen – Stichwort: Real ear unaided Gain (REUG). Simpel ausgedrückt: Die in der Hörtest-Einleitung bereits erwähnten Ohrkanal- und Ohrhöhlen- (Concha-) Resonanzen sind zwar bei jedem Menschen vorhanden, unterliegen aber einer gewissen individuellen Streuung. Konkret bedeutet das: Was für mich bereits “etwas tuffig” klingt, kann für jemand anderes “gerade eben noch richtig” sein.
Allerdings würde das vollständige Erläutern dieses Zusammenhangs den Umfang dieses Tests bei weitem sprengen: Immerhin bietet diese Thematik reichlich (Spreng-)-Stoff für einen separaten Beitrag. Einen ersten Überblick können sich wissbegierige Leser schon mal in den folgenden Beiträgen verschaffen:
Technik-Wiki: HRTF – Head Related Transfer Function
Ratgeber: So funktionieren Kopfhörer-Equalizer
Technik-Wiki: binaurale Aufnahmen
Fazit MrSpeakers Ether 2: Edles Leichtgewicht für Marathon-Hörer
Kopfhörer aller Couleur gibt es mittlerweile wie Sand am Meer. Der MrSpeakers Ether 2 hebt sich hier wohltuend von der Masse ab: Zunächst mal durch seine elegante Optik, die gediegene Verarbeitung und den ausgesprochen hohen Tragekomfort. Den verdankt er nicht nur seiner geschickten, ergonomischen Gestaltung, sondern auch seinem bemerkenswert geringen Gewicht von nur 290 Gramm: Trotz aufwändiger Flachmembran-Wandlertechnik trägt er sich deutlich leichter als seine unmittelbaren Mitbewerber in ebenfalls planarer Bauweise.
Daher ist der Ether 2 bestens geeignet fürs Langzeit-Hören. In klanglicher Hinsicht verwöhnt er dabei mit tiefreichendem, impulstreuem Bass und einem feinnervigen, insgesamt ausgeglichenen Klangbild. Interessant ist auch die Möglichkeit, seine Klangcharakteristik durch die Bestückung mit separat erhältlichen Ohrpolstern in gewissen Grenzen zu individualisieren. Alles in allem ist der MrSpeakers Ether 2 definitv kein MeToo-Produkt, sondern eine echte, jedoch nicht ganz billige Alternative.
Bewertungen
KlangPraxisVerarbeitungGesamt |
Die Bewertung bezieht sich immer auf die jeweilige Preisklasse. |
| Detailliertes, auch im Bass sehr sauberes Klangbild |
| Hervorragender Tragekomfort bei geringem Gewicht |
| Extrem pegelfest |
| Eher zurückhaltend im unteren Hochtonbereich |
Vertrieb:
audioNEXT GmbH
Isenbergstraße 20
45130 Essen
www.audionext.de
Preis (Hersteller-Empfehlung):
MrSpeakers Ether 2: ab 2.199 Euro
Im Beitrag erwähnte Kopfhörer-Tests:
Sennheiser HD 660 S
Sennheiser HD 800 S,
HiFiman HE1000,
Stax SR-L300
Focal Elegia
Fostex TH610