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Test Stax SR-L Familie: L700 Pro, L500 Pro, L300

Der größere SRM-006tS lässt zwei Doppel-Trioden-Röhren des Typs 6FQ7 (vom russischen Spezialisten Electro Harmonix) leuchten, ganz gemäß der alten Stax-Schule. Auch er arbeitet mit einem Vierfach-Lautstärkepoti und bietet drei Eingänge mit Relaisumschaltung, einer davon symmetrisch. Und auch hier lässt sich dank doppelter Kopfhörereingänge auf Wunsch Musik zu zweit genießen.

Stax SR-L Familie SRM-006ts innen
Der Aufbau des SRM-006tS ist ordentlich gemacht: stabiles Netzteil, zwei Röhren von Electro Harmonix und eine aufwändige Lautstärkeregelung (Foto: H. Biermann)

Die Stax SR-L Familie im Hörvergleich: wer ist der Beste?

Cover Art R.E.M Automatic For The People – 25th Anniversary Edition
R.E.M Automatic For The People – 25th Anniversary Edition (Cover: Amazon)

Drei Kopfhörer, drei Speiseteile, das macht theoretisch neun mögliche Kombinationen – die in der Praxis mehr oder weniger sinnvoll sind. Doch dazu mehr am Ende des Hörtests. Zunächst mussten die drei japanischen Konzert-Meister in drei Klassen mit ihrem jeweiligen, vom Hersteller empfohlenen Amp antreten. Den Anfang machte das Duo Stax Lambda SR-L300 und SRM-252S. Mit dem mehrpoligen, solide verarbeiteten Stecker in der runden Buchse des kleinen Amp-Kästchens verstöpselt, betrat zunächst Michael Stipe von R.E.M. aus der hervorragend klingenden Deluxe Edition von Automatic For The People die Bühne.

Ausgewogen, präzise, filigran und farbecht tönte „Man On The Moon“. Es gab an der kleinen Kombination schlicht nichts zu kritteln, sondern nur zu beklatschen – so mitreißend dynamisch und offen klang sie. Angesichts des Preises von rund 1000 Euro eine absolute Überraschung.

Das Team Stax Lambda SR-L500 Pro und SRM-353X setzte dann mit etwas mehr rhythmischer Vehemenz, Direktheit und Schnelligkeit noch eins drauf, ohne Feinheit und Plastizität zu vernachlässigen. Dass es noch besser geht, machten dann der Stax Lambda SR-L700 Pro mit dem SRM-006tS klar. Plastizität, Raumdarstellung, Klangfarbe, Luft und Auffächerung wirkten geradezu perfekt und extrem souverän. Ebenso die hervorragende Auflösung. Die 700er-Kombi spielte mit dem größten Panorama, intimer und noch musikverliebter. Kompliment.

Somit gelang das Top-Down des Trios auf Anhieb prima nachvollziehbar: Bei allen drei Modellen „passte“ im Prinzip alles – wenn man den direkten Vergleich vernachlässigte.

Robert Plant Carry Fire – Das Cover
Robert Plant Carry Fire ist das 11. Album des Meisters (Cover: Amazon)

Jazz von Pat Metheny, Charlie Haden, Jack DeJohnette, Dewey Redman und Mike Brecker auf ihrem Album 80/81 vom Kultlabel ECM spielte das 700er-Team mit einer aberwitzigen Feindynamik und Auflösung im Track „The Bat“. Das 500er-Duo spielte ebenso sehr präzise und farbecht sowie direkter, dabei nicht ganz so audiophil. Die 300er-Band spielte minimal unausgewogener, mit etwas weniger Plastizität, aber dennoch gemessen am Preis extrem schön. Das gilt auch bei Robert Plants Songs „The May Queen“ und „Dance With You Tonight“ aus dem Album Carry Fire: Ausgewogen und im Bass druckvoll-trocken mit einer beinahe sexy Stimme inszenierte das Elektrostat-Einsteiger-Team den Ex-Led-Zeppelin-Sänger. Die 500er-Kombi offerierte noch etwas klarer umrissene Konturen und Details, während die 700er-Familie den Drums mehr Authentizität einhauchte und den Raum noch etwas weiter öffnete.

Ein ähnliches Klangbild ergab sich auch mit David Gilmours fantastischem Album Live At Pompeii mit seiner Kult-Nummer „Comfortably Numb“. Nummer Sieben-Null-Null betörte mit 1a-Feinzeichnung, Live-Atmo, schön durchzeichneten Publikumschören und Atmosphäre. Gänsehautfeeling pur. Auch der 500er lieferte eine beeindruckende Live-Performance mit feiner Auflösung, entfaltete aber nicht ganz die coole Souveränität des 700er-Gespanns. Das galt noch etwas mehr auch für den 300er – wie gesagt, lieferte das „kleine“ Duo für seinen Preis aber eine fantastische Performance.

Die Stax SR-L Familie im Vergleich zu den Mitbewerbern

Konkurrenten wie der Magnetostat Hifiman Edition X beeindruckten im Vergleich mit einem sehr geschlossenen, farbechten, etwas wärmeren Klang, der Sennheiser HD 800 S wiederum mit einer extrem weiten Bühne mit feinster Detailtreue. Dafür punkteten die Elektrostaten mit einem Plus an Differenziertheit, Plastizität und smoother Charakteristik. Hier war also bereits beim 300er-Duo Augenhöhe angesagt.

Das galt auch bei Songs wie „Shoes For Man With No Feet“ und „Skáphos“ (Album The Misadventures Of Anthony Knivet) der tollen portugiesischen Newcomer-Band First Breath After Coma. Der Sennheiser öffnete einen schönen Raum mit feiner Auflösung und Spaß. Die Elektrostaten, allen voran der 500er und noch mehr der 700er, beeindruckten mit mehr Durchhörbarkeit sowie – höre & staune! – größerer Bassgewalt. Alle drei spielten mit einer sehr natürlichen Wiedergabe und tollem Einschwingverhalten. Cello und Piano von Sol Gabetta und Hélène Grimaud (Album Duo) klang über den 300er prägnant, respektive sehnig mit prima Auflösung und Klangfarbe. Beim 500er wuchs der Raum etwas, die Offenheit nahm noch zu. Der 700er schließlich punktete mit einem Plus an Luftigkeit, Seidigkeit und Obertonglanz. Chamber Music, ein Album des westafrikanischen Duos Ballaké Sissoko und Vincent Segal faszinierte mit einer unerhörten Feindynamik inklusive filigranster Zupfgeräusche der Kora. Dazu kamen Atem, Luft, Farbe und Raum in Bestmanier. Das kann der 700er besser als jeder andere Kopfhörer, den LowBeats bislang im Test hatte.

Der Focal Utopia, sicherlich auch einer der besten Kopfhörer am Weltmarkt, schafft es ja ebenfalls, den gesamten Mittelhochtonbereich mit einer ungemein quirligen, gleichwohl geschmeidigen Wiedergabe darzustellen. Aber diese „Luft“ der SR-Ls, diese Leichtigkeit schafft auch der Beryllium-Treiber des Focal nicht, wobei dieser aber auch im Tieftonbereich einer ganz anderen Klangphilosophie folgt und die Hörer mit sehr viel mehr sattem Bass (und somit wärmeren Klangfarben) zu becircen versucht.

Der Quercheck: Welches Speiseteil für welchen SR-L?

Soweit so sehr gut. Aber wie würden sich die Kopfhörer im Cross-Check mit den jeweiligen „fremden“ Speiseteilen schlagen? Dem 300er verschafften die beiden „größeren“ Amps etwas mehr Luft unter den Flügeln, sprich: seine ohnehin tollen Charaktereigenschaften wuchsen noch etwas. Allerdings geriet so das Preis-/Leistungsverhältnis aus den Fugen. Gleiches gilt auch für den 500er, der am SRM-006tS etwas zulegte. Hier sollte das Motto gelten: Wenn schon, denn schon – also Konto plündern und gleich den 700er im Bundle holen.

Interessant schlug sich die Kombi 700 und SRM-252S: Im Team mit dem Mini-Speiseteil spielte er schon erstaunlich „groß“ – zum Kombipreis von 2.250 Euro eine Überlegung wert. Was auch für den 500er im Duo mit dem SRM-252S zum Preis von 1.450 Euro gilt.

Der Vergleich der Speiseteile gibt uns auch einen Hinweis darauf, wie sich der Stax SR-L700 gegen den Überkopfhörer SR-009 schlägt– nämlich bravourös. Den kleinen Vorsprung, den das 5.000 Euro teure Flaggschiff noch für sich verbuchen kann, darf man getrost im – zum SR-009 dazugehörigen – Speiseteil SRM-007t-II (2.925 Euro) verorten.

Fazit

Die drei elektrostatischen Musik-Könner aus Japan sehen zwar ziemlich „retro“ aus, doch sie erhellen den audiophilen Horizont auch auf längere Sicht. Und zwar jeder auf seine eigenständige, betörende Weise, die sie als Geschwister des gleichen Genpools auszeichnen: Das Team Stax Lambda SR-L300 und SRM-252S schoss dabei als Preis-/Leistungsknüller den Vogel ab. Atemberaubend, wie schon der „kleine“ Stax an der Leine des Mini-Amps eine musikalische Performance bietet, wie sie die Großen dann noch stärker vervollkommnen.

Er beeindruckte uns (die Team-Kollegen Holger Biermann und Jürgen Schröder haben ebenfalls viel Zeiten mit den SR-Ls verbracht) mit hoher Dynamik und seiner homogenen, gleichzeitig transparenten, raumgreifenden sowie ungemein farbechten Spielweise bei jeglicher Musik-Auswahl und platzierte sich damit in einigen Punkten auf Augenhöhe mit jener teils teureren Konkurrenz, welche die Musik nach dem dynamischen oder magnetostatischen Prinzip „übersetzt“. Im Bundle für einen Tausender ist er ein Hit.

Die Liaison zwischen Stax SR-L500 Pro und SRM-353X setzte in puncto Luftigkeit, Selbstverständlichkeit und Durchhörbarkeit nochmal eins drauf. Eifrige Controller dürften das rund doppelt so teure Team dennoch nicht so einfach im Haushaltsplan durchwinken. Denn wer noch ein paar Euronen mehr locker machen kann, dem sei mit bestem Gewissen die Edel-Kombi Stax Lambda SR-L700 Pro und SRM-006tS ans audiophile Herz gelegt: Den Referenz-Olymp eroberten sie mit einem unerhört raumgreifenden, extrem plastischen und feinst aufgelösten Klangkorpus, der zudem noch Farbtreue, Dynamik und überzeugende In-Sich-Stimmigkeit groß schrieb. Auf Gänsehaut-Level.

Stax SR-L Familie Gänsehaut
Der Beweis: Gänsehaut des Autors beim Musikhören mit SR-L700 (Foto: C. Dick)

Im Wechsel-Mix-Check von Kopfhörer und Amps kristallisierten sich noch zwei stimmige Kombinationen heraus: Der SR-L700 Pro spielt bereits am „kleinen“ Amp SRM-252S patent auf, was zum Team-Preis von 2.250 Euro durchaus eine Probe-Session wert ist. Und auch der SR-L500 Pro fühlt sich an dem kleinen Verstärker schon recht wohl: für 1450 Euro ebenso eine eventuelle Alternative für Sparfüchse.

Wie man es auch dreht und wendet: Die Mitglieder der neuen Stax SR-L Familie sind jedes für sich klanglich ein Highlight. Wer Kopfhörer mag und sich damit abfinden kann, diesen Genuss nur zu Hause erleben zu können, bekommt mit ihnen (und ihren Kopfhörer-Amps) eine Mini-Anlage, die in Bezug auf Transparenz und Feindynamik von klassischen HiFi-Anlagen auch im höheren fünfstelligen Bereich nicht zu toppen ist.

Stax SR-L Familie L700 Bundle
Klanglich schwer zu schlagen: die Kombination aus Stax SR-L700 und SRM-006ts (Foto: C. Dick)

 

So haben wir die Stax SR-L Familie bewertet:

Obwohl bei allen drei Mitgliedern der Stax SR-L Familie die Praxisfreundlichkeit als auch die Verarbeitungsqualität fernab von fünf Sternen liegt, haben wir dennoch sowohl dem kleinen SR-L300 als auch dem großen SR-L700 ein „Überragend“ gegeben – einfach, weil diese Kopfhörer so überragend gut klingen. Man hört mit ihnen Details, die andere Kopfhörer einfach unter den Tisch fallen lassen. Und weil wir letztendlich die Kombinationen aus ESL-Kopfhörer plus Speiseteil bewertet haben, verbessert deren sehr ordentliche Verarbeitungsqualität den Gesamteindruck. Die Stax SR-L Familie in der Einzelbewertung:

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LowBeats Bewertung SR-L300 + SRM-252S
LowBeats Bewertung SR-L300 + SRM-252S
LowBeats Bewertung SR-L500 + SRM-353X
LowBeats Bewertung SR-L500 + SRM-353X
LowBeats Bewertung SR-L700 + SRM-006ts
LowBeats Bewertung SR-L700 + SRM-006tS
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Vertrieb:
ATR Audiotrade
Schenkendorfstraße 29
45472 Mülheim an der Ruhr
www.audiotra.de

Und dann zu guter Letzt noch unsere Lesetipps:

Gegenspieler:

Test Sennheiser HD 800 S – die LowBeats Dauerreferenz

Weitere Super-Kopfhörer:

Test Focal Utopia – überragend dank Beryllium
Test Hifiman HE 1000 – der überlegene Over Ear
Test Audeze LCD i4 – der beste aller In Ear Hörer

Autor: Claus Dick

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Musikfachmann seit Jahrzehnten, aber immer auch HiFi-Fan. Er findet zielsicher die best-klingenden Aufnahmen, die besten Remasterings und macht immer gern die Reportagen vor Ort.