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MOON 791+761
Die MOON North Collection mit dem Streaming-Vorverstärker 791 (18.500 €) und der Endstufe 761 (16.000 €) im LowBeats-Exklusivtest: Ein Fest für alle Sinne (Foto: F. Borowski)

Test Streaming-Vorstufe plus Endstufe Moon 791 + 761: bis zum Mond und noch viel weiter!

Bereits auf der High End 2023 stellte der kanadische Hersteller Simaudio die neue North Collection seiner Marke Moon vor. Es dauerte noch eine Weile bis zum Marktstart, doch nun ist es so weit. LowBeats hat sich exklusiv die beiden mittleren Modelle der North Collection zum Test gesichert – die Streaming-DAC-Vorstufe 791 und den Stereo-Endverstärker 761. So viel sei vorab verraten: die Kombi aus Moon 791 + 761 hat uns mächtig beeindruckt.

Die MOON North Collection im Überblick

Die neue North Collection der Marke Moon des kanadischen Herstellers Simaudio: Die junge Komponentenfamilie aus Boucherville in der Provinz Quebec besteht derzeit aus drei „Serien“ mit jeweils zwei Geräten. Den Einstieg bilden die Modelle mit einer 6 in der dreistelligen Bezeichnung. Im Einzelnen sind das:

„Serie 6“:
641 Vollverstärker – 12.500 Euro
681 Streaming-DAC – 13.500 Euro

„Serie 7“ (hier im Test):
791 Streaming-DAC-Vorverstärker – 18.500 Euro
761 Stereo-Endverstärker – 16.000 Euro

„Serie 8“:
891 Streaming-DAC-Vorverstärker – 28.500 Euro
861 Stereo-Endverstärker – 25.000 Euro

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Die Moon North Collection in der Übersicht (Screenshot: F. Borowski)

Die North Collection stellt für Moon in vielerlei Hinsicht einen Paradigmenwechsel dar. Als umfassende Neuentwicklung sollen die Komponenten mit verschiedenen über Jahre entwickelten Technologien bahnbrechende Verbesserungen bei allen klangrelevanten Parametern bieten.

Interessant ist dabei die Zusammenstellung der Baugruppen in den Komponenten. Immer geht es (neben analogen Quellenoptionen) um Streaming und D/A-Wandlung plus Verstärkung. Doch während Simaudio sich bei den 600er Modellen dafür entschieden hat, die Lautstärkeregelung einem Vollverstärker zu übertragen, ist dieser Schritt in den 700- und 800er-Komponenten in einer Vorstufe integriert, während die Endverstärkung in einem separaten Gerät erfolgt.

Nach Dutzenden getesteten Streaming-Lösungen in allen Klassen und in allen Kombinationen, halte ich die Integration von Streaming, DAC und Vorverstärkung in einem gemeinsamen Gehäuse für den besten Weg. Mehr Separation muss nicht sein. Kurze Signalwege und optimal aufeinander abgestimmtes Zusammenspiel der digitalen Baugruppen und die Anbindung an den analogen Teil der Signalkette sind damit – meiner Einschätzung nach – technisch am besten zu lösen. Außerdem bieten Streaming-DAC-Vorstufen einen hohen Grad an Flexibilität, wenn es um die Verbindung mit Verstärkern oder Aktivlautsprechern geht. Die Variante mit Streaming-DAC und Vollverstärker (wie beim Moon 641 / 681) bietet aber den gleichen Grad an Integration in zwei Komponenten. Somit ist es eher eine Frage der Prioritäten. Mit der Moon North Collection hat Simaudio beide Lösungswege im Angebot. So oder so bleiben damit der Gerätepark wie auch der Verkabelungsaufwand überschaubar.

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Mit rund 48 x 45 cm und weit außen liegenden Füßen benötigen die Geräte der North Collection relativ große Stellflächen (Foto: F. Borowski)

Ein Blick auf den Materialaufwand oder spätestens auf die Preise macht klar, dass sich Moon mit allen Geräten der North Collection auf hohem High-End-Niveau bewegt. Auch wenn es keinerlei Rückschlüsse auf die tatsächliche Qualität zulässt, bekommt der Kunde für sein Geld hier auch ordentlich was geboten. So wiegt allein die Vorstufe 791 so viel, wie bei anderen ein ausgewachsener Vollverstärker. Die Endstufe 761 ist mit deutlich über 30 Kilo ein noch dickerer Brocken. Mit rund 48 cm Breite und fast 45 cm Tiefe benötigen die Geräte auch ein ordentlich großes Rack. Zumal die speziellen Gerätefüße extrem weit außen angebracht sind.

Funktional sind die Streamer der North Collection voll auf der Höhe der Zeit. Fast alle gängigen Formate, Protokolle und Dienste werden unterstützt. Dazu gehören Bluetooth, AirPlay (aber kein ChromeCast), DLNA/UPnP und Roon Ready (bereits zertifiziert). Auch das inzwischen vom Aussterben bedrohte MQA wird unterstützt. An Streamingdiensten sind Qobuz, Tidal (Connect), Spotify (Connect), Deezer und HighRes-Audio an Bord, sowie Internetradio und Podcasts. Die DAC-Sektion unterstützt PCM bis 384 kHz und DSD256.

Alle Produkte von Moon sind „Made in Canada“. Die Fertigung auch der aufwändigen Gehäuse und natürlich die komplette Montage findet in-house statt. Moon legt sehr großen Wert auf Nachhaltigkeit und Langlebigkeit ihrer Produkte. So scheuen sie sich nicht, großzügige 10 Jahre (eingeschränkte) Garantie zu gewähren. Im Display des 791 erscheint beim Einschalten auch kurz der Moon-Slogan: „The performance of a lifetime“.

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Blick in die Fertigung bei Moon, wo auch die Gehäuseteile selbst hergestellt werden. Hier eine CNC-Maschine (Foto: Jan Kretschmer)
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Geräte der North Collection auf dem Prüfstand (Foto: Jan Kretschmer)
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Vieles ist bei Moon Sache für kundige Hände (Foto: Jan Kretschmer)
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Sehen wir uns das mal genauer an…

Moon 791 + 761: das Design

Eingefleischte „Bauhausianer“ werden vermutlich gar nicht bis zu diesem Punkt gelesen haben. Ein Blick auf die North Collection und sie sind raus. Denn das skulpturale Design mit üppigen Rundungen und vielen verspielten Details dürfte Verfechter des Minimalismus und Freunde gerader Linien und rechter Winkel kaum ansprechen…

Und doch sind etliche optische Reize gesetzt. Da wären zunächst die beiden dicken, silbernen Wangen aus massivem Aluminium an der Front, die das in Schwarz gehaltene Hauptgehäuse einrahmen. Ein Merkmal, dass es auch schon in früheren Moon-Serien gab. So wie auch die vier silbernen Elemente etwa in der Form von Kreiskolben aus Wankelmotoren, die als Pylonen dienen und die relativ kleinen, konisch geformten Gerätefüße halten.

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Auch aus der Vogelperspektive betrachtet sind die Moon echte Hingucker (Foto: F. Borowski)

Die Vorstufe besitzt einen herrlich großen, traumhaft leicht und sanft laufenden Lautstärkeknopf. Der dient auch zur Auswahl von Menüpunkten. Ein weiteres Highlight des 791 ist sein Display. Zuerst war ich ein wenig enttäuscht, denn der Ausschnitt in der Gerätefront suggeriert ein sehr breites Display. Tatsächlich ist es aber schmaler als der Ausschnitt und hat nur rund 4 Zoll Diagonale. Es ist somit weder spektakulär groß, noch hat es eine Touch-Funktion. Aber dafür bietet es einen fantastischen Kontrast und große Helligkeitsreserven. Selbst in direktem Sonnenlicht ist es auch aus einer gewissen Entfernung perfekt abzulesen und überzeugt mit strahlenden Farben. In puncto Ablesbarkeit ist es beinahe jedem anderen Display, das mir je in Streamern untergekommen ist, klar überlegen. Sechs unauffällig in die Front eingelassene Tasten bieten des Weiteren Zugriff auf diverse Funktionen.

Die schwarzen und ebenfalls sehr massiven Seitenteile sind Kühlkörper, deren Rippen beim 791 nur leicht ausgeprägt sind, während sie bei der Endstufe deutlich mehr Kühlfläche bieten. Die Rippenstruktur selbst hat eine konkave Formgebung und alle Kanten sind gut abgerundet. So kann man zur Not selbst den schweren Amp ohne Schutzhandschuhe heben – dem Rücken zuliebe aber besser nicht.

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Das Gehäusedesign ist voller Details. Die Verarbeitung ist hervorragend (Foto: F. Borowski)

Selbst der Gehäusedeckel ist nicht einfach nur eine rechteckige Platte. Zu den Rändern leicht abfallend besitzt der Deckel des 791 seitlich zwei Schlitze am Übergang zu den Kühlelementen, die an Strömungsöffnungen sportlicher Autos erinnern. Bei der Endstufe 761 sind zusätzliche Belüftungsöffnungen in der Motorhaube. 

Die schwarzen Gehäuseteile sind mit einer relativ kräftig texturierten, matten Oberflächenbeschichtung versehen. Die ist wunderbar unempfindlich für Fingerabdrücke, sehr robust und fühlt sich toll an. Ganz anders, als herkömmliche, schwarz eloxierte Alugehäuse, die man sich nur mit Handschuhen anzufassen traut. Mein Bruder beschrieb es treffend und bündig so: „Wie Nextel, nur in schön.“ Als krönenden Abschluss haben alle Komponenten der North Collection eine große silberne Logo-Platte auf dem Deckel, die aber nicht einfach nur plan aufgeklebt, sondern in den Deckel eingelassen ist.

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Die Betriebs-LED der Endstufe und die große Logo-Platte (Foto: F. Borowski)

Die jüngste Moon-Serie wurde im Vergleich zu früheren Modellen in weiteren Details verfeinert. So gibt es unter anderem im Deckel keine sichtbaren Schrauben mehr, was das Erscheinungsbild etwas gediegener und schlüssiger macht. Auch die nun vertikal statt zuvor horizontal angeordneten Kühlrippen wirken stimmiger.

An den Rückseiten offenbart sich ebenfalls die Klasse der kanadischen Klangskulpturen. Stabile Buchsen und solide Terminals erwartet man in dieser Klasse natürlich, aber erwarten und bekommen sind oft zwei verschiedene Dinge. Hier ist alles vom Feinsten.

Solch üppige Designs sind im Gegensatz zu eher konsensfähigen Minimal-Looks stets polarisierend. Ich für meinen Teil finde es grandios schön. Vielleicht ist es nicht so zeitlos, aber dafür auch weniger langweilig. So manches puristische Design sagt mir ebenfalls zu, doch mutige und inspirierte Ansätze wie bei Moon finde ich aufregender – jede Jeck is anders.

Die Fernbedienung BRM-1

Mit Design geht es nahtlos weiter. Die außergewöhnlich gestaltete Fernbedienung BRM-1 gehört in der North Collection beim Vollverstärker 641, sowie bei den Vorstufen 791 und 891 zum Lieferumfang. Sie kann aber auch einzeln für 1.000 Euro gekauft werden, etwa für den Streamer 681, bei dem sie nicht zum Lieferumfang gehört. Pro Gerät lassen sich zwei dieser Fernbedienungen verbinden. Eine für den Hörsessel, die andere für das Sofa oder den Schreibtisch, beispielsweise. Ein ziemlicher Luxus bei dem Preis, aber nett, dass es geht.

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Eines der absoluten Highlights ist die Fernbedienung BRM-1 (Foto: F. Borowski)

Die BRM-1 ist in der Audiowelt ziemlich einmalig. Wer Gemeinsamkeiten beispielsweise mit Devialets Fernbedienung der Expert-Serie oder der Remote der Phantom-II-Lautsprecher erkennen will, liegt zwar nicht ganz falsch, aber Moon geht an entscheidenden Stellen noch einen Schritt weiter.

Das ovale, leicht geneigte Gehäuse mit dem prominenten Drehregler an der Oberseite erinnert eher an einen 3D-Controller aus der Computerwelt. Die untere Hälfte des Gehäuses besteht aus Kunststoff und dient als Sockel. An dessen Unterseite ist ein On/Off-Schalter und eine USB-C-Buchse zum Aufladen des integrierten Li-Ion-Akkus über jeden USB-Ladeport. Abgeschlossen wird der Sockel von einer perfekt an die Form angepassten, dicken Scheibe Alu. Die trägt wiederum das große Drehrad in das ein grafisches OLED-Display mit vier umgebenden Touch-Buttons eingelassen ist. Das Display schaltet sich einige Sekunden nach der letzten Bedienung ab, das Rad dreht sich wunderbar leichtgängig und sanft.

Damit die Fernbedienung jederzeit schnell wieder aufwacht, verfügt sie einerseits über einen sehr empfindlichen Bewegungssensor. Schon die leiseste Erschütterung reicht und das Display geht an. Zusätzlich sitzt im Display ein (nicht ganz so empfindlicher) Annäherungssensor. Nähert man sich mit der Hand bis auf ca. 1 cm, aktiviert sich das Display. Die „Aufwachphase“ dauert nur einen Sekundenbruchteil. Bei einem schnellen Griff und Dreh am Rad braucht es dadurch einen kurzen Gedenkmoment bis der Verstärker erstmalig darauf reagiert, aber dann erfolgt die Umsetzung der Befehle mit unmerklich geringer Latenz, also praktisch wie mit einem analogen Lautstärkepoti.

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Die Form erinnert an 3D-Controller (Foto: F. Borowski)
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An der Unterseite ist ein USB-C-Port zum Aufladen und ein On/Off-Schalter (Foto: F. Borowski)
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Die BRM-1 ist primär für den Tisch gedacht, liegt aber auch gut in der Hand (Foto: F. Borowski)
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Die BRM-1 arbeitet mit Bluetooth und kommuniziert bidirektional mit dem 791. Das heißt, die Fernbedienung zeigt im Display die aktuelle Lautstärke und die gewählte Quelle an. Auch am Gerät wird der Pegel im Display während des Regelns sehr groß und deutlich angezeigt. Besser geht es kaum.

Die vier Touch-Buttons der BRM-1 dienen im normalen Betrieb zur Musiksteuerung und zum Stummschalten der Lautsprecher. Eine kurze Berührung in der Mitte des Displays, und die Remote schaltet um auf Quellenwahl. Die im Setup aktivierten Quellen können nun durch das Drehen des Rades ausgewählt werden. Eine etwas längere Berührung des Displays schaltet in eine weitere Menüebene, die mit dem Power-Symbol beginnt. Noch mal kurz antippen und das System wird ausgeschaltet. Clever ist auch, dass die Fernbedienung nun „weiß“ dass die Geräte ausgeschaltet sind. Bei der nächsten Berührung der BRM-1 muss nicht erst das Untermenü aufgerufen werden, um die Geräte wieder einzuschalten. Einmal das Display antippen reicht, um das System aufzuwecken.

In besagtem Untermenü finden sich noch einige weitere Punkte. Hier kann etwa die Kanal-Balance verstellt werden und es gibt eine Prozent-Anzeige für den Akkustand. Die Untermenüpunkte werden durch die Touch-Buttons rechts und links neben dem Display durchgeschaltet. Was mir hier fehlt, ist eine Möglichkeit, das Gerätedisplay auszuschalten. Dazu später noch mehr. 

Der Akku der BRM-1 ist ausreichend groß bemessen. Im Test hat er bei normaler täglicher Benutzung pro 24 Stunden nur etwa 1% oder noch weniger verloren, sodass er im Idealfall gut 100 Tage durchhalten sollte, bis nachgeladen werden muss. Dabei habe ich die BRM-1 bei Nichtbenutzung nie über den Hauptschalter deaktiviert.

Anschlüsse und Bedienelemente

Die Moon Vor- und Endstufe bietet so ziemlich alles an Konnektivität, was das Herz begehrt und was die moderne Netzwerk-Welt erfordert. Beginnen wir mit der 791. Trotz ihres High-End-Anspruchs verzichten die Kanadier weder auf WLAN noch auf Bluetooth, wofür zwei Antennen mitgeliefert werden. Aber natürlich ist auch eine Ethernet-Verbindung möglich. Wird die genutzt, hat sie Priorität vor WLAN. Die Antennen werden außerdem bei aktiver Ethernet-Verbindung deaktiviert und können im Karton verbleiben. Ein zweiter LAN-Port kann dazu genutzt werden, ein weiteres Netzwerkgerät (etwa einen Smart-TV) anzuschließen, oder um darüber die MoonLink-Kommunikation zur Endstufe herzustellen, die ebenfalls zwei LAN-Ports hat.

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Die Anschlüsse des 791 (Foto: F. Borowski)

Mit fünf Digitaleingängen (1x AES, 2x Coax, 2x TOS) plus HDMI ARC plus USB-Audio, plus USB-Media, sowie zwei Cinch- und einem XLR-Analogeingang geht es weiter. Einer der Analog-Eingänge kann wahlweise als Phono-Input dienen. Und das ist hier keineswegs nur eine billige Dreingabe. Im Gegenteil: Die im 791 integrierte Phono-Vorstufe unterstützt MM- und MC-Abtaster und lässt sich für beide System individuell anpassen. Neben einigen Standardwerten für Gain, Impedanz und Kapazität können auch individuelle Werte eingestellt werden. Außerdem gibt es umschaltbare Kennlinien nach RIAA und IEC. – Da wird so manch spezialisierter Phono-Vorverstärker blass.

Raus geht es bei der 791 nur analog, wahlweise symmetrisch oder unsymmetrisch. Noch was? Ach ja, es gibt auch noch Trigger-Ports, um fremde Endstufen oder Lautsprecher mit entsprechendem Anschluss ferneinschalten zu können. Und zum krönenden Abschluss hat die 791 noch zwei weitere XLR-Buchsen. Die sind für ein geplantes, externes Super-Netzteil vorgesehen.

Auch die Rückseite der Endstufe 761 bietet so manche Besonderheit. Die beiden RJ45-Buchsen für LAN hatte ich schon erwähnt. Im Zusammenspiel mit einer MoonLink-kompatiblen Vorstufe wie dem 791 kann die Endstufe darüber nicht nur ein- und ausgeschaltet werden. Auch die Helligkeitssteuerung der LED kann auf Wunsch – je nach Einstellung im 791 – der Vorstufe folgen (aber beim aktuellen Softwarestand nicht ausgeschaltet werden). Über das Internet und das MoonLink-Menü der Vorstufe kann außerdem die Firmware der Endstufe ggf. aktualisiert werden. 

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Die Anschlüsse der Endstufe 761 (Foto: F. Borowski)

Neben den üblichen Signalanschlüssen – Cinch und XLR, sowie herrlich griffigen Lautsprecherterminals – besitzt die 761 noch eine ganze Palette an Kippschaltern. Einer davon dient zum Umschalten in den gebrückten Modus. Mit einer zweiten 761 im Mono-Modus können bis zu 600 Watt pro Kanal an 8 Ohm mobilisiert werden. Im Stereo-Betrieb leistet die 761 gut 200 Watt an 8, 400 Watt an 4 und 600 Watt an 2 Ohm.

Zwei weitere Schalter (einer pro Kanal) sind mit AC / DC beschriftet. Wer eine Vorstufe anschließt, die Gleichstromanteile ausgibt, was zu Brummen führen kann, stellt diesen Schalter auf AC. Mit der 791 ist die Stellung DC die Richtige. Dann sind da noch je ein Schalter pro Kanal, um zwischen XLR und Cinch-Eingang umzuschalten. 

Und ein letzter Kippschalter neben den LAN- und Trigger-Ports dient zum Umschalten des Standby-Modus. Hier hat der Nutzer die Wahl zwischen dem was Moon als „Regular“ bezeichnet und einer „Low“-Einstellung. Im ersten Modus bleibt die Endstufe im Standby nahezu voll eingeschaltet. Der Stromverbrauch verringert sich damit nur geringfügig von rund 55 Watt im Leerlauf auf 50 Watt. Aus klanglichen Gründen mag das Sinn ergeben, aber bei uns ist der Strom auch nicht so billig wie in Nordamerika. Vom Umweltaspekt mal ganz abgesehen. Darum nutzte ich stets die Schalterstellung „Low“. Damit beträgt der Standby-Verbrauch nur etwa 1,2 Watt. Wobei ich darauf hinweisen sollte, dass es sich hierbei um einen sogenannten Netzwerk-Standby handelt. Die Endstufe kann daraus jederzeit per MoonLink aufgeweckt werden.

Alles in allem bieten die beiden Moon-Komponenten eine enorme Anschlussvielfalt und damit Flexibilität für den Nutzer. – Exzellent.

Die Technik der North Collection

Manche Hersteller von High-End HiFi-Produkten sind äußerst mitteilsam, wenn es um die von ihnen entwickelten oder eingesetzten Technologien geht. Wie etwa KEF oder auch Auralic bei Streaming-Devices. Moon ist in dieser Hinsicht zwar nicht wirklich verschlossen, aber auf den Produktseiten der North Collection findet man kaum technische Details. Da werden nur schicke Marketing-Akronyme wie MDCA, M-Vol3 oder M-Ray2 gestreut, lediglich ergänzt um kurze Hinweise, worauf sich das bezieht. Zum Beispiel, dass MDCA für „Moon Distortion Cancelling Amplifier“ steht.

Auf Nachbohren beim Hersteller und Vertrieb bekam ich Einblick in ein Dokument mit technischen Beschreibungen, das vermutlich später als Whitepaper auch öffentlich zugänglich sein wird. Damit wird einiges verständlicher. Aber nicht alles. Hier nur ein paar Auszüge zusammengefasst.

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Unter der Haube des 791: Digital und analog gehen hier Hand in Hand (Foto: Simaudio)

Beginnen wir mit dem Netzteil namens MHP, das in den Moon-Modellen 390, 681, 791 und 891 zum Einsatz kommt. Das Kürzel steht für „Moon Hybrid Power“ und beschreibt ein selbst entwickeltes Netzteil, welches die Vorteile herkömmlicher linearer Netzteile mit denen moderner Schaltnetzteile verbinden soll. Also vor allem hohe Effizienz mit linearem, rauscharmen Betrieb. Viel weiter gehen die Beschreibungen aber nicht. Etwa, ob es sich um ein ähnliches Prinzip wie bei T+A oder auch den Aavik „Resonant Mode“ Schaltnetzteilen handelt, die mit Sinus- statt Rechtecksignalen takten.

Es soll demnächst noch ein externes Netzteil geben, welches eine noch bessere Regulierung und Rauscharmut bieten soll. Entsprechende Anschlüsse sind dafür an den Modellen 681, 791 und 891 bereits vorhanden.

Eine weitere Lösung nennt sich MDE, was für „Moon Digital Engine“ steht. In der North Collection kommen drei Varianten zum Einsatz: MDE-1 im Streaming-DAC 691, MDE-2 im 791 und MDE-3 im 891. Alle MDE-Versionen arbeiten mit einem FPGA-basierten Reclocking des Eingangssignals. Die Unterschiede liegen hauptsächlich in der Wahl des DAC und in der Präzision des Reclockings. 

So kommt im 681 als DAC ein ES9028Pro-Chipset zum Einsatz. Im 791 ist es ein ES9038Pro und im 891 sind zwei Stück ES9038Pro verbaut. Diese Chips finden sich auch in erheblich günstigeren DACs. So hat beispielsweise der FiiO R9 (knapp 1.500 Euro) ebenfalls zwei ES9038Pro in seiner Schaltung. Die Ausführung und das Reclocking per FPGA sind aber nicht vergleichbar.

Moon verspricht für die Modelle 681 und 791 eine Taktgenauigkeit auf Pikosekunden-Niveau, für den 891 sogar auf Femtosekunden-Niveau. Auch hier sagen die Zahlen allein wenig aus, denn es gibt viele erheblich billigere DACs mit Femto-Clocks. Diese arbeiten aber meistens mit Quarz-basierten Oszillatoren als Taktgeber und selten mit FPGA-Reclocking. Welche Methode die bessere ist, lässt sich außerhalb technisch-philosophischer Spekulationen kaum herausfinden. Da zählt am Ende nur der Hörtest.

Zwei weitere schicke Akronyme: M-Vol3 und M-Ray-2. Beide beziehen sich auf Technologien zur Lautstärkeregelung und sind Weiterentwicklungen früherer Varianten der jeweiligen Schaltungen. Im 791 und im Vollverstärker 641 kommt M-Vol2 zum Einsatz, im 891 ist es M-Ray2. Die Steuerung der Lautstärke erfolgt rein elektronisch. Drehungen am Lautstärkeregler werden von einem optischen Encoder übersetzt. Der Pegel kann aber auch über die MiND-App oder über Roon gesteuert werden. Die eigentliche Pegelanpassung erfolgt über ein Chip-basiertes (im 891 diskretes) Widerstandsnetzwerk und kann extrem fein in 140 Stufen eingestellt werden. Beim 891 sind es wahlweise sogar 640 Schritte.

Auch diese Lösungen sind im Grundprinzip alles andere als neu. Viele Hersteller (als Beispiel sei auch hier T+A genannt) nutzen wie im 891 diskrete Widerstandsleitern, andere wiederum Chip-basierte Lösungen. Die finden sich sogar in einigen Dongle-DACs. Also auch hier gibt es (auf dem Papier) nichts in den Moon-Komponenten, was wir nicht schon anderswo gesehen hätten.

Beide von Moon entwickelten Pegelregelungen versprechen höchste Kanalgleichheit (besser als 0,1 dB), kürzeste Signalwege, absolut verlustfreie Regelung – auch im untersten Bereich – und Präzision. Hervorzuheben ist hierbei, dass die Moon-Lösung vollkommen ohne Nebengeräusche arbeitet. Es gibt weder irgendwelches Relais-Geklacker noch feine Knacksgeräusche beim Regeln, wie ich es von anderen Geräten mit ähnlichen Lösungen kenne.

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Blick in das Innenleben der Endstufe 761. Zwei mächtige Trafos und Doppelmono-Aufbau (Foto: Simaudio)

Kommen wir zur Endstufe, die im Kern eine klassische Class-AB-Schaltung nutzt. Die hat Moon allerdings in 40 Jahren immer weiter verfeinert und verbessert, wozu auch proprietäre Bauteile wie maßgefertigte bipolare Transitoren gehören.

In den Leistungsstufen des 641, 761 und 861 kommt die oben erwähnte Schaltung MDCA zum Einsatz. Diese vergleicht außerhalb des Signalweges das Eingangs- mit dem Ausgangssignal und führt etwaige Korrekturen verzögerungsfrei direkt in der Ausgangsstufe durch. MDCA soll früheren und ähnlichen Korrekturschaltungen deutlich überlegen sein und für unerreicht niedrige Verzerrungen und Rauschen sorgen. Des Weiteren soll MDCA eine größere Bandbreite und einen höheren Dämpfungsfaktor ermöglichen. Für die 761 nennt Moon einen Dämpfungsfaktor von 800, was gut, aber keineswegs spektakulär ist. Die kleine T+A A 200 (siehe Testbericht) bietet in ihrer Standardeinstellung einen ähnlich hohen Wert. Manche Schaltungsarten erreichen noch sehr viel höhere Werte. Der Dämpfungsfaktor ist aber seit je her ein kontrovers diskutiertes Thema.

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MDCA-Blockschaltbild: das Grundprinzip ist nicht neu, soll hier aber Großartiges bewirken (Grafik: Simaudio)

Fassen wir zusammen: Absolut neue, nie dagewesene und außergewöhnlich exotische Technologien sind in den Komponenten der North Collection nicht zu finden. Zumindest nicht, soweit es die Beschreibungen hergeben. Doch das ist keine Kritik. Jede einzelne Lösung hat Moon über viele Jahre oder gar Jahrzehnte geschickt weiterentwickelt und optimiert. Solange am Ende das Ergebnis überzeugt, sind sämtliche Prospektdaten und Philosophien Makulatur.

Moon 791 und 761 in der Praxis

Nachdem ich die zuvor bereits benutzten und weitgehend eingespielten Testgeräte auf ihren Einsatzort gewuchtet hatte, begann die „heiße Phase“ des Kennenlernens. Bei Anschluss und Verkabelung gab es wie erwartet keine Komplikationen. Anders sieht es manchmal mit der Bedienung von Streaming-Komponenten aus. Doch zum Glück erwies sich die 791 als hervorragend gut durchdacht und logisch konzipiert. – Sofern man eine kleine Besonderheit berücksichtigt: Das Setup der 791 lässt sich nicht mittels der zugehörigen Moon MiND-App und auch nicht mit der Fernbedienung erledigen. Alle Einstellungen zur Individualisierung der Vorstufe müssen am Gerät erfolgen.

Das geht aber super einfach mit nur zwei Tasten und dem großen Drehknopf. Die Taste „Setup“ ruft das Menü auf, wo alle Punkte untereinander aufgelistet sind. Das Scrollen erfolgt mit dem Drehknopf. Mit der „OK“-Taste wird ein Menüpunkt ausgewählt, ein erneuter Druck auf Setup führt eine Menüebene zurück.

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Der große, aus dem Vollen gedrehte Regler läuft butterweich (Foto: F. Borowski)

Ok, es gibt manche Dinge, die definitiv einfacher wären, wenn man sie in der App erledigen könnte. Etwa, wenn man den Eingängen individuelle Namen geben möchte, was mit einer Bildschirmtastatur viel leichter von der Hand ginge, als mit drehen und drücken am Gerät. Aber im Großen und Ganzen ist das Setup der 791 äußerst einfach und flott.

Erfreulich ist dabei auch, wie sinnvoll die verfügbaren Features sind. Fast alle aus meiner Sicht wirklich wichtigen Dinge sind vorhanden. Nur ein paar Beispiele:

  • Die Eingänge lassen sich umbenennen und nicht benutzte Eingänge können deaktiviert werden, sodass sie in der Quellenauswahl nicht auftauchen. In der MiND-App können außerdem nicht benötigte Dienste ausgeblendet werden. Und es kann für jeden Eingang ein Gain Offset eingestellt werden, um etwaige Lautstärkeunterschiede auszugleichen.
  • Die XLR- und Cinch-Ausgänge können unabhängig voneinander auf Fixed Level oder variabel eingestellt werden.
  • Im Menü MoonLink können Geräte wie der 791 und 761 verbunden und weitere Komponenten zu Gruppen zusammengefasst werden. Dabei kann über das Display-Menü auch eingestellt werden, dass die LED der Endstufe zusammen mit dem Display des Vorverstärkers gedimmt wird. Dank dieser Verbindung ist es auch möglich, Firmware-Updates über die Vorstufe in die Endstufe einzuspielen. (Ähnliche Systemverbindungen gibt es beispielsweise bei T+A).
  • Für das Display gibt es (unter anderem) neben manueller Helligkeitseinstellung in 100 Schritten auch eine Adaptive Brightness, welche die Display-Helligkeit automatisch an das Umgebungslicht anpasst.
  • Es können eine Einschaltlautstärke und eine Maximallautstärke festgelegt werden.

Diese und weitere Systemfeatures des 791 sind wirklich äußerst praxisnah und gut durchdacht. Beim aktuellen Softwarestand fehlen mir nur wenige Dinge. So wäre es in manchen Situationen sinnvoll, eine Startquelle festlegen zu können, die automatisch beim Einschalten aktiviert wird. Und ich wünsche mir auch eine Funktion, das Display zusammen mit der LED der Endstufe über die Fernbedienung abschalten zu können – für den Kino-Abend.

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Das Display des 791 ist mit 4 Zoll nicht riesig, aber hervorragend ablesbar (Foto: F. Borowski)
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Ein guter Schwarzwert (für ein LCD) und hohe Helligkeitsreserven sorgen für einen tollen Kontrast. Hier im Vergleich zu dem Display des Nubert nuConnect X, dessen Anzeige blasser wirkt (Foto: F. Borowski)
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Das Display ist auch vergleichsweise gut entspiegelt (Foto: F. Borowski)
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Einer meiner „Angstgegner“ in Praxistests ist HDMI ARC. Im Menü des 791 können dafür einige Parameter eingestellt werden. Etwa, ob via ARC nur der Ton wiedergegeben werden soll oder ob auch die CEC-Befehle für Lautstärke und On/Standby verarbeitet werden sollen. Das erhöht die Kompatibilität. Und erstaunlicherweise funktionierte HDMI ARC an meinem TV auch auf Anhieb wie gewünscht – zumindest eine Weile …

Nach drei Tagen einwandfreier Funktion meldete mein Fernseher (ein Samsung Topmodell aus 2022) am vierten Tag plötzlich, dass mein Audiogerät (der 791) an einem nicht unterstützten ARC-Anschluss verbunden wäre, und dass ich das Kabel doch am HDMI-Eingang 3 des TV anschließen möge. Wo es allerdings von Anfang an steckte. Keine Ahnung, wieso das passierte, und welche Komponente das Problem verursachte. Ein Software-Update hatte es zwischenzeitlich weder am 791 noch am TV gegeben und die verschiedenen Menüoptionen im 791 änderten auch nichts. HDMI ARC und ich, wir werden wohl keine Freunde mehr. Ich bleibe bei Toslink für den TV-Ton.

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HDMI ARC ist immer für Überraschungen gut. Näheres, siehe Text (Screenshot: F. Borowski)

Von den üblichen HDMI-Sperenzchen abgesehen, für die Moon vermutlich gar nichts kann, brillierte das Test-Duo mit einer hervorragenden Zuverlässigkeit und Geschmeidigkeit im Betrieb. Nie gab es auch nur das leiseste Klicken oder Knacksen. Relais hört man nur beim Ein- und Ausschalten, sowie beim Umschalten auf einen Analogeingang. Auch Aussetzer bei der Wiedergabe über diverse Streaming-Wege waren nicht zu beklagen. Die Lautstärkeregelung arbeitet absolut geräuschlos und wird nicht von Knacksgeräuschen begleitet. Was so selbstverständlich zu erwarten wäre, ist längst nicht bei allen Streamern Realität.

Die MiND-App und eine unbequeme Wahrheit

Vorab zur Entwarnung: Grundsätzlich ist mit der MiND-App alles ok. Wer andere Apps dieser Art kennt, findet sich nach kurzer Eingewöhnung schnell zurecht. Die Integration von Streamingdiensten wie Qobuz ist ordentlich gelöst. Hier ein paar Screenshots vom iPad:

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Die Streaming-Optionen: Nicht benötigte Quellen können ausgeblendet werden (Foto: F. Borowski)
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Qobuz in der MiND-App (Foto: F. Borowski)
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Internet-Radio (Foto: F. Borowski)
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Stationen können auch nach hoher Qualität gesucht werden. Allerdings zeigt die App die Auflösung nicht an. Und verwandte Sender werden nicht erkannt, wie hier bei Radio Paradise (Foto: F. Borowski)
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Die in der Kapitelüberschrift angedeutete unbequeme Wahrheit liegt darin, dass es bei einigen deutlich günstigeren Streamern von Massenherstellern Apps gibt, die einen noch besseren Eindruck machen und die auch wesentlich intensiver gepflegt werden.

Wir müssen hier der Tatsache ins Auge sehen, dass kleinere High-End-Hersteller (womit ausdrücklich nicht nur Moon gemeint ist) selten dieselben Ressourcen in die App- und Software investieren, wie manche Großserienhersteller. Da sich die Qualität aber nur teilweise durch App-Details definiert, ist dies nur als Randbemerkung zu verstehen. Für Nutzer von Roon, sowie Spotify oder Tidal (wegen Connect) ist die Companion-App des Herstellers sowieso eher nebensächlich, weil sie kaum genutzt wird. Kurzum: Bei der MiND-App gibt es noch Luft nach oben. Die Macher sind sich dessen bewusst und arbeiten hart daran.

Vielseitig mit einem Schuss Purismus

Das führt mich zu einem anderen Punkt in Sachen Funktionsumfang. Moon verzichtet in den neuen Komponenten ganz bewusst auf einige gängige digitale Features. So gibt es beispielsweise keine umschaltbaren Digitalfilter für den DAC, wie sie bei zahlreichen anderen DACs aller Preisklassen zu finden sind. Ist das schlimm? Keineswegs. Diese Filtervarianten bringen meist nur marginale Unterschiede und lenken eher vom Musikgenuss ab, als wirklich nützlich zu sein. Die Moon-Streamer sind quasi vom Werk aus auf die bestmögliche Einstellung getrimmt. Ich bin damit vollauf einverstanden.

Etwas kritischer sieht es bei einer anderen Funktionslücke aus. Die North Collection bietet auch keinerlei DSP-Features. Weder voreingestellte EQ-Kurven noch einen parametrischen EQ, geschweige denn eine Raumeinmessung und auch kein Subwoofer-Management. Die Kanadier verfolgen in dieser Hinsicht einen eher puristischen Ansatz, der auf Klangverbiegungen aller Art verzichtet. Auch dagegen habe ich nichts einzuwenden. Interessenten müssen sich lediglich entscheiden, ob sie auf diese digitalen Hilfen verzichten können und wollen. Oder ob sie ggf. auf anderem Wege, etwa über Roon MUSE, der Raumakustik nachhelfen wollen.

Und es gibt noch etwas, worauf Moon verzichtet. Einen integrierten Kopfhörerverstärker sucht man in der North Collection vergeblich. Was ich ebenfalls nachvollziehbar finde, denn absolute Kopfhörer-Enthusiasten dürften sich ohnehin lieber für einen externen Amp entscheiden, der Ihre Bedürfnisse bei der Kopfbeschallung optimal bedient. Und wer weiß? Vielleicht gibt es irgendwann ja auch mal einen Kopfhörerverstärker in der North Collection. Dass die Kanadier sich damit auskennen, haben sie schon mit dem 430 HAD im LowBeats-Test eindrucksvoll bewiesen.

So kann ich für die Moon-Kombi festhalten:

> die Technik muss ausgereift sein – Check
> die Funktionen müssen sinnvoll und praktisch sein – Check
> die Bedienung muss einfach und komfortabel sein – Check

Klangtest: „After All is Said and Done“

Ok, wirklich alles ist noch nicht gesagt und getan, aber nun geht’s um die Wurst. An meine Referenzlautsprechern Børresen 02 SSE angeschlossen, mussten der 791 und 761 ihre Fähigkeiten unter Beweis stellen. 

Die Børresen haben ein paar einmalige Eigenschaften, die sie zum Durchleuchten der angeschlossenen Komponenten besonders prädestiniert. So sind sie die am wenigsten nach Lautsprecher klingenden dynamischen (Gehäuse-) Lautsprecher, die ich kenne. Mit ihrer Luftigkeit und Schnelligkeit ähnelt ihr Charakter eher dem allerbester Kopfhörer. Kleinste Änderungen an der Kette davor enthüllen sie gnadenlos.

Ich gehe es sachte an und spiele den in der Kapitelüberschrift genannten Titel von Junip. Ein wunderbar relaxter und sphärischer Song, der die Sinne beruhigt. Nicht unbedingt die audiophilste Klangperle, aber sehr schön. Kurz nach den ersten Takten mit dem langsamen „Bumm – Tack“ vom Schlagzeug möchte ich am liebsten Pause drücken, um darüber nachzudenken. Was ist da gerade passiert? Mit einer derart räumlichen und griffigen Abbildung habe ich das Intro des Songs noch nie gehört. Aber erst mal weiter zuhören … 

Junio Cover
Das Album Junip, der gleichnamigen schwedischen Band, wurde in Göteborg aufgenommen (Cover: Qobuz)

Im weiteren Verlauf des Titels, wenn mehr Synthesizer und Nebengeräusche hinzukommen, verfestigt sich das Bild. Einige Details habe ich so noch nie über die Børresen wahrgenommen. Dabei ist mein Front-End mit dem Trinnov Amethyst als Streamer, sowie der Aavik-Kombination aus DAC D-280 und Vollverstärker I-580, ganz sicher kein Detailverächter.

Über die nächsten Stunden genoss ich dann erst mal alle möglichen Tracks und Alben, die ich irgendwie mag. Früher eine meiner Standard-CDs für Hörtests, habe ich Kate Bush’s Aerial (2005) nun schon einige Jahre nicht mehr aufgelegt bzw. gestreamt. Klanglich eine überdurchschnittlich gute, aber nicht explizit audiophile Aufnahme, war es ein Hochgenuss solche Tracks wie „Pi“ oder „Nocturn“ mit den Moon-Komponenten an den Børresen zu erleben.

Kate Bush Aerial
Kate Bushs Album „Aerial“ erschien im November 2005 (Cover: Qobuz)

Nicht nur über Stunden, sondern über Tage und Wochen, während derer ich mich durch meine Playlists hörte, ergab sich nach und nach ein vollständiges Bild.

Nach einigen Tagen ausschließlich mit der Moon-Kombi begann ich außerdem Quervergleiche zu anderen Vorstufen und Streamern anzustellen, wie dem Nubert nuControl X. Auf diese Weise ließ sich auch feststellen, welchen Anteil die Vorstufe 791 und welchen die Endstufe 761 zum Gesamtbild beisteuerten. Der Austausch der Vorstufe gegen den nuControl X war ein besonderer Augenöffner. Ohne die 791 war das zuvor so bewunderte plastische und tiefe Klangbild plötzlich deutlich verschleierter. Nur so nebenbei: auch der Nubert verfügt über einen ES9038Pro und eine aufwändige analoge Vorstufe. Und in seiner Preisklasse ist der Schwäbisch-Gmünder eine echte Sensation. Aber der 791 distanzierte ihn so mühelos, wie ich es niemals erwartet hätte.

MOON 791+761
MOON 761 (Foto: F. Borowski)

Sie mögen jetzt einwenden, dass das auch zu erwarten wäre, schließlich kostet der 791 fast dreieinhalb Mal so viel wie der Nubert. Aber selbst, wenn wir berücksichtigen, dass Klangsteigerungen im HiFi stets mit exponentieller Preissteigerung einher gehen, ist der Vorsprung der 791 hier doch verblüffend. Auch der rund 10.000 Euro teure Trinnov Amethyst kam nicht annähernd an die traumhafte Darbietung des Moon heran. Andere, noch teurere Streamer/Vorstufen hatte ich nicht zum Vergleich. Doch aus der Erinnerung heraus hat mich selbst der ab 22.500 Euro teure dCS Bartók APEX nicht so geflasht.

In der Kombination mit der Endstufe distanzierte das Moon-Duo auch meinen in Sachen Ausgangsleistung noch stärkeren Referenz-(Voll-)Verstärker Aavik I-580 (Test) und schlug diesen selbst in seinen Paradedisziplinen, wie der Schwärze des Klangbilds und Basspräzision.

Wenn ich einen Oberbegriff nennen sollte, um den Klang der Moon-Kombi am treffendsten zusammenzufassen, dann ist es Erhabenheit. Zugegeben: Das hört sich irgendwie pathetisch an, aber es passt. Einzelne Attribute wie Transparenz, Plastizität, Ausgewogenheit, Kraft, Schnelligkeit und viele andere wären nur Schubladen für Einzelkriterien, die nicht das Gesamtbild vermitteln und nicht die wunderbare Musikalität beschreiben, um die es uns letztendlich doch geht.

MOON 791+761
Die Kombination aus Moon 791 + 761 ist absolut referenzwürdig (Foto: F. Borowski)

Einfach mal abschalten und in die Musik eintauchen geht mit diesem Traum-Duo wie selbstverständlich. Das liegt wohl auch daran, weil man mit der Moon-Kombi weniger von kleinen Ungereimtheiten abgelenkt wird, wodurch die analytischen Bereiche im Hirn das Genusszentrum überlagern würden. Wie bei Pixelfehlern auf einem Bildschirm. Hat man erst mal einen entdeckt, sieht man ihn fortan permanent. Die Moon-Kombi kommt ohne (metaphorische) Pixelfehler aus.

Fazit Moon 791 + 761: wahre Meisterstücke

Ich behaupte nicht, der 791 und 761 wären unschlagbar und es gäbe nichts Besseres. Aber ich kenne einige noch viel teurere Kombis, die mich längst nicht so sehr überzeugt haben. Weder im Klang noch in ihren Praxiseigenschaften.

In beinahe jeder Einzeldisziplin (außer der App) spielt der Streaming-DAC-Vorverstärker 791 in der höchsten Liga. Mit seinem sagenhaft lebensechten und dreidimensionalen Klang und auch mit der tollen Fernbedienung BRM-1 hat er mich vollends für sich gewonnen. Die Endstufe 761 komplettiert das Erlebnis mit ihrer in jeder Situation souveränen und kontrollierten Art. Zusammen jedoch sind die 791 und 761 mehr als die Summe ihrer Teile und bilden ein echtes Traumgespann, das nur wenige Gegner zu fürchten braucht. Eine Steigerung verspricht Moon zumindest noch mit der 891 und 861, die allerdings den Preis nochmals deutlich in die Höhe treiben.

Dass die Kanadier mit der North Collection dieselben gelungenen Grundideen in drei preislich unterschiedlichen Klassen anbieten, ist äußerst löblich. Die mittlere Stufe dieses Konzepts mit dem 791 und 761 hat mich jedenfalls so sehr überzeugt, dass sie künftig der kleinen, aber illustren Schar der LowBeats-Referenzen angehören darf. Glückwunsch nach Kanada für dieses überzeugende Gesamtpaket!

Ergänzend zu unserer üblichen kurzen Plus/Minus-Übersicht unter dem Wertungskasten, hier noch eine ausführlichere Liste der Eigenschaften, einschließlich der Fernbedienung:

Stereo-Endstufe 761:

+ ungeheure Schubkraft und Kontrolle
+ äußerst feine und transparente Mitten und Höhen
+ extrem rauscharm
+ Gehäusearchitektur, Material- und Verarbeitungsqualität
+ hohe Leistung, sehr laststabil
+ brückbar
+ Gleichstrom-Entkopplung des Signals möglich
+ MOONLink
+ Trigger
+ Firmware OTA-Updates über 791 möglich
+ umfangreiche Schutzschaltungen
+ gute Energie-Effizienz, geringe, gleichmäßig verteilte Wäremeentwicklung

– „Display off“ am 791 schaltet die LED des 761 nicht aus (per Firmware behebbar)

Streaming-Vorverstärker 791:

+ überwältigend klarer, natürlicher Klang auf Referenzniveau
+ Geniale Fernbedienung BRM-1 im Lieferumfang
+ Gehäusearchitektur, Material- und Verarbeitungsqualität
+ fantastische Haptik mit herrlichem Drehregler
+ einfache, logische Bedienung
+ umfassend konfigurierbar
+ praxisorientierte Features
+ MM/MC-Phonovorstufe, individuell anpassbar
+ kontraststarkes, helles Display
+ Anschlussvielfalt
+ MOONLink
+ Trigger
+ OTA Firmware-Updates
+ optional externes Netzteil (in Vorbereitung)
+ alle wichtigen Dienste und Formate unterstützt

– Systemeinstellungen nicht per MiND-App möglich, kein Web-Interface
– keine DSP-Funktionen, kein Sub Out / Sub Management

Systemfernbedienung BRM-1:

+ großes, haptisch angenehmes Drehrad für LS-Regelung
+ Touch-Buttons für Musiksteuerung
+ grafisches OLED-Display
+ Bidirektionale BT-Verbindung
+ gute Akkuausdauer
+ nachladen per USB-C
+ Bewegungs- und Annäherungssensor
+ massives, hochwertiges, formschönes Gehäuse

– könnte noch mehr Funktionen bedienen (z. B. Display off)

Bewertung

 

MOON 791
2024/03
Test-Ergebnis: 4,7
REFERENZ
Bewertung
Klang
Praxis
Verarbeitung

Gesamt

Die Bewertung bezieht sich immer auf die jeweilige Preisklasse.
Großartiger Klang
durchdachtes System-Konzept
Material, Verarbeitung und Haptik
geniale Fernbedienung

Vertrieb:
Dynaudio Germany GmbH
Ohepark 2
21224 Rosengarten
www.dynaudio.de

Preis (Hersteller-Empfehlung):
Moon 791: 18.500 Euro
Moon 761: 16.000 Euro

Technische Daten

MOON 791 STREAMING VORVERSTÄRKER
Konzept:Streamer/DAC/Vorverstärker
Wandler-Bestückung:ESS Tech Sabre ES9038PRO mit FPGA Reclocking
Eingänge:Digital: WLAN/LAN, Bluetooth, USB-Media, USB-Audio, 2x Coax, 2x TOS, AES.
Analog: 2x Cinch, 1x XLR, Phono MM/MC
Ausgänge:Stereo Cinch+XLR
App / Fernbedienung:für iOS und Android / BRM-1 Bluetooth-Systemfernbedienung
Besonderheiten:BRM-1, FPGA Reclocking, LS-Regelung, MOONLink
Farben:
Bi-Color Schwarz/Silber
Abmessungen (B x T x H):481 x 449 x 102 mm
Gewicht:19 Kilogramm (Versandgewicht)
Alle technischen Daten
MOON 761 STEREO ENDVERSTÄRKER
Schaltung:Class-AB, MDCA Korrekturschaltung
Ausgangsleistung:200 W an 8, 400 W an 4, 600 W an 2 Ohm
Eingänge:Cinch, XLR, MOONLink, Trigger
Ausgänge:2 Paar LS-Terminals für Banana/Gabel
App / Fernbedienung:für iOS und Android / BRM-1 Bluetooth-Systemfernbedienung
Besonderheiten:MOONLink, DC-Blocking, Bridge-Mode, MDCA
Farben:
Bi-Color Schwarz/Silber
Abmessungen (B x T x H):481 x 445 x 140 mm
Gewicht:36 Kilogramm (Versandgewicht)
Alle technischen Daten
Mit- und Gegenspieler:

Test Aavik I-580: Dieser Vollverstärker macht vieles anders – und klingt überirdisch gut
Test Trinnov Amethyst: Digitale Traumvorstufe mit Profi-Einmessung
Test Streaming/DAC-Vorstufe Nubert nuControl X: Aufbruch in neue Dimensionen

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Autor: Frank Borowski

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LowBeats Experte für Schreibtisch-HiFi und High End kennt sich auch mit den Finessen der hochwertigen Streaming-Übertragung bestens aus. Zudem ist der passionierte Highender immer neugierig im Zubehörbereich unterwegs.