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Ultrasone Edition 15 Aufmacher
Der neue Ultrasone Edition 15 ist einer der besten Over Ear Hörer, die wir kennen. Sein Preis liegt bei 2.500 Euro (Foto: H. Biermann)

Test Ultrasone Edition 15: der mobile Spitzen-Over-Ear

Ortstermin in München bei LowBeats: Ultrasone Chef Michael Zirkel und Ultrasone Entwickler Andreas Veitinger kamen herunter vom Berg (Gut Raucherberg), wo die kleine, feine Kopfhörer-Manufaktur beheimatet ist. Und sie hatten Großes im Gepäck. Natürlich einen Kopfhörer. Aber nicht irgendeinen, sondern das neue Top-Modell Ultrasone Edition 15.

Ultrasone Edition 15: Zirkel, Veitinger
Ultrasone Chef Michael Zirkel (rechts) und Entwickler Andreas Veitinger beim Besuch im LowBeats Büro (Foto: H. Biermann)

Als Top-Modell ist der Ultrasone Edition 15 natürlich ein Over Ear Hörer offener Bauart. Und als Mitglied der Editions-Familie natürlich auch überragend verarbeitet – mit echtem Leder, echtem Holz und höchst angenehmem Velours für die Ohrpolster. Aber äußerlich und verarbeitungstechnisch waren die Ultrasones ja immer maßstabsetzend.

Nun haben Kollege Jürgen Schröder und ich in den letzten 25 Jahren relativ viel Kontakt zu den Bayern und ihren besonderen Kopfhörern, aber nicht alle gefielen uns. Der von Entwickler Andreas Veitinger gepredigte und gelebte Fokus auf Präzision und Auflösung war mir zumindest oft etwas zu deftig. Klanglich war das immer anspruchsvoll, aber zum langen Genießen von Musik manchmal doch zu ambitioniert-präzise.

Ultrasone Edition 15: Andreas Veitinger
Ultrasone Entwickler Andreas Veitinger spielte für LowBeats das Kopfhörer-Modell (Foto: H. Biermann)

Warum ich das alles erzähle? Weil der Ultrasone Edition 15 anders zu sein schien. Das Vorserienmodell, das Zirkel und Veitinger im Oktober mit in die Redaktion brachten, verband die klangliche Präzision und Offenheit der älteren Top-Modelle mit einem traumhaften Klangfarbenreichtum und einer gelassenen, im besten Sinne „musikalischen“ Wiedergabe. Wir waren ebenso erstaunt wie erfreut, wollten aber natürlich erst einmal ein Serien-Modell der Edition 15 prüfen, um zu einem finalen Urteil zu kommen.

Die Verarbeitung des Ultrasone Edition 15

Und dieses Serienmodell ist nun im Haus und es sieht – natürlich – genauso aus wie der Hörer der Vorserie. In Sachen Verarbeitung liegen die Bayern ja eh weit vorn. Bei den großen Ultrasone-Modellreihen ist alles liebevoll in Handarbeit erstellt und die Zulieferteile kommen überwiegend aus dem bayerischen Umland. Ich hatte vor zwei Jahren das Vergnügen, bei einem Ultrasone Besuch auch die Zulieferer mitbesuchen zu können: allesamt kleine mittelständische Unternehmen, die sich richtig viel Mühe geben, die ambitionierten Vorgaben von Zirkel & Co zu erfüllen. Wenn man das sieht, bekommt man gleich ein besseres Gefühl: hier wird Nachhaltigkeit erkennbar gelebt.

Ultrasone Edition 15: der Aufbau
Holz, Alu, Leder, Velours: die Materialien des Edition 15 sind extrem hochwertig und stammen fast alle aus bayerischer Produktion (Foto: H. Biermann)

In der Praxis heißt das: alles passt perfekt, es gibt keine Spaltmaße, wie das bei den Autobauern heißt. Der Bügel aus Leichtmetall und die Arretierung der Ohrmuscheln ist so solide ausgeführt, dass sie wohl viele Jahre ihren Dienst verrichten wird. Der Bügel des Ultrasone Edition 15 ist gut gepolstert und von einem vernähten, sehr weichen Leder ummantelt. Man spürt die Erfahrung, die Ultrasone mit großen Hörern hat.

Ultrasone Edition 15 Arretierung
Hohe Solidität und beste Verarbeitung bestimmen das Bild bei Ultrasone Edition 15 (Foto: H. Biermann)

370 Gramm bringt das Prachtstück auf die Waage. Das ist gemessen an den anderen Over Ear Hörern dieser Qualitäts- und Anspruchs-Liga gar nicht so viel. Und diese 370 Gramm sind so geschickt verteilt und abgepolstert, dass ich auch nach vielen Stunden des Hörens überhaupt keine unangenehmen Druckstellen ausmachen konnte. Super.

Ultrasone Edition 15 Ohrpolster
Die Ohrpolster sind leicht abnehmbar und aus Velours, das in vielen Punkten dem (oft verwendeten) Leder überlegen ist (Foto: H. Biermann)

Die Ohrpolster sind aus Velours. Das wirkt zwar nicht ganz so edel wie Leder, ist aber für die meisten Menschen angenehmer auf den Ohren. Man schwitzt bei Wärme weniger und sie sind fast genauso leicht zu reinigen. Veitinger: „Vor allem aber hat es akustische Vorteile. Die Basswiedergabe ist mit den Velourspolstern spürbar präziser.“

Ultrasone Edition 15 Stecker-Anschluss
Der Kabelanschluss ist mit einer Arretierung versehen. Gut zu sehen ist auch die Perforierung der äußeren Ohrschale. Hier ist der rückwärts abgestrahlte Schall der Treiber – stark gedämpft – hörbar (Foto: H. Biermann)

Der Ultrasone Edition 15 ist zwar dank geringem Gewicht und niedriger Impedanz im weiteren Sinne mobiltauglich, aber immer noch ein kabelgebundener Kopfhörer. Seine verdrillten Kabel sind von bester Qualität und werden mit einer Arretierung an der Ohrmuschel festgemacht.

Wie schon eben beschrieben, waren Kollege Schröder und ich einigermaßen verblüfft, wie gut und wie gefällig das Vorserienmodell des Ultrasone Edition 15 spielte. Und das Serienmodell stand dem in nichts nach. Doch wie kommt es zu diesem klanglichen Fortschritt?

Die Technik des Ultrasone Edition 15

„Wir hören ja manchmal auch zu“, gestand Michael Zirkel schmunzelnd ein. Denn so manchem Musikfreund ging es offenkundig wie mir und die Edition-Modelle galten ja nicht nur in Tester-Kreisen als in den Mitten etwas vordergründig. Also suchte Entwickler Veitinger einen neuen Treiber und kombinierte die sehr viel gefälliger klingende Goldfolie mit einem Mittelstück aus Titanfolie. Das Ergebnis ist überwältigend: Was das richtige Material an der richtigen Stelle doch alles bewirken kann…

40 Millimeter Konus Treiber mit Membran aus Goldfolie
Der neue Treiber: der geprägte 40 Millimeter Konus hat eine Membran aus Goldfolie und einen Mittelteil aus Titanfolie (Foto: H. Biermann)

Wie bei den meisten Schwester-Modellen soll auch beim Ultrasone Edition 15 durch eine leicht schräg versetzte Anordnung des Treibers ein räumlich großzügiger Effekt erzielt werden. „S-Logic“ heißt das bei Ultrasone und war bei der Gründung des Unternehmens eines der maßgeblichen Alleinstellungsmerkmale. Heute wird die Idee vielerorts kopiert und Ultrasone versucht, über die verschärfte „S-Logic EX“ den Effekt noch etwas zu verstärken.

Ultrasone Edition 15 Logic S EX
Unter den abgenommenen Ohrpolstern erkennt man hinter der gelochten Abdeckung den schräg unten eigesetzten Treiber. Der macht den S-Logic EX Effekt (Foto: H. Biermann)

Tatsächlich ist die Wiedergabe mit diesem konstruktiven Kniff etwas räumlicher, aber Wunder geschehen damit natürlich auch nicht: die Ortung bleibt weitestgehend im Kopf. Wer mit Kopfhören eine tatsächliche Vor-Kopf-Ortung erleben möchte, muss auf Kopfhörer-Verstärker mit Crossfield-Schaltung wie etwa dem SPL Phonitor X (auf dem Bild oben) oder den iFi Pro iCan zurückgreifen.

Einen Punkt finde ich bei Ultrasone immer bemerkenswert und das ist die Verwendung von abschirmendem MU-Metall im Hörer. Die Metallplättchen sorgen klugerweise dafür, dass der – natürlich ziemlich kräftige – Neodym-Magnet nicht direkt auf den Kopf strahlt. Man mag dazu stehen wie man will, aber ich ziehe es persönlich vor, keine derart kräftigen Magnetfelder über viele Stunden (so lange man hört) so dicht am Kopf zu haben…

Aufbau
Der prinzipielle Aufbau eines Edition-Hörers von links: Ohrschale, Treiber, MU-Metall-Plättchen, Leichtmetallchassis, Gummiring für die Abdeckung, Abdeckung, Velourspolster (Animation: Ultrasone)

Der Hörtest

Das Cover von Alessandro Quarta Plays Piazolla
Die wohl klanglich gelungenste Tonaufnahme von Piazzolla in 3D: Alessandro Quarta Plays Astor Piazolla (Cover: IAN)

Seit seiner Ankunft in der Redaktion ist der Edition 15 im Dauereinsatz – einfach, weil vieles mit Kopfhörern überprüft werden muss und er ein sehr neutraler Hörer ist, der aber diese Überprüfungspflicht sehr angenehm macht, weil er so präzise und doch gefällig klingt. Das neue Mitglied der Editions-Familie begeistert mit einem herzhaft-satten, aber überwiegend präzisen Bass und verzaubert im Mittelhochtonbereich mit einer Leichtfüßigkeit und Selbstverständlichkeit, die selten ist.

Das ist völlig unabhängig von Musik: Ob jetzt die Bass-Grooves der Elektro-Popper von Yello oder die klanglich schwierigen Gesangspassagen des Bach‘ schen Weihnachtsoratoriums mit Fritz Wunderlich: der Ultrasone umschiffte alle Klippen mit bemerkenswerter Mühelosigkeit und wurde niemals scharf oder vordergründig und behielt jederzeit seine transparente Übersicht. Auffällig war von Anfang an die hohe Natürlichkeit, mit der er Stimmen oder selbst auch Bläser darstellt.

Verglichen mit der LowBeats Dauer-Referenz Sennheiser HD 800 S zeigt der Ultrasone Edition 15 im gesamten Mittelhochtonbereich eine größere Mühelosigkeit; die Musik atmete noch ein bisschen mehr. Gerade bei solchen Aufnahmen wie Alessandro Quarta Plays Astor Piazzolla, wo die Tontechniker scheinbar ein Mikro auf der Geige montierten hatten – so genau ist das Instrument eingefangen – machte der Edition 15 jedes noch so kleine Ächzen der Saiten hör- und erlebbar. Hier zeigte sich auch, dass der Ultrasone die Klangfarben von klassischen Instrumenten sehr genau trifft. Das macht er fraglos überragend – und auch besser als der Sennheiser HD 800 S.

Gäbe es einen Ansatz für Kritik, dann den einer leichten Bassüberhöhung, die einer Resonanz in der Ohrmuschel entspringt. Aber es kann sein, dass Entwickler Veitinger diese sogar bewusst belassen hat, weil es für die meisten Hörer eher angenehm ist, wenn es von unten noch einen kleinen Zusatzschub gibt; bei kleinen Lautstärken allemal. Dennoch ist der Edition sehr viel neutraler und präziser im Bass abgestimmt als es heute so Mode ist. Ich persönlich empfinde das als äußerst angenehm.

Im Laufe der Zeit kombinierten wir den Ultrasone Edition 15 mit den verschiedensten Gerätschaften. Und ja: er honoriert die kraftvollen Ausgänge eines „richtigen“ Kopfhörerverstärkers wie dem SPL Phonitor X oder dem iFi Pro iCan. Es ist erstaunlich, wieviel mehr Substanz das Klangbild gegenüber einem klassischen iPhone Miniklinken-Ausgang bekommt – was aber natürlich am Smartphone und nicht am Kopfhörer liegt.

Geradezu Unfassbares aber geschieht, wenn man zwischen iPhone und Edition 15 den kleinen Ultrasone Kopfhörer-Amp und -DAC Naos schaltet. Das kleinen Gerätchen verbessert den Klang sofort um so viele Stufen, dass man sich die Augen reibt: Kann das sein? Ja, es kann. Un zwar so gut, dass LowBeats diesem kleinen Kästchen sehr bald einen eigenen Test widmet. Ich persönlich gehe ohne Naos kaum noch aus dem Haus. Denn wenn ich Kopfhörer höre, dann zwingend mit ihm.

Naos Kopfhörer Amp/DAC
Zwei Ultrasone Highlights: der Naos Kopfhörer Amp/DAC für 169 Euro und der Edition 15 (Foto: H. Biermann)

Von diesem kleinen Mobil-Verstärkerchen profitiert natürlich auch der Edition 15. Und vor dem Hintergrund der Preise lautet meine Empfehlung: Wenn sich jemand einen Ultrasone Edition 15 gönnt, sollte er den Naos gleich mitkaufen; preislich fällt der ja nicht mehr ins Gewicht…

Fazit

Der Edition 15 und der klanglich-tonale Wandel, den Ultrasone mit ihm eingeleitet hat, ist für mich eine der größten und erfreulichste Überraschungen 2017. Präzision ist nun nicht mehr alles, es darf klanglich auch etwas gefällig und „schön“ sein. Das macht die Spielweise des Ultrasone Edition 15 absolut mehrheitsfähig. Und dass er mit dieser gefälligen, sehr feinen, luftigen und dennoch substanziellen Spielweise kein Solitär ist, zeigt der Performance 880, der auch schon in diese Richtung ging.

Zu dem makellos natürlichen Klang des Edition 15 addieren sich – wie üblich in der Editions-Reihe – feinste Materialien und eine Top-Verarbeitung mit so geringem Gewicht, dass der Edition auch als Mobilhörer eine gute Figur macht.

Der Ultrasone Edition 15 ist damit nicht nur der beste Kopfhörer, den die kleine bayerische Manufaktur bislang auf den Markt gebracht hat: er dürfte auch im illustren Zirkel der absoluten Top-Over-Ears eine gewichtige Rolle spielen. 2.500 Euro sind zwar eine Stange Geld für einen Kopfhörer, aber hier stimmt der Gegenwert – zumal alles handmade in Bavaria ist.

Der Edition 15 ist ab Ende 2017 im gut sortierten Fachhandel zu hören und zu kaufen. Aber Ultrasone hat mittlerweile auch einen attraktiven Webshop, wo man das gute Stück ebenfalls erwerben kann – und wo man auch den kleinen Naos bekommt.

Ultrasone Edition 15
2017/12
Test-Ergebnis: 4,5
ÜBERRAGEND
Bewertungen
Klang
Praxis
Verarbeitung

Gesamt

Die Bewertung bezieht sich immer auf die jeweilige Preisklasse.
Substanzieller, natürlich-feiner Klang
Perfekt verarbeitet; MU-Metall-Abschirmung
Vergleichsweise geringes Gewicht
Berührungs-unempfindliche Kabel

Vertrieb:
ULTRASONE AG
Gut Raucherberg 3
82407 Wielenbach
Ultrasone Webshop: ultrasone.com

Preis (Hersteller-Empfehlung):
Ultrasone Edition 15: 2.499 Euro
Naos Kopfhörer AMP/DAC: 169 Euro

Weitere Ultrasone Kopfhörer:

Test Ultrasone Performance 880 mit BT: genial für unterwegs

Weitere herausragende Over Ear Hörer:

Test Sennheiser HD 800 S: der Oberklassen-Maßstab
Test Focal Utopia: absolute Weltspitze mit Beryllium?

Kopfhörer-Verstärker im Test:

Test iFi Pro iCan: mit zuschaltbarem Röhrensound


Autor: Holger Biermann

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Chefredakteur mit Faible für feinste Lautsprecher- und Verstärkertechnik, guten Wein und Reisen: aus seiner Feder stammen auch die meisten Messe- und Händler-Reports.