Denons AV-Receiver Modelle der Klasse um 1.200 Euro sind seit jeher mit die interessantesten ihrer Art. Hier gelingt den Japanern, was man sich immer wünscht: technologisch ganz vorn zu sein und trotzdem preislich auf dem Boden zu bleiben. So geschehen auch mit dem Denon AVR-X3600H. Dieser AV-Receiver bietet das Neueste, Beste und Umfangreichste in Sachen Ausstattung, was man sich für 1.200 Euro nur wünschen kann. Da sprechen wir von HEOS-Streaming, von Vorverstärkerausgängen, von Einmessung per Audyssey-App oder von einem Webinterface zur Konfiguration.
Vor allem aber bringt die Konzernmutter Sound United (vereint unter anderem auch die Marken Marantz, Onkyo und Pioneer unter ihrem Dach) mit ihm den ersten AV-Receiver auf den Markt, der nicht nur DTS Virtual:X, sondern mit dem neuesten Firmware-Update (ab dem 21.08.2019) auch die Lautsprecher-Virtualisierung von Dolby beherrscht. Diesen Ausstattungspunkt fanden wir so bemerkenswert, dass wir beide Virtualisierungsprogramme aufgenommen und für unsere Leser damit per Kopfhörer erlebbar gemacht haben. Sehr spannend. Doch dazu später mehr.
Mit seiner neuesten Generation bietet Denon zur Steuerung seiner Receiver neben der klassischen Infrarot-Fernbedienung wieder ein vollständiges Webinterface an, das sich auf jedem aktuellen Browser nutzen lässt. Hinzu kommen iOS -und Android-Apps für Smartphones und Tablets und das Multiroom-Streaming des integrierten HEOS-Moduls. Receiver- und HEOS-App arbeiten dabei angenehm stressfrei Hand-in-Hand, fast als wären sie nur eine App. Toll gemacht.
Und es mangelt nicht an Formaten und Quellen: Neben den gängigen komprimierten Verfahren wie MP3, AAC, WMA spielt HEOS auch die highendigen Formate ALAC, FLAC und WAV bis zu 24 Bit/196 kHz und sogar DSD (2,8 und 5,6 MHz). Integriert sind alle Decoder und Upmixer von Dolby und DTS, sogar DTS’s IMAX-Version ist eingebaut. Lediglich für Auro müsste man zu einem größeren Receiver-Modell greifen.
Das Einrichten gelingt mit Denons vorbildlichem Schritt-für-Schritt-Assistenten auch wenig geübten Anwendern. Die klanglich besten Ergebnisse liefert die Einmessung mittels Audyssey App (ca. 20 Euro), denn dann kann das System die Mikrofon-Daten mit der Rechenpower vom Tablet oder Smartphone berechnen.
Die HDMI-Anschlüsse können alles, was es aktuell an Formaten und Auflösungen gibt – wirklich alles! Für die maximale Bandbreite muss man die Anschlüsse im Menü aus Kompatibilitätsgründen zu alten TVs allerdings erst frei schalten. Der HDMI-Ausgang 1 nimmt per eARC (Enhance Audio Return Channel) selbst Atmos & Co. vom TV an. Kleines Politikum am Rande: HDMI-2.2 und HDMI-2.3 Anschlüsse sind technisch identisch, sie unterscheiden sich lediglich in der Dokumentations-Pflicht der Hersteller. Also: Nicht verwirren lassen!
Denon AVR-X3600H Spezialitäten: IMAX
Eine der neueren Spezialitäten, um die viel Marketing-Wirbel gemacht wurde, sind die IMAX-Formate für Bild- und Ton. Ein Wort dazu: Bislang ist in Europa praktisch kein Programmmaterial dafür zu haben und auch nur wenig Bedeutendes angekündigt. Aber auf den wenigen Disks im Ultra-HD Blu-ray Format sind das Bild-Mastering und auch der Ton spektakulär. Der wird in DTS HD-Master-Audio codiert und das alles lässt sich auf jedem TV oder Projektor und mit jedem DTS-Decoder ohne Einbußen genießen.
Ein Statusbit soll bestimmte TVs in einen von IMAX vorbestimmten Bildmodus schalten und der Audio-Decoder im AVR-X3600H erkennt, dass es sich um IMAX-handelt. Die DTS:X-Tonspur decodiert dann einen Top-Center, der üblicherweise in den Front-Höhen-Kanälen landet. Auch ein separates Bassmanagement lässt sich einstellen. Ehrlich: Das ginge – ohne Kunden zu verwirren – auch ohne Extrawürste in Bezug auf Namen und Decoder. Aber ohne lassen sich halt keine Lizenzen verkaufen. Sagen wir einmal so: nice to have.
Denon AVR-X3600H Spezialitäten: Vorverstärker-Ausgänge
Ungewöhnlich für einen Receiver der 1.000 Euro Klasse sind die Cinch-Vorverstärker-Ausgänge. Die bietet der Denon AVR-X3600H für alle intern verarbeiteten Kanäle (immerhin elf an der Zahl) plus die Möglichkeit, zwei Subwoofer separat anzusteuern.
Das wird gerne als 7.2.4 verkauft, bietet aber tatsächlich nur einen Subwoofer-Kanal, der allerdings für zwei Basswürfel separat zu pegeln, verzögern und zu filtern ist. Der Einsatz zweier Subwoofer hat häufig Vorteile, weil sich bei geschickter Platzierung akustisch ein hörbar besseres Ergebnis erreichen lässt als mit nur einem.
Besonders ist auch, dass sich die Front-Ausgänge – links und rechs – in einen echten Vorverstärkermodus versetzen lassen. Die durchaus audiophile Idee dahinter: Man nutzt in einem großen Surround-Setup die neun integrierten Endstufen und verbessert den Klang durch eine externe Endstufe oder Aktivlautsprecher für die beiden wichtigsten Lautsprecher. Insbesondere bei hohen Pegeln ist eine solche Variante sicherlich von Vorteil, weil dann keine intern verbundene Endstufe potentielle Klirranteile oder gar Clipping zurück in die Vorstufe einstreut.
Doch einen “echten” AV-Vorverstärker wie den Marantz AV8802 ersetzt der Denon AVR-X3600H trotzdem nicht – wie wir beim Testaufbau für die folgenden Kunstkopf-Aufnahmen der Virtualisierungen feststellen mussten. Die aktiven Frontlautsprecher, die Studiomonitore Focal SM9, ließen sich mit 10 Meter langen Kabeln nicht brummfrei ansteuern. Da passten die Ausgangsimpedanzen der simplen Cinch-Ausgänge des Receiverchens nicht. Daher verwendeten wir den AV8802 in Pure-Direct sozusagen als Impedanz-Konverter. Dieser ist für solche Kabelstrecken und eben auch mit symmetrischen Ausgängen dafür gemacht. Eine kurze Cinch-Strecke zu einem benachbart aufgestellten Endverstärker stellt für den Receiver kein Problem dar.
Klanglich gibt sich der AVR-X3600H als klassischer Denon zu erkennen: Er klingt schön ausgewogen, fein und transparent, aber dabei durchaus druckvoll. Mit dieser Charakteristik unterscheidet er sich sehr wohl von den Mitbewerbern seiner Klasse – etwa von Yamaha (eher hell und strahlend) oder Onkyo (eher robust dynamisch). Und in Sachen Surround sind die neun Endstufen mit 180 Watt pro Kanal praktisch kaum aus der Puste zu bringen. Wer wirklich mehr braucht, kann das Problem extern über die Vorverstärker-Ausgänge lösen.
Virtualisierung: viele Schallquellen ohne viele Lautsprecher
Schon eine Weile bekannt ist der Virtualizer von DTS namens “Virtual:X“. Jetzt kommt seit dem aktuellen August-Update für den Denon AVR-X3600H das Gegenstück von Dolby hinzu. Das allerdings hat gar keinen eigenen Namen oder Logo und versteckt sich als neuer Bestandteil des bekannten Upmixers “Dolby Surround”.
Um die Kunden zusätzlich zu verwirren – das Thema Surround ist ja noch nicht komplex genug… – schreiben die zwei Anbieter eine unterschiedliche Bedienung vor. DTS wird im Surround-Auswahl-Menü angeboten, den Virtualizer von Dolby muss man dagegen im Hauptmenü unter dem Punkt “Audio/Surround-Parameter” ein- oder ausschalten.
Eine genauere Beschreibung, was die Virtualizer von DTS und Dolby können und was nicht (wie auch Clips mit Kunstkopf-Aufnahmen aus dem LowBeats Testkino, die man sich mit Kopfhörer anhören kann), haben wir im Technik-Wiki zu diesem Thema zusammengefasst.
Letztendlich kann man sagen: Echte Lautsprecher lassen sich durch Virtualizer nicht komplett ersetzen, aber sie vermitteln schon deutlich mehr Räumlichkeit als ein schlichter Downmix. So ist beispielsweise bei Stereo-Wiedergabe mit Virtualizer der LFE-Kanal mit dabei, im Downmix fehlt er vorschriftsgemäß.
Aber es gibt auch Unterschiede. DTS macht alle virtualisierten Kanäle gut 3dB lauter. Das soll wohl auch dem letzten Hörer klar machen, dass da jetzt MEHR zu hören ist. Fragwürdig. Bei Dolby gelingt vor allem die Virtualisierung der Front-Höhen-Kanäle verblüffend realistisch. Die Darstellung von Hinten-Oben ist dagegen weniger überzeugend; das klebt doch noch sehr in den Surround-Lautsprechern.
Angenehm zurückhaltend zeigen sich Dolby und DTS beim Versuch, in 2.0-Stereo die Surroundkanäle abzubilden. Beide klingen da etwas weiträumiger, aber weniger verfärbt und ohne die hässlichen Phasen-Effekte früherer Algorithmen. Man kann festhalten: Je mehr reale Lautsprecher ihren Dienst tun, desto besser. Aber ein Setup mit fünf oder gar nur zwei Lautsprechern bedeuten nicht mehr den gleichen Verzicht wie zuvor. Nicht perfekt, aber gut.
Fazit: Denon AVR-X3600H – Viel Ausstattung fürs Budget!
Nach dem kompletten Re-Design der AV-Receiver vor ein paar Jahren wächst nun jede Generation mit kleinen, feinen Fortschritten. Wie beispielsweise, dass der Receiver via HDMI erkennt, welches Gerät eingesteckt wurde und automatisch Namen vergibt. Pfiffig. Oder die Handhabung mit Fernbedienung, Webinterface, Apps, professionelle Einmessung per Audyssey-App, HEOS Multiroom und Streaming, Oder die Connectivity per LAN, WLAN, Bluetooth. Oder dass nun wirklich alle DTS- und Dolby-Features bis hin zu den Virtualizern und IMAX an Bord sind: Für knapp 1.200 Euro bietet Denons neue Oberklasse-Maschine wirklich die volle Packung. Oder anders gesagt: Der Denon AVR-X3600H ist der preiswerteste AV-Receiver, der derzeit all diese Funktionen in sich vereint.
Das Thema Virtualizer wird uns in den nächsten Jahren immer mehr beschäftigen. Wir haben deshalb einen extra Wiki-Beitrag verfasst und Sound-Beispiele dazugepackt. Viel Spaß beim Vergleichen!
Denon AVR-X3600H | 2019/08 |
Überragend |
KlangPraxisVerarbeitungGesamt |
Die Bewertung bezieht sich immer auf die jeweilige Preisklasse. |
| Vollausstattung für Surround und HDMI |
| HEOS Integration für Multiroom & Streaming |
| Klangtuning per Audyssey MultEQ Editor App |
| DTS und Dolby Virtualizer an Board |
Vertrieb:
Denon Deutschland
Division of D&M Germany GmbH
An der Kleinbahn 18
41334 Nettetal
www.denon.com/de-de/
Preis (Hersteller-Empfehlung):
Denon AVR-X3600H: 1.199 Euro
Zum Thema Surround-Technik:
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