B&W, der Weltmarktführer in Sachen High-End-Lautsprecher, macht sich auch im Kopfhörerbereich immer breiter: Die beiden neuen True Wireless In Ear Hörer, der B&W Pi7 und sein etwas kleinerer Bruder, der B&W Pi5, markieren klangstark ihr Revier. Die Frage, welcher der beiden unterm Strich der Bessere ist, bot die Basis für einen echten brüderlichen Zwist – aus dem allerdings einer erstaunlich deutlich als Sieger hervorging…
Es musste so kommen. Bowers & Wilkins hat seine Fühler ausgestreckt. Von den Lautsprechern zu den ohraufliegenden Kopfhörern, dann zu den kabelgebundenen In-Ears – nun ein Duo von komplett kabelfreien In-Ohr-Stöpseln. Oder umgekehrt formuliert: B&W hat sich viel Zeit gelassen. Für das Perfekte. Viele Konkurrenten sind in dieser Bauform an den Briten vorbeigezogen und haben schon Claims im weltweiten Markt abgesteckt. Bedeutet für Bowers & Wilkins: Man muss mehr Besonderes bieten. Das ist mit den beiden Pi-Modelle eindeutig geglückt. Die Zwei in der Übersicht:
Modell | B&W Pi5 | B&W Pi7 |
Geräte-Art | True Wireless In Ear mit ANC | True Wireless In Ear mit ANC |
Techn. Konzept | Breitbandtreiber 9,2 mm Ø | dyn. Treiber 9,2 mm Ø (Bass) + BA (Hochton) |
Gewicht | 7,0 Gramm | 8,0 Gramm |
Mikrofone | 4 | 6 |
Akku Laufzeit | 4,5 Stunden | 4,0 Stunden |
Preis | 249 Euro | 399 Euro |
Das darf mitunter etwas mehr kosten. So ruft B&W für den potenteren PI7 auch 400 Euro auf. Das ist ein gutes Viertel mehr, als die Konkurrenten sich trauen.
Das Besondere am B&W Pi7
Der erste und größte Clou ist nicht in den Kopfhörern daselbst verbaut. Die typische, „gemeine“ Ladeschale wurde von B&W neu inszeniert. Natürlich lädt sie die Knöpfe auf, aber sie versteht sich zugleich auch als Sender und Medienmanager. Man kann beispielsweise von unserem Notebook einen Stream andocken. Oder allerlei klassische, analoge Signale. Die Ladeschale übernimmt dann die Rolle des zentralen Verwalters.
Eine wunderbare Idee. Da ergeben sich ganz neue Szenarien. Beispielsweise bei Videokonferenzen in unserem Homeoffice. Oder wir nutzen ein Adapter und gehen direkt vom Fernseher in den kleinen Sender. Gar nicht zu schweigen vom Vorteil bei Flügen und dem Adapter an der Sitzkante. Die Latenz ist gering, die Lippen-Synchronisierung gelingt. Ein klares Plus.
Zudem zeigt uns das Ladecase immer an, was gerade als Job ansteht. Die LED auf der Front nutzt dazu unterschiedliche Farben, je nach Ladestand und nach dem Ampelsystem. Grün bedeutet recht simpel, das eben alles im grünen Bereich ist. Alles intuitiv, alles geradlinig. Bei blinkendem Blau startet man das Pairing. Ein Job von Sekunden – und subito hat unser Smartphone die Klangpartner gefunden. Wer mehr will, geht den Weg über die hauseigene App, die B&W natürlich für iOS wie Android programmiert hat.
Selbstverständlich gibt es Bluetooth nach dem AptX-Standard. Dazu ein Meer an unterschiedlichen Profilen und weiteren Codecs. Wer die technischen Details genauer liest, trifft auch auf ein weiteres schönes Versprechen: 15 Minuten Ladezeit genügen für zwei Stunden weiteren Hörens. Ach – und das Ganze kann auch ohne Kabel gelingen. Die PIs lassen sich über Kontaktfläche auf der Rückseite der Ladeschale mit Strom versorgen.
Die Ausbeute ist abhängig von den flankierenden Optionen. Die allen gegenwärtigen Ansprüchen mehr als nur genügen. So können wir natürlich mit den PI7 telefonieren. Ebenso selbstverständlich liegt eine Geräuschunterdrückung an – die ist aber abschaltbar plus Transparent-Modus, sollten wir im realen Leben einmal schnell erreichbar für die Außenwelt sein. Das gesamte Power-Management erfolgt automatisch, hier kann man nicht eingreifen. Der Energiesparmodus wird beispielsweise aktiviert, wenn die Hörer aus den Ohren genommen werden.
Womit wir beim Tragekomfort wären. Der schlicht grandios ist. Mehrere Earbuds liegen bei. Die sieben Gramm pro In Ear lasten nicht wirklich in den Ohren. Die Form fügt sich in die Ohrmuschel, und ich versichere, dass man damit auch joggen kann. Noch eine Zugabe: Sollte der Himmel seine Schleusen öffnen – die PI7 sind spritzwassergeschützt.
Schauen wir in die hörbaren Details. Der PI7 vereint insgesamt sechs Mikrofone – die einerseits die auszublendenden Umweltgeräusche erfassen, dazu aber auch die Sprachqualität bei Telefongesprächen. Das ist im Vergleich zu den Konkurrenten ein stattliches Aufgebot. Selten ist zudem der Chip von Qualcomm mit seiner aptX-Steuerung, die Verbindung basiert auf 24 Bit. Dazu gibt es – trotz des Miniatur-Aufbaus – eine Dual-Hybrid-Treibereinheit.
Der B&W Pi5
Die Briten wären schlecht beraten, wenn sie nicht noch eine abgespeckte Version anbieten würden. Also gibt es auch den PI5, nicht nur in der Zahl unter dem PI7, sondern auch deutlich im Preis. B&W ruft hier 250 Euro auf. Deutlich ein anderer Bereich. Aber das Wissen aus dem PI7 ist auch hier greifbar: Es gibt Bluetooth 5.0 und die versammelten aptX-, AAC- und SBC-Codecs. Aber die Ansammlung der Mikrofone wird auf vier verkleinert. Auch die tolle Option der streamenden Ladeschale gibt es nicht. Dazu kein Wort über 24-Bit True Wireless. Vor allem aber ist der Pi5 ein “einfaches” Breitband-System; der Pi7 bietet auf dem gleichen Platz eine 2-Wege-Kongiguration. Also tatsächlich das, was man Downgrade nennen muss. Am Pi5 ist alles etwas dezenter, weniger opulent, weniger potent. Und tatsächlich etwas weniger klangstark.
Der Klangtest: Brothers in Ears
Natürlich liegen beide Brüder vergleichsweise dicht beieinander. Aber es gibt Unterschiede. Sagen wir es so – der teurere, aufwendigere PI7 wirkt bissfester. Wie besonders frischer Salat. Insbesondere der Bass hat mehr Kontur, mehr Eleganz, mehr das Spiel auf den Punkt. Der PI5 hat diese Kanten nicht. Er musiziert süffig, berauschend, wie ein Maler des mittleren 20. Jahrhunderts aus Frankreich. Impressionismus. Da kommt es auf Geschmacksfragen an.
Ich fische ein Album mit meinem Lieblings-Bassisten aus dem riesigen Streaming-Angebot von Apple: Jaco Pastorius greift virtuos in die Saiten. Da ist die Melodielinie eben nicht in den Gitarren. Es groovt. Der PI5 bringt den gleichen Wumms herbei. Aber es fasert an den Kontrast-Seiten(-Saiten) aus. Ich wäre ungerecht, wenn ich das als vage bezeichnen würde, aber der PI7 kontert halt mit deutlich mehr Trennschärfe. In diesem Punkt ist der B&W Pi7 klar der bessere Kopfhörer.
Für einen Langzeittest habe ich beide Modelle auf eine Zugfahrt in den Norden mitgenommen. Auch im ICE ist die Geräuschunterdrückung des PI7 erkennbar besser; der PI5 hingegen lässt es immer noch leise über die Schienen rumpeln. Auch diesbezüglich ein klares Votum also für den größeren Bruder.
Und mit Klassik? Ganz frisch hat sich die Deutsche Grammophon Sibelius gewidmet. Original aufgenommen in den 60er Jahren. Karajan liebte Sibelius. Hier konnte er schwelgen. Parallel sind die Bänder auf Blu-ray Audio beigepackt worden. Ich höre den Ripp in High-Res. Geht nicht? Doch – aber nur versteckt, mit Aufwand und einem Verstoß gegen die Spielregeln. Vielleicht eröffnen wir hierzu einmal ein Extrathema. Egal, denn ich bin auf Flügeln unterwegs. Kein anderer Dirigent hat Sibelius so ätherisch dirigiert wie Karajan. Gerade die fünfte Symphonie ist ein audiophiler Joint.
Vor einigen Jahren hätte ich gesagt: In-Ear-Hörer? Das kann doch nichts werden Doch der PI7 straft diese Haltung Lügen: Was für ein Rausch, mitten in einem ICE. Ich schwebe auf den Streichern dem Hauptbahnhof von Berlin entgegen. Die Meister von Bowers & Wilkins haben sich vom Stand auf in den Himmel der Möglichkeiten kapituliert. Und damit hat sich die Sachlage komplett verändert. Ich will nicht mehr ohne diesen kabellosen In Ear namens PI7 sein.
Fazit B&W Pi7 und Pi5
Zwei Brüder treten gegeneinander an. Der Kleine fischt im Bereich der heutigen Oberklasse, der Große noch einmal darüber. 250 oder 400 Euro: Welchen soll man kaufen? Klare Empfehlung von mir: Der PI7 ist der Maßstab, von ihm wurde der PI5 abgeleitet und abgespeckt und wurde so ein richtig gelungener True Wireless In Ear.
Doch wenn man beide direkt miteinander vergleicht, wird die Sache unangenehm deutlich. Dank 2-Wege Aufbau ist der B&W Pi7 der beste kabellose, konfektionierte In-Ohr-Hörer, den ich je in meinen Ohren hatte. Alles gelingt leicht und perfekt: der Kontakt, die App, der Stream, die Optionen, der Klang. Es könnte kaum schöner sein. Ich sehe und fühle keinen Konkurrenten in der Nähe. Und auch die 150 Euro Aufschlag zum Pi5 sind vollumfänglich gerechtfertigt.
| Ausgewogen-angenehmer Klang |
| Warmer, satter Bass |
| Gute Verarbeitung, Handarbeit |
| Kabelloses Schnellladen |
Bewertungen
KlangPraxisVerarbeitungGresamt |
Die Bewertung bezieht sich immer auf die jeweilige Preisklasse. |
| Weites, dennoch punktgenaues Klangbild |
| Konturstarker Bass |
| Die Ladeschale agiert als Wandler und Streamer |
| Kabelloses Schnellladen |
Vertrieb:
B&W Group Germany GmbH
Kleine Heide 12
33790 Halle / Westfalen
www.bowers-wilkins.de
Preis (Hersteller-Empfehlung):
B&W Pi7: 399 Euro
B&W Pi5: 249 Euro
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