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B&W 607 S2 Anniversary Edition Ambiente
Die B&W 607 S2 Anniversary Edition sind seit neuestem der Einstieg in die Lautsprecherwelt von B&W. Äußerlich sehen sie genau so aus wie die Vorgänger, kosten aber mit 600 Euro pro Paar gut 70 Euro mehr. Was können die Jubiläumsboxen besser? (Foto: B&W)

Erster Test: Kompaktbox B&W 607 S2 Anniversary Edition

Quizfrage: Welches ist die wichtigste Serie von Bowers & Wilkins? Die 800er Flaggschiff-Serie? Die neue und smarte Formation-Serie? Falsch. Die Modelle der 600er Linie sind es. Die äußerlich etwas schlichten, technisch-klanglich aber immer hochstehenden Einsteiger-Modelle von B&W gibt es bereits seit 1995 und es wurden schon über eine Million Paar davon verkauft. Das ist respektabel. Nun wird diese wichtige Serie 25 Jahre alt und die B&W Strategen feiern das Jubiläum, indem sie die vier Familienmitglieder (die Stereoboxen 603 S2, 606 S2, 607 S2 sowie den Center HTM6 S2) auf den Anniversary Edition Status heben. LowBeats hatte eines der ersten Exemplare der B&W 607 Anniversary Edition im Test und stellte sich natürlich die Frage: Um wie viel besser ist die Jubiläums-Generation?

B&W 607 S2 Anniversary Edition Ambiente2
Der Einstieg in die klassische B&W Lautsprecherwelt ist gerade einmal 30,0 cm hoch (Breite: 16,6 cm, Tiefe: 23,1 cm) und passt damit so gut wie in jedes Regal. Eine Position, für die sie durchaus auch entwickelt wurde (Foto: B&W)

B&W 607 S2 Anniversary Edition: was ist neu?

Dies vorweg: Wir hatten die B&W 607 im November 2018 im Test und kürten sie aufgrund der sehr überzeugenden Performance zur Referenz ihrer Größen- und Preisklasse. Deshalb blieb sie recht lange in der Redaktion und deshalb fällt uns der Vergleich leicht – obwohl sie nun seit einigen Monaten nicht mehr zur Verfügung steht.

Ein Unterschied ist einfach festzustellen: die Neue kostet 600 Euro pro Paar. Das ist eine Preissteigerung von gut 13%. Bekommt man dafür erkennbar mehr? Auf den ersten Blick: kein Unterschied. Auf den zweiten Blick: auch nicht. Es sind die gleichen kompakten Gehäuse, mit den selben Abmessungen, dem gleichen kantigen Auftritt mit foliiertem Gehäuse und aufgedoppelter, lackierter Schallwand. Was man der neuen AE-Serie zugute schreiben kann: Es gibt jetzt in unseren Breiten eine Variante mit Eiche-Folie und weiß lackierter Schallwand. Das passt gut in die modernen europäischen Wohnzimmer-Landschaften.

B&W 607 S2 Anniversary Edition Eiche mit weißer Schallwand
Eiche + weiße Schallwand: Die Farb-Kombination ist neu bei B&W. Aber ganz chic… (Foto: B&W)

Mehr Unterschiede sind erst einmal nicht zu erkennen: Denn es sind auch haargenau die gleichen Hoch- und Tiefmitteltöner, mit denen bereits die Vorgängerin reüssierte. Also der außergewöhnliche Hochtöner mit doppelter Alu-Kalotte, der mit Hilfe eines Elastomer-Rings von der Schallwand des Gehäuses entkoppelt ist und dessen Röhren-ähnlicher Aufsatz hinter der Kalotte für eine fast optimale Resonanzableitung sorgt. Eine bewährte Konstruktion, die in der gesamten 600er Linie ihren Dienst tut.

B&W 607 S2 Anniversary Edition Tweeter
Der Hochtöner mit doppellagiger 25 mm Aluminium-Kalotte ist zwar der gleiche wie in der Vorgänger-Version, doch der Schriftzug unterhalb des Gitters weist auf die Jubi-Edition hin. Das ist übrigens (neben dem Hinweis auf dem Anschlussfeld) der einzige äußerliche Unterschied… (Foto: B&W)

Und wie auch bei der Vorgängerin kommt im Tiefmitteltonbereich der exzellente 13er Bass mit silbern schimmernder Continuum-Membran zum Einsatz. Wir haben dieses Material zur Einführung der aktuellen 800er-Serie ausgiebig betrachtet. Es ist sicherlich nicht das Schlechteste, was man für mittelgroße Lautsprecher-Membranen einsetzen kann; die B&W Entwickler lassen ihn bis fast 4.000 Hertz laufen. Das spricht für die extreme Resonanzarmut des Materials.

B&W 607 S2 Anniversary Edition Tiefmitteltöner
Perfekte Kombination: eine leichte, dennoch stark bedämpfte Continuum-Membran mit kräftigem Antrieb sorgt für eine hohe Mitten-Präzision (Foto: H.Biermann)

Die Bestückung der neuen Anniversary Edition folgt damit der ursprünglichen 600er Idee: Das Gehäuse darf bei dieser Einsteiger-Serie ruhig etwas schlichter sein, aber die Treibertechnik ist stets erstklassig. Doch wie gesagt: Das gilt für alle (mittlerweile sind es sechs) Generationen der 600er. Wer noch mehr zur Konstruktion der B&W 607 S2 Anniversary Edition wissen möchte, der sei auf den noch ausführlicheren Test der Vorgängerin verwiesen. Denn die Unterschiede sind wie gesagt sehr gering.

Doch es gibt sie. Um sie auszumachen, müssen wir einen Blick in das Gehäuse, beziehungsweise auf die Frequenzweiche werfen. Es ist eine mit sehr wenigen, dafür qualitativ hochwertigen Bauteilen bestückte Weiche mit „flach“ verlaufendem 6 dB-Filter. Bild 1 der Slideshow zeigt die Anniversary Edition, Bild 2 die ursprüngliche 607:

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B&W 607 S2 Anniversary Edition Frequenzweiche
Spule (rot), Kondensator (weiß) sowie zwei Bypass-Kondensatoren (blau), die parallel zum Haupt-Kondensator liegen: mehr Bauteile hat die Weiche nicht (Foto: H.Biermann)
B&W 607 Frequenzweiche
Noch spartanischer: Spule (rot), Kondensator (schwarz) sowie ein Bypass-Kondensator (blau), der parallel zum Haupt-Kondensator liegt. Auch gut zu sehen: die zusätzlichen Versteifungen des B&W 607-Gehäuses (Foto: H. Biermann)

 

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Der Unterschied liegt hier im Hochtonbereich. Der schwarze Kondensator wurde durch einen besseren Typ aus der 700 Signature-Linie ersetzt. Der Bypass-Kondensator, der die Wiedergabe etwas leichter und „schneller“ machen soll, wurde verdoppelt und – so heißt es aus dem B&W-Produktmanagement – vom Edel-Zulieferer Mundorf „speziell“ behandelt. Was genau da gemacht wird, bleibt erst einmal im Nebulösen.

Ich persönlich könnte mir gut vorstellen, dass Mundorf bei diesen Kleinst-Kondensatoren (Wert: 0,01 μF) eine Abkühlung der Bauteile auf knapp -200 Grad (Deep Cryogenic Treatment) vornimmt. Bei Kondensatoren wird das gern gemacht und es bringt teilweise verblüffende Ergebnisse. Aber das ist völlig ins Blaue vermutet. Fakt ist: Dezente Unterschiede im Aufbau der 607 S2 Anniversary Edition sind im Vergleich zur Vorgängerin vorhanden. Betrachtet man indes die Messungen, sind diese Unterschiede nicht auszumachen. An keiner Stelle.

Messungen

Das heißt: Die Frequenzgänge kann man übereinanderlegen und sieht keinen Unterschied. Das heißt ebenfalls: Die alte 607 kam auf einen (für eine Box dieser Größe) echt beachtlichen Maximalpegel von 98 Dezibel – der Neuen gelingt dies Kunststück ebenfalls. Selbst die Impedanz- und Phasenverläufe gleichen sich wie bei Lautsprechern aus derselben Produktions-Charge. Messtechnisch also sind Vorgängerin und Nachfolgerin gleich. Uns allerdings gab dieser „Neutest“ der 607 die Möglichkeit, unsere neue Impedanz-/Phasen-/EPDR-Messungen anzuwenden.

Zur Erklärung: Das Verhältnis von Verstärker zu Lautsprecher ist sehr viel komplexer, als die meisten HiFi-Freunde wissen und sich wünschen. Das Produkt aus Lautsprecher-Impedanz und Phasenversatz ergibt den EPDR (Equivalent Peak Dissipation Resistance). Übersetzt bedeutet das: „Äquivalenter Spitzenverlustleistungs-Widerstand“. Der wiederum gibt an, wie stark der angeschlossene Verstärker durch das Impedanz- und Phasenverhalten des Lautsprechers belastet wird und ob auch kleine, wenig stromstabile Verstärker (oder Endstufen) angeschlossen werden können.

Impedanzprofil Bowers & Wilkins 607 S2
Impedanzprofil Bowers & Wilkins 607 S2 Anniversary Edition: Impedanz = rot, Phase = blau, EPDR = schwarz. Die Nennimpedanz liegt bei 4,8 Ω @220 Hz. (Messung: J. Schröder)

Die Messungen besagen vor allem dies: Die B&W Ingenieure haben hier einen guten Job gemacht. Wohl wissend, dass nur sehr wenige HiFi-Freunde einen 600-Euro-Lautsprecher mit einem Verstärker aus dem vierstelligen Preisbereich kombinieren würden, fällt der EPDR-Wert im leistungsrelevanten Bereich nicht unter 2,5 Ohm; 607 als auch 607 S2 Anniversary Edition sind problemlos auch von Verstärkern der 500 Euro Klasse zu betreiben.

Die B&W 607 S2 Anniversary Edition in der Praxis

Wir hatten kürzlich den Rotel A11 (der ja ebenfalls von B&W vertrieben wird) wie auch dessen nochmals deutlich bessere Tribute-Version im Test. Der A11 Tribute kostet 600 Euro und leistet knapp 100 Watt an 4 Ohm – also ziemlich genau das, was die B&W 607 S2 Anniversary Edition als Nennimpedanz anbietet. Das klang richtig gut. Wobei Bowers & Wilkins‘ kleinste Einsteigerbox auch in der Lage ist, die Qualität sehr viel teurerer Elektronik auszuloten. Ich hörte die Kleine am liebsten – man traut es sich kaum zu schreiben – mit dem Fezz Audio Lybra . Das ist ein Röhren-Amp für 3.850 Euro mit 2 x 15 Watt. Viel Pegel kam da natürlich nicht. Aber es klang zauberhaft.

Rotel A11 Tribute gegen CA AXA35 und Exposure 1010S2
Passen prima zur B&W 607 S2 Anniversary Edition: die beiden Rotel Komponenten A11 + CD11 mit Tribute-Tuning (Foto: H. BIermann)

Die 607 (beziehungsweise die 607 S2 Anniversary Edition) wurden im Grundton etwas schlanker abgestimmt. Das ist eine Einladung, die kleinen Böxchen recht dicht an die Wand oder ins Regal zu stellen. Was wir auch taten. Auf Ständern klingt sie natürlich noch etwas räumlicher. Aber mit der Wand im Rücken klingt die Kleine voller, „reicher“, größer.

Hörtest

Prinzipiell ist die 607 S2 Anniversary Edition eine wunderbar feinzeichnende, enorm akkurate und lebendig aufspielende Kompaktbox. Gute Aufnahmen vorausgesetzt, zeigt sie eine außergewöhnliche Transparenz. Andere, exzellente Schallwandler dieser Klasse (wie etwa die Paradigm SE Atom) mögen satter klingen, mit mehr Bass punkten. Aber mit der 607 hört man einfach mehr. Das ist verblüffend und hat in dieser Klasse absoluten Seltenheitwert. Die Plastizität, mit der sie beispielsweise die einzelnen Instrumente des Yuri Honing Trios in den Raum stellte, war schlicht atemberaubend. Ebenso die Leichtigkeit, mit der sie jegliche Art von Obertönen nachging und diese darstellte. Oder die Genauigkeit, mit der sie die Basssaiten direkt und ungemein authentisch ausschwingen ließ. Ganz große Kunst.

Yuri Honing Star Tracks
Mittlerweile als CD kaum neu noch, auf verschiedenen Download-Portalen sehr wohl noch zu bekommen. Grandios: Das legendäre „Walking On The Moon“

Es war aber auch genau so mitreißend, mit welcher Energie und Genauigkeit die kleine Bowers die Basswellen des neuen Yello Albums (Point) in den Raum drückte. Alles hat eine wunderbare Transparenz, der Raum, den sie öffnet, ist beeindruckend groß. Und das alles aus einem Böxchen, das nicht einmal 9 Liter Innenvolumen hat. Und auch noch an einem Verstärker (A11 Tribute), der ebenfalls vergleichsweise günstig ist…

Mit diesen Attributen hatte schon ihre Vorgängerin alle Mitbewerber alt aussehen lassen; der Anniversary Edition gelang es in gleichem Maße. Dass untenrum etwas Nachdruck und Schwärze fehlt, muss man der Kleinen nachsehen. Die ähnlich große Paradigm SE Atom zeigt zwar sehr viel mehr Volumen im Bass, ist aber bei weitem nicht so pegelfest und so dynamisch.

Ein direkter Vergleich mit der Vorgängerin 607 war uns leider nicht möglich. Weil wir aber diverse Magnat- und Canton-Speaker als dauerhafte Vergleichs-Modelle im Referenzregal stehen haben, blieb uns immerhin der Vergleich über Bande. In den Punkten, in denen seinerzeit die 607 überzeugte, punktet fraglos auch die neue 607 aus der AE-Generation. Aber auch dies stand auf den Bewertungsbögen der Tester: Die B&W 607 S2 Anniversary Edition hält die Mitbewerber in gleichem Maße auf Abstand, überflügelt aber den Auftritt der Vorgängerin nicht in einem Maße, der uns aufgefallen wäre.

Fazit B&W 607 S2 Anniversary Edition

Die mit viel Pomp eingeführte „neue“ 607 S2 AE entpuppt sich bei Lichte besehen als dezenter Facelift mit ebenso dezenten Veränderungen im Hochtonbereich. Mag sein, dass sie tatsächlich noch ein Quäntchen besser spielt als ihre Vorgängerin. Doch dieser Fortschritt liegt unter meiner Erinnerungs-Grenze; so groß kann er also nicht sein.

Dieser Umstand aber wirft keinen Schatten auf die kleinste B&W: In kleineren Räumen und bei nicht ganz so hohen Pegelanforderungen war die 607 S2 die beste Lösung, die man für unterhalb 600 Euro erstehen konnte. Das gilt für die 607 in der Anniversary Edition ganz genau so. Klanglich bleibt sie trotz der Preiserhöhung der wahrscheinlich faszinierendste Lautsprecher dieser Klasse – und ein superber Kauftipp. Und dass die 607 S2 AE so gut mit kleineren Verstärkern harmoniert und mit 5 Jahren (übertragbarer) Garantie lockt, macht das Gesamtpaket fraglos noch attraktiver.

B&W 607 S2 Anniversary Edition
2020/11
Test-Ergebnis: 4,5
ÜBERRAGEND
Bewertung
Klang
Praxis
Verarbeitung

Gesamt

Die Bewertung bezieht sich immer auf die jeweilige Preisklasse.
Lebendiger, transparenter Klang mit knackigem Bass
Klang löst sich komplett von den Boxen
Prädestiniert für wandnahe Aufstellung im Regal, auf dem Sideboard
Sehr gute Preis/Klang-Relation

Vertrieb:
B&W Group Germany GmbH
Kleine Heide 12
33790 Halle / Westfalen
www.bowers-wilkins.de

Paarpreis (Hersteller-Empfehlung):
B&W 607 S2 Anniversary Edition: 600 Euro

Technische Daten

B&W 607 S2 Anniversary Edition
Konzept:2-Wege Bassreflex mit 13 cm Bass
Maximalpegel:98 Dezibel (1 Meter Abstand)
Aufstellungs-Empfehlung:wandnah, im Regal, auf dem Sideboard
max. Raumgröße:18 Quadratmeter
Abmessungen (H x B x T):30,0 x 16,5 x 23,1
Gewicht:4,7 Kilo
Preis:600 Euro/Paar
Alle technischen Daten
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Fahr- und Hörtest BMW 740Ld xDrive mit B&W Diamond Surround Anlage

Mit- und Gegenspieler:

Test Paradigm Audio SE Atom: kompaktes Highend zum Schnupperpreis
Erster Test Vollverstärker/CD-Player: Rotel A11 Tribute / CD11 Tribute
Test Fezz Audio Lybra: Single-Ended Röhren-Amp mit doppelter 300B

Autor: Holger Biermann

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Chefredakteur mit Faible für feinste Lautsprecher- und Verstärkertechnik, guten Wein und Reisen: aus seiner Feder stammen auch die meisten Messe- und Händler-Reports.