Lindemann Audio hatte viele Jahre den Nimbus des klassischen Highenders: Die Komponenten genügten höchsten Anforderungen und hatten alle das 19 Zoll Gardemaß (oder größer). Doch vor drei Jahren machte Mastermind Norbert Lindemann einen radikalen Schnitt und fertigt seitdem Komponenten, die viel mehr auf die Jetzt-Zeit ausgerichtet sind: kleiner, feiner, smarter. “Musicbook” heißt diese Komponentenreihe, zu denen auch das hier vorgestellte Lindemann Musicbook:15 DSD gehört.
Man könnte sagen, Lindemann baut Lifestyle-Geräte. Das klingt in den Ohren eines Audiophilen vielleicht etwas abschätzig, ist es aber nicht. Denn Lifestyle nach Lindemann-Art erfüllt immer noch allerhöchste Ansprüche, sieht nur einfach sehr viel besser aus.
Vier Geräte umfasst die Lindemann´sche Musicbook-Reihe (die Modelle 10, 15, 20 und 25), allesamt DAC- oder Streamer-Vorstufen in verschiedenen Ausbaustufen, die mit ihren zierlichen Abmessungen von 280 x 65 x 220 mm (B x H x T), ihrer umfassenden und hoch modernen Ausstattung sowie ihrem perfekt verarbeiteten Aluminium-Gehäuse augenblicklich ein unwiderstehliches „Das-will-ich-haben-Gefühl“ verströmen. Es sind audiophile Kleinode, die man einfach gern im Wohnzimmer stehen hat.
Lindemann bewies den richtigen Riecher. Während die Stückzahlen des klassischen 19 Zoll High End immer mehr rückläufig sind, erarbeiteten sich seine Musicbook-Komponenten schon in kurzer Zeit einen exzellenten Ruf. Und der wird womöglich noch besser. Mitte 2016 kam die neueste Generation Musicbook mit dem Zusatz DSD auf den Markt.
Mit dieser Generation erneuerte Lindemann die Serie umfassend: mit neuem Bluetooth-Interface, neuem USB- und D/A-Wandler, überarbeiteter Vorstufe und neuem Class-A-Kopfhörerverstärker. Norbert Lindemann war einige Stunden bei LowBeats und schwärmte ausführlich von der Generation DSD: „Es ist erstaunlich, was damit mehr geht.“
Das hier vorgestellte Lindemann Musicbook:15 ist eine Vorstufe mit USB-DAC und integriertem CD-Laufwerk und hat im Gegensatz zu seinen beiden größeren Geschwistern Musicbook:20 und 25 keinen Streamer eingebaut. Mit zwei analogen (Cinch) und fünf digitalen (2 x SPDIF, 2 x optisch, 1 x USB) Eingängen plus Bluetooth-Fähigkeit ist das Musicbook:15 dennoch für die Moderne mehr als gut gerüstet.
Wer unbedingt streamen möchte, greift zum nächstgrößeren Modell oder streamt über seinen angeschlossenen Rechner. Vor allem aber bietet das Lindemann Musicbook:15, was bei vielen anderen High End Firmen (Beispiel Linn) schon lange nicht mehr im Fokus steht: einen CD-Player.
Das eingebaute CD-Laufwerk ist von Teac und stammt ursprünglich aus dem Car-HiFi-Bereich. Was erst einmal nicht sonderlich audiophil klingt, hat dennoch eindeutige Vorteile.
Zum einen gibt es ja kaum noch CD-Laufwerke, zum anderen sind gerade die Auslese-Vorgänge bei einem Car-HiFi-Modell wegen der Robustheit der Konstruktion und des großen Zwischenspeichers für highendige Wiedergabe besonders gut geeignet. Doch wer hier wegen des Zusatzes DSD ein SACD-Laufwerk vermutet, wird enttäuscht: mehr als CDs beziehungsweise CD-Rs kann das Musicbook:15 DSD nicht auslesen.
Das macht aber nichts. Denn jedes hereinkommende Digitalsignal – von welchem Eingang auch immer, also auch CD – wird erst einmal intern auf DSD 256 hochgerechnet. Nach diesem Schritt gelangen die Signale zum Wandler, dem AKM AK4490. Von dem 32-Bit/768-kHz-DAC verwendet Norbert Lindemann gleich zwei – nämlich je einen pro Kanal.
Einer der Vorzüge des DSD Streams ist ja, dass der Wandler eigentlich nicht viel zu tun bekommt: Er muss das Signal lediglich filtern. Jede weitere Signalbearbeitung erfolgt analog, wie auch die Vor-Verstärkung der Signale sowie die Lautstärkeregelung.
Wem das interne Hochrechnungsverfahren Verfahren nicht geheuer ist, kann da gegensteuern. Das Menü des Lindemann Musicbook:15 DSD bietet hier unter dem Menü-Punkt DAC-Settings drei mögliche Handlungsstränge:
1.) der >native< Modus. Damit bleibt alles, wie es hereinkommt: DSD bleibt DSD, CD (PCM 16/44,1) bleibt CD.
2.) die Quasi-Werkseinstellung (>DSDx2x4<). Damit wird alles intern auf DSD128 oder DSD256 hochrechnet
3.) die DXD HighestRES-Variante (>PCMx2x4x8<). Damit wird intern alles – abhängig vom Eingangssignal – auf 352,8 kHz oder 384 kHz hochgerechnet.
Ich habe mir die verschiedenen Modi mit CD und USB lange angehört und komme zum gleichen Schluss wie Norbert Lindemann: Die Werkseinstellung ist die klanglich beste. Sie bietet mehr Auflösung als die native und etwas mehr Druck als die DXD-Einstellung. Also beließ ich es bei >DSDx2x4<.
Synchrones USB
Stichwort USB-Audio: Im Gegensatz zu den meisten seiner Mitbewerber verwendet Norbert Lindemann nicht wie die meisten highendigen USB-DACs einen asynchronen, sondern einen synchronen Sample Rate Converter. Lindemann: „Der ist hörbar besser als der asynchrone. Das Asynchrone bietet zwar mehr Möglichkeiten bei der Zuspielung, produziert aber Jitter im Picosekunden-Bereich.“
Natürlich haben wir in der Testphase überwiegend Musik in möglichst hochauflösender Form zugespielt und das Musicbook:15 bedankte sich mit einem unglaublich feinen, glockenklaren Klang. Lindemann hatte bei seinem LowBeats Besuch eine auch bei uns immerwährende Diskussion wieder angefacht: „Der Klang von USB liegt auch am verwendeten Kabel“ – sprachs und legte mir schmunzelnd eine USB-Verbindung im offenkundigen Prototypen-Stadium auf den Tisch.
Einige Stunden später wusste ich warum: Das Kabel verblüffte mit substanziellem und detailreichem Klang, jedenfalls klang es eindeutig besser als jedes andere USB-Kabel in der Redaktion und bestätigte die These: Die Unterschiede zwischen USB-Kabeln können größer ausfallen, als man Digitalkabeln gemeinhin unterstellt.
Wen das Thema Top-USB-Kabel interessiert, sollte einfach mal bei Lindemann nachfragen. Nach dem letzten Stand soll dieses Kabel unter 250 Euro kosten – was es locker wert ist.
Der Hörtest
Im Alltag hatte ich mit dem Lindemann Musicbook:15 DSD große Freude – nicht nur, weil es so gut klingt. Die Bedienung über das Multifunktionsrad lief nach einigen Fingerübungen flott und schlüssig. Und dass ich eine so große Zahl von Kopfhörern in der Redaktion habe, irritierte den smarten Bayern auch in keinster Weise: Die Ausgangsspannung lässt sich im Kopfhörerverstärker genauso anpassen wie auch die Empfindlichkeit der Eingänge.
Man kann sogar auf die Vorstufenfunktion des Musicbook:15 verzichten und ihn als “reines” Quellgerät für CD, USB oder andere Digitalquellen hernehmen: Mit der Funktion Fixpegel im Menü wird der Lautstärkeregler einfach umgangen.
Aber auf die Vorstufenfunktion verzichtet nur, wer die ganz großen Gedecke zu Hause hat. Denn die Vorverstärkerzüge sind konsequent audiophil aufgebaut. Norbert Lindemann: “Wir nehmen nur, was auch gut klingt.” Eine Haltung, die sich im Klang des Musicbook:15 natürlich niederschlägt.
Als erstes prüfte ich die Qualität des internen CD-Laufwerks. Der Marantz HD CD1, fraglos einer der besten CD-Player unter 1.000 Euro, spielte (verbunden über SPDIF) etwas weniger detailreich und etwas weniger dynamisch. Schon nicht schlecht. Noch besser wurde es natürlich mit HiRes-Musik vom Rechner über Lindemann.
Bei highresaudio gibt es die neue Sting 57th & 9th – vielleicht nicht sein bestes Werk, aber doch ein bisschen wie früher. Und das Album klingt gut. “Inshallah” hat alles, was den Audiophilen erfreut: die sonore Stimme, Gitarre, Tablas – alles sehr wirklichkeitsnah, plastisch und mit kräftigen, warmen Klangfarben aufgenommen.
Und ein Schuss Wärme schadet dem Musicbook:15 nicht. Verglichen mit anderen DAC-Vorstufen des LowBeats Referenzregals, etwa dem SPL Director, klingt die Lindemann zwar feiner, aber auch durchweg heller. Das ist nicht schlimm, man sollte es nur wissen und die Kombination mit weiteren eher hell klingenden Komponenten vermeiden.
Das fängt bei der Endstufe oder den angeschlossenen Aktivlautsprechern an. Nach verschieden Versuchen mit Audiolab, Cambridge Audio oder SPL landete ich am Ende bei der 80 Watt starken Röhrenendstufe namens 2100 von AMC.
Das passte zumindest mit den B&W 805 D3, mit denen ich zu Hause höre. Mit den ebenfalls herausragenden Dynaudio Contour 20 spielten auch die Mono-Endstufen Cambridge 851 an dem Musicbook:15 DSD atemberaubend offen und realistisch.
Apropos: Bei Lindemann Audio gibt es im Rahmen der Musicbook-Serie ja auch zwei optisch passende Endstufen: Musicbook:50 und 55 mit 80 beziehungsweise 240 Watt. Beide klingen sehr fein, fast röhrenähnlich. Ärgerlicherweise hatte ich vergessen, die Endstufen bei Lindemann mit zu ordern. Den Kombi-Eindruck holte ich mir bei einem befreundeten Händler (Bauer Audio) und kann nur konstatieren: das passt wirklich gut.
Fazit: Das Musicbook:15 DSD ersetzt große High-End-Anlagen
Wie stuft man solch ein Gerät ein? Hoch! Mich hat besonders die Funktionalität überzeugt. Das Lindemann Musicbook:15 DSD bietet ausreichend Anschlüsse für so gut wie jeden Zweck. Auch von der durchdachten Bedienung, der Vielseitigkeit dieses Geräts und auch seiner Verarbeitung sollten sich etliche Mitbewerber eine Scheibe abschneiden.
Vor allem aber klingt das Musicbook:15 DSD außergewöhnlich fein, luftig, schörkellos und detailreich; selbst, wenn man nur einmal schnell kabellos Musik vom Handy per Bluetooth auf die Anlage streamen will, bekommt man vom Musicbook:15 hervorragenden Klang serviert.
Diese kleine DAC-Vorstufe schlägt die Brücke zu einem High End von morgen: Sie klingt nicht nur überragend, sondern ist auch vom Äußeren her ziemlich smart.
Letztendlich ersetzen Komponenten wie das Lindemann Musicbook:15 DSD die riesigen und schweren Anlagen des klassischen High End a là Accuphase & Co. Und dass der Streaming Client fehlt, kann man dem Musicbook:15 DSD nicht vorwerfen – es gibt ja die größeren, Streaming-fähigen Musicbooks 20 und 25.
KlangPraxisVerarbeitungGesamt |
Die Bewertung bezieht sich immer auf die jeweilige Preisklasse. |
| Wunderbar detailreicher, luftiger Klang |
| DAC-Technik auf höchstem Niveau |
| Sinnvolle Ausstattung |
| Exzellente Preis/Klang-Relation |
Vertrieb:
Lindemann Audiotechnik GmbH
Am Anger 4
82237 Wörthsee
www.lindemann-audio.de
Preis (Hersteller-Empfehlung):
Lindemann Musicbook:15 DSD: 3.780 Euro
Mehr zum Thema DAC-Vorstufe und zu den Komponenten der Hörtests:
Test Micromega M-One 100: Der DAC-Streaming-Amp
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