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BOERRESEN-X2 Hoerraum
Boerresen setzt mit der X2 den Umbau der firmeneigenen Oberklasse fort. die Schmuckstücke kosten 8.000 Euro pro Paar (Foto: H. Biermann)

Test Børresen X2: die Bestie im Maßanzug

Wir kennen Børresen aus dem Reich des sehr teuren oder ganz teuren HiFi. Nun transformieren die Dänen die Technik und ihre Formsprache aus den teuren in die bezahlbaren Preisregionen: Wenn man die Børresen X2 sieht, anfasst und hört, wird man nicht glauben, dass sie noch deutlich unter 10.000 Euro zu haben ist.

Dänemark hat einen neuen König. Das wissen nicht nur die Leser der „Bild“ und der Regenbogen-Presse. Auch im High-End sind die Dänen plötzlich majestätisch unterwegs. Nicht in der goldenen Kutsche, aber offenbar mit viel Bargeld und etablierten Klangkünstlern. Die Audio Group Denmark kann nicht klein. Das zeigte unmissverständlich der jüngste Auftritt bei den Norddeutschen HiFi-Tagen in Hamburg. Ansuz, Aavik, Axxess und Børresen mieteten die größte Fläche an und spielten in einer auch für HiFi-Freunde überaus hohen Lautstärke. Dazu seltsame Musik, etwas zwischen Rave und Rauferei. Bärtige Wikinger im Kriegsgeschrei?

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BOERRESEN-X2 vorn
Die Børresen X2 von vorn….
BOERRESEN-X2 schraeg
(…aus einer schrägen Perspektive…
BOERRESEN-X2 Seite
…und von der Seite (Foto: Børresen)
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Könnte man meinen. Aber hunderte Besucher strömten genau vor diese Ketten. Da muss ein Zauber sein.
Echte Könige hüllen sich in einen Hermelin-Mantel – nur das Teuerste ist gut genug. Børresen spielt das Spiel wie kaum eine andere, noch so junge Lautsprecher-Company. Edel, feines Holz, extrem wertiger Lack, passgenaue Ständer, überschlankes Design und fette Zahlenreihen auf den Preisetiketten. Jetzt setzt Børresen zum Salto rückwärts an. Die X2 ist in unserem Hörraum eingetroffen – mit einer Preisempfehlung von 8.000 Euro für das Paar. Das ist noch immer gehoben. Doch kein Vergleich zu der 01 mit ihren 25 000 Euro – und hier reden wir von einem kompakten Zweiwegler. Kollege Frank Borowski war aus dem Häuschen und schwärmte von dem technischen Erneuerungswillen.

Alle Treiber baut die Firma aus Aalborg selbst; jeder Werkstoff wird unter das Mikroskop gelegt, bis zu den Füßen. Das Mastermind Michael Børresen (der viele andere Marken dänischer Herkunft mit-inspiriert hat) ist dem Spieltrieb erlegen. In der Audio Group Denmark darf er alles – mit einem Fundus von ihm selbst entwickelter Klang-Legosteine. Zudem hat AGD das Charisma erkannt – zuvor werkelte Michael für andere Firmen, wie Scansonic; nun segelt sein Schiff unter seinem Namen und er gefällt sich in der Rolle des Mitgründers der Audio Group Denmark.

Axxess Forté 02
AGD Chefentwickler Michael Børresen (links) und Chefdesigner Flemming E. Rasmussen (Foto: F. Borowski)

Die Hyper-Lautsprecher hat Michael Børresen bewiesen. Nun ist der Zeitpunkt gekommen, an dem das Wissen aus der Edelserie für das gemeine Volk erschwinglich wird. Ein Vergleich zum Automobilbau drängt sich auf, und er hinkt nicht: VW entwickelt eine Plattform – dann gibt es zuerst den Porsche, dann den Audi, schließlich den Golf. Ein Zitat des Meisters muss sein: „Die Lautsprecher der Børresen X-Serie sind nicht nur ein neuer Einstieg in das Børresen-Universum, sondern stellen auch eine echte Revolution in Sachen Qualität und Leistung in ihrer Preisklasse dar.“

Børresen X2 – die Technik

Da legen sich die Dänen weit aus ihrem Wikinger-Boot. Und rudern umgehend zurück. Da ist natürlich das Bändchen in der Höhe – eine Eigenentwicklung, meine Güte, was für ein Aufwand! Das sei das gleiche Modell wie aus anderen, weit teureren Børresen-Modellen. Obwohl: „Allerdings ist eine Verringerung der Magnet- und Eisenmasse zu verzeichnen.“ Also doch nicht exakt der gleiche Hochtöner. Die schwingende Masse, das Design sind gleich, aber bei der Kontrolle und der Motorleistung haben sich die Nordlichter etwas mehr Enthaltsamkeit auferlegt. Wobei eine Ausbeute von vier Dezibel weniger nicht dramatisch scheint: Wir liegen noch immer bei 90 dB.

BOERRESEN-X2 Ribbon
Quasi das Erkennungszeichen aller Børresen-Schallwandler: der waschechte Bändchen-Hochtöner (Foto: H. Biermann)

Gänzlich unverändert und identisch zur höchsten Edelserie kommen die beiden Tief/Mitteltöner daher. Die Membran erkennt man mit ihrem Schachbrettmuster sofort. Setzen die US-Amerikaner von Perlisten nicht auf das gleiche Karbon-Design? Mag sein, aber den Dänen gänzlich egal – auch das ist eine höchst eigene Entwicklung im Sandwichaufbau, eben mit einer Karbon-Haut in der obersten Schicht. Und in der Tiefe dahinter? Sagen die Dänen nicht, Chef Michael Børresen wird im Gespräch schweigsam, muss schnell in eine andere Telefonkonferenz und ward anschließend nicht mehr gehört…

BOERRESEN-X2 Membran
Membranen aus Carbonfaser kennen wir mittlerweile von mehreren Herstellern – unter anderem Magico. Carbongeflecht ist halt extrem reißfest (Foto: H. Biermann)

Schauen wir selbst nach, mit dem Schraubenzieher und dem LowBeats Messequipment. Die Weiche der X2 ist nicht dick, sondern fett. Da leben die Bausteine der Z-Serie auf, mit gleich drei Spulen – klein, gehoben, gewaltig. Der Hochtöner wird ab 2,5 Kilohertz bedient, die drei Tief/Mitteltöner folgen dem 2,5-Wege-Aufbau. Spaßig ist die Rückseite. Statt eines großen Bassreflexports gibt es drei kleine Düsenstrahler über dem Terminal und drei weitere knapp unter der Topplatte. Da darf auch das Single-Terminal selbst nicht ausscheren – unten Minus, darüber das rote Plus.

BOERRESEN-X2 Anschluss
Die Bodenplatte verleiht der sehr schlanken X2 eine verbesserte Standfestigkeit, die Füße sind natürlich in der Höhe verstellbar (Foto: H. Biermann)

Mich überfällt ein Déjà-vu: Wo habe ich das schon einmal gesehen? Genau, bei der Scansonic MB5 B. Mehr als auffällig könnte sie als Schablone und früheres Meisterstück von Michael Børresen durchgehen: Ebenfalls nach 2,5-Wege-Spielregeln und auch dieses Kokettieren mit Karbon-Flächen im Finish wirkt irritierend ähnlich.

Der Lautsprecher-Body ist sehr schmal gehalten – das ist gut für eine sehr räumliche Abbildung. Doch so schlank die Silhouette der X2 wirkt, umso massiger streckt Børresen die Bodenebene in Vollmetall aus. Auch dies alles sind Eigenentwicklungen. Spikes? Gibt es nicht, am besten nicht einmal daran denken. Michael Børresen vertraut stets aus spezielle Dämpferfüße.

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BOERRESEN-X2 Fuss
Spikes? Von wegen? Bei Børresen ist man stolz auf die klangverbessernde Wirkung der Spezialfüße (Foto: H. Biermann)
BOERRESEN-X2 Logo
Zwischen Bodenplatte und Gehäuse hat man bei Børresen noch eine Dämpfungsschicht eingezogen.( Zusammen mit den Füßen ergibt sich so ein vibrationshemmendes System (Foto: H. Biermann)
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Überragend ist das Finish. Normalerweise ein Punkt, bei dem große Lautsprecherhersteller in den günstigeren Serien sparen. Nicht so Børresen – da glänzt der Karbon-Schimmer an der Front und auf der obersten Ebene. Dazu perfekter Lack mit matten Elementen. Holztöne, RAL-Farben? Gibt es alles nicht. Man wähle zwischen Schwarz und Weiß. Tipp: Die vollschwarze Version wirkt stringenter, für das weiße Duo wurden die dunklen Karbonflächen natürlich nicht eingefärbt, das klappert optisch ein wenig. Aber das ist Geschmacksache.

BOERRESEN-X2 Deckel
Das Bild zeigt die eingelassene Carbon-Fläche auf dem Deckel der X2. Die Dänen versprechen sich von ihr die spezielle Optik und resonanzminderndes Verhalten (Foto: H. Biermann)

Praxis

Weil die X2 im Bass recht kontrolliert abgestimmt ist, hatten wir keine große Mühe, den richtigen Hörplatz für sie zu finden: Schon bei einem Abstand von etwa 30 Zentimetern zur Rückwand ergab sich ein sehr ausgewogenes Klangbild. Ebenfalls erfreulich ist der vergleichsweise hohe Wirkungsgrad von 87,5 dB. Für eine recht tief abgestimmte Standbox mit gerade einmal zwei 11,5 Zentimeter Tieftönerchen, ist das ein guter Wert.

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LowBeats Messung Pegel Boerresen X2 @85 dB
Bei der klassischen Wohnzimmerpegel-Messung bei 85 dB lassen sich nur geringe Verzerrungen erkennen (Messung: J. Schröder)
LowBeats Messung Pegel Boerresen X2 @97 dB
Beim Maximalpegel von 97 dB sind die Verzerrungen fast über die gesamten Übertragungsbereich verteilt (Messung: J. Schröder)
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Impedanz, Phase und EPDR verlaufen zwar nicht ideal linear, aber wir hatten auch im Berieb mit kleinen Röhren-Verstärkern (Beispiel: Mira Ceti von Fezz Audio) keinerlei Probleme.

LowBeats Messung TA S430: Impedanz, Phase und EPDR
Die Impedanz (rote Kurve) zeigt einige Resonanzen, verläuft nicht ganz linear. Dennoch sollte die X2 nur für ganz wenige Verstärker ein Problem darstellen (Messung: J. Schröder)

Natürlich hatten wir die X2 auch an unserer Referenzkombi von Canor (Hyperion Vorstufe und zwei Virtus Mono-Blöcke) gehört. Das war schon allein wegen der prallen Klangfarben und der fast unendlichen Tiefe der Abbildung magisch. Aber deren 40.000 Euro Anschaffungspreis entsprechen wohl eher dem Vergleich von den Kanonen und den Spatzen. Da sollte man sittsam und zielgesteuert bleiben. Also holten wir einen unserer liebsten Vollverstärker aus dem Regal, den Soulnote A-1. Das ist ein Prachtkerl aus dem Hochlohn-Land Japan, aber mit 4.000 Euro eben perfekt eingetaktet zu den beiden X2. Mit diesen beiden treffen sich zwei Musikmeister. Authentischer, packender habe ich ein Setup in der Preisklasse um 10.000 Euro selten erlebt – eine Hand genügt zum Abzählen.

Børresen X2 – der Hörtest

Geschmacksfragen lebt aktuell auch Paul McCartney aus. Sein Durchbruch-Album mit den Wings „Band on the Run“ ist im neuen Mix erschienen. Vielmehr in abgespeckter Ur-Form. Eine unkomprimierte Version in High-Res kannten wir schon, nun die spannende Rohfassung. Wie sie McCartney 1973 in Nigeria aufgenommen und von Lagos nach London geschickt hatte. Dort wurden die Bänder aufgehübscht, mit Orchesterfüllern versehen, alles vom aufstrebenden Produzenten Tony Visconti dem Zeitgeist angepasst. Jetzt der offizielle „Underdubbed Mix“. Die Atmosphäre ist dichter, die Abfolge der Songs hat sich geändert, der Bass legt zu, karg, schön, direkt. Genau die richtige Kost für die Børresen X2.

Mir ist selten ein Lautsprecher begegnet, der zugleich schmutzig kann und dabei immer noch ein Ästhet bleiben kann. Die Abbildung der Stimme des Ex-Beatles zielte genau aus der Mitte der Boxenebene – ein Zwiegespräch mit dem Fan daheim. In „Mamunia“ schrammt hart links die akustische Gitarre, rechts pocht der Bass – das servierte die X2 mit räumlicher Finesse und mächtigem Druck. Alles stressfrei – da spielt Michael Børresen die Vorzüge seines Bändchens aus.

Wir haben die oben bereits erwähnte Scansonic HD MB5 B wegen ihre auffälligen Ähnlichkeiten daneben gestellt. Die ebenfalls dänische Box hatte uns im Hörtest sehr gut gefallen. Die etwas teurere X2 agierte ein wenig dezenter: Das feine Silber der Scansonic wurde mit der X2 zu einem etwas weniger schimmernden Samt – also alles eine Spur musikantischer, wärmer. Oder für die, die sich auskennen: So wie der Eigenklang der Berliner Philharmoniker (etwas kerniger) gegenüber jenem der Wiener Philharmoniker (etwas charmanter und schmeichlerischer).

BOERRESEN-X2 vs Scandyna MB5
Die X2 (rechts) im LowBeats Hörraum neben der nochmals größeren Scansonic MB5 B (Foto: H. Biermann)

Womit die Klassik am Zug ist. Die beste Aufnahme von Händel „Messiah“? Ein schneller Blick auf Qobuz – das grenzt an die hundert Aufnahmen. Von romantisierender Dicklichkeit reicht die Spanne bis zum sportiven Keine-Kalorien-Wettkampf. Ganz subjektiv: René Jacobs lotet mit dem Freiburger Barockorchester die Spanne der Emotionen am besten aus, mit Mut zum religiösen Gefühl und dann wieder mit rasanten Tempo-Vorgaben.

Händel Mesiah Cover
Klassik mit genialer Räumlichkeit: MessiaH von Händel in der Version des Freiburger Barock-Orchesters unter Rene Jacobs (Cover: Qobuz)

Das „Hallelujah!“ ist ein Sprint, die Sänger echte Charakterdarsteller – etwas Oper, mehr Oratorium und viel Herzblut. Die X2 spielte kongenial mit. Ich bin vorsichtig bei diesem Wort. Es hat sich abgenutzt. Aber der Raumeindruck, die Luftigkeit, das Berührende – ein großer Wurf des Komponisten, der Interpreten und eben des Wiedergabemediums. Die Analyse setzt die X2 als Selbstverständlichkeit voraus. Der Kick tanzt auf dieser Steilvorlage. Egal, wie satt man sich vielleicht zu fühlen meinte von den großen High-End-Aufbauten – hier bebt etwas.

Fazit Børresen X2

Das war vielleicht etwas zu euphorisch, zu emotional in der musikalischen Beschreibung. Doch genau das macht die X2 aus. So kühl die äußere Form wirkt, desto heißer sprudelt der Geysir. Alles bei strengster Linearität, maximaler Präzision und kantig geformten Bässen. Manche Lautsprecher erstarren in dieser Schönheit. Die Børresen X2 kann mit guten Messwerten prahlen, aber in den wirklich wichtigen Musik-Momenten ist es ihr egal. Wie ein Supermodell, dem die eigene Schönheit manchmal nebensächlich ist und die dann auch mal eine Pizza bestellt.

Natürlich liegt die Schönheit immer im Auge des Betrachters. Doch in diesem Fall kann man sagen: Die X2 ist echt mal etwas Besonderes. Und die Qualität in Verarbeitung und Aufbau ist ungewöhnlich. Wer’s nicht glaubt sollte einfach nur einmal versuchen, die schlanke, zarte Säule anzuheben: über 36 Kilo verursachen hier mehr Anstrengung als gedacht…

Børresen X2
2024/02
Test-Ergebnis: 4,5
ÜBERRAGEND
Bewertung
Klang
Praxis
Verarbeitung

Gesamt

Die Bewertung bezieht sich immer auf die jeweilige Preisklasse.
Ausgewogen-dynamischer Klang mit erfreulichem Tiefgang
Weite, punktgenaue Abbildung
Hoher Wirkungsgrad, auch für kleinere Verstärker geeignet
Exzellente Verarbeitung

Vertrieb:
Audio Group Denmark
Rebslagervej 4
DK-9000 Aalborg
www.audiogroupdenmark.com

Paarpreis (Hersteller-Empfehlung):
Børresen X2: 8000 Euro


Borresen X2
Technisches Konzept:2,5-Wege Standbox, Bassreflex
Bestückung:TT: 2 x 11,5 cm, HT: 1 x Bändchen
Wirkungsgrad (2,83 V/m):87,5 dB
Nominale Impedanz:7,1 Ohm
Maximalpegel (Dauer / kurzfristig):
97 / 109
Mindestleistung für Max-Pegel (Dauer):>20 Watt
Abmessungen H x B x T:110,0 x 30,0 x 55,0 cm
Gewicht:
36,5 Kilo
Alle technischen Daten
Mit- und Gegenspieler:

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Autor: Andreas Günther

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Der begeisterte Operngänger und Vinyl-Hörer ist so etwas wie die Allzweckwaffe von LowBeats. Er widmet sich allen Gerätearten, recherchiert aber fast noch lieber im Bereich hochwertiger Musikaufnahmen.