de
Cabasse Bora Test Aufmacherbild
Auf dem Bild wirkt die kompakte Cabasse Bora dezent und fragil, doch sie ist eine der eindruckvollsten Lautsprecher der 2.500 Euro-Klasse (Foto: Cabasse)

Test Kompaktbox Cabasse Bora – ein Pegelwunder

Cabasse ist die älteste Lautsprecherschmiede Frankreichs und die fast siebzigjährige Firmengeschichte verlief mit einigen Aufs und Abs. Doch die Bretonen haben sich über all die Zeit eine sympathische, leicht kantige Eigenwilligkeit erhalten, die einen Cabasse Lautsprecher immer weit aus dem Mainstream herausragen lassen. Wie zum Beispiel die Cabasse Bora.

Schon die Bezeichnung „Kompaktbox“ ist bei diesem Lautsprecher eine Verniedlichung. Unter Kompaktboxen versteht man gemeinhin wirklich kompakte, zur Not Regal-kompatible kleine Böxchen, die – weil ja so klein – lediglich zwei Wege (nämlich Tiefmittel- plus Hochtöner) haben und kaum mehr als eine Zimmerlautstärke-Böe entfachen können. Die Cabasse Bora ist das genaue Gegenteil: Sie ist ziemlich groß, dank des eingebauten Mittelthochton-Koax eine waschechte 3-Wege-Box und sie kann wegen ihres außergewöhnlich hohen Wirkungsgrades unverzerrt Pegel fahren, die fast schon den Tatbestand der Gesundheitsgefährdung erfüllen…

Die Bora gibt es seit fast 10 Jahren und sie segelt seitdem ein bisschen unter dem Wahrnehmungs-Radar der HiFi-Gemeinde. Eigentlich zu Unrecht, denn a.) ist sie für ihre 2.500 Euro Paarpreis immer noch ein unverschämt gutes Angebot und b.) eine fantastische Alternative für all jene Musikfreunde, die unbedingt mit feinen Röhren- oder Class-A-Verstärkern hören, von Hornlautsprechern aber nichts wissen wollen.

Das Konzept der Cabasse Bora

Ein Stichwort ist schon gefallen: Koax. Cabasse folgt seit Anfang der Neunzigerjahre dem Ideal der Punktschallquelle und setzt diesen Ansatz konsequenter um als jeder andere Lautsprecher-Anbieter der Welt. Die meisten Mitbewerberboxen arbeiten mit klassischen Koaxialtreibern, also kombinierten Mittel-/Hochtönern. Nur ganz wenige sind mit Tri-Koax-Treibern (wie aktuell die Cabasse Pearl) ausgestattet. Aber ein so perfekter vierfach-Koax wie im imposanten Flaggschiff La Sphère ist einzigartig.

Die hier vorgestellte Cabasse Bora hat zwar auch nur den einfachen Koax, aber was heißt hier schon „einfach“? Das aktuelle Modell mit der 12 cm Tiefmitteltonmembran und der 28 mm großen Hochtonkalotte trägt die Bezeichnung BC13, wird gern und häufig eingesetzt und ist fraglos der best-erforschte Treiber der Bretonen. In den 25 Jahren seines Bestehens ist er schon zig Male verbessert worden und wird – wie fast alle Cabasse Treiber – aufwändig per Hand im Cabasse-Stammwerk in der Nähe von Brest produziert. So halten die Franzosen die Qualität hoch.

Cabasse Bora BC13
Der Koax-Treiber der Cabasse Bora: der weißliche Ring ist die nach außen gewölbte Kunststoff-Membran des Tiefmitteltöners. Sein Frequenzbereich läuft von 800 bis 4.500 Hertz. Der implantierte Hochtöner hat eine 28 mm große Kunststoff-Kalotte und eine erhabene Schallführung, die eine Modulation des Hochtonsignals durch die Bewegungen der Mitteltonmembran reduziert. Dieser ausgeklügelte Mittelhochtöner ist die Basis für die atemberaubend gute Räumlichkeit der Bora (Foto: H. Biermann)

Ein zweites Stichwort muss ebenfalls fallen: hohe Effizienz. Seit der Cabasse Gründung im Jahr 1950 konnte man sich immer bedenkenlos darauf verlassen, dass die bretonischen Lautsprecher äußerst genügsam mit den zugeführten Watt umgehen. Im Falle der Cabasse Bora bedeutet dies einen Wirkungsgrad von knapp 90 Dezibel (1 Watt/ 1 Meter). Die meisten üblichen Kompaktboxen kommen gerade einmal auf 85 Dezibel. Bei den Hörtests mussten wir dementsprechend ständig die Lautstärke mit einem satten Dreh am Pegelregler anpassen; die Vergleichs-Boxen waren allesamt sehr viel leiser. Die Messungen aus dem LowBeats Labor zeigen den Ausnahme-Charakter dieses Lautsprechers:

IM-Spektrum Cabasse Bora @94dBspl/1m
IM-Spektrum Cabasse Bora: Bei einem Schalldruckpegel von 94dBspl/1m sind überhaupt keine  Verzerrung zu erkennen. Das schaffen sonst nur große Hornsysteme (Messung: J. Schröder)

Und selbst wenn man sehr viel lauter dreht, bleibt die Bora ziemlich verzerrungsarm:

IM-Spektrum Cabasse Bora @106dBspl/1m
IM-Spektrum Cabasse Bora bei ihrem oberen, noch HiFi-tauglichen Schalldruckpegel von 106dBspl/1m: Selbst bei solchen Lautstärken zeigt sich kaum Kompression. Da ist noch Luft nach oben (Messung: J. Schröder)

Diese Messungen entstanden bei 106 Dezibel bei einem Meter Abstand. Und selbst wenn man den Pegel auf 112 Dezibel erhöhen würde, blieben die Verzerrungen in einer noch tolerablen Größenordnung. Da verblassen selbst große Standboxen…

Die hohe Effizienz hat viele Vorteile: Der angeschlossene Verstärker wird weniger belastet (produziert also weniger Verzerrungen) oder man kann einen Verstärker verwenden, der von Haus aus nur wenig Leistung hat – beispielsweise einen Röhren-Amp. Aber es gibt auch einen Nachteil, denn im Tieftonbereich müssen sich die Entwickler zwischen zwei Entwicklungszielen entscheiden: tief oder laut. Bei der Cabasse Bora hat man sich bekanntermaßen für laut entschieden, weshalb der Frequenzgang linear nur bis etwa 60 Hertz reicht– was trotzdem allemal genug ist.

Alles schön verpackt: das Gehäuse

Für einen hohen Wirkungsgrad im Bass braucht man große Tieftöner und große Gehäuse. Also nutzt man schlauerweise die Effizienz-steigernden Bassreflex-Konstruktionen.  Das Gehäuse der Bora ist mit 50,0 x 27,0 x 33,0 cm (H x B x T) durchaus stattlich geraten und gute 15 Kilogramm schwer. Die Seitenwangen sind gerundet – was gut aussieht, aber die Bora nicht wirklich kleiner erscheinen lässt.

Cabasse Bora Totale
Die Cabasse Bora in Schwarz: Der Blick von schräg unten lässt die leicht grundete Form der Seitenwangen erkennen (Foto: Cabasse)

Erfreulich gut war auch die (Hochglanz-) Lack-Qualität des Testmusters: Selbst an den Übergängen war alles tiptop. Die Bassreflex-Konstruktion ist nicht – wie meist üblich – als Kunststoff-Rohr umgesetzt, sondern der Schacht ist integraler (und gehäuseverstärkender) Teil des Ganzen. Vor allem aber der Tieftöner selbst zeigt, welcher Idee der Bora zugrunde liegt: Der Magnet ist riesig und die leichte Wabenmembran extrem steif. Eigentlich ein Treiber für Hochleistungs-Beschallungssysteme.

Cabasse Bora Tieftöner
Der Tiefmitteltöner im 21-Zentimeter-Format hat einen ungemein kräftigen Antrieb. Das Bild zeigt den ausgebauten Bass vor dem Bassreflex-Kanal der Cabasse Bora (Foto: H. Biermann)

Ein weiteres Zeichen von Qualität ist die hier gefundene Lösung für das Anschluss-Terminal: Wo häufig nur Resonanz-anfällige Kunststoff-Wannen ihren Dienst verrichten, verwendet Cabasse eine massive Metallplatte. Das sieht gut aus und vermittelt ein gutes Gefühl.

Cabasse Bora Anschluss
Der Single-Wiring-Anschluss endet in einer massiven Metallplatte (Foto: H. Biermann)

Ebenfalls Anlass zur Freude ist die weitgehend lineare Impedanz. Mit einem Impedanz-Minimum von 3,6 Ohm dürfte jeder Verstärker auf dieser Welt gut zurechtkommen. Das gilt dann auch für die Röhrenverstärker-Fraktion der 10-Watt-Klasse.

Cabasse Bora – impedance and phase reponse (el)
Elektrische Impedanz und Phasenverlauf Cabasse Bora: Minimum 3,6 Ohm bei 175 Hz. Auffällig die bevorzugt induktiven Anteile (blau). In diesen Bereichen muss der Verstärker die Gegen-EMK vom Lautsprecher absorbieren können (Messung: J. Schröder)

Eine kleine Einschränkung gibt es beim Anschluss besagter, schwachbrüstiger Röhren-Amps trotzdem: Im Bereich der blauen Flächen (induktives Verhalten) müsste der Verstärker die vom Lautsprecher eingespeiste Gegen-EMK gut abfedern können. Das können kleine Röhren meist nicht so gut. Aber einerseits fällt in diesen Bereichen bei der Bora nicht viel Leistung an und andererseits hat es mit unserer Vorzeige-300B-Röhre, dem Mira Ceti von Fezz Audio, super geklungen. Also Entwarnung. Neben dem kleinen Fezz Audio Verstärker holte ich noch den Westend Audio Leo, den Dauerbrenner Atoll IN300 und den Cambridge Audio Edge A aus dem Referenzregal.

Voll auf die Zwölf: der Hörtest

Starten wir mal mit den qualitativen Vorzügen der Bora. Dieser Lautsprecher spielt räumlich wunderbar präzise. Das Klangbild ist groß, auch tief und löst sich komplett von den Gehäusen. So etwas ist für mich immer wichtig. Wenn ich die Augen schließe, möchte ich die Illusion einer plastisch-dreidimensionalen Darstellung erleben und nicht die Position der Schallwandler heraushören. Hier spielt der Koax seine Vorzüge aus, aber auch der Tieftöner ist harmonisch eingebunden. Die Cabasse Bora ist – das merkt man sofort – auf den perfekten Impuls hin optimiert. Das klingt häufig (und auch in diesem Fall) spektakulär, weil jeder Impuls so knackig auf den Punkt kommt.

Tonal bringt eine solche Ausrichtung manchmal kleine Härten mit sich, davon ist aus die Bora nicht ganz frei. Der ebenfalls aus Frankreich stammende Atoll IN 300 ist auch so eine Ausgeburt an Lebendigkeit und passte daher am wenigsten zur Bora. Da wurde es bei Frauenstimmen oder Streichern schon fast ein bisschen zu kernig. Der Cambridge Audio Edge A spielt ja auch eher frisch und lebendig auf, klang an der Bora in den Mitten aber etwas feiner und gefälliger.

Noch schöner aber wurde es mit den beiden Röhrenverstärkern. Mit dem Fezz Audio wurde das Klangbild etwas satter, mit dem Westend Audio Leo entwickelte sich ein Mittelton-Reichtum, wie man ihn sich nur wünschen kann. Das Duett von Peter Gabriel und Kate Bush „Don´t Give Up“ (Album So, remastered 2012)  ist ja eh ein großartiges Werk. Aber in dieser Kombination jagte es mir Schauer über den Rücken, so unvermittelt authentisch standen die beiden vor mir.

Aber die zwei Röhren-Amps haben leider diesen Limiter eingebaut: in Form der eingeschränkten Leistung (Fezz Audio: 8 Watt, Westend Audio: 20 Watt). Mit den beiden Transistor-Verstärkern schwang sich die Cabasse Bora an, diverse Standboxen aus dem LowBeats Hörraum herauszublasen. Es ist schlichtweg unfassbar, was passiert, wenn man von Infected Mushroom das Stück „Deeply Disturbed“ (Album: Converting Vegetarians) auflegt, den Lautstärkeregler auf 15.00 Uhr stellt und auf Play drückt. Hammerharte Beats mit Nachdruck und in einem Pegel, der einem das Grinsen ins Gesicht meißelt. Mit einem so „kleinen“ Lautsprecher. Für vergleichsweise so wenig Geld.

Infected_Mushrooms_Converting_Vegetarians
Fieseste Bässe im hammerharten Takt: Infected Mushroom Converting Vegetarians (Cover: amazon)

Als Vergleich hatte ich die Dynaudio Special Forty bereitgestellt: etwas kleiner, etwas teurer (3.000 Euro), deutlich kultivierter. Aber der Vergleich fällt schwer. Die Dynaudio klingt über alles gesehen schöner, geschmeidiger und in den Höhen deutlich feiner. Aber wenn man sich erst einmal auf diese authentische Impulsfreude der Cabasse eingehört hat, ist es schwer, das tonal richtige, aber etwas eingebremste, klassische HiFi besser zu finden. Als Livemusik-Fan ist man dem rauen Charme der Attacke schnell erlegen…

Fazit Cabasse Bora

Lautsprecher vom Schlage einer Cabasse Bora müsste es viel mehr geben. Nicht nur, das sie klanglich eindeutig wiedererkennbar ist: dank ihrer enormen Pegelfestigkeit und Verzerrungsarmut macht sie aus jedem guten Live-Konzertmitschnitt oder jedem Schlagzeug-Solo ein Erlebnis, das ziemlich dicht am wahren Leben ist. Was ihr ebenfalls sehr hoch anzurechnen ist: Wegen ihrer hohen Effizienz erweckt sie auch die kleinen Röhrenverstärker à la Westend Audio, Fezz Audio oder Unison zum Leben. Gerade für die kleineren, noch bezahlbaren Röhren-Amps gibt es nämlich nur ganz wenige angemessene Spielpartner. Und in der Preisklasse unter 3.000 Euro schon mal gar nicht.

Wer auf die klangliche Schönheit und Samtpfötigkeit einer Dynaudio steht, wird mit der Cabasse Bora womöglich nicht glücklich. Doch wer auf Dynamik, Dampf und Pegel oder auf Röhrensound steht, bekommt hier eine selten gute Alternative geboten.

Cabasse Bora
2019/02
Test-Ergebnis: 4,5
ÜBERRAGEND
Klang
Praxis
Verarbeitung

Gesamt

Die Bewertung bezieht sich immer auf die jeweilige Preisklasse.
Extrem dynamischer, pegelfester und räumlicher Klang
Hoher Wirkungsgrad, harmoniert auch mit „kleinen“ Verstärkern
Gut gemachte Lack-Oberfläche
Exzellentes Preis/Leistungsverhältnis

Vertrieb:
ATR – Audio Trade
Schenkendorfstraße 29
45472 Mülheim an der Ruhr
www.audiotra.de

Paarpreis (Hersteller-Empfehlung):
Cabasse Bora: 2.500 Euro (Paar)

Mit- und Gegenspieler:

Test Dynaudio Special Forty: 40 Jahre audiophile Erfahrung
Test: Vollverstärker Cambridge Audio Edge A
Test Westend Audio Leo: 300B Röhren-Amp mit 2 x 20 Watt
Test Röhren-Amp Fezz Audio Mira Ceti – die Faszination 300B

Mehr von Cabasse:

Test Cabasse Grand Baltic 4 + Subwoofer Santorin 30-500


Autor: Holger Biermann

Avatar-Foto
Chefredakteur mit Faible für feinste Lautsprecher- und Verstärkertechnik, guten Wein und Reisen: aus seiner Feder stammen auch die meisten Messe- und Händler-Reports.