Die ur-britische Traditions-Firma KEF verstand es schon immer, Meilensteine zu setzen. In den 1970er Jahren beispielsweise entwickelte sie in Zusammenarbeit mit der BBC einen kleinen, legendären Rundfunkmonitor, die LS3/5a. Die kleine Zweiwegebox, eigentlich für den mobilen Einsatz der Rundfunkleute gedacht, klang derart gut, dass sie a.) 30 Jahre lange gebaut wurde und b.) immer noch so viele Liebhaber hat, dass sie heute auf dem Gebrauchtmarkt mehr kostet als damals neu. An dieser Legende will sich nun der KEF LS 50 messen.
Auch in den 1980er Jahren hatte KEF exzellente Entwickler wie Andrew Jones (lange Zeit maßgeblicher Entwickler bei TAD). Sie kamen zu dem Schluss, dass die Punktschallquelle so große Vorteile hat, dass KEF eine eigene Entwicklung dazu auflegte. Es entstand der genannte Uni-Q, der heute in der gefühlt zwanzigsten Version eines der besten Koax-Systeme am Weltmarkt ist. Die Animation zeigt, wie eine solche Kombination aus Hoch- und Tiefmitteltöner aufgebaut ist.
Der Hochtöner sitzt in der Mitte der Tiefmitteltonmembran. Die Schallentstehungszentren von Hoch- und Mitteltöner haben zum Ohr des Hörers exakt die gleiche Entfernung; Grundlage für eine perfekte Abbildung des akustischen Geschehens.
Der größte Vorteil eines koaxialen Systems aber ist sein Verhalten über die Winkel: Der Uni-Q strahlt nämlich in alle Richtungen absolut gleich ab. Auch deshalb ist der Uni-Q in verschiedenen Größen- und Qualitätsstufen DAS entscheidende Element fast aller KEF-Lautsprecher. Und deshalb kann man theoretisch jeden Lautsprecher mit Uni-Q auch querliegend hören.
So auch die LS 50. Die erste Version dieser kleinen, äußerst hübschen Kompaktboxen brachte KEF 2012 zum 50. Geburtstag der Traditionsschmiede.
Die LS 50 setzt im Kleinen um, was KEF ein Jahr zuvor mit der Standboxen-Klangskulptur Blade vorgab. Nämlich mit Hilfe des immer wieder verfeinerten Uni-Q und mit akustisch optimal geformten Gehäusen nahezu perfekte Voraussetzungen zu bieten.
Die LS 50 ist so kompakt wie möglich und hat eine so aufwändige Gehäusekonstruktion, wie man sie gemeinhin auch bei deutlich teureren Mitbewerben nicht bekommen kann. Nach Aussagen der KEF-Marketingstrategen steht sie in direkter Tradition zur LS3/5A. Naja. Stellt man die beiden nebeneinander, kann man feststellen, dass sie in etwa gleich groß sind und den gleichen Markennamen tragen. Ansonsten haben diese beiden Kompakten so viel gemein wie ein Jute-Beutel mit einer Prada-Tasche.
Allein schon vom Äußeren her ist die LS 50 schwer zu toppen. Die geschwungene Schallwand, der Verzicht auf sichtbare Schrauben, das überall gerundete Gehäuse in fünf verschiedenen Finish-Varianten (bei denen auch die Magnesium/Aluminuim-Membranen des Uni-Q farblich angepasst werden) sind ein so leckeres Angebot, dass KEF damit schon etliche Design-Preise abgeräumt hat. Ich kenne in dieser Klasse nichts Vergleichbares. Hier mal alle Design-Varianten im Vergleich:
Aber uns interessiert ja vor allem die Technik. Und damit ist die LS 50 randvoll – auch, weil sie mit ihren Abmessungen (H x B x T) von 30,2 x 20 x 27,8 Zentimeter nicht sehr groß (aber mit 7,2 Kilo ganz schön schwer) ist. Für mehr Reserven im Bass wird der kleine 13 Zentimeter-Tiefmitteltöner von einer Bassreflex-Konstruktion unterstützt. Das Reflexrohr mündet auf der Rückseite und ist aus einem festen Gummi, damit da nichts resoniert.
Die Membranen des Uni-Q – sowohl der 13 Zentimeter-Konus des Tiefmitteltöner als auch die 25 Millimeter Hochtonkalotte – bestehen aus einer sehr leichten, sehr steifen Magnesium-Aluminium-Legierung, die man beliebig färben kann. Der Übergang zwischen Hoch- und Tiefmittelton liegt bei 2.200 Hertz – also recht tief. Aber auch hier sagt ja ein Bild mehr als 1.000 Worte.
Die größte Besonderheit ist fraglos die sehr aufwändige Schallwand aus Magnesium-Druckguss. Mit der Form erreichen die KEF-Entwickler, dass Schallwandreflektionen nur ganz reduziert vorkommen. Und die hohe Masse und hohe Steifigkeit (sehr viel höher als bei Holz oder MDF) sorgt für höchste Wiedergabepräzision.
Nicht umsonst nutzen beispielsweise die Dynaudio-Entwickler bei ihren großen Evidence-Modellen einen festen Alu-Block als Schallwand für ihren Mittelhochtonbereich.
Die LS 50 im Hörraum: atemberaubende Plastizität
Wie schon oben angedeutet, gab es eine LS 50, die zum Geburtstag eingeführt wurde. Die klang schon sensationell, hatte aber in den Mitten kleine Härten und in den Höhen ordentlich viel Energie. Bei KEF hat sich aber in den letzten zwei Jahren die Klang-Philosophie etwas geändert. Ziemlich genau, seitdem dort Jack Oclee-Brown die Entwicklungsabteilung leitet.
Die neuen Reference Modelle und die beiden Blades sind herausragende Beispiele dafür, dass eine strahlende, gleichwohl sanfte Hochtonwiedergabe möglich ist. Manchen ist das vielleicht zu dezent, aber für langes, ermüdungsfreies Hören ist eine solche Abstimmung wie gemacht.
Auch der LS 50 wurde diese Hochton-Sanftheit anerzogen. Wahrscheinlich mit Einführung der Special Edition. Jedenfalls spielte unser Testmuster in den Mitten weniger kantig als das Modell, das ich seinerzeit zum Jubiläum testete. Unser Testmuster jedenfalls agierte in den Höhen zurückhaltend und fein – und deshalb auf den ersten Hör-Eindruck etwas unspektakulär.
Das Spektakel kam mit längerem Hören. Nicht nur, dass sich das Klangbild komplett von den Lautsprechern löste: Es hatte eine Tiefe und Höhe, wie sie nur von wenigen Schallwandlern dargestellt wird. Hier spielt das Uni-Q all seine Vorteile aus. Wie auch bei der Impulsivität. Bei Monty Alexanders Carribean Circle stellte sie das ganze Schlagwerk so realistisch dar, dass man sich nur wundern konnte.
An einem Wochenende hatten wir die IFAs (Internet Forums Aktivisten) zu Besuch und natürlich nutzte ich die Gelegenheit, ein Statement der ambitionierten und hörerfahrenen HiFi-Aktivisten zur LS 50 zu bekommen. Die drei waren von der Performance der KEF mehr als erstaunt.
An unserer Verstärker-Referenz, dem Octave V 80 SE (zugegebenermaßen eine Kombination, die nicht so häufig anzutreffen sein dürfte) empfanden sie die Klangfarbentreue der LS 50 sogar besser als die der insgesamt natürlich überlegenen B&W 805 D3, die wir zuvor recht lange gehört hatten.
Dabei, auch das muss man sagen, wird die kleine KEF am OCTAVE bei höheren Lautstärken etwas “weich” im Bass. Wir hatten zur Zeit des Tests auch verschiedene große Transistor-Endstufen in froher Testerwartung im Hörraum: die Nubert nuPower A, die Cambridge Audio Azur 851W und auch die Performer s800 aus der neuen SPL Pro-Fi Serie.
Klangfarben-mäßig ist die OCTAVE kaum zu toppen, aber die Struktur und Impulsivität im Grundtonbereich, welche die KEF beispielsweise an der SPL zeigte, war überragend – gut nachzuvollziehen mit dem neuen Underworld-Album Barbara Barbara We Face A Shing Future. Die satten Elektronikbässe fordern einen so kleinen Bass wie den der LS 50 natürlich mächtig. Aber gerade an der SPL blieb die KEF trotz immenser Auslenkungen des Tieftönerchens im Bass ziemlich souverän.
Alle diese Endstufen sind natürlich a.) viel zu kräftig und b.) viel zu teuer für die kleine KEF. Aber dass die LS 50 die Unterschiede überhaupt so genau herausarbeiten kann, finde ich aller Ehren wert… Hier unser Tipp: Mit dem ähnlich teuren Vollverstärker Exposure 2010 s2d ergibt sich eine Kombination, die in Bezug auf Musikalität und räumliche Genauigkeit Ihresgleichen sucht.
Fazit: Ein musikalischer Riese in kleinem Gehäuse
Ich bin begeistert. Wie ein so kleiner und hübscher Lautsprecher nicht nur derart groß klingen kann, sondern auch noch so punktgenau und – allerdings nur bis zu mittleren Lautstärken – auch noch klangfarbenrein, ist eine Wucht.
Und dass die LS 50 bei so einer klanglichen Performance und ihrem bis aufs i-Tüpfelchen perfekten Finish nur 1.200 Euro das Paar kostet, setzt dem allen die Krone auf. In ihrer Klasse ist die kleine KEF eine Ausnahme-Erscheinung. Und da passt er dann doch wieder – der Vergleich mit der LS3/5A, die in den 70ern und 80ern des letzten Jahrhunderts die Kompaktboxenklasse aufmischte.
Bewertung
KlangPraxisVerarbeitungGesamt |
Die Bewertung bezieht sich immer auf die jeweilige Preisklasse. |
| Extrem plastischer, räumlicher Klang |
| Hohe Klangtreue |
| Edles Design, viele Varianten |
| Superbe Klang/Preis-Relation |
Vertrieb:
GP Acoustics GmbH
Kruppstraße 82 – 100
45145 Essen
https://.de.kef.com
Preis (Hersteller-Empfehlung):
KEF LS 50: 1.200 Euro pro Paar
Die Mit- und Gegenspieler im Test:
Test B&W 805 D3: Maßstab der Kompaktklasse
Test Octave V 80 SE: Vollverstäker mit KT 150 Röhren
Test Exposure 2010 s2d: Der Puristen-Verstärker
Mehr zu KEF:
Test Aktivbox KEF LS50 Wireless
Die perfekte Midi-Anlage Vol. 1: KEF LS50 mit Marantz
Testübersicht KEF Reference Lautsprecher-Serie